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Prolog

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Ich liebe es, einfach nur Musik zu hören. Nun gut, es gibt viele Leute, die das von sich behaupten, aber ich meine es wirklich so. Musik ist meine einzige Möglichkeit, aus der Realität zu entfliehen und das würde ich gerne für immer. Einfach weg von hier. Auf und davon. Das mag egoistisch klingen, aber wenn ich ehrlich bin, habe ich sowieso noch nie irgendwo reingepasst. Mir ist schon lange klar, dass ich ein Adoptivkind bin. George und Jane haben es lange abgestritten, aber schließlich konnten sie es nicht mehr geheim halten. Die Tatsache, dass ich den beiden nicht im Geringsten ähnlich bin, hat mich schon länger stutzig gemacht. Vor einem halben Jahr haben es mir die beiden dann endlich erzählt. Seitdem spreche ich sie nur noch mit Vornamen an. Worte wie „Mutter“ oder „Vater“ kommen mir wie Lügen vor.

Manchmal denke ich darüber nach, ob ich nicht etwas zu hart zu den beiden bin, aber ich kann sie einfach nicht anlügen. Ich bin eben ein ehrlicher Mensch. So habe ich auch von Anfang an klargestellt, dass ich nicht bemitleidet werden will. Das funktionierte nicht immer. Besonders in der Schule trafen mich die vermeintlich besorgten Blicke meiner Mitschüler. Diese ganze Falschheit geht mir auf die Nerven. Als ob ich nicht wüsste, dass viele meiner Schulkollegen schon vor der offiziellen Bekanntmachung meiner Adoption hinter meinem Rücken darüber geredet hatten. Aber wie gesagt, mein Aussehen und das von George und Jane machten es einfach zu offensichtlich.

Beide haben blonde Haare, braune Augen und sind sehr blass. Dem gegenüber stehe ich: dunkler Hauttyp, braune Haare. Das Einzige, das nicht wirklich in das Gesamtbild passt, sind meine blauen Augen. Meine blitzblauen Augen, die ich dann wohl von meinen leiblichen Eltern geerbt habe, die nichts hinterlassen haben, außer ein kleines Mädchen auf einer Türschwelle.

Alles in allem bin ich also das genaue Gegenteil meiner Adoptiveltern und ihrer Tochter, die ich nie gerne „Schwester“ nannte. Ich mag Alicia nicht sonderlich. Sie war mir schon immer zu übertrieben und zu aufgesetzt. Mit ihren 15 Jahren ist sie ziemlich genau ein Jahr jünger als ich, aber sie benimmt sich meiner Meinung nach wie ein Kleinkind. Alicia besitzt ein enormes Selbstbewusstsein. Egal, was auch immer sie haben will, sie kriegt es. Wenn es sein muss, auch mit Gewalt. Sie sieht Jane sehr ähnlich und ich müsste lügen, wenn ich jetzt sagen würde, sie sei hässlich, aber sie ist ein schönes Gefäß ohne Inhalt. Immer auf der Jagd nach den neuesten Trends passt sie sich dauernd einer bestimmten Gruppe an, der ich noch nie angehören wollte. Wir sind von Grund auf verschieden und als auch sie erfuhr, dass ich adoptiert bin, zeigte sie mir immer mehr, wie wenig sie mich eigentlich mag oder besser gesagt, wie sehr sie mich hasst.

Aber was soll's? Es gibt schlimmere Schicksalsschläge für eine 16-Jährige, als dass einen die Schwester nicht mag, oder man von seiner Adoption erfährt. Zum Beispiel, dass der einzige Mensch, den man niemals ersetzen könnte und dem man bedingungslos vertraut, von einem Auto erfasst wird und von einem Tag auf den anderen nicht mehr da ist. Leider muss ich zugeben, dass das wieder genau auf mich zutrifft. Es ist schon hart, wenn einen die beste Freundin verlässt. Ich habe mit ihr alles geteilt. Nicht nur materielle Dinge, sondern auch Sorgen, Ängste und Kummer. Nun ist schon ein Jahr vergangen, seitdem sie gestorben ist und ich habe bisher noch niemanden getroffen, der ihren Platz nur ansatzweise einnehmen könnte. Ich fühle mich eingepfercht und zurückgedrängt. Als ob ein Teil von mir gerne ausbrechen würde, es aber nicht kann.

Das würde ich George und Jane natürlich nie sagen. Sie sind so gut zu mir und ich bemühe mich, ihnen so viel ich nur kann zurückzugeben. Es wäre falsch, sie mit meinen Sorgen zu belasten, aber leider wurde mir der einzige Mensch zum Reden genommen. Also behielt ich seither alles für mich. All die Sorgen, Ängste und den Kummer. Ich bin Jessica, ein 16-jähriges Mädchen, das schon den einen oder anderen Schicksalsschlag erlitten hat.

Das Mysterium der Wölfe

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