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Kapitel 3: Anfachen und verweigern
ОглавлениеLiebe Lia,
wie geht es Dir? Bist Du gut angekommen? Wie ist das Resort? Erzähl mal!
Ich habe endlich eine bezahlbare Wohnung in Frankfurt gefunden. Sie hat sogar einen kleinen Balkon und eine komplett ausgestattete Küche. Gott sei Dank, denn eine neue Küche hätte mein Budget wirklich vollends gesprengt. Nächstes Wochenende will ich renovieren und dann umziehen. So muss ich endlich nicht mehr im Hotel übernachten und muss auch nicht mehr jeden Abend auswärts essen. Am meisten freue ich mich aufs Backen.
Meine neuen Kollegen sind ganz nett, aber Du kennst mich: Ich brauche immer ein Weilchen, bis ich mit jemandem warm werde. Ich vermisse Dich und unsere Gespräche – und mein altes Zuhause. Wenn ich nach der Arbeit in meinem Hotelzimmer sitze, frage ich mich oft, ob es richtig war, den Job zu wechseln. Aber Du weißt ja, warum ich es getan habe. So muss ich wenigstens nicht immer an ihn denken …
Ich hoffe, wir können bald mal miteinander skypen. Fühl Dich umarmt und viel Glück im neuen Job.
Alles Liebe
Jola
Lia las die Mail ihrer besten Freundin noch einmal und nahm sich vor, ihr noch am Abend zu antworten. Jetzt aber trieb sie der Hunger zur Cantina, einer Art Selbstbedienungsrestaurant für die Angestellten. Auf dem Weg dorthin dachte sie noch einmal über die Worte der Freundin nach. Das ganze vergangene Jahr hatte sie Jola immer wieder trösten müssen, weil ihr Herz wegen eines Redaktionskollegen an Liebeskummer litt. Lia selbst hatte ihr den Rat gegeben, sich einen anderen Job zu suchen, denn mitanzusehen, wie die Freundin sich Tag für Tag mit Erinnerungen quälte, ging allmählich über ihre Kräfte. Sie hoffte inständig, dass der Ortswechsel Jola Glück bringen würde.
In der Cantina angekommen, reihte Lia sich in die Schlange der Wartenden ein und schnappte sich eins der Tabletts, um ihr Essen darauf abzustellen. Es waren nur fünf Angestellte vor ihr dran, und Lia versuchte, sich anhand der Fotos in den Personalakten daran zu erinnern, wie sie hießen. Die Frau mit den kurzen schwarzen Haaren vor ihr hatte sie am Tag ihrer Ankunft am Swimmingpool gesehen. Lucy hieß sie, wenn sie sich richtig erinnerte.
Sie war so in Gedanken versunken, dass sie zusammenzuckte, als hinter ihr eine Stimme sagte: »Hast du gestern Spaß gehabt?«
Um Himmels willen! Nicht schon wieder! Hätte die Stimme irgendeinem Angestellten gehört, hätte sie demjenigen ein paar passende Worte gesagt. Ihr Privatleben ging niemanden etwas an. Aber das hier war nicht irgendjemand. Es war Mark Foster, ihr Boss.
»Ja«, sagte sie, indem sie sich zu ihm umdrehte. »Es war sehr schön. Danke noch mal für Ihre, für deine Hilfe.«
»Gern geschehen. Mm … Lachs mit Kokoskruste und Ananas«, sagte er genießerisch und stellte sich eine Portion davon aufs Tablett. Lia wollte nach dem Salat mit Garnelen und Avocado greifen. »Nein, nein. Nicht den Salat.« Mark legte eine Hand auf ihren Arm und zog ihn von dem Salatteller weg. »Nimm den Lachs. Er ist hervorragend. Vertrau mir.«
Seine Bemerkung brachte sie zum Lächeln. Es tat gut, zur Abwechslung ein bisschen umsorgt zu werden. Sie nahm sich ebenfalls eine Portion und schob das Tablett weiter.
»Schön, zu sehen, dass du meinen Rat befolgst.«
»Ich hoffe, es lohnt sich.« Sie füllte sich ein Glas mit Limonade und nippte daran.
»Habe ich dich mit meiner Empfehlung denn bisher enttäuscht?«
Die Frage hatte einen Hustenanfall zur Folge. Sie hatte nur einen winzigen Schluck von dem Getränk probiert, aber Marks Äußerung hatte sie dermaßen überrascht, dass sie sich prompt verschluckte.
»Ähm, nein«, sagte sie und räusperte sich, nachdem sie wieder Luft bekam und Mark ihr nicht mehr auf den Rücken klopfte. »So, ähm, so war das gar nicht gemeint. Ich …«
Sie hielt ihre Personalkarte vor das Lesegerät an der Kasse und sah sich nach einem Sitzplatz um.
»Wie war es denn dann gemeint?«
»Was? Wie bitte?« Lia hatte das Gefühl, sich um Kopf und Kragen zu reden. Sie hatte es nur so gesagt. Aus Spaß.
Er stupste sie mit dem Ellenbogen an. »Da drüben links. Vierte Reihe. Ein Tisch für zwei. Etwas dagegen, wenn ich mich zu dir setze?«
»Nein, natürlich nicht«, stammelte sie, während sich ihre Beine zu ihrem Erstaunen genau in die von ihm angedeutete Richtung in Bewegung setzten.
»Also«, sagte er, nachdem sie Platz genommen hatten. »Wie war deine Antwort nun genau gemeint?«
»Ich …«, sie räusperte sich, »ich, ehrlich gesagt, ich habe gar nicht nachgedacht. Ich wollte nur, ich dachte, ich könnte dich, ich wollte …«
»Du wolltest mich nur ein bisschen provozieren, richtig?«, sagte er und dippte ein Lachsstückchen in die Soße.
Sie starrte ihn mit offenem Mund an. Hitze schoss ihr in die Wangen. Konnte er Gedanken lesen?
»Ich deute dein Schweigen als Zustimmung.« Er nahm einen Bissen von dem Fisch. »Mm, einfach fantastisch. Du solltest anfangen, zu essen, bevor alles kalt wird.«
Lia kam sich vor wie ein kleines Kind. Nimm von dem Lachs! Setz dich da drüben hin! Fang an, zu essen! Was sollte das? War das ein Spiel? Und wenn ja: Wie war sie da hineingeraten?
Er legte Messer und Gabel auf dem Teller ab und musterte sie. Fast so wie gestern. Ihr Magen zog sich zusammen, es kribbelte im Bauch. Warum musste ihr Boss nur so attraktiv sein? Das war nicht fair. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte, und starrte ihn an.
»Gefällt dir mein Hemd?«, fragte er unverblümt. »Oder ich?«
»Wie bitte?« Zu ihrem Entsetzen fühlte sie, dass ihre Wangen zu glühen begannen.
»Jetzt komm schon. Dachtest du, ich hätte es nicht bemerkt?« Er pikste seelenruhig ein Stück Ananas auf die Gabel und steckte es sich in den Mund.
»Bemerkt? Was denn bemerkt? Ich weiß nicht, was du meinst.« Sie blickte auf den Teller und zwang sich, zu essen, um ihre aufkeimende Nervosität niederzukämpfen.
»Nun, ich gefalle dir ganz augenscheinlich – was im Übrigen auf Gegenseitigkeit beruht. Und du wolltest ganz offenkundig mit mir flirten.«
»Ich … Was?«
»Dagegen ist nichts einzuwenden. Insbesondere nicht, wenn die Flirtpartnerin so hübsch ist wie du.« Er grinste sie an und fuhr fort: »Solltest du allerdings erwägen, meine Sub werden zu wollen, so erwarte ich ein devoteres Verhalten.«
»Erwägen deine, wie bitte? Halt! Stop! Würdest du das bitte wiederholen? Wie kommst du darauf, ich könnte mich dir anbieten wollen? Du bist mein Boss und damit für mich tabu.«
»So? Und warum?«
»Warum? Du fragst, warum? Weil, weil, weil es total unprofessionell wäre. Und weil, weil …«
»Weil du mich doch nicht sympathisch findest?«
»Was? Nein. Doch. Ja.« Verdammt! Er brachte sie total durcheinander. »Das spielt doch keine Rolle.«
»Und was spielt dann eine Rolle?«
Er grinste zufrieden von einem Ohrläppchen zum anderen. Anscheinend amüsierte er sich köstlich über sie, aber Lia konnte nicht lachen. Für sie war es bitterer Ernst.
»Es spielt eine Rolle, dass du mein Boss bist und ich mit meinem Vorgesetzten ganz sicher keinen Sex haben werde. Eine sehr große Rolle sogar. Okay?«
»Und wenn ich nicht dein Boss wäre? Würde das etwas ändern? Würdest du dann mit mir Sex haben wollen?«
»Nein«, platzte es aus ihr heraus. Verdammt! Doch! Ja! Das wollte ich schon bei unserem ersten Zusammentreffen. Aber du bist mein Boss! Mein verdammter Boss.
Die Antwort schien ihn nicht aus dem Konzept zu bringen. Er aß weiter und sagte beiläufig: »In diesem Punkt unterscheiden wir uns offensichtlich. Ich hatte immer Sex mit Frauen, die für mich arbeiten. Allerdings waren sie im Gegensatz zu dir devot.«
»Im Gegensatz zu, wie bitte? Was soll das heißen? Soll das heißen, ich bin …«
»Nicht besonders devot. Genau.«
»Das ist ja wohl, wie kommst du darauf? Und was war das dann gestern? Du hast mich doch gesehen. Habe ich mich Andrew und Tony etwa nicht hingegeben?«
»Nach außen mag es so ausgesehen haben. Aber was ich wirklich gesehen habe, war eine Frau, die zwar kinky Sex haben will, aber Angst hat, die Kontrolle abzugeben, und die ihre Partner zu ihrem eigenen Vergnügen benutzt, anstatt sich benutzen zu lassen. Devot sieht für mich eindeutig anders aus.«
Das konnte sie unmöglich auf sich sitzen lassen. Scheißegal, ob er ihr Boss war oder der Präsident von Jamaika höchstpersönlich. Natürlich war sie devot. Punkt. Aus. Schluss. Mark Foster irrte sich, und das würde sie ihm unmissverständlich sagen.
»Du irrst dich. Ich bin durchaus …«
»Vielleicht«, räumte er ein, indem er sie unterbrach. »Aber wenn es so ist, wie du sagst, dann lebst du deine unterwürfige Seite nicht richtig aus. Irgendetwas hält dich davon ab, und das ist sehr schade. Für dich, meine ich. Du solltest versuchen, dich mehr zu öffnen, Emilia. Dir entgeht so viel, wenn du es nicht tust.« Er sah auf die Uhr. »Tut mir leid, ich muss wieder los. Termine. Nur eins noch: Denk in Ruhe über meine Worte nach. Und wenn du zu dem Schluss kommst, dass du erleben möchtest, wie erfüllend wahre Hingabe sein kann, dann lass es mich wissen. Ich zeige dir gern den Weg.«
Er erhob sich, nahm sein Tablett und verließ den Raum. Mit einem seltsamen Gefühl von Empörung und Fassungslosigkeit sah sie ihm hinterher.
»Herein«, sagte Mark, ohne den Blick von der attraktiven Brünetten abzuwenden, deren Foto auf dem Bildschirm seines Computers zu sehen war.
Die Tür öffnete sich, er hörte Schritte, jemand trat an den Schreibtisch.
»Kann ich dich kurz, was machst du? Störe ich gerade?«
Mark hob den Blick. Emilia stand neben ihm, die Augen auf sein Display gerichtet, das sprichwörtliche Fragezeichen überdeutlich ins Gesicht gemalt.
»Bewerberprofile«, sagte Mark, mit einer Kopfbewegung auf den Bildschirm deutend. »Was kann ich für dich tun?«
»Hast du ein paar Minuten Zeit? Ich würde gern etwas mit dir besprechen.«
»Sicher. Setz dich doch.« Mit Zufriedenheit nahm er zur Kenntnis, dass Emilias Gesichtszüge sich entspannten. Er sah es als einen weiteren Beweis für seine Annahme, dass sie ihn mochte – und vielleicht auch, dass sie ein bisschen eifersüchtig auf die Frau auf dem Bildschirm gewesen war. Er schaltete das Display aus und wandte sich ihr wieder zu. »Was gibt es?«
Er bemerkte, dass sie tief Luft holte, bevor sie sagte: »Du hast recht.«
»Recht? Womit?«
»Mit deiner Behauptung neulich, dass ich meine devote Seite nicht richtig auslebe. Es stimmt.«
Mark lehnte sich zurück, versuchte, sie einzuschätzen. Dieses Eingeständnis musste sie große Überwindung gekostet haben. Ihre Unterhaltung war mittlerweile eine Woche her. Er konnte sich gut vorstellen, wie es in ihr ausgesehen haben musste, nachdem er ihr gesagt hatte, dass er sie nicht für devot hielt. So wie er sie einschätzte, hatte es zuerst vor Wut in ihr gebrodelt, bis sie sich so weit beruhigt hatte, dass sie die Richtigkeit seiner Behauptung vor sich selbst eingestehen konnte. Hierher zu kommen und ihm das zu bestätigen, war definitiv der schwierigste Schritt gewesen, und der verlangte ihm Respekt ab. Er sagte jedoch nichts, sondern sah sie abwartend an. Seiner Erfahrung nach folgte auf ein solches Geständnis zumeist eine Erklärung.
»Ich hatte nie die Möglichkeit dazu, weißt du?«
Mark nickte. Seine Annahme bestätigte sich gerade.
»In meinem Job ist es wichtig, dass ich die Kontrolle behalte. Ich bin zwar nicht die einzige Frau in der Mannschaft, aber die Männer sind dennoch in der Überzahl. Wenn sich meine sexuelle Orientierung herumspräche, wäre der Respekt, den ich mir hart erarbeitet habe, ruckzuck dahin, verstehst du, was ich meine?«
»Ja. Sehr gut sogar. Erzähl weiter.«
»Ich habe noch nie eine längere Beziehung gehabt. Meine Arbeitszeiten haben das einfach nicht zugelassen. Ständig Überstunden, Schichtwechsel, Sondereinsätze, das macht niemand lange mit. Genau darum wollte ich diesen Job hier. Um endlich mal Gelegenheit zu haben, mich richtig fallen zu lassen. Aber ich glaube, ich stehe hier vor dem gleichen Problem wie in Deutschland.«
»Warum? Deine Arbeitszeiten sind hier doch geregelt, Sondereinsätze sind auch keine zu erwarten und an Gelegenheiten mangelt es nun wirklich nicht. Wo ist das Problem?«
»Vielleicht bin ich selbst das Problem.«
»Inwiefern?«
Sie räusperte sich. »Hier bin ich die Vorgesetzte. Ich bin Chief Security Officer. Wie soll einer meiner Untergebenen noch Respekt vor mir haben, wenn ich mich ihm sexuell unterwerfe? Das funktioniert einfach nicht.«
»Hier gelten unsere eigenen Regeln, Emilia. Alle Angestellten wissen, dass respektvoller Umgang miteinander hier sehr wichtig ist. Respekt ist unser oberstes Gebot. Ganz egal, ob ein sexueller Kontakt stattgefunden hat oder nicht. Das ist Teil unserer Einstellungsbedingung, wie du weißt. Wer sie nicht erfüllen kann, passt nicht hierher. Du brauchst dir um mangelnden Respekt also keine Sorgen zu machen. Sollte es dennoch einmal vorkommen, dann sag es mir und ich werde mit demjenigen reden.«
»Darum geht es nicht. Die anderen sollen mich meiner selbst wegen respektieren, und nicht, weil du mit ihnen redest. Aber davon abgesehen …« Ihr Blick richtete sich auf ihre Hände.
Mark war klar: Es fiel ihr schwer, sich ihm zu offenbaren. Umso größer war der Vertrauensbeweis, den sie ihm damit lieferte.
»Ich kann das nicht.« Sie tippte sich mit dem Zeigefinger an die Schläfe. »Das hier oben weigert sich, verstehst du? Jedes Mal, wenn ich nach einer Session mit demjenigen etwas besprechen würde, hätte ich Bedenken, dass er mich nicht ernst nimmt. Ich weiß, es ist irrational, aber ich kann nichts dagegen machen. Ich fürchte, ich bin vom Regen in der Traufe gelandet.«
Die Unterhaltung bewegte sich in eine Richtung, die Mark überhaupt nicht gefiel. Wollte sie den Job etwa hinschmeißen? Bei dem Gedanken daran fühlte er Bedauern aufkeimen. Er fand Lia ungemein anziehend und reizvoll. Er wollte sie und hatte gehofft, die Zeit könnte für ihn arbeiten. Mit Beharrlichkeit und Verständnis hatte er schon viele Subs für sich gewinnen können. Emilias inneres Korsett aus selbst auferlegter Kontrolle schien jedoch widerspenstiger zu sein, als er vermutet hatte.
»Und zu welchem Schluss bist du gekommen?«, fragte er mit ruhiger Stimme, um sich seine Gedanken nicht anmerken zu lassen.
»Das weiß ich noch nicht genau«, antwortete sie, indem sie ihn wieder ansah. »Ich habe jedenfalls nicht vor, zu kündigen, falls du das befürchtet hast. Ich habe meinen Kollegen gesagt, dass ich für ein Jahr ins Ausland gehe, und habe nicht vor, mich zu blamieren, indem ich nach drei Wochen wieder dort aufkreuze.«
Mark atmete innerlich auf. Es war also noch nicht alles verloren.
»Allerdings hatte ich gehofft, dass ich hier endlich mal erleben könnte, wie es ist, wenn …« Er bemerkte ein Zittern in ihrer Stimme. »Ich hatte gehofft, du könntest mir, du hättest vielleicht eine Idee, also neulich, in der Cantina, da hast du gesagt, du würdest …«
Mark konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. Es war klar, was sie ihm sagen wollte, aber es kostete sie ungeheure Überwindung. Er beschloss, ihr zu helfen, indem er sagte: »Mein Angebot steht nach wie vor.« Emilia öffnete den Mund, um etwas zu sagen, doch Mark kam ihr zuvor: »Ich weiß, was du sagen willst. Ich bin dein Boss und für dich tabu, richtig?« Er wartete nicht ab, bis sie darauf etwas entgegnete, sondern fuhr fort: »Vielleicht ist es ja an der Zeit, das eine oder andere Tabu zu brechen. Ich stelle mich gern dafür zur Verfügung. Zumindest bräuchtest du dir keine Sorgen zu machen, dass ich dich nicht mehr respektiere, wenn du dich mir unterwirfst. Ich bin nämlich dein Boss, und du bist mir sowieso untergeordnet und musst tun, was ich von dir verlange, stimmt’s?«
Bei den letzten Worten hatte er ihr zugezwinkert, was Emilia mit einem Lächeln beantwortete, das ihre Augen zum Strahlen brachte.
»Steht dir gut, das Lächeln«, sprach er seine Gedanken offen aus, woraufhin aus dem Lächeln ein Lachen wurde. »Also, wenn du mein Angebot annehmen willst, dann erwarte mich heute Abend um acht kniend und mit geschlossenen Augen in deinem Apartment. Lass die Tür angelehnt. So weiß ich, dass ich willkommen bin. Ist sie geschlossen, werde ich wieder gehen. Einverstanden?«
»In meinem Apartment?« Mark hörte einen Anflug von Panik aus ihrer Stimme heraus. »Aber die Kollegen, sie werden alles mitbekommen. Ich dachte …«
»Denk nicht so viel, Emilia. Lass die anderen denken, was sie wollen, und höre mehr auf deinen Bauch.«
»Das ist nicht so einfach.«
»Doch. Ist es. Du wirst schon sehen.« Es widerstrebte ihm zwar, aber es war besser, das Gespräch zu beenden, bevor sie mit noch mehr Einwänden alles zerredete und womöglich einen Rückzieher machte. »Bitte entschuldige mich jetzt, ich muss noch ein paar Bewerbungen sichten. Ich hoffe, wir sehen uns heute Abend.«
Lia erhob sich. »Acht Uhr, ja?« Mark nickte, Lia ging zur Tür. Sie hielt den Knauf bereits in der Hand, als sie sich noch einmal umdrehte. »Mark?«
»Ja?«
»Ich habe eine Bitte.«
Er sah sie abwartend an.
»Würdest du bitte Lia zu mir sagen anstatt Emilia? Außer meiner Mutter nennt mich niemand so.«
»Gern. Lia«, antwortete er mit einem Lächeln, welches sie erwiderte.
»Danke«, sagte sie im Hinausgehen.
Mark starrte noch einen Moment gedankenversunken auf die Tür. Er war sich ziemlich sicher, dass Emilia ihn am Abend erwarten würde – und er wusste schon ganz genau, wie er das Eis brechen wollte.
Noch nie in ihrem bisherigen Leben war sie sich bei einer Entscheidung so unsicher gewesen. Den ganzen Nachmittag hatte sie sich nicht richtig auf die Arbeit konzentrieren können, weil sie ständig über Marks Angebot nachdachte. War es klug, sich mit dem eigenen Boss einzulassen? Was würden die Kollegen über sie denken? Andererseits hatte Mark sicher recht, wenn er sagte, dass es an der Zeit sei, das eine oder andere Tabu zu überdenken und eventuell sogar aufzubrechen. Dir entgeht so viel, klangen ihr seine Worte in den Ohren - und Lia musste zugeben: Damit traf Mark absolut ins Schwarze, denn sie war zu der gleichen Erkenntnis gekommen. Schließlich hatte sie von ihrem Job in Deutschland eine Auszeit genommen, um sich eben nicht mehr alles entgehen zu lassen, sagte sie sich, als sie die Eingangstür anlehnte, sich hinkniete und die Augen schloss.
Er hatte ihr nicht gesagt, ob sie ihn angezogen oder nackt erwarten sollte. Also hatte Lia sich für den Mittelweg entschieden und sich mit Unterwäsche bekleidet auf ihre Fersen gesetzt, die Beine leicht gespreizt und die Hände mit den Handflächen nach oben zeigend auf den Oberschenkeln abgelegt. Sie hatte diese Pose oft gesehen, aber noch nie selbst eingenommen, denn das hatte bisher nie einer der Spielpartner von ihr verlangt.
Es war ungewohnt, so auf dem Boden zu knien. Die Warterei machte sie nervös. Geduld war noch nie ihre Stärke gewesen. Vielleicht kam er ja doch nicht. Lia wusste nicht, ob sie diesen Gedanken tröstlich oder enttäuschend finden sollte. Einerseits wollte sie, dass Mark auftauchte, und andererseits … Ein Windhauch streifte ihren Oberarm, dann hörte sie Schritte. Es war so weit. Vor lauter Aufregung schlug ihr Magen Purzelbäume. Sie wartete darauf, dass Mark etwas sagte. Doch anstatt mit ihr zu sprechen, hörte sie ihn lediglich im Zimmer herumgehen. Was machte er denn nur? Lias Nerven waren zum Bersten gespannt. Wann wollte er endlich anfangen? Wieso sagte er nichts? Oder wartete er darauf, dass sie etwas sagte? Sie war kurz davor, zu blinzeln. Die Augen geschlossen zu halten, verlangte ihr mehr Disziplin ab, als sie gedacht hatte.
Ein tiefes Ein- und Ausatmen an ihrem Ohr, gefolgt von einer hauchzarten Berührung an ihrem Oberarm sandte eine Gänsehaut über Lias Rücken. Zwischen ihren Schenkeln begann es, zu pulsieren. Eine Hand krallte sich in ihr Haar, zog den Kopf nach hinten. Vor Überraschung entwich ihr ein erstickter Laut, der in ein leises Stöhnen überging, als eine Zunge rau und feucht von ihrem Schlüsselbein aufwärts über den Hals glitt.
»Ich bin sehr erfreut, dass du meiner Einladung gefolgt bist, Lia«, flüsterte Mark an ihrem Ohr. »Du hast sehr hübsche Dessous an, dein Geschmack gefällt mir«, sprach er im Flüsterton weiter. »Aber trotzdem möchte ich, dass du sie jetzt ausziehst. Verstanden?«
»Ja, Herr«, antwortete Lia.
»Es genügt, wenn du Mark zu mir sagst.« Er ließ sie los. »Öffne die Augen und steh auf.«
»Ja, Mark«, entgegnete sie.
Endlich, vermeldete ihr Pulsschlag. Endlich ging es los. Es tat gut, die Augen zu öffnen und wieder sehen zu können. Sobald sie stand, rollte sie sich den String über die Hüften und öffnete die Häkchen des BHs, um ihn abzustreifen. Ihre Nervosität legte sich, wurde von Neugier abgelöst. Was er wohl von ihr verlangen würde? Würde er ihr den Hintern versohlen? Ihr befehlen, ihm den Schwanz zu blasen?
Zu ihrem Erstaunen war Mark nicht nackt. Er trug eine schwarze Leinenhose, nur Oberkörper und Füße waren unbekleidet. Feine, dunkle Härchen umrandeten seine Brust, gaben ihr Kontur. Dazwischen lief ein Haarstreifen über Marks Brustbein, der jenseits des Hosenbunds im Nirwana endete und ihre Fantasie auf Hochtouren laufen ließ. Seinen Body konnte sie nicht anders als durchtrainiert bezeichnen. Die Haut war straff und ließ den Ansatz eines Sixpacks erkennen. Sexy, schoss es ihr durch den Kopf.
Zunächst geschah nichts. Mark ging um sie herum. Was sollte das? Der Griff ins Haar war ein guter Anfang gewesen. Warum machte er nicht weiter? Sie war es gewohnt, dass die Doms, mit denen sie sich sonst zu Spiel-Sessions traf, mehr oder weniger schnell zur Sache kamen und ihr Befehle gaben. Diese Session hingegen war so ganz anders als alles andere, was Lia bisher erlebt hatte, und stellte ihre Geduld auf eine harte Probe. Schließlich holte sie Luft und stieß sie mit einem Seufzen wieder aus.
»Warum so ungeduldig?« Marks Stimme kam von hinten. »Ich möchte, dass du dich entspannst, Lia. Wir haben die ganze Nacht Zeit. Ich will dich genießen.«
Während er gesprochen hatte, war er ein weiteres Mal um sie herum gegangen. Selbst als er hinter ihr stand, hatte sie seinen Blick auf sich gespürt. Ein eigenartiges Gefühl, welches ihr die nächste Gänsehaut bescherte. Aber was meinte er mit die ganze Nacht?
»Vielleicht könnte ich es ja auch genießen, wenn du mir endlich sagen würdest, was ich tun soll«, platzte es aus ihr heraus. »Willst du mir denn gar keine Befehle erteilen?«
»Na, na, na«, sagte er tadelnd. »An deinem Umgangston müssen wir definitiv noch arbeiten. Wenn es deine Mitarbeiter nicht stört, dass du so mit ihnen redest, ist das ihre Sache. Aber mir gegenüber erwarte ich etwas mehr Respekt, verstanden?«
»Ja, Mark«, entgegnete sie kleinlaut. »Bitte entschuldige. Es ist nur, die ganze Situation, ich bin total nervös.«
»Ich sehe keinen Grund dafür. Oder habe ich dir bisher irgendeinen Anlass gegeben, mir nicht zu vertrauen?«
»Nein. Hast du nicht, aber …«
»Nichts aber. Ich will ein klares Ja oder Nein. Also: Vertraust du mir, Lia?«
»Ja, Mark«, antwortete sie, nachdem sie tief Luft geholt und wieder ausgeatmet hatte.
»Schon besser. Schließ die Augen.«
Sie tat es, und im nächsten Moment wurde es schwarz um sie herum, denn Mark band ein weiches Tuch um ihre Augen, das er am Hinterkopf zusammenknotete. Wenn sie das beruhigen sollte, hatte er sich gründlich geirrt.
»Sag mir: Wie fühlt es sich an, nichts sehen zu können?«
»Es ist ungewohnt. Ich fühle mich … unsicher.«
»Ausgeliefert?«
»Ja.«
»Verletzlich oder schutzbedürftig?«
»Ein bisschen, ja. Beides.«
Seine Hände legten sich von hinten auf ihre Schultern. Sie gab einen erschreckten Laut von sich; die Berührung hatte sie überrascht. Sofort im Anschluss jedoch umgab sie ein Gefühl von Sicherheit. Mark stand hinter ihr, und dieses Wissen war beruhigend. Seine Stimme war ganz nah an ihrem Ohr, als er jetzt sprach.
»Das ist gut so. Der Schal vor deinen Augen wird dir helfen, dich mir auszuliefern, weil du nämlich keine andere Wahl hast. Aber ich werde dich beschützen. Es wird dir nichts geschehen, das verspreche ich. Zuvor aber möchte ich dir noch ein paar Spielregeln mitteilen. Es sind nicht viele, aber ich erwarte, dass du sie beherzigst. Erste Regel: Du benimmst dich mir gegenüber stets respektvoll, was sich auch in deinem Umgangston ausdrücken sollte. Zweite Regel: Ich erwarte Gehorsam. Ich möchte, dass du mir folgst, dich leiten lässt und tust, was ich dir befehle, es sei denn, ich verletze ein Tabu. Und dritte Regel: Wenn du mich empfängst, möchte ich, dass du nackt auf dem Boden kniest. Bist du dazu bereit?«
Sie nickte. »Ja, Mark. Was soll ich tun?«
»Du sollst mir folgen und gehorchen. Schon vergessen?« Er nahm die Hände fort, und sie hörte ihn ein paar Schritte umhergehen, bevor er sagte: »Streck mir eine Hand entgegen.«
Sie tat, was er verlangte. Mark ergriff ihre Hand und befahl ihr, sich hinzuknien. Von seiner Hand geführt ging sie in die Hocke und kniete sich auf den Boden. Sobald sie auf den Fersen saß, ließ Mark ihre Hand los.
»Leg den Kopf in den Nacken und öffne den Mund«, befahl er.
Mit einem Lächeln auf den Lippen kam sie seiner Aufforderung nach. Warum nicht gleich so? Endlich kamen die Anweisungen, nach denen es sie verlangte. Sie ahnte, was er vorhatte, und fragte sich, wie er wohl schmecken würde. Erwartungsvoll streckte sie ihm die Zunge entgegen, woraufhin sie ihn leise lachen hörte. Noch bevor sie ihn fragen konnte, was daran so witzig war, wurde ihr etwas Glattes, Rundes in den Mund gezwängt, das sich so gar nicht nach Haut anfühlte. Etwas wurde hinter ihrem Kopf festgezurrt – dann war sie geknebelt.
»Vertrau mir und genieße«, flüsterte Mark.
Lia nickte nur.
»Setz dich bequem hin, ich brauche einen kurzen Moment für ein paar Vorbereitungen«, hörte sie ihn sagen.
Also setzte sie sich im Schneidersitz auf den Boden und versuchte anhand der Geräusche, die sie wahrnahm, zu entschlüsseln, welche Art von Vorbereitungen Mark traf. Sie hörte Stoff rascheln, so als wenn er sich an ihrem Bett zu schaffen machte, gefolgt von einem Geräusch, als ob er etwas Schweres über den Boden zerrte. Das Gleiche wiederholte sich ein paar Augenblicke später, nur dass dieses Mal ein dumpfer Aufprall auf das Stoffrascheln folgte. Lia konnte sich keinen Reim darauf machen. Sie hörte ihn noch ein paar Sekunden herumhantieren, dann ergriff er ihre Hände und befahl ihr, wieder aufzustehen.
»Dreh dich um hundertachtzig Grad und setz dich.«
Lia drehte sich um und streckte die Arme aus, um die Armlehne des Sessels in ihrem Zimmer zu erspüren, während sie die Knie beugte – aber da war nichts. Verunsichert blieb sie halb gebückt stehen, mit den Händen versuchend, die Sitzfläche zu ertasten, auf die sie sich setzen sollte, aber da war nur Leere. Verdammt! Was soll das? Will er, dass ich hinfalle? Wenn ich nur nicht diesen blöden Knebel im Mund hätte und etwas sagen könnte.
In diesem Moment legten sich seine Hände auf ihre Schultern.
»Lass dich fallen, Lia. Vertrau mir. Es wird nichts passieren.«
Unter dem Druck seiner Hände gab sie nach – und landete weich auf einer gepolsterten Unterlage. Ihre Hände sagten ihr, dass es sich um die Matratze aus ihrem Bett handelte. Um zwei aufeinandergestapelte, um genau zu sein, denn sie saß etwas höher, als es bei nur einer der Fall gewesen wäre. Das war also das dumpfe Fallgeräusch gewesen. Mark hatte die Matratze aus ihrem Bett und dem darüber auf den Boden befördert. Sie spürte, dass er zu ihr kam und sich hinter sie setzte.
»Rück ein Stück zurück«, forderte er sie auf.
Marks Arme schlossen sich um ihre Taille, drückten sie fest an seinen Körper, sodass sie die Wärme seiner Haut am Rücken fühlte. Er nahm ihre Hände und legte sie auf der Matratze ab. Dabei streiften ihre Arme seine Oberschenkel. Ganz deutlich hatte sie Marks Beinbehaarung an ihren Unterarmen gespürt. Das hieß: Er war jetzt auch nackt. Ach Mensch! Hätte er sich nicht ausziehen können, als ich noch etwas sehen konnte?
»Entspann dich und genieße«, sagte er ganz ruhig und ließ eine Hand über ihren Bauch gleiten. »Ich möchte, dass du dich gehen lässt. Solltest du spüren, dass der Orgasmus kommt, lass es geschehen. Gib dich hin, Lia, das ist alles, was ich heute Abend von dir erwarte, verstanden?« Sie nickte. »Gutes Mädchen! Sollte ich irgendetwas tun, was absolut unerträglich oder ein Tabu für dich ist, dann heb einfach eine Hand, in Ordnung?«
Wieder nickte sie. Zwar hatte sie jedes einzelne Wort verstanden, dennoch fühlte sich die ganze Situation sonderbar an. Entspannen sollte sie sich. Sich hingeben. Wollte er denn gar nicht, dass sie etwas für ihn tat? Diese Session war völlig anders als das, was sie erwartet hatte. Allerdings musste sie sich eingestehen, dass gerade die Tatsache, dass sie keine Ahnung hatte, was als Nächstes passieren sollte, auf eine ungewohnte Weise aufregend und prickelnd war.
Marks Hände streichelten ihren Bauch, umschlossen ihre Brüste. Er zwirbelte die Nippel und zog sie lang. Ihr Busen prickelte, die Brustwarzen erhoben sich und wurden hart. Lia stöhnte genießerisch. So ausgiebig hatte schon lange niemand mehr mit ihren Brüsten gespielt. Entspannt ließ sie den Kopf nach hinten an Marks Brust fallen, was auch dafür sorgte, dass ihr weniger Speichel aus dem Mund lief. Kleine Blitze schossen durch ihren Bauch, wenn Mark ihre Nippel lang zog, und ihr Lustknopf begann, zu pochen. Marks Finger glitt durch das Tal zwischen ihren Brüsten, nahm etwas von dem Speichel auf, der ihr aufs Dekolleté getropft war, und rieb damit über die harten Nippel. Vorübergehend fühlten sie sich kühl an, sobald der feuchte Film aber getrocknet war, kamen ihr die Brustwarzen rau vor. Ein Hauch von Schmerz machte sich bemerkbar, als er fortfuhr, darüber zu reiben. Zu wenig, um sich in ihn hineinfallen zu lassen, zu viel, um ihn zu ignorieren. Lia stöhnte in der Hoffnung, dass Mark ihre Äußerung richtig interpretierte und ihr mehr von dem bittersüßen Schmerz gab – sonst könnte sie sich niemals so fallen lassen, wie er es von ihr erwartete.
Es schien jedoch nicht Marks Absicht zu sein, ihren stummen Wunsch zu erhören. Oder er verstand tatsächlich nicht, was sie ihm zu sagen versuchte, denn er fuhr fort, sie mal in die Brustspitzen zu zwicken, mit den Fingern dagegen zu schnippen oder sie zu befeuchten und darüber zu reiben und Lia auf diese Weise mit dem unterschwelligen Schmerz an den Rand des Wahnsinns zu treiben. Könnte sie doch nur sprechen! Sie würde ihn anflehen, ihr Nippelklemmen anzulegen und die Brustwarzen lang zu ziehen – aber der verdammte Knebel im Mund ließ das nicht zu. Mark hatte gesagt, sie solle die Hand heben, wenn er irgendetwas tat, was sie als unerträglich empfand. Gehörte dieser kaum wahrnehmbare Schmerz auch dazu? Es machte sie total verrückt.
Sie war kurz davor, eine Hand zu heben, als Mark sagte: »Spürst du es? Wie meine Berührungen bei dir den Wunsch nach mehr auslösen? Dass es mein Wille ist, der dich führt und das hervorruft?«
Sie nickte. Sie hatte definitiv Lust auf mehr. So sehr, dass sie es kaum aushielt.
»Sehr gut. Dann möchte ich jetzt, dass du deine Schamlippen berührst und sie streichelst.«
Lia streckte die rechte Hand aus und fuhr mit zwei Fingern über ihre Scham. Sie war patschnass. Offenbar hatte Mark Schaltstellen an ihrem Körper gefunden, die ihr bisher unbekannt waren. Oder war die Feuchte auf ihre Nervosität zurückzuführen?
»Zeig mir deine Finger«, hörte sie Marks Stimme hinter sich. »Sehr schön«, sagte er, als sie ihm Zeige- und Mittelfinger hinhielt.
An ihrem Hinterkopf spürte sie eine Bewegung. Im nächsten Moment nahm Mark ihr den Knebel aus dem Mund und die Augenbinde fiel herunter.
»Leck sie für mich ab«, befahl er.
Es war eine Wohltat, den Mund wieder schließen und etwas sehen zu können. Gleichwohl tat Lia, was Mark befohlen hatte, und leckte die Finger sauber.
»Wie fühlst du dich?«
»Kurz davor, verrückt zu werden.«
»Verrückt? Warum?«
»Weil mich dieses Streicheln und Kneifen einfach kirre macht. Ich dachte, ich soll mich fallen lassen, aber so kann ich das nicht. Dafür brauche ich mehr.«
»Mehr was?«, fragte er, während er im Wechsel ihre Nippel kniff.
»Schmerz. Was sonst? Warum legst du mich nicht übers Knie und versohlst mir anständig den Hintern?«
»Weil ich möchte, dass du mir folgst. Mir und meinem Willen.«
»Aber … willst du mir denn keine Abreibung verpassen?«
Sie hörte ein Schmunzeln in seiner Stimme, als er ihr antwortete: »Meine Pläne haben sich gerade geändert.«
»Pläne? Ich verstehe nicht. Heißt das, du wolltest …«
»Natürlich würde es mir Spaß machen, deinen Hintern zum Leuchten zu bringen, aber ich lasse mich weder von dir manipulieren noch von dir benutzen, Lia. Du wirst lernen müssen, dass mein Wille zählt. Nicht deiner.«
»Ich dich benutzen? Das tue ich doch gar nicht. Wie kommst du darauf?«
»Es ist ganz einfach, Lia. Du kannst mir gern verraten, was dir gefällt, aber das heißt noch lange nicht, dass ich dir deine Wünsche auch erfüllen werde. Jedenfalls nicht dann, wenn du willst, sondern erst, wenn ich es für richtig erachte und wenn mir danach ist. Andernfalls wäre ich nicht dein Herr, sondern der Diener deiner Lust. Die Rollen wären vertauscht, und das werde ich nicht zulassen. Verstanden?«
Lia ließ Marks Erklärung einen Moment sacken. So hatte sie das noch nie betrachtet. Es war ihr nie in den Sinn gekommen, dass sie ihre Spielpartner durch Wünsche, Fragen und Vorschläge manipulieren oder bevormunden könnte. In Lias Augen waren es immer nur harmlose Fragen gewesen. Sie sah jedoch ein, dass ihr Verhalten aus Marks Sicht ganz anders wirkte. Hatten ihre Datingpartner vielleicht deswegen fast immer auf ein zweites Treffen verzichtet? Weil sie es genauso wie Mark empfunden hatten? War sie womöglich doch nicht devot, so wie Mark es ihr gesagt hatte?
»Ja, ich verstehe. Dann soll ich also nichts tun? Einfach nur passiv alles geschehen lassen?«
»Nein, natürlich nicht. Selbstverständlich darfst du aktiv sein. Das erwarte ich sogar von dir. Zum Beispiel, wenn es darum geht, mir durch dein Verhalten Freude zu bereiten. Aber dazu kommen wir später. Nicht jetzt. Heute ist alles, was du tun sollst, dich fallen zu lassen und zu genießen.«
»Genießen!« Sie seufzte resigniert. »Was du mit mir machst, ist Folter.«
Dieses Mal schmunzelte er nicht nur, sie hörte ihn sogar leise lachen. »Richtig. Und die magst du doch, oder?« Er schob eine Hand in ihren Schoß, tauchte zwei Finger in ihre Vagina und hielt sie ihr - vor Nässe glänzend - vors Gesicht. »Zumindest deinem Körper scheint das zu gefallen oder wie erklärst du dir das hier sonst?«
»Ich weiß nicht. Ich verstehe es selbst nicht …«
Er griff ihr unter das Kinn und drehte ihren Kopf so, dass sie ihn von der Seite betrachten konnte. »Du musst auch gar nichts verstehen. Denk nicht so viel nach, sondern fühle.«
Sie wollte ihm darauf antworten, kam aber nicht mehr dazu. Marks Lippen lagen auf ihren, seine Zunge drang in ihren Mund, und die Finger, die er ihr gerade noch vors Gesicht gehalten hatte, kreisten in langen, ovalen Zügen um ihre Klitoris.
Marks Zunge war warm und weich und bewegte sich in ihrem Mund wie ein geschmeidiger Tänzer. Wenn er ihr doch nur ein paar feste Hiebe verabreichen und dann ihre Perle lecken würde, dann würde sie nicht lange bis zum Orgasmus brauchen. Sollte sie ihm das vielleicht sagen? Verdammt, Lia! Was machst du da? Du sollst doch nicht denken! Fühle, hat er gesagt. Na gut. Also fühlen. Fühlen … Was fühle ich denn? Es fühlt sich gut an. Mmmh. Nach mehr. Verflixt und zugenäht! Du denkst ja schon wieder, Lia!
»Entspann dich«, sagte Mark und unterbrach den Kuss. »Schließ die Augen und sei locker.«
»Wie denn, wenn du mir verweigerst, was ich brauche? So bekomme ich meinen Kopf niemals ausgeschaltet«, erwiderte sie, indem sie die Augen schloss.
»Früher oder später schon.«
Früher oder später? Was soll denn das heißen? Will er etwa tatsächlich die ganze Nacht … Ein Zucken, das den Ursprung an ihrer Klitoris hatte, ließ sie aufschreien. Als sie wieder zu Atem kam, bemerkte sie, dass es für den Bruchteil einer Sekunde keinen Gedanken in ihrem Kopf gegeben hatte. Das Zucken im Unterleib hatte alles andere überlagert. Geradezu weggewischt. Gleichförmig und mit Muße kreiste Marks Finger auf ihrer Perle. Seltsamerweise hatte sie das Bedürfnis, sich stärker bei ihm anzulehnen, tiefer in die Matratze zu sinken. Ihr Körper fühlte sich unmerklich anders an. Weicher. Schwerer. Auf eine ungewohnte, aber nicht unangenehme Art. Behaglich fühlte es sich an. Seltsam, dass ihr dieses Wort einfiel. Es passte überhaupt nicht zu der Situation. Seit wann war Sex behaglich? Aber genau so war es. Behaglich und irgendwie … entspannt.
Als hätte Mark das gespürt, sandte er ein zweites Zucken durch ihren Bauch. Wieder schrie sie und sackte danach noch ein Stück tiefer in die Matratze. Himmel! Dieser Mann hat magische Finger! Sie hätte nicht sagen können, was genau er an der Bewegung verändert hatte, aber er hatte ihre Klit so treffsicher berührt, dass das blitzartige Zucken in ihrem Bauch sie völlig überrumpelt hatte.
»Sag mir, was du denkst.«
»Was? Wie bitte? Ich dachte, ich soll nicht denken.«
»Sollst du auch nicht«, erwiderte er mit einem amüsierten Lächeln auf den Lippen. »Aber du hast doch an etwas gedacht, oder nicht?«
»Ja, schon. Aber …«
»Sag’s mir, Lia! Sag mir, woran du gerade gedacht hast.«
»Ich, ähm …« Sie räusperte sich. »Magische Finger. Ich dachte gerade, dass du magische Finger haben musst.«
»Danke für die Blumen, aber das hat nichts mit Magie zu tun. Es braucht nur ein bisschen Fingerspitzengefühl, um die kleine, harte Perle zu ertasten. Spürst du, was ich meine?«
Das Zucken in ihrem Bauch ließ sie aufschreien: »Jaaaa! O Gott, Mark.«
»Mark allein reicht völlig«, beantwortete er ihren Schrei mit einem ironischen Unterton in der Stimme. »Komm. Lass es mich noch einmal hören.«
Noch bevor sie darauf etwas erwidern konnte, schickte er den nächsten Blitz durch ihren Bauch. Dann noch einen und noch einen … Es kam Lia vor, als ob er auf ihrer Klitoris spielte wie auf einer Klaviatur, denn jedes Mal, wenn er sie auf diese Weise berührte, kam aus ihrem Mund ein spitzer Schrei. Nachdem sie geschätzt ein Dutzend Mal zusammengezuckt war – Lia hatte aufgegeben, mitzuzählen – war sie keuchend und nach Atem ringend an Marks Körper zusammengesunken. Ihr Herz pochte so schnell in der Brust, als hätte sie einen Hundertmetersprint absolviert. Von einem Orgasmus aber gab es nicht die leiseste Spur. Wie lange sollte dieser Wahnsinn noch andauern?
»Mark, bitte«, jammerte sie nach Luft schnappend, »ich halte das nicht mehr aus. Bitte lass mich kommen. Bitte.«
»Wie schön du mich bitten kannst. Ich dachte schon, du tust es nie.«
»Aber, aber, aber du hast doch gesagt, ich soll dich nicht um die Erfüllung meiner Wünsche bitten.«
»Sollst du auch nicht. Aber das hier ist etwas anderes.« Er grinste sie vergnügt an. »Es gefällt mir, wenn du mich so anbettelst, dir den Orgasmus zu gewähren.«
Lia wollte etwas erwidern, aber sie kam nicht mehr dazu, die Frage zu formulieren, denn ihr blieb der Mund offenstehen, als Mark unter dem Kopfkissen, das auf der Matratze lag, einen Magic-Wand-Vibrator hervorholte. Lia kannte das Toy vom Sehen, hatte es aber noch nie ausprobiert. Es sah monströs aus. Mit dem rechten Arm griff Mark um ihre Taille. Mit einer Hand spreizte er ihre Schamlippen weit auseinander, in der anderen hielt er den Massagestab, den er per Knopfdruck einschaltete und an ihre Klitoris setzte. Das Zucken in ihrem Bauch, welches sie zuvor unter Marks Fingerspitzen gespürt hatte, war im Vergleich zu dem Wirbelsturm, den dieser Hightech-Stimulator auslöste, nur ein Windhauch. Zu allem Überfluss war ihre Klitoris durch die permanente Reizung inzwischen so empfindlich, dass die Berührung mit dem Toy schon schmerzhaft war. Der Kopf des Magic Wand ließ ihren Bauch innerhalb eines Wimpernschlags unkontrollierbar erbeben. Lia schrie laut auf – dann überrollte sie auch schon der Orgasmus und schüttelte sie durch, bis sie ermattet mit dem Rücken an Marks Brust lag. Seine Arme umfingen sie, eine Hand streichelte über ihren Arm. Zufrieden fühlte sie sich, aber nicht nur das. Da war noch etwas, aber sie konnte es nicht benennen.
»Ich hätte nie gedacht«, sagte sie, nachdem ihr Puls sich wieder normalisiert hatte, »dass ich so einen intensiven Orgasmus ganz ohne Schmerz haben könnte.«
Mark streichelte weiter über ihren Arm. Mit einem Lächeln auf den Lippen sagte er: »Der Abend ist noch jung. Du wirst kommen und kommen und kommen … bis ich sage, dass es genug ist.«