Читать книгу Mord im Tempel der Venus - Ann Bexhill - Страница 4

2. Kapitel

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Meine Mutter saß im kleinen Arbeitszimmer und blickte kurz von ihrer Korrespondenz auf. Schriftrollen lagen überall auf dem niedrigen Bronzetisch verstreut. Die dazu passenden bronzenen Öllampen waren entzündet und tauchten den Raum in flackerndes Licht. Ihre Nase war scheinbar während meiner Abwesenheit länger und ihr Gesicht faltiger geworden. Ihr blondiertes Haar war nach oben gebunden mit Perlen und Bändern geschmückt und steckte in einem goldenen Haarnetz. Wie ich sah, hatte sich die Haarmode der Prostituierten, sich in Roms feinen Häusern durchgesetzt. Mutter wirkte wie immer distanziert und nachdenklich.

»Warum hast du so lange gebraucht?«, wollte sie von mir wissen.

»Warum frage das Meer. Beim Aufgang des Hundesterns ist die See wild. Es war ein abscheuliches Wetter und eine widerwärtige Reise«, beschwerte ich mich, als hätte sie etwas daran ändern können.

Sie hörte mir kaum zu. Sie siegelte einen Brief und reichte ihn einem ihrer Boten. Bestimmt plante sie wieder eine Feier. Mit gutem Essen, erlesenen Wein und ein abwechslungsreiches Unterhaltungsprogramm macht man sich in Rom Freunde.

»Dein Bruder ist in diesem Jahr Stadtpräfekt und verantwortlich für die Sicherheit der Stadt. Eine Macht, die ihm nicht zu Kopf gestiegen ist. Mit dem Amt des Stadtpräfekten fehlt nur noch das des Konsuls in seiner Liste. Er kümmert sich um das Ansehen unserer Familie.«

Jetzt hielt sie mir schon meine Jahre als Fehler vor. Eines konnte auch das zunehmende Alter nicht ändern Mutter liebte es, Macht auszuüben. Entweder über ihre Söhne ihre Liebhaber oder meinem verstorbenen Vater. Ein Sklave klatschte in die Hände und eine im Gesicht tätowierte Gallierin schenkte mir einen Becher leichten Wein ein.

»Ich wäre früher gekommen doch der Sturm ...«

Sie hob die Hand und gebot mir Schweigen. »Wenn du schon erschöpft bist, von der kleinen Überfahrt bist du nicht aus demselben Holz wie dein Vater und dein Bruder.« Sie sah mich kurz an: »Africanus diente in Gallien und eilte nach Hause, nachdem er gehört hatte, es gehe mir nicht gut. Du warst in Pompeji und kamst nicht ans Krankenbett deiner Mutter geeilt.«

Meine Mutter sah schnell, wie ein Peitschenhieb zu ihrem Sklaven der mir kurz darauf ein Tablett mit hartgekochten Eiern, Brot, apulischem Käse, Nüsse und Oliven brachte.

»Die alte Geschichte! Dir ging es blendend. Du hast dich mit einem jungen Schauspieler bei den Spielen auf dem Marsfeld köstlich amüsiert. Africanus eilte nicht an dein Krankenbett, er rannte vor den Galliern davon.«

Mutter sah mich böse an. Die Wahrheit meiner Worte schmerzte und waren nicht anzuzweifeln. Eines hatte er nicht begriffen, wenn ein Heerführer schon floh, weil ihn primitive Gallier mit Steinen und Stöcken bewerfen, dann nimmt er die Legionskasse mit und behauptet man habe sie in der Schlacht verloren!

»Warum musste ich kommen? Ihr habt nicht mit Onkel Quintus Beerdigung gewartet, bis ich erscheine. Selbst wenn ihr seine Leiche in eine Schneegrube im Wirtschaftshof gelegt habt.«

»Schade deine schlechten Witze, hast du dir also nicht abgewöhnt. Amtsaufgaben nennst du deine Lustreise nach Dyrrachium nennt man diese Stadt nicht die Taverne Roms? Du hattest bisher ein leichtes Leben. Was hältst du von einem Militärposten in Judäa?«

Ich nickte: »Eine gute Möglichkeit sich einen ruhmreichen Namen zu machen. Du weißt militärische Ehre und Ruhm fällt mir in den Schoss. Vermutlich werde ich Glück haben und rechtzeitig ankommen, wenn gerade ein Aufstand niedergeschlagen wurde und beim Triumphzug im Wagen mit der Kriegsbeute fahren. Und was hast du erwartet, was ich in Macedonia mache? Ich habe mich nicht zum Untersuchungsrichter wählen lassen, um beim Verwalten einer Provinz vor Langerweile zu sterben. Ich dachte ich werde wichtige Prozesse untersuchen was du und Africanus verhindert haben.«

»Prozesse zu entscheiden kann in diesen Monaten bedeuten, uns auf eine Seite zu ziehen. Der Seite von Pompejus oder Caesar und du bist genau der Richtige dafür zu sorgen, dass wir in die Feindseligkeiten, die kommen werden, verwickelt werden. Was grinst du?«

»Ich dachte, dass ein Hund auch mit dem Schwanz wedelt, wenn sein Herr ihn beschimpft. Caesar ist in Gallien was kann es da schon für Konflikte geben? Immer noch die lex annalis?«

»Ich dachte, dass ein Hund auch mit dem Schwanz wedelt, wenn sein Herr ihn beschimpft. Caesar ist in Gallien was kann es da schon für Konflikte geben? Immer noch die lex annalis?«

Mutter nickte. Dem Gesetz lex annalis nach konnte Caesar sich nicht für ein neues Konsulat bewerben, bevor zehn Jahre nach seinem ersten Konsulat vergangen sind. Wenn seine Statthalterschaft über Gallia Cisalpina vorher endete, so wäre er als Privatmann der Anklagen vor Gericht seiner vielen Feinde und Gläubiger ausgesetzt gewesen. Als Statthalter war er vor Anklagen geschützt. Pompeius befürwortete zwar ein Gesetzentwurf, nach dem sich Caesar in Abwesenheit für das Konsulat bewerben konnte. Zu diesen Gesetzen fügte Pompeius jedoch weitere Gesetzentwürfe hinzu die genau jene Zugeständnisse an Caesar zurücknahmen. Würde man Caesar nicht zubilligen, in Abwesenheit das Konsulat zu bekommen blieb ihm keine andere Wahl als mit seinen Legionen nach Rom zu marschieren. Überschritt er mit nur einem Mann seiner Legion den Rubikon, dann hieß das Bürgerkrieg.

»Jetzt wo du zurück bist, kann der Familienrat tagen. Sei am Abend zum Essen hier.«

Ich stand auf und wanderte in meine Wohnung, nicht weit vom Circus Maximus auf dem Aventin. Der Aventin der südlichste Hügel Roms mit seinen steil abfallenden Hängen ist der am dichtesten besiedelte Platz der Welt. In der Frühzeit siedelten sich hier vor allem "Ausländer" an. Menschen, die nicht über das Bürgerrecht verfügten. Sie vor allem bildeten die Plebs urbana. Die sich schon aus Prinzip seit den ersten Jahrhunderten einen langen und erbittert geführten Kampf mit den Patriziern lieferten.

Vor 200 Jahren war der gesamte Hügel zu öffentlichem Land erklärt worden und unter den Plebejern zur Besiedlung aufgeteilt worden. Der Hügel, auf dem ich lebte, war derart dicht bewohnt, dass man hier keinen Platz für öffentliche Bauten mehr fand. Feuer wurden hier als eine Art Willkommenes saubermachen gesehen. Der Aventin hatte seinen "gewöhnlichen" Charakter bewahrt. Doch schleichend entwickelte sich der Aventin zu einer Wohnlage der guten Gesellschaft, was Teile der einfachen Bevölkerung südlich des Hügels auf die andere Flussseite ins Transtiberim verdrängte.

Ich zog mich kurz um und machte mich auf in die Iulia Thermen nahe beim Forum. Meine Seele lechzte nach einer Massage und ein Dampfbad und ich wollte alles vom Klatsch, der die Runde machte, erfahren. Ich lief die Clivus Victoriae hinunter, eine Straße in der wegen der gesunden Luft auch reiche Leute wohnten. Am Tempel der Magna Mater bog ich scharf nach rechts. Die Straße war flankiert von Insulas, Geschäften, großen Warenhäusern und winzigen Läden. Es war keine arme Gegend, aber auch kein bevorzugter Ort der Patrizier Familien. Wem es hier gutging, der kam aus plebejischer Familie.

Es herrschte Gedränge, alle Straßen und Wege nahe dem Forum waren verstopft. Breitschultrige Sänftenträger schupsten die Bürger beiseite. Ausrufer, Amtsdiener selbst die Liktoren fanden kaum Platz in dem Gewühl. Bürger mit ihrer Klientel, Frauen mit ihren Sklaven und Sklaven mit ihren Sklaven. Überall standen Straßenhändler herum und boten ihre Waren an. An jedem freien Platz hatte ein Händler seinen Marktkarren aufgestellt. Kein Wächter, Vigile und kein Magistrat verscheuchte die raffgierigen Händler, deren Gewinnsucht das Forum entehrte.

Ich kaufte vor den Stufen des gewaltigen Iuppitertempels bei einem dieser raffgierigen Burschen in Garum gesottene Blutwurst. Ich setzte mich auf die Stufen des Tempels und betrachtete beim Essen die Menge. Die Gespräche, die ich aufschnappte, verrieten, dass der Plebs urbana die Stadtbevölkerung ausgelassener Stimmung war. Man redete davon, dass Priscus und Verus die erfolgreichsten Gladiatoren des letzten Jahrzehnts am Eröffnungstag der Spiele, noch einmal zu ihren Schwerter griffen.

Ich ging in die Thermen neben dem Tempel der Venus und wies Tiro an im Umkleideraum zu bleiben und auf meine Sachen aufzupassen. Die Wärter der Thermen galten nur aufgrund dessen als Diebe, weil die Meisten es sind.

Ich legte mich ins Warmwasserbecken und ein Sklave scheuerte meinen Rücken mit einem Bimsstein ein anderer rieb mich mit wohlduftender Rosensalbe ein. In der badenden oder sporttreibenden Menge erkannte ich Freunde und Bekannte. Ich grüßte und wurde begrüßt. Eine Weisheit sagt: Wer sich einladen lassen will gehe in Rom in ein Bad oder warte auf einer öffentlichen Latrine. Es regnete Essenseinladungen von meinen Freunden und Bekannten und jede versprach ich, einzuhalten.

Die Thermen waren nie bloße Bäder sondern Orte der Erholung und Entspannung. Wo Männer und Frauen in getrennten Sälen Sport trieben. Wo Unterhaltungen stattfanden, Politik und Geschäfte gemacht wurden und Dichter und Sänger ihre Künste anboten. Wein und Obstverkäufer schlenderten umher und verkauften Erfrischendes gekühltes Wasser, Weine, Säfte und Pfirsiche. Man konnte in die Sportsäle gehen und Hanteln stemmen oder jungen Männern bei Ringkämpfen zusehen. Freigelassene Gladiatoren gaben Unterricht im Fechten. Oder man konnte Ball spielen. Es gab unzählige Ballspielarten das beliebteste war Aporrhaxis. Dieses Spiel konnte mit einer oder zwei Personen gespielt werden. Ein Spieler warf den Ball, schräg zu Boden um ihn möglichst oft aufspringen zu lassen. Der andere Spieler musste ihn mit der flachen Hand ebenso zurückspringen lassen. Spielte man gegen eine Mauer, brauchte man nur einen Spieler.

Es gibt 890 große bis mittlere Badehäuser in Rom und die Eintrittspreise sind sehr niedrig. Jeder konnte sich den Einlass in ein Bad leisten und die bedrückende Enge seiner Wohnung bis zur Nacht vergessen. Trotz der über eine Million Menschen, die Rom mächtig machen, ist Rom keine schöne Stadt. Die Prunkbauten und Tempel und Foren täuschten nicht darüber hinweg, dass es in der Mutter aller Städte stinkt. Man badete nicht nur wegen des Vergnügens täglich, sondern damit der ölige Gestank der einen umhüllte von der Haut herunterging.

Sauber und wie neugeboren lief ich nach dem Bad zum prächtigsten Tempel auf dem Forum und verbrannte im ewigen Feuer Weihrauch und Salz und bat Iuppiter mich lange von jeder Reise zu verschonen. Der Tempel Mercurius der Gott der Händler, Diebe und Reisenden befand sich in Subura. Auch ihm hätte ich Salz und Weihrauch geopfert und darum gebeten mich eine Weile zu verschonen. Reisen sind in meinen Augen zu allererst Strapazen gefolgt von Gefahren. Ich besuchte nach meinem religiösem Dienst mehrere Tavernen in der Nähe des Forums, wo ich meine Zeit damit vertat, Weine zu probieren und mich in den angeschlossenen Bordellen zu amüsieren. Trotz des Blütenkranzes auf meinem Kopf, der Trunkenheit verhindern sollte, musste Tiro mich am Nachmittag ins Badehaus zurückbringen. Wo mich abwechselnd heißer Dampf und kalte Bäder so weit herstellten, dass ich keine Schande beim Familientreffen sein würde. Ich sprach mit Bekannten auf der Latrine sitzend über die verpassten Spiele. Die Rennen im Circus maximus und wo man sich zurzeit am Besten amüsierte. Man klatschte und redete es mussten gute Zeiten sein keiner schimpfte über die Entscheidungen des Senats.

Als Nächstes besuchte ich Vaters geliebte Nefertari. Sie lebte in einer Stadtvilla auf dem Aventinhügel. Vor der Eingangstür saßen mehrere bösartig aussehende Wächter die gebogenen Messer unter der Tunika kaum verborgen auf dem Bürgersteig. Es war vom Senat und den Göttern verboten, Waffen in Rom bei sich zu tragen. Jeder, der sich daran hielt und bei Dunkelheit allein unterwegs war, forderte sein Schicksal heraus.

Ich wurde von einem ihrem muskulösen Diener ins Atrium gelassen wo sie in Seide gehüllt und mit Gold behängt auf einem Speisesofa lag. Früher war sie eine schöne Frau doch jetzt half selbst die weiße Schminke nicht, die Verheerungen des Alters und des Luxus aus ihrem Gesicht zu wischen. Es war sehr traurig den beginnenden Verfall zu sehen. Beim Anblick ihres warmen Lächelns konnte ich verstehen, dass mein Vater sich mehr zu seiner Freigelassenen hingezogen fühlte, als zu meiner Mutter. In Rom werden Ehen von den Familien arrangiert, um Familienbande zu knüpfen oder Fehden zu begraben. Solange man sich diskret verhielt, standen jedem Liebesbeziehungen zu. Ich verstand, warum Vater bis zu seinem tot seine Zeit lieber mit dieser Frau verbrachte. Sie hatte ein Herz und zeigte Gefühle, was ich bei meiner Mutter nur feststellte, wenn sie wütend wurde.

Sie war ein Orakel. Nefertari ließ ihre Freundinnen und Kundinnen ihre Fragen mit einer unsichtbaren Substanz niederschreiben. Nach einigen Minuten wurde die Substanz kurz sichtbar und sie verdrehte die Augen und gab passende Antworten. Ihre Kundinnen waren natürlich tief beeindruckt von diesem Trick. Eine andere, ihrer Methoden die sie nicht nur Reich, sondern auch hoch angesehen gemacht hatten, bestand darin, dass auf der Leber eines Opfertieres eine Schrift erschien. Sie schrieb die Antwort vorher verkehrt auf die Innenseite ihrer Hand und presste sie auf die Leber. Aber sie betrog nur die Reichen und es war nicht einmal Betrug sondern ein wohldurchdachter Ratschlag. Andere Betrüger in Rom versprachen ihren Kunden sie in einer mondlosen Nacht die Götter sehen zu lassen, um ihnen die Zweifel am Glauben zu nehmen. Sie kostümierten sich und vollführten Beschwörungen. In einiger Entfernung zündete ein Gehilfe ein in Öl getränktes Huhn an und ließ es in die Luft flattern.

Es gab die Auguren für ein Jahr gewählte römische Priester, die zu forschen hatten, ob eine Unternehmung den Göttern rechtens sei. Sie verkündeten den Willen der Gottheiten, den sie aus dem Flug und dem Geschrei der Vögel und anderen Vorzeichen lasen. Und es gab die Haruspices die aus den Eingeweiden von geschlachteten Opfertieren die Zukunft vorauszusagen. Doch neben den offiziellen Zukunftsdeutern gab es Scharlatane die anboten bei den Göttern ein gutes Wort für einen einzulegen und dann gab es das „Orakel vom Aventin“. Nefertari hatte mit Glück den richtigen Frauen das Richtige gesagt und war in mehreren Testamenten reichlich bedacht worden. Es gab Frauen die täglich hier vorbei sahen ihre kleinen Entscheidungen von Nefertaris Blicken in die Zukunft abhängig machten. Sämtliche Gerüchte und der Klatsch, der in Rom kursierte, drangen schnell an ihre Ohren.

»Willkommen Quintus« empfing sie mich von Herzen so, wie eine Mutter ihren Sohn empfangen sollte. Sie war erfreut und glücklich über mein Erscheinen. Sie klatschte in die Hände und ihre Sklaven eilten herbei und bestrichen meine Hände und Füße mit Rosenwasser. Zwei Sklaven stellten sich hinter meinen Stuhl und reichten mir abwechselnd einen Becher Wein und Wasser. Oliven und Käse standen bereit. Ich hatte gar nicht bemerkt, wie hungrig ich war. Während ich das Essen in mich schlang, sprachen wir über das Tagesgeschehen. Ihre Geschäfte gingen gut und Decimus ging es ausgezeichnet.

»Decimus hat mir berichtet, dass du gute Arbeit leistest. Er wird froh sein dich zu sehen, obwohl er das natürlich nicht zeigen kann. Er sagte mir die Leute reden du verstehst es die Zügel so zu halten das Pferd und Reiter zufrieden sind.«

Decimus mein Halbbruder war mir näher als es üblich war. Nach außen hin pflegten wir unsere Feindschaft doch ich schätzte ihn und ohne unsere kleine spielerische Fehde wäre es viel langweiliger in Rom. Meine Mutter hasste Vaters Sohn mit seiner Freigelassenen, allerdings wäre es ihr nie in den Sinn gekommen, Decimus oder seine Mutter öffentlich anzufeinden. Sie hätte unsere Familie in eine Fehde mit den Ehefrauen der Senatoren gestürzt.

»Man übertreibt ich war nur Quästor«, sagte ich bescheiden.

»Ein Ausgezeichneter«, lobte sie.

»Ich weiß, dass man bestrebt ist, in seiner gewählten Position zumindest die angehäuften Schulden zu begleichen. Was soll es dem Staatswohl bringen wenn die Bürger, die Rom dienen verarmt aus dem Amt herausgehen? Nur die Spiele, die man zu Wahlen geben muss, kosten ein Vermögen. Natürlich bleibt etwas von den Steuern Tributen und Zöllen in den Taschen des Konsuls Legaten und der kleinen Beamten. Es kommt darauf an es nicht zu übertreiben und die Provinzen auszupressen, um am Ende in Rom angeklagt zu werden. Wie macht sich Decimus?«

»Es lohnt sich für ihn und die Stadt. Er hat die clivus Suburanus die Hauptstraße durch das Suburaviertel neu bepflastern lassen.«

»Das muss ihn ein Vermögen gekostet haben.«

»Man darf nicht geizen die Leute werden mit jedem Schritt erinnert, wer ihnen die Straße neu pflastern ließ. Er hatte es bei seinem Wahlkampf schwer. Man bemängelte seine Herkunft. Vor allem Cicero machte Witze über Decimus Herkunft.«

»Wie hat er sich gewehrt?«

»Er hat die Abstammungslisten der Senatoren überall in der Stadt anbringen lassen.« Sie kicherte: »Wusstest du, dass Senator Drusius Großvater ein Fischhändler aus Trans Tibere war?«

Ich musste grinsen. »Jetzt hat er Ruhe?«

»Ja vor allem sein Feind Cicero schweigt. Er knabbert immer noch daran das man ihm daran erinnerte aus Arpinium zu stammen, deren Bewohner erst seit 150 Jahren das Bürgerrecht besitzen.«

»Er macht sein Amt erst gut, wenn die Leute darüber sprechen. Er sollte jetzt einen Tempel bauen oder ein kleines Theater. Die Leute Suburas mögen die griechischen Lustspiele, wenn er in drei Jahren für das Amt des Prätors kandidiert hat, er ihre Stimmen.«

»Sage es ihm persönlich er, hat kaum Zeit mich zu besuchen. Er hat sich sogar ein Haus in Subura gekauft, um näher bei den Leuten zu sein.«

»Rom kommt mir anders vor. Ich weiß es sind nur sieben Monate gewesen doch der Friede gibt mir Rätsel auf. Vielleicht bin ich zu lange fort gewesen.«

Seit hundert Jahren bekämpften sich die konservativen Optimaten und die Popularen, die angeblich dem Volk mehr Rechte geben wollten. Es gedrungen auch hin und wieder taten. Die Optimaten verweigerten sich jeder Machtteilung mit allen Mitteln. Bei meiner Abreise gehörten Morde und Angriffe und Blockierungen von Gesetzen zur Tagespolitik. Gaius Caesar aus der Patrizierfamilie der Iulier war der prominenteste popularen Politiker. Die Verbindung ging so weit das Er die Tochter des Lucius Cornelius Cinna den Totfeind des Optimaten Sulla der Monate lang ein Schreckensregime in Rom ausgeübt hatte heiratete. Das alles ohne Blutvergießen gegangen sein sollte wunderte mich.

»Das ist nicht überraschend«, erwiderte sie. »Die Vergangenheit heilt keine Wunden. Der Arm, der das Schwert hält, hat Muskelkater. Seit Caesar in Pompejus den Feind sieht, beruhigt sich die Lage scheinbar er sammelt seine Legionen, um vorbereitet zu sein.«

Ich winkte ab: »Wie ein Meer vor dem Sturm. Lassen wir das Thema. So ist also eine friedliche Zeit. Die Bürgerkriege verblassen zu bloßer Erinnerung und Geschichtsschreibung.«

»Ja Rom siegt kaum Betretten unsere Legionen ein Land und Rom gedeiht und wächst und mit Rom wir Reichen.«

»Weißt du, weshalb mich meine Familie heimgerufen hat?«, fragte ich. Wenn es Klatsch gab, dann war ich genau an der richtigen Stelle ihn zu erfahren.

Nefertari dachte kurz nach: »Es wird Krieg in Gallien geben und der Senat ist nur scheinbar bereit Caesar sein Konsulat zu geben. Man hofft darauf, dass ihn das Glück verlässt, oder das schwere Kampfhandlungen seine Legionen dezimieren.«

»Es ist unwürdig aber was wichtiger ist, weißt du, was mein Onkel mir vermacht hat?«

»Nein hat dir das deine Familie nicht geschrieben?«

»Bedauerlichweise erfahre ich das erst am Abend.«

Ich verabschiedete mich und ging mit Tiro zu meiner Wohnung in der untersten Etage meiner Insula. Es befand sich nicht weit entfernt. Ich verschaffte mir einen kurzen Überblick über den Zustand der Wohnung und meinen Sachen und machte mich, nachdem alles seine Ordnung hatte, an den liegen gebliebenen Briefwechsel von Monaten. Ich ging mit dem Packen Pergament unter dem Arm geklemmt ins Tablinium, dem Arbeitszimmer mit Blick auf den rechteckigen Hof, der auf allen Seiten von Kolonnaden umgeben ist.

Die Ausstattungen der Mietskasernen, den Insulas unterscheiden sich voneinander. Es gibt die 8 Stockwerke hohen und dunklen Höhlen, in denen Hunderte Menschen zusammengepfercht leben und es gibt luxuriöse Mietshäuser. Eine Flucht von Zimmern fließendes Wasser ein Peristyl, ein Statuen geschmücktes Atrium. Meine Wohnung war mit einer Fußbodenheizung ausgestattet und die Böden und Wände waren mit Mosaiken dekoriert. Es war eine Wohnung die auch gehobenen Ansprüchen genügte.

Ich las und beantwortete die Post und informierte meine Freunde wie es mir ergangen war. Natürlich hob ich meine Rolle bei der Verwaltung einer kleinen Provinzstadt sehr hervor. Den Rohentwurf würde ich einem griechischen Sklaven oder wen ich gerade in Mutters Haus erwischte geben, damit er den Stil anpasste und gebildeter wirken ließ. Gerade als ich mich wieder auf die Arbeit konzentrierte flatterte Flaviana die Tochter meines Hausverwalters herein. Sie ist wirklich ein sehr hübsches Mädchen groß und gut gebaut aber völlig gedankenlos. Sie segelte vom Prestyle kommend durch die Räume wie ein verirrter Schmetterling sah mich und rief mit einer Art Tadel in der Stimme.

»Ach Quintus!«

»Wen hast du in meinem Arbeitszimmer erwartet?«, fragte ich.

Sie ließ sich erschlagen in einen Stuhl fallen und legte ihre verwirrend langen Beine übereinander. Es gibt Mädchen die sind für unmoralische Seidentunikas gemacht und Flaviana gehörte zweifellos dazu. Dort saß sie mit ineinander gefalteten Händen und starrte mich an. Ich schrieb gerade für einen meiner Verwalter. Der beklagte sich das meine Pächter immer weniger Steuern und Abgaben zahlten sie redeten sich mit dem schlechten Wetter heraus. Einmal war es fehlender Regen, und wenn er darauf hinwies, es habe sehr häufig geregnet war es die Feuchtigkeit. Als Verwalter fragte er ausgerechnet mich nach einem Rat. Ich schrieb er solle ein Sühneopfer für Iuppiter abhalten. Was will man schon gegen den Unwillen der Götter unternehmen?

»Ist Tiro hier irgendwo?«, fragte das Mädchen unschuldig.

Ich hatte schon angenommen sie habe vergessen was und wohin sie wollte und beehre mich bis zum Abend. Lange Beine mit einer glatten seidig schimmernden Haut kaum von dünnem Seidenstoff verdeckt brachten mich auf andere Gedanken als meine Briefwechsel.

»Ich habe ihn seit dem Mittag nicht gesehen. Ich glaube er sollte jetzt seine Schreibstunden nehmen. Was willst du überhaupt von ihm? Du hast nicht vor Schande über dich und deine Ahnen zu bringen er ist ein Sklave.«

Sie sah mich an und murmelte etwas von meiner schmutzigen Phantasie. Ihr schien Tiros Abwesenheit nicht viel auszumachen. Was zu meiner Beruhigung nicht für das Brechen aller moralischen Verbote in meiner Wohnung sprach. Jedenfalls nicht für den armen Tiro und Flaviana. Sklaven hatten kein Glück mit Mädchen. Seit einigen Jahren war es Verboten Sklaven zu kastrieren. Ich beschloss mit Tiro über die Strafen zu reden, wenn ein Sklave ertappt wurde, wie er es mit einer Bürgerin oder Freigelassenen trieb. Die Kreuzigung die übliche Strafe für einen Sklaven.

Flaviana, die Tochter meines Freigelassenen verzog ihr Gesicht. »Ist deine Mutter in der Nähe? Sie schneit jeden Tag vorbei und kontrolliert alles gewissenhaft, wie ein Vigile. Als suche sie bei dir nach geflohenen Sklaven.«

»Nein. Gavius von Korinth malt ein neues Familienporträt.«

Meine Mutter besteht jedes Jahr auf ein Familienporträt koste es was es wolle und Gavius der Maler der reichen Bürger war erfolgreich. Mit dem Geld, das er mit seiner Malerei verdiente hoffte, er sich bald die Ritterwürde zu erkaufen. Er wäre der erste Maler, dem das gelänge. Wenn ihn sein Kunsthandwerk nicht unsterblich machte, dann ein Sitz auf der Ritterbank im Senat.

Flaviana seufzte schwer. Beim dritten Seufzer fragte ich: »Was ist los?«

»Ach nichts«, sagte sie mit einem Augenaufschlag und einem tiefen Seufzen. Sie erhob sich und flatterte davon, um nach Tiro zu suchen. Ich musste ein Auge auf die Beiden haben. Sollten sie es wegen meiner miteinander, treiben wenn sie bloß nicht auf die dumme Idee kommen heiraten zu wollen. Freie die einen Sklaven heirateten, wurden zu Sklaven. Meine Gedanken schweiften kurz zu den Spielen. Pompejus hatten 500 Gladiatoren gekauft und die Gefängnisse Roms waren wie leergefegt alle würden sie in einem Spektakel im Circus maximus massakriert werden. Keine Elefanten die Römer die bei den Spielen vor einem Jahr erheitert zusahen wie zwei geistig zurückgebliebene Krüppel auf Leben und tot kämpften hätten fast den Veranstalter getötet, als er einen Elefanten abschlachten ließ. Der Senat verbot das Abschlachten dieser Tiere aus Humanitas.

Gegen Abend machte ich mich zum Treffen mit dem Rest der Familie Flavianus auf. Tiro klopfte wie der ungestüme Hausherr der Einlass verlangt und Hermes, Mutters erster Major Domus ließ uns ein. In dem Haus roch es nach verbrannten Duftstoffen und Weihrauch und es herrschte eine ganz ungewöhnliche Stille. Normalerweise waren Beerdigungen, die zu den ersten Familientreffen gezählt werden, eine laute Angelegenheit.

»Man erwartet dich im Oiklos«, informierte mich Hermes mit einer Miene als hätte ihn mein zu Spätkommen beleidigt.

»Kümmer dich und gib Tiro was zu essen«, befahl ich und eilte die Toga richtend in den Festsaal.

Dieses würdige Gewand ist eine Bürde für den Träger. In sommerlicher Hitze oder bei Kälte eine 6 Meter lange Stoffbahn aus Wolle tragen zu müssen ist nicht bequem. Eine Toga verleiht Würde ist dafür unpraktisch und hinderte die Beweglichkeit. Man hat genau darauf zu achten dass die Toga einen eleganten Faltenwurf hat und rempelte jemand einen auf den überfüllten Straßen an, ist alles für die Katz gewesen. Leider ist Rom kein Säulengang und man hält sich, nicht oft im Capitol auf um sich zu zeigen. Man muss auch wieder durch dunkle dreckige Gassen nach Hause gehen. In ein Restaurant oder eine Taverne. Die Lebenszeit einer fehlerlosen, sauberen und exquisit gefalteten Toga dauerte genauso lange wie man brauchte von seinem Haus auf eine belebte Straße zu treten. Ist die Toga verschmutzt, muss sie in eine Wäscherei zum walken oder Färben. In den alten Zeiten der Republik trug man unter der Toga nur einen Lendenschurz. Was später nur noch Senator Cato tat, um seine konservative republikanische Gesinnung zur Schau zu stellen. Er trug auch keine Schuhe, weil unsere Ahnen keine trugen, was ich bezweifele. Der erste Römer würde, wenn er nur etwas Verstand mitbekommen hat, nachdem er das erste Mal in Fäkalien getreten war, zumindest die Sandalen erfunden haben.

Senator Cato nahm als Freiwilliger am Spartacuskrieg teil, weil sein Halbbruder Quintus Servilius Caepio Militärtribun im Senatsheer war. Während eines Urlaubs reiste er nach Pergamon zu dem Philosophen Athenodoros Kordylion einem Stoiker. Cato überredete den alten Griechen zu einer kleinen Urlaubsreise nach Rom, wo der arme Philosoph immer noch in Catos Haus wohnte. Vor einem Jahr wurde Cato zum Quästor gewählt und löste gleich einen politischen Skandal aus. Er forderte die während der Proskriptionen des Sulla gezahlten Kopfgelder zurück. Er entblößte damit nicht nur die Identität der Verräter den Nachbarn, sondern erklärte die Nutznießung, aus den Verbrechen Sullas für unrechtmäßig. Cato war ein sehr schwer einzuschätzender Geist unbestechlich dem Gesetz verpflichtet, auch wenn die Gesetze längst erodiert waren und Zustände kontrollieren sollten, die längst überholt waren.

Außer meinem Bruder Africanus benannt nach Großvater waren Mutter und unsere Verwandten anwesend. Uns Männern bleiben nicht viele Möglichkeiten Luxus mit Kleidung zu zeigen. Natürlich galt das nie für die Frauen aus unserer Gesellschaftsschicht. Die Gewänder meiner Tanten Cousinen meiner Schwägerin waren transparente Stoffe, die die weiblichen Proportionen nicht schamhaft verhüllten, sondern betonten. An ihren lackierten Fingern steckten Goldringe und sie trugen schwere goldene Ohrringe und klimpernde Armreifen und schwere Halsketten. Ihre Haare steckten in goldenen Haarnetzen. Ich begrüßte sie dem Alter entsprechend und warf mich neben Africanus auf das lange Speisesofa.

»Ich bin doch sehr überrascht dich in Rom anzutreffen Marcus« sagte ich zu meinem Cousin. »Ich dachte man hätte deine Legion nach Paphus versetzt.«

»Ich habe einen Pfeil abbekommen«, erklärte er stolz. »Statt meiner geht mein Bruder.«

Marcus Flavianus machte sein Cursus Honorum beim Militär, als einer der Versorgungsoffiziere der XII Legion, die von Paphus nach Syria kommandiert wurde, um die dortigen Truppen zu verstärken. Marcus Flavianus war ein fetter Typ, dem jedes Soldatische abging. Ich hatte von dem Unfall gehört. Marcus hatte sich bei einer Bogenübung einen Pfeil in den Fuß geschossen. Niemand verstand, wie man das konnte. Nach seinen Worten juckte sein Fuß und er sah eine Larve über seinen Zeh wandern und tötete das Insekt mit einem Pfeilschuss, der sowohl Raupe und Fuß durchdrang. Er war ein Idiot und ein typischer Vertreter meiner Sippe. Ich glaubte ihm die Geschichte natürlich nicht.

»Ich verstehe dich, was kann es in Antiochia schon geben«, tröstete ich ihn.

Mein Bruder Africanus verzog sein langes Pferdegesicht und fing an zu schimpfen. »Du bist ein Dummkopf du musst von einem Barbaren stammen, man hat meinen richtigen Bruder im Kindsbett vertauscht. Marcus muss in Rom bleiben, um die Senatsentscheidung über Gaius Caesars Konsulat abzuwarten und nach Gallien zu kommen.«

»Nach Gallien nur Wälder und Sümpfe. Das ist natürlich tausendmal besser wie Antiochia«, sagte ich sarkastisch. Gegen Gallien ist Antiochia ein Athen.

»Die dortigen Möglichkeiten sind interessant«, erklärte mein Bruder.

Mutter fiel ihm ins Wort bevor ich und er uns in die Haare gerieten. »Dort müssen Städte gebaut werden für die Veteranen der Armee. Und um zu Bauen braucht man vor allem Marmor und Backstein.«

»Es trifft sich gut das zu unseren Besitztümern Steinbrüche gehören. Die Legionen sind immer ein guter Handelspartner von uns gewesen« sagte ich. »Aber ihr vergesst immer, das Caesar die belohnt, die zu ihm halten. Wenn Marcus klug ist, bricht er sofort zu ihm auf. Noch ehe der Senatsbeschluss kommt. Jetzt haben wir die Politik hinter uns. Lasst uns schnell zur Hauptsache kommen und Onkels Testament besprechen. Was hat er mir alles vermacht?«, fragte ich um möglichst schnell wegzukommen.

Kaeso mein Cousin schüttelte den Kopf. Er war damals ein blonder blasser Mann, der immer alles korrekt erledigte. Er fluchte nicht einmal, weshalb ich ihm nicht über den Weg traute. »Als Familie werden schwierige Zeiten auf uns zukommen«, sagte er.

»Ich dachte es geht um das Testament? Ich hatte gehofft er habe auf dem Sterbebett seine Meinung über mich geändert und mir Anteile an seinen Vermögen vermacht.«

»Wie kommst du darauf«, meinte Mutter. »Du hast ihn zweimal in deinem Leben besucht, um dir Geld zu leihen.«

»Dein Bruder war Geldverleiher! Wozu geht man wohl zu einem Wucherer, der selbst von seinem Neffen seinem Fleisch und Blut 25 Prozent Zinsen nimmt?«

Mutter klärte mich auf: »Es geht nicht ums Testament schlag dir das aus dem Kopf, er hat dich gehasst. Wir sind hier, weil wir entscheiden müssen wie wir Africanus helfen können und was es uns kosten wird, wenn wir es tun«, sagte sie dunkel.

»Eine Katastrophe steht vor der Tür«, meinte Africanus und stierte mich an. »Bisher sind es vier oder fünf.« Dann rief er wütend: »Es war seine Lieblingssklavin. Vespia diese Hexe. Wir wollen, dass du etwas findest, damit du den Sklavenmörder anklagen kannst.«

»Ich soll was machen?«, fragte ich schockiert. Die Nachricht nicht bedacht worden zu sein schmerzte genauso, wie mich meine Schulden drückten.

»Den Sklavenmörder finden seine Schuld zweifelsfrei beweisen und anklagen. Oder glaubst du ein Stadtpräfekt entehrt sich!«, rief Mutter.

»Langsam, welche Sklavensache?«, fragte ich verwirrt.

»Ein Wahnsinniger, oder einer der einen Aufstand der 300 Tausend Sklaven in unserer Stadt anzetteln will, bringt Sklavinnen um. Er ermordet sie auf offener Straße unter unseren Augen und schmiert Botschaften an die Wände«, sagte Africanus.

»Und wo ist das Problem?«

Ich war verwirrt. In Macedonia hatte sich nicht herumgesprochen, dass es neuerdings Sitte in Rom geworden war, Ermittlungen anzustellen, wenn ein Dummkopf Sachbeschädigung beging und Sklaven ermordete. Unser Recht behandelte das ganze nicht anders, als bringe ein betrunkener Raufbold eine Kuh um. Wenn er den angerichteten Schaden nicht ersetzten konnte, wurde er erdrosselt oder noch schlimmer aus Rom verbannt.

»Dass ich das richtig verstehe, es geht nur um Sklaven. Einer bringt Sklaven um und deshalb die ganze Aufregung?«

»Licinius Corneliis Lieblingssklavin!«, sagte Mutter.

Africanus beugte sich etwas vor und legte seine goldgeschmückten Finger ineinander. »Wie auch immer das Ergebnis aussieht, allein die Ermittlungen werden den Untersuchungsrichter entehren. Aber Licinius Cornelii ist mein Freund! Ich bin oft in seinem Haus zu besuch er berät mich und nun vergisst er unsere Freundschaft und zwingt mich!«

Africanus saß vollends und trank wütend einen Becher Wein. Für ihn war das Lectus das Speisesofa nicht gebaut. Er sollte immer einen kurulischen Amtsstuhl unter dem Hintern haben. Selbst wenn er seine Pausen in den Ämtern hatte, wirkte er wie ein Beamter. Sein Freund war genau so einer nahm ich an. Licinius Cornelii war bis vor zwei Jahren mit Clodia der Schwester von Publius Clodius Pulcher verheiratet. Sie verließ ihn. Man erzählte offen, weil er einer jungen Frau nicht so oft beischlafen wollte, wie es sich gehörte. Man sagte er habe eine Vorliebe für kräftig gebaute Numidier. Bis jetzt hatte er nicht wieder geheiratet. Er ließ in Rom und Pompeji Gärten und Villen mit kostbaren Skulpturen füllen. Mir bekannt war er vor allem wegen seiner üppigen Gastmähler. Noch heute sagt man in Aventin, wenn etwas ganz besonders geschmeckt hat „Corneliesches Essen“. Ich hielt Licinius, allein wegen der Freundschaft zu meinem Bruder für einen, geistlosen Verschwender und Neureichen.

»Niemand nimmt doch ernst, wenn einer Sklavinnen umbringt außer dem Besitzer. Auch rechtlich ist es höchstens Sachbeschädigung. Seit wann, sind in Rom andere Gesetze verabschiedet worden«, fragte ich.

Marcus schnaubte verächtlich. »Wer würde wegen läppischer Sklaven einen Aufstand begehen? Aber Licinius Cornelii ist unser Bankier und er liebte seine Sklavin. Wenn du den Mörder nicht findest und wegen Mordes anklagst, verkauft er unsere Schuldscheine und Sicherheiten an einen Feind unserer Familie. Ich stehe mit einer Million Sesterzen im Schuldbuch und Africanus mit 4 Millionen. Wir zusammen mit etwa zehn Millionen. Du musst den Mörder schnell finden und wegen Mordes anklagen.«

»Mord? Ihr wollt, dass ich mich zum Narren mache. Ich trete vor einen der Prätoren auf das Forum, den Mörder im Schlepptau und erhebe Anklage wegen Sachbeschädigung. Seid ihr nicht mehr zu retten? Ich mache mich doch nicht zum Gespött von ganz Rom!«, rief ich.

Africanus donnerte seine Faust auf den Tisch: »Mord! Wegen Mordes und er will eindeutige Beweise! Mein Freund Licinius Cornelii will eine Mordanklage dann wirst du ihm eine geben«

Ich verstand meinen Bruder mit vier Millionen in der Kreide zu stehen, seine Freundschaft zu Licinius Cornelii hin oder her, waren eine Belastung. Zumal er immense Ausgaben hatte. Meine Schwägerin war Luxus gewöhnt, verschwenderische Essen und die Spiele die Africanus als gewählter praefectus der Cohorte Urbanae geben musste verschlangen Unsummen seines Geldes. Das Schlimme an seinem Amt war, das er entschädigt wurde wie vor einhundert Jahren. Damals bestand die Cohorte aus 200 Legionären. Mittlerweile waren es 600 erfahrene Veteranen die 600 Denar Sold im Jahr erhielten. Das Amt musste ihm finanziell schwer zusetzen. Hauptsächlich, weil niemand den die Cohorte schnappte finanzkräftig war. Sein Amtsgebiet waren kleine Gauner und Betrüger. Ein prestigeträchtiges aber sehr ruinöses Amt. Kein Wunder, das seine Haare angefangen hatten, grau zu werden und er mich anstarrte, wie seinen Feind.

»Und wie soll ich ermitteln ohne Befugnisse macht mich einer von euch zum Präfekten der Vigiles?«

Die Vigiles waren für Feuer zuständig. 700 Freigelassene die Brände bekämpften und nachts den Dieben nachstellten. Die Cohortes urbanae die Stadtwache kommandiert vom Stadtpräfekten meinem Bruder kümmerte sich um die Straßenkriminalität neben der Verteidigung der Stadt bei Unruhen. Sie waren befugt Verbrecher im Umkreis von 100 Meilen um Rom zu verfolgen und bestanden aus drei Kohorten.

Kaeso sagte: »Ich bin der diesjährige Tribun und dies dürfte zur Legitimation genügen. Wenn du Zeugen aufgetrieben hast, wirst du die Anklage vor dem Prätor verlesen.«

»Ich?«

»Wer sonst?«, fragte Mutter.

Jetzt verstand ich. Ich war das unnütze Glied in der Kette alle anderen waren weiter wie ich auf ihrem Weg zur Macht. Meine Mutter hatte gerechnet und beschlossen das ich und meine Karriere nicht so wichtig seien. Der Kläger legte öffentlich dem Prätor die Anklage dar. Dieser wiederholte nach einer Prüfung der Fakten die Klage im Beisein des Klägers und des vorgeführten Beklagten. Meine politische Karriere und mein Ruf waren soeben auf Anordnung des Familienrates gestorben. Das Vorverfahren ob die Klage überhaupt zugelassen werden konnte wurde mit einem Verhör durch den Prätor begonnen. Erbrachte das Verhör kein Unschuldsbeweis für den Beklagten, wurde ein Gerichtstermin angesetzt, an dem die Untersuchung vor einem der Richter stattfand. Verschwand der Angeklagte, wurde er zwangsläufig schuldig gesprochen und verurteilt. Verschwand der Ankläger, wurde es als Unschuldsbeweis gewertet. Mein Leben war keine Sesterze mehr wert. Meine Familie wusste ganz genau, was sie mir antaten und es war ihnen egal. Ich verabscheute diese Sippe.

»Bring uns einfach Zeugen und Beweise«, sagte Africanus leichthin.

»Wie und wer ist, gestorben?«

»Licinius Corneliis Lieblingssklavin Vespia sie wurde vor einigen Wochen in Subura ermordet.«

»Hat das ein Arzt gesagt?«

»Ja Hermes ist der Arzt der Stadtwache Licinius Corneliis Sklavin war bester Gesundheit und niemand weiß, was sie in Subura trieb. Licinius Cornelii will Beweise also streng dich an.«

»Amor warum meidest du diese Familie?«, fragte ich mit Blick an die vergoldete Decke. Die vielen Millionen Sesterzen Schulden beim Geldverleiher Licinius Cornelii steckten bestimmt im Blattgold dort oben.

Ich und Tiro liefen nach der Besprechung auf der Mitte der Straße. Die Mietskasernen manche über 25 Meter hoch verfügten über keine Latrinen. Die Leute, die in den oberen billigen Stockwerken wohnten kippten, den Inhalt ihrer Nachttöpfe aus dem Fenster. Mit zunehmender Entfernung vom Esquilin Viertel wurde es lauter und der Geruch dicker. In Subura polterten die Reifen der gewaltigen Fuhrwerke, die Händler brachten in der Nacht, was die Stadt am Morgen brauchte. Ein runder Mond stand über allem und man konnte wenigsten etwas erkennen. Es brannten kaum Straßenlichter. Römischen Hausbesitzern war es vorgeschrieben Öllampen an den Häusern anzubringen und abends zu entzünden, doch niemand hielt sich daran.

»Warum haben wir keine Sänfte?«, fragte Tiro, als sei er das Laufen nicht gewöhnt und man habe ihn auf Händen getragen.

Er hielt eine Hasenkeule in der Hand. Meine Mutter meinte Sklaven öfter wie zweimal im Jahr Fleisch zu geben verderbe sie nur. Tiro musste lautlos von den Sklavenkammern in die Küche geschlichen sein. Er kannte sich demzufolge mit Türschlössern aus, Hermes verschloss die Kammern, wenn die Sklaven nicht gebraucht wurden.

»Warum was?«, fragte ich. Ich konnte mich kaum konzentrieren meine Zukunft, die in einem guten Namen liegt, lag unter Trümmern vergraben und das geizige Ungeheuer, mein Onkel hatte mir nicht das Geringste vererbt.

»Warum haben wir keine Sänfte?«, wiederholte Tiro mit vollem Mund.

»Weil wir keine haben werden! Ich werde vielleicht eine haben, wenn ich vierzig bin. Junge Männer benutzen keine Sänften in der Stadt das gehört sich nicht. Außer du stammt von Alexander dem Großen ab oder wohnst in Alexandria.«

»Verstehe ich nicht«, meinte Tiro und sah mich mit seinen großen Augen an.

Ich seufzte zu dem Schreibunterricht brauchte er Unterricht in Geschichte und Völkerkunde.

Ich erklärte es ihm: »Die Benutzung einer Sänfte gilt als ist dekadent. Nur Frauen und alten Männern ist es nach den Luxusgesetzen gestatten und natürlich den Alexandrinern. Die griechischen Pharaonen haben es mit den Sänften übertrieben, es gibt Prunksänften, die von 200 Sklaven getragen werden, auf der genug Platz für ein Ballspiel wäre. Man macht sich lächerlich.«

Tiro nickte und sagte dann völlig unvermittelt: »Tut mir leid das du hinter dem Senator her sein musst.«

Ich blieb stehen: »Was hast du erfahren beim Lauschen?«

»Ich lausche nicht, warum sollte ich? Die Sklaven deiner Mutter reden von nichts anderem. Deine Familie hält sie für taub und stumm wie ihre Möbel, das sind sie nicht. Sie meinen so übel war es noch nie. Ein Senator ermordet die Sklavinnen und wird von euch gedeckt. Einer soll endlich was unternehmen. Nebenbei in seinem Testament hat dir dein Onkel ein Landgut in Pompeji hinterlassen und 150 tausend Denare. Seine sechs Lieblingssklaven hat er freigelassen und mit dem Rest bedacht, zudem je 200 Tausend Denar für die Prätoren und die Tribunen und die Konsuln.« Er lächelte mich an.

»Du bekommst nichts spar dir dein Grinsen.«

Tiro schleuderte den abgenagten Knochen in den dunklen Schlund einer Gasse zwischen zwei Mietshäusern. Hundeknurren drang aus der Dunkelheit des kleinen Pfades. Ich schüttelte den Kopf. Wenn Tiro recht hatte, war Onkel schlauer gewesen und meine Familie noch schurkischer, als ich es mir vorstellen konnte. Wenn einer aus meiner Familie gegen das Testament klagte, würde er den Richtern und Konsuln Geld wegnehmen. Familie hin oder her das Weingut in Pompeji würde ich mir nicht nehmen lassen.

»Hat einer von Mutters Sklaven dir noch etwas über diese schlimmen Morde erzählt?«

»Man sagt er mordet nur in Subura und die Stadtkohorte lässt ihn gewähren, weil er Senator ist. Die Schreie der letzten armen Sklavin waren zu hören. Die Soldaten deines Bruders haben die Gasse abgesperrt und die Männer, die zu Hilfe kommen, wollten vertrieben.«

»Das ist Rom Tiro. Die Leute die kamen wollten nicht helfen, sondern sich nur eine Leiche ansehen.«

»Africanus ist dein Bruder, du musst ihn ja in Schutz nehmen.«

Mord im Tempel der Venus

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