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Radfahren, Wandern oder Pilgern?
ОглавлениеDer Mönchsweg wurde ursprünglich als Radweg konzipiert und ist demnach vielfach geteert und somit für Radfahrer bestens geeignet. Jedoch auch für Fußgänger ist es ein Weg, der sich lohnt, beschritten zu werden.
Wer sich für das freie Wandern oder Pilgern interessiert, für den könnte der Mönchsweg eine Idee sein, denn dieser ursprünglich als Fahrradweg geplante Weg ist auch für weniger geübte Wanderer im Norden Deutschlands gut zu bewältigen. Der Weg zeichnet sich durch einen geringen Schwierigkeitsgrad aus, ist eben und ohne Steigung und in Norddeutschland gibt es hier Wege, die – meist asphaltiert – aber immer ohne Unebenheiten zu belaufen, bzw. von Radfahrern zu befahren sind.
Diese Wege führen stets abseits der Hauptstraßen an den landwirtschaftlichen Nebenwegen, an Feldwegen, durch Waldgebiete, an stets verkehrsberuhigten Gegenden entlang, die auch im Norden Deutschlands sehr häufig einsam, verwunschen und naturbelassen sind.
Das Wandern, bzw. Pilgern allein führt dann in eine Vielzahl tiefschichtiger Gedanken, Träume und Überlegungen, die den Menschen entspannen und nach wenigen Tagen in tiefgründige, spirituelle Denkweisen entführen. Da der Mönchsweg stets an den Kirchen der Region entlangführt, fällt es nicht schwer, sich hier umzusehen, eine Einkehr in diesen alten kulturellen und christlichen Stätten zu halten und sich – wieder – einer spirituellen Denkweise zu nähern. So ist doch der Mönchsweg der Weg, der der Christianisierung im Norden Deutschlands folgt.
Das Wandern zu zweit oder in einer kleinen Gruppe hat aber sicherlich auch so seinen Reiz, denn in den einsamen Gegenden sorgt es für mehr Unterhaltung, für Gesellschaft beim Bewundern der schönen Landschaft und gibt für ängstliche Menschen mehr Sicherheit. Gemeinsam sind wir stark, das denken sich sicherlich viele, die lieber in Gesellschaft unterwegs sind. Es ist eben nicht immer jedermanns Sache, allein in Wald und Feld auf dem Wege zu sein, denn auch Deutschland bietet erstaunlicherweise trotz der relativ dichten Besiedlung Gebiete, die über Stunden hinweg einsam und beschaulich sind, die keine Störungen von außen für die Gedanken der Wanderer oder Pilger bieten.
Wo liegt nun der Unterschied zwischen Wandern und Pilgern? Das Wandern ist altbekannt, aber auch das Pilgern geht auf eine lange Tradition zurück, denn schon im Mittelalter pilgerten die Menschen nach Rom, Jerusalem und Santiago de Compostela. Heute erlebt die Pilgerbewegung einen Boom von nicht geahntem Ausmaß, seitdem die gestresste, berufstätige Bevölkerung ausspannen und entspannen muss, um wieder dem Beruf nachgehen zu können. Alle Welt scheint sich auf den Weg machen zu wollen, um das Pilgern zu erfahren. Jedoch zeigen sich der eigentliche Sinn und die rechte Qualität des Pilgerns erst dann, wenn man für eine längere Zeit unterwegs ist.
Für zwei Wochen können hier die Probleme und Pflichten des Alltags zurückgelassen werden, um sich in der Natur frei und ungezwungen zu bewegen. Der Körper trägt nicht nur den Rucksack, sondern auch die Gedanken mit sich herum, führt sie in andere Dimensionen, lässt los und findet im wahrsten Sinne neue Horizonte, neue Wege. Überraschung erwünscht, denn den Verlauf der Wege kann man planen, aber nicht den Ablauf des Tages und der Gedanken, hier gibt es immer wieder Überraschungen. Das Wetter ändert sich, die Menschen, die man trifft, ändern sich und schließlich verändert man sich selbst auch in diesen Tagen. Die Wertigkeit wird eine völlig andere, es zählt nicht nur der Weg, sondern auch das Ankommen, das Pause machen, das faul Sein nach einem langen Pilgertag. So ist die Entspannung für Körper und Seele nach einem langen Wandertag sicherlich genauso wichtig wie der Weg, der die Anstrengung oder Anspannung bringt, damit später die Entspannung folgen kann. Körper, Seele und Geist gehen zusammen auf den Weg, denn jeder Tag bringt auch dem Geist neue Anregungen, indem Landschaften und Kulturgüter entdeckt werden können. Dieses Gesamtpaket bewirkt dann, dass der Mensch sich wieder als Ganzes erlebt, seine Befindlichkeit nach jedem langen Pilgertag wahrnimmt und das Pause Machen unglaublich genießen kann.
Über Tage hinweg draußen zu sein, bei Wind, Sonne und Regen in der Natur zu bleiben, das sind viele Menschen heute gar nicht mehr gewöhnt. Man setzt sich normalerweise nicht so unbedingt den Unannehmlichkeiten des Wetters aus, bleibt lieber zu Hause, wenn es draußen ungemütlich ist. Beim Pilgern in der Natur jedoch ist es anders: Wer auf dem Weg ist, der rechnet mit allem und sollte für jede Witterung gut präpariert sein. Und so trägt das draußen Sein nicht nur dazu bei, die Natur wieder hautnah zu erleben und zu genießen, sondern der Körper wird trainiert und abgehärtet, es gibt eben kein schlechtes Wetter, nur ungeeignete Kleidung.
Das Pilgern zeugt von einer Nähe zum christlichen Glauben, folgt doch der Verlauf des Mönchsweges dem Weg der Christianisierung im Norden Deutschlands. Menschen, die sich auf eine Pilgerreise begeben, wollen demnach stets auch ein christliches, zumindest ein spirituelles Erleben finden. Im Laufe eines Lebens stellen eben viele Menschen fest, dass es mehr Dinge zwischen Himmel und Erde gibt, die man nur schwer in Worte fassen kann. Diese Dinge zwischen den Zeilen wieder zu fühlen, zu erleben, was Einsamkeit in der Natur mit dem Menschen macht, das ist ein spannender Prozess, den man beim Pilgern entdecken kann. Das Pilgern ist demnach viel mehr und viel tiefschichtiger als das Wandern, was viele Menschen als Ausgleichssport betreiben.
Wandern lässt es sich sehr gut mit dem Ziel, einen bestimmten Ort zu erreichen. Beim Pilgern jedoch kommt dem Weg dahin die größte Bedeutung zu. Die Prozesse in der Seele und im Geist, die der Körper durchläuft, bewirken beim Geist des Pilgernden Veränderungen während des Laufens und vor allem danach. Was ist anders geworden nach dem Pilgerweg – bei mir selbst und in meiner Umgebung? Dieser Frage kann man sich im Anschluss an die Rückkehr nach Hause stellen und gespannt auf mögliche Antworten sein.