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Ich betrachtete mich lange im Flurspiegel. Dabei warf ich immer wieder einen kurzen Blick auf die protzige Golduhr an meinem Handgelenk. Ein Ding, das Wohlstand und Erfolg ergo Plattenverkäufe versinnbildlichte, in Wahrheit aber nur feinmechanischen schlechten Geschmack verkörperte. Dann beäugte ich wieder prüfend mein Spiegelbild. Die Schwierigkeit bei meiner Neigung zum buschigen Bartwuchs, dass meine Schnurrbartenden abknickten oder, auseinander sprangen und mein rotbrauner Schnurrbart mir das Aussehen von einem in Schlaghosen steckenden Walross verlieh. Ich hatte schon fast alle Möglichkeiten ausprobiert, mal einen strengen Backenbart getragen, mal einen Ziegenbart. Egal was ich machte ich war nicht für einen Bart gemacht. Leider gab es das ungeschriebene Gesetz als Schlagersänger, dass ein Erfolg vorgauckelnder abgehalfterter Schlagerinterpret einen respektablen Oberlippen Bartwuchs sein eigen nennen musste. Er musste Lesen und etwas Schreiben können, keine Musiknoten das war egal, ein Gefühl für Stimmungen haben und mindestens 177 Zentimeter Körpergröße haben das stand zwar nicht in einer Vorschrift aber war selbstverständlich. Im obersten Fach der Flurgarderobe ruhten vier Hüte. Einer passte nur für Vorführungen vor Frauen. Denn bei einem Auftritt war ein Hut ein absolutes Muss. Ich hielt inne betrachtete skeptisch den Oberlippenbart und rief nach Beistand. »Tantchen«, rief ich, dann so laut das es durch das Haus schallte: »Tantchen! Kommst du bitte eine Minute es, ist lebenswichtig!« Agatha kam nicht mit der gebotenen Eile, was wenn es mal wirklich um eine lebenswichtige Angelegenheit ginge? Tantchen war es gewohnt, dass ich sie um Rat fragte, was ich anziehen soll, obwohl es sie nicht die Bohne interessierte. Agatha betrachtete aus verschiedenen Blickwinkeln das Problem und sagte: »Da hilft alles nichts, der Bart muss weg und setze einen Hut auf, wenn du zum Friseur gehst, es gab Orkanwarnung vom Wetteramt im Radio.«

»Ja«, antwortete ich deprimiert. »Ich sollte es wissen müssen, also ab? Einfach so?« Tantchen trat zurück und betrachtete Roger Starck die Schunkelkanone des deutschen Schlagers kritisch. »Hilf nichts so siehst du aus wie ein entflohener Sträfling. Du leidest unter dem runden Melonen Gesicht. Dasselbe Problem hatte dein Opa Karl auch.«

»Ja und was hat er gemacht?«, fragte ich. »Das ist eine traurige Geschichte hat uns alle arm wie die Kirchenmäuse gemacht. Aber er dachte, dass die Sache ihm Helfen, wird, bei seinem Bart Problem.«

»Ja, aber was denn?«

»Nun, weil er jeden Scharlatan der Haarwuchsmittel anpries, auf den Leim ging. So ging es bergab mit ihm. Vergiftete sich in all den Jahren an den Haarwuchsarzneien und brachte uns fast an den Bettelstab. Meine Meinung ist dein Bart muss weg dann verkaufst du auch wieder Platten. Frau Speigel hat einen Swimmingpool, obwohl sie doch weniger verdient, als ein berühmter Sänger.«

»Wieso findest du, dass ein Mann mit Bart besser aussieht?«, fragte ich. »Nun kommt auf den Bart an. Der Fleischer hat einen sehr schönen Knebelbart weiß und buschig, er hat das richtige Alter dazu. Schneide ihn ab, ich will ja nicht das die Leute über uns reden.« Ich setzte den blauen Cowboyhut mit den Vogelfedern auf, und bemerkte das Kopfschütteln von Tante Agatha die wortlos auf den brauen konservativen Hut zeigte. »Blau kannst du doch nicht tragen und nach dazu, wo du in eine Kneipe singen musst. Blau ist nicht respektabel genug.«

»Ja, das stimmt wohl. Ich glaube, ich bin hinter der Zeit zurück.«

Mein Konzert für den Bauernverband Saarbrücken West war schlecht besucht. Dabei war das Wirtshaus zum Mohren ganz nett. Roter Samt in der Farbe von spritzendem Blut, aus einer aufgeschlitzten Halsschlagader und verspielter Plüsch erzeugten eine gemütliche Atmosphäre. Die tiefen Sessel vor der Bühne waren aus rotem Kunstleder. Im Gasthaus in Elberfeld gab es Sessel, in die man einziehen mochte, es waren breite unglaublich schwere Möbel aus der guten Zeit und alle mit den Händen gemacht. Nicht diese billigen Sessel aus den Fabriken, die einfach zusammenbrachen, wenn schwere Männer sie des Öfteren benutzten. Aber mein Konzert zu ehren des 20jährigen Bestehens des Bauernverbandes war dennoch schlecht besucht. Kein Mensch interessierte sich für meine Lieder ich hätte genauso gut über die Kartoffel und ihre kulturelle Bedeutung für das Spätbarock Singen können. Als ich mich im Lagerraum zwischen Bierfässern und Cola Kästen umgezogen hatte und in meine glitzernde Schlageruniform, Schlaghosen weißes Jackett mit Glitter geschlüpft war, waren um die 200 Personen anwesend. Ein paar Männer, deren Frauen sie wohl überredet hatten mitzukommen, nutzten die Zeit, um in Ruhe Bier zu trinken. An einer Ecke spielten sie Doppelkopf. Ich zog meine Show ab stelzte und tanzte und brachte mein Bühnenprogramm nach einer Stunde zu Ende. Nach einer Stunde Heimat, gefolgt von Fernweh und meinem Evergreen Hossa da kommt die blonde Gerda hollala (zwei Zugaben), hatte ich mein Tagewerk vollbracht und machte mich in meinem unauffälligen VW-Passat auf der Autobahn davon nach Hause. Ich traf Dr. Moeller Biedenkopf den Archäologen des Landesdenkmalamtes vor der Treppe des Rathauses. Er hockte auf der Motorhaube seines Jeeps, den er immer irgendwo im Dorf parkte und vergaß und die Leute danach fragte, vermutlich hatte er ihn deshalb in der Signalfarbe gelb lackieren lassen. Er saß da starrte in den schweren schwarzen Himmel und rauchte eine Zigarette. Ich hielt neben ihm an und stieg aus und wir redeten eine Zeitlang über die Funde vom Neandertal schweiften über zur blutigen Kirchengeschichte und kreuzten kurz die pompöse Architektur mit der Hitler Deutschland verschandeln wollte. Architektur, die aus einem guten Grund seit dem Untergang von Rom und Athen nicht mehr verbaut wurde und ihn ganz klar als Idioten ohne Geschmack kennzeichneten. Ich machte danach einen Besuch bei einem Bauern, der gerade geschlachtet hatte und kaufte frische Butter und etwas Sonntagsbraten für Tantchen die Sauerländer Schmorbraten machen wollte. Wie selbstverständlich ging ich über den Dorfanger zur Hinterseite unseres Gartens und dort im Pavillon überraschte mich das Licht, das dort noch brannte. Ich schaute nichtsahnend in das Fenster und überraschte die neue Frau Freitag in den Armen des jungen Malers beide trugen nicht mehr sehr viel von ihrer Kleidung. Lautlos eilte ich weiter in mein Arbeitszimmer und setzte mich. Die Entdeckung hatte mich ungeheuer erschreckt. Vor allem seit dem Gespräch mit den Damen am Nachmittag war ich ziemlich sicher gewesen, dass Bettina und der Maler mehr als nur Freundschaft miteinander verbanden, niemals hätte ich mit ihrer Stiefmutter gerechnet. Ein schlimmes Durcheinander zeichnete sich ab, ich roch anstelle der abendlichen klaren Luft das Heraufziehen von Ärger von Tragödien. Widerwillig musste ich Frau von Leysten recht geben der junge Maler war kein Spatz Typ. Sie hatte sich nicht täuschen lassen. Nicht im Traum wäre ich auf Frau Freitag gekommen. Sie war vornehm und auf eine bescheuerte Art herablassend eine Frau, von der ich irrigerweise annahm, sie habe keine tiefen Gefühle. Immerhin hatte sie den alten Stinkstiefel Herr Freitag geheiratet. Es war unheilvoll und ich war gerade dabei mir auszumalen wie man Frau Freitag mit einer Kugel im Kopf und Herrn Freitag am Strick baumelnd in ihrer Villa finden würde, als sie vor mir stand. Ich hatte sie nicht oft gesehen. Zum ersten Mal erkannte ich, dass sie eine schöne Frau war. Trotz der Überraschung den ich ihnen wohl bereitet hatte war sie standhaft und selbstsicher. »Sie haben uns gesehen nicht wahr? Es ist auch egal wir lieben uns…« Ich sagte immer noch nichts, und sie fuhr schnell fort: »Ich nehme an, sie missbilligen mein Benehmen?« Was sollte ich sagen für mich war die Ehe ein heiliges Bündnis, dass nur der Sensenmann, beenden sollte, wie bei den Schwänen, würde Frau von Leyster sagen. Nicht durch Selbstmord wie bei mir. Meine Frau hatte 1967 Selbstmord begangen und mich nicht als Witwer, sondern als einen Mordverdächtigen hinterlassen. Ich suchte nun seit vier Jahren nach all meinen Versäumnissen meinen Fehlern meiner Verantwortung für ihren tot. »Können Sie von mir etwas anderes, erwarten sie sind verheiratet Frau?«, sagte ich milde, denn sie war mit dem unangenehmsten Menschen, den ich kannte, bestraft. »Leider ich wünschte es gäbe eine Lösung«, sagte sie traurig. Vorsichtig fragte sie: »Werden Sie es ihm sagen?«

»Nein von mir wird niemand etwas erfahren aber es ist hier ein Dorf hier spricht sich alles schnell herum und sie sollten auch an ihre Stieftochter denken, die in den Maler verliebt zu sein scheint.« Sie schaute mich traurig an. »Ich wollte, mein Mann wäre tot. Ich weiß nicht, was ich tun soll. Wohin könnte ich gehen wovon leben?« Ich spürte Mitleid mit ihr. Und ein weiteres mal schoss mir durch den Kopf das ohne Herrn Freitag die Welt bei uns ein klein wenig besser sein würde. Ich saß von dieser Begegnung mit Frau Freitag benommen da, schon immer malte ich mir in meiner Einbildung das Übelste aus. Als Tante Agatha hereinstürmte und mir Vorhaltungen machte, weil wir in zwei Minuten essen sollten, und ich unseren Gast vergessen hatte. Ich war ich ziemlich überrascht, als ich in das Speisezimmer kam. Ich hatte bezweifelt, dass Kaspermann nach dem Vorgefallenen kommen würde. Er hatte anscheinend mit seinen Liebschaften immer sehr viel um die Ohren doch er traf pünktlich ein, und wir gingen zu Tisch. Kaspermann war etwa dreißig gut gewachsen. Er hatte dunkles Haar, die Augen in einem verblüffenden kuhaugenbraun. Er entspricht überhaupt nicht dem Bild, das man sich von einem typischen Künstler macht zu jung und mit einer Vorliebe für den extremen Kubismus. Das was er verächtlich als seelenlose Farbenklatscherei bezeichnet waren verblüffend gute Porträts mit denen er sein Geld verdiente aber seine Liebe galt dem eckigen in abstrusen Farben. Es war nur natürlich, dass er gerade an diesem Abend in meinen Augen ein wenig nervös wirkte. Im großen Ganzen hatte er sich aber sehr gut im Griff. Ich glaube nicht, dass Agatha oder Peter etwas an seinem Verhalten bemerkten oder die Blicke, die er mir zuwarf, der Junge war verlegen. Wahrscheinlich hätte ich selbst nichts bemerkt, wenn ich nicht aus Zufall Bescheid gewusst hätte. Felix Kaspermann nahm an der Unterhaltung teil und versprühte wie gewohnt seinen Charme. Nur der Gang auf die Toilette verriet mir seine Scham, denn ein schlechtes Gewissen drückte auf die Blase. Trotz seiner gespielten Gelassenheit nach seinem Toilettengang wo er sich frisch gemacht hatte merkte ich, dass seine Blicke ständig zu mir schweiften, und ich war nicht überrascht, als er mir nach dem Essen in mein Arbeitszimmer folgte. Er versicherte mir, dass bis jetzt nichts Unrechteres als ein Kuss vorgefallen war denn Anna Freitag, sei eine der besten und moralischsten Frauen der Welt. Was ich gesehen hatte waren Küsse aber nicht auf dem Mund. Wie es weitergehen sollte mit den beiden, wusste er nicht. Wir redeten dann bei einer Flasche Bier über den ehemaligen Bürgermeister, schlecht denn er war eine durch und durch garstige Person. Die Franzosen hätten ihn 1945 gegen einen gefangenen Deutschen Schäferhund bei den Russen eintauschen sollen, ein paar Jahre Zwangsarbeit in Jakutsk hätten ihm sicher gut getan und seine Ignoranz etwas gedämpft. Freitag macht überall Ärger, ist gemein wie der Teufel und mischt sich prinzipiell in Dinge, die ihn nichts angehen. Darin waren wir uns einig. »Sie können sich nicht vorstellen, was Anna schon alles aushalten musste von ihm. Wenn ich doch nur das Geld hätte, würde ich sie nach München bringen.« Agatha und Peter platzten in mein Arbeitszimmer und sagten, ich solle Felix Kaspermann nicht zwingen, meine endlosen langen Vorträge über langweilige Sachen zu ertragen.»Herrje!«, sagte Agatha und ließ sich in einen Sessel fallen. »Mir ist langweilig«, klagte mein kleiner Bruder, »So langweilig ich wäre so dankbar für irgendetwas Aufregung in diesem Kaff.«

»Ich glaube nicht, dass es hier noch mehr Aufregung geben sollte«, meinte Tantchen. »Du bist jung Peter aber ich habe genug Aufregung gehabt«, sagte Agatha. »Der alte Mann erzählt überall herum er geht nur noch in Hermanns Kaufhaus einkaufen, weil man dort sein Wechselgeld nicht zählen muss.«

»Mit Franz Pistole erschießen«, sagte Peter im Spaß. »Ah Mist Ballistik und Schmauchspuren man würde sofort wissen, dass der Mann aus einer Browning erschossen wurde.« Mein Plattenboss hatte mir zu meinem ersten Top Ten Titel der Schlager Charts eine Browning mit meinem eingravierten Namen geschenkt. Schunkelkanone stand auf dem Griff. Er murmelte etwas von nun an sei ich ein Star und müsse mich vor irren Fans schützen, er hatte mir eine Heidenangst eingejagt. Mit der Pistole verbanden sich die schlimmsten Erinnerungen, die ein Mensch haben konnte, doch ich brachte es nicht fertig sie, wegzuwerfen. Kaspermann verabschiedete sich recht früh er wies auf die untergehende grau verhangene Sonne und log: »das beste Licht zum Arbeiten.« Agatha und Peter brachten ihn hinaus. Peter kam allein ins Arbeitszimmer zurück. Er ging stirnrunzelnd durchs Zimmer und boxte gegen die Wand. Ich war ein wenig überrascht. Peter war so friedliebend das er die Bundeswehr verweigerte, weil er Angst hatte, er könne lernen jemanden zu verletzen. Was aber viele in den Jahren so machten die sich vorkamen als verkaufe man ihre besten Jahre für eine Sache, die sie einen Scheiß anging. »Was ist los?«, fragte ich ihn. »Ich weiß nicht, ob ich es dir erzählen kann.« Meine Verblüffung wuchs. »So langweilig wirklich Franz so langweilig«, wiederholte Peter. Ich sah ihn neugierig an, drang jedoch nicht weiter in ihn vermutlich nahm er gerade schmerzhaft zur Kenntnis, dass sein Spatz nicht in seine Hand flattern würde. In diesem Moment steckte Tante Agatha den Kopf zur Tür herein und informierte uns, dass Frau von Leyster gerade angerufen hatte und sie einen Blaukopf Sperber oder einen blauen Sperling gesehen habe und dass, Bettina mit dem Maler auf den Dorfanger gegangen sei. Peter verzog sein Gesicht und setzte sich erschüttert. »Es ist mir ein Rätsel, wann die Menschen hier zum Essen kommen, sie müssen jede Minute damit beschäftigt sein ihre Nachbarn auszuspionieren«, sagte ich. Tante Agatha brodelte vor Freude. »Und das Beste wisst ihr ja noch nicht Doktor Moeller Biedenkopf und seine Sekretärin Frau Braun haben ihre Zimmer direkt nebeneinander.« Tantchen brachte es fertig das Wort Sekretärin so auszusprechen das es anzüglich klang. Der Freitag fing gut an. Bei meinem Termin am Mittag im Studio fragte der Plattenboss nach meiner Meinung zu unserem neuen Star Lausbub Heiner die Stimme aus Gold. Roger meinte er sei noch nicht entrockt worden und ob es eine große Lücke reißen würde, wenn er ihn kurzeitig in ein musikalisches Umerziehungslager eine Konzerttour an die Eifel schickte. Ich sagte der Mann sei entrockt genug jedenfalls genug um sich die Liebe und Anhängerschaft aller alten Damen zuziehen was bedeutete gestrickten Schals und selbstgebackenen Kuchen. Die selbstgebackenen Kuchen hatte Roger mir gründlich verdorben, er hatte mich in einer Garderobe erwischt, wie ich mir von einem Fan gebackenen Kuchen einverleibte. Er starrte mich an dann den Kuchen dann fragte er mich, ob ich keine Angst hätte ein irrer Fan habe Rattengift hineingetan. Schlecht für die Psyche gut für die Figur, ich verzichtete auf Selbstgebackenes von Fans bis ich so erfolgreich, wie Bata Illic war und ich mir einen Assistenten zulegte, den ich die Kuchen probieren lassen konnte. Ich wollte gerade mit den Kompositionen in der Tasche zum Thema Auto und Lichter der Großstadt nach Hause, als ich den alten Teufel Heribert Freitag persönlich auf der Nobelstraße vor dem Sitz der Plattenfirma traf. Er war zu gutgelaunt, hatte vermutlich gerade seinem Anwalt einen Besuch abgestattet, der im selben Hochhaus wie meine Plattenfirma seine Kanzlei hatte um irgendjemanden mit einer Anklage zu, belästigen. Der Mann prozessierte für sein leben gern. »Sie aus dem Hause Vaterlandsverrat«, rief er mit seiner quietschenden Stimme. Er ist etwas taub seitdem ihm aufgebrachte Väter und Mütter 1945 übel verprügelten, weil er deren 12 und 13 Jahre alte Söhne für den Heimatschutz einsetzten, wollte. Sie sollten mit alten Vogelflinten und Heugabeln sich den Tommy Panzern entgegenstellen während er dabei war sein Hab und Gut irgendwo zu vergraben. »An ihnen hätte man ein Exempel statuieren sollen aber der faule Apfel fällt nicht weit vom Stamme, wenn ich da an ihre Tante denke. Stecken wohl mit dem Gemeiner Bauern unter einer Decke was aber Kaufvertrag ist Kaufvertrag und selbst wenn er den Vertrag in Gestapohaft unterschrieben hat. Wie ich höre, schwört er mir Rache. Unverschämter Halunke.« Der Prozess zog sich jetzt Jahre dahin Freitag hatte den Bauern 1945 einsperren lassen und ihn gezwungen einen großen Teil seiner Felder an ihn zu verkaufen. Nach dem Krieg prozessierten sich die beiden Totfeinde den Verstand aus dem Kopf. Der Hermann Gemeiner hatte die großzügige Unterstützung der Anwohner unseres Dorfes. Denn der Gemeiner ist ein fleißiger Mann. Ernte beendet und dann alles aufgebaut zu Heuhaufen seine Felder sehen mit den Heuschobern in reih und Glied aus wie ein Campingplatz an der Adria. Der Gemeiner hasst Juristen denn immer, wenn ein Urteil zugunsten des Bauern gefällt wurde, wechselten Freitags Anwälte in die nächsthöhere Instanz. Ich schwieg, und er sagte erregt: »Warum antworten Sie nicht? Ich wüsste gern, was Sie denken, Mann.« Ich zögerte, dann entschloss ich mich zu, reden. »Ich dachte gerade, wenn dein letztes Stündlein schlägt, wird es hier ein großes Fest geben und im Übrigen nimmt man dich nicht sonderlich ernst…« Er wurde vor Empörung knallrot im Gesicht und vor Wut Versagten ihm die Worte. Ich ließ ihn stehen öffnete die Autotür knallte sie zu und fuhr ihn in eine schwarze Abgaswolke aus meinem defekten Auspuff hüllend davon. Zu Hause versuchte ich mich auf meine Texte zu konzentrieren, aber mit sehr wenig Erfolg was hatte ich schon Großartiges zu erzählen mir passierte ja nie etwas. Ich dachte daran, dass ich den Auspuff des VWs reparieren lassen müsse und dabei fiel mir auf das nicht ein bedeutender Schlager über dieses Fortbewegungsmittel geschrieben worden war. Dann dachte ich wie gut ich Frau Freitag verstand mit diesem alten Ekel an der Seite hätte ich längst meine Koffer gepackt oder ihn erschossen und irgendwo im Garten vergraben. Naja nicht im Garten dort würde die Polizei als erstens suchen. Ich trank eine Tasse kalten Tee mit viel Zucker und brütete über Autos und Atombomben und ihre Rolle in der Zukunft und ob ich daraus einen gute Laune Schlager machen konnte. Das Telefon klingelte und da ich als Einziger im Haus war, nahm ich ab. Es war der Plattenstudioboss, der mir zu sagen hatte, dass mein neuer Schlagertext Premiere diese Woche noch auf dem Schreibtisch bei ihm lag. Ich schlüpfte in meinen Mantel und verließ das Haus. Ich nahm zur Abwechslung den Mercedes, der mir vor 5 Jahren für meine zweite Goldene Schallplatte überlassen worden war. Peter hatte den Mercedes Rosa gestrichen. Ich saß im Auto und fuhr wieder zurück in die Stadt. Über Wege, die mit Mondkratern übersät und tückischen Schlammlöchern an der Seite bedeckt waren. Ich stellte mir immer meine Nachbarn vermummt in den Büschen versteckt vor. Raubritter der Moderne die zuschlugen nach dem Sie ein Auto in die Falle gelockt hatten, einem ein Meter tiefen Schlagloch. Nach 5 Kilometern bedeckte Asphalt die Landstraße. Ich bog auf die Allee und fuhr ziemlich langsam zu einem Traktorfahrer auf, ich grüßte den Hermann Gemeiner aus dem Autofenster heraus, während ich langsam neben ihm herfuhr. »Brauchst Hilfe, Hermann?« Fragte ich meinen Nachbarn. Sein Traktor war eine schwarze Wolke ausstoßendes Ungetüm. Ein Oldtimer, von vermutlich kurz vor dem Krieg. Er selber war ein alter Mann, in Gummistiefeln und grünen Latzhosen mit ergrautem Haar. Wenn er ihn steuerte, stellte ich mir Hermann immer zusammengebrochen über das riesige Lenkrad gesunken vor und der Traktor tuckerte führerlos durch unser Dorf. Vermutlich war er erstickt oder hatte sich vergiftet, die dichte Wolke schwarzer Qualm aus dem Auspuffrohr konnte einfach nicht gesund sein. »Boah isminigitt«, sagte er oder zumindest etwas, was so klang. »Ah dann ist ja alles gut!«, sagte ich und beschleunigte endlich, bevor der Qualm in mein Auto zog und mich umbrachte. Elberfeld heißt Sie Willkommen stand auf einem gelben Ortsschild. Ich fuhr vorbei an einem Aldi Supermarkt der Parkplatz war mit Autos zugeparkt. Der Rest der Hauptstraße schien schon Feierabend gemacht zu haben. Rimini Pizzeria las ich auf einer Ladenfensterscheibe. Ein paar Jungbauern standen vor der Pizzeria, hatten sich elegant gemacht zwei trugen karierte Hemden der Dritte ein weißes und alle drei breite braune Krawatten. Aus der Pizzeria klang ein Schallplatten Gesang irgendetwas von Abba. Die Fahrt ging weiter vorbei an der Kirche einer Apotheke und alle Schaufenster waren schon dunkel.

Mord im Dorf

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