Читать книгу Meeresraunen - Anne Bradley - Страница 4

2. Kapitel

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Sarah hatte am nächsten Morgen tatsächlich Schwierigkeiten, aus dem Bett zu kommen, aber das lag nur zum Teil an den stechenden Schmerzen, die ihr bei jeder Bewegung durch den Rücken schossen. In der vergangenen Nacht hatte Katie ihr eines der Gästezimmer im Haus gegeben. Sie hatten noch lange beisammen gesessen und über die Vergangenheit geredet. Es schien so, als wollte keine der beiden Frauen, dass das Gespräch auf Tom und die blauen Flecke kam, also sprachen sie über ihre Schulzeit, ihre Hobbys, gemeinsame Ferien und Kinobesuche.

Sarah fühlte sich wohl und müde, als Katie ging, und merkte gar nicht, dass die Freundin ihr ein leichtes Schlafmittel verabreicht hatte. Sie sank ins Bett und fiel in einen tiefen, traumlosen Schlaf.

Gegen sechs Uhr am nächsten Morgen wurde sie von lautem Weinen geweckt und einen wahnwitzigen Moment lang glaubte Sarah, ihr eigenes Kind würde nach ihr rufen. Ihres und das von Tom. Sie hatte sich immer einen kleinen Jungen gewünscht, der so aussah, wie sein Daddy. Sie hatte das Kind regelrecht vor sich sehen können und als sie an diesem Morgen die Augen aufschlug, hätte sie schwören können, dass Tom Junior nach seiner Mama rief.

Dann bewegte sie sich, und der Schmerz schoss wie ein Dolch durch ihren Körper. Unwillkürlich schrie sie leise auf und erstarrte in der Bewegung. Sie traute sich nicht einmal mehr richtig zu atmen. Tränen liefen ihr die Wangen hinab und sie hatte Angst, sich in das Bett zurück sinken zu lassen. Doch sie konnte die halbaufgerichtete Stellung nicht lange halten und als sie schließlich in die weichen Kissen fiel, hätte sie ein weiteres Mal schreien können.

Alles tat ihr weh. Schmerzen, schlimmer als jemals zuvor, bohrten sich in ihren Verstand und sie unterdrückte nur mühsam ein Schluchzen. Irgendwo im Haus hörte sie die Stimme der Mutter des Kindes, die leise auf ihr weinendes Kind einsprach und Sarah wünschte sich in diesem Moment, sie könnte das Kind sein. Nichts weiter als Zahnungsprobleme oder Halsweh. Keinen Freund, der einen schlug.

Nein!

Ohne nachzudenken schüttelte Sarah zornig den Kopf und stöhnte erneut auf.

Tom hatte sie nicht geschlagen! Er hatte versucht, sie festzuhalten, als sie gestolpert war. Katie hatte das falsch gesehen und der blaue Fleck an ihrem Rücken war auch nicht so schlimm. Sarah bildete sich das alles nur ein, war wehleidig, bekam wahrscheinlich ihre Tage und war deshalb empfindlicher. Nein, das war alles ganz anders, als Katie es sah.

Trotzdem blieb Sarah regungslos liegen und lauschte auf die Geräusche im Haus, während ihr stille Tränen die Wangen hinunterliefen.

Carol kam einige Stunden später und brachte Sarah ein Frühstück ans Bett. Die Dunkelhaarige lächelte freundlich und begann, über das Wetter und das Chaos im Haus zu plaudern. Dabei half sie Sarah, sich aufzusetzen und zu frühstücken, dann zeigte sie ihr das Bad und wartete geduldig, bis sie sich allein fertig gemacht hatte.

Es war abends beschlossen worden, dass Sarah den Tag im Haus verbringen sollte, um sicherzustellen, dass es ihr wirklich gut ging. Abends wollte Katie sie dann zu Mary bringen. Im Verlauf des Tages schwankte Sarah in ihrer Entscheidung mehrfach. Sie wollte nicht zu Mary, sondern zu Tom. Zurück in seine Arme, die sie trösteten und hielten. Dann jedoch war da Katie, deren Worte so richtig klangen.

Ein Urlaub würde Sarah gut tun. Ein Urlaub nur für sie allein. Es war alles etwas stressig gewesen in letzter Zeit. Die Arbeit, Toms Mutter, der Haushalt, die ständigen Kopfschmerzen. Alles war sehr viel. Vielleicht wirklich zu viel. Sie brauchte den Urlaub und Tom würde es schon verstehen. Ja, Katie würde wohl recht haben und so überließ Sarah es Katie, ihrem Arbeitgeber die kurze Nachricht mit der Bitte um ein paar Tage Urlaub zu bringen und lehnte sich zurück.

Die Wohnung war niedlich. Sie hatte zwar nur ein Zimmer, eine kleine Küche und ein Bad, aber Sarah brauchte auch nicht mehr und es sollte ja nicht für lange sein. Das Zimmer war sehr groß und war in einen Arbeitsbereich mit Fernseher und Regalen und einen Schlafbereich mit Bett, Kleiderschrank und Nachttisch unterteilt. Es hingen ein paar nette Bilder von Sonnenuntergängen und blühenden Feldern an der Wand und ein Strauß bunter Blumen stand auf dem Schreibtisch, der zwischen zwei großen Fenstern platziert war.

Die Küche war klein, aber praktisch. Sarah sah auf den ersten Blick, dass sie hier für einige Zeit bequem leben könnte. Sogar ein Tisch mit zwei schmalen Stühlen stand in dem Raum. Nicht genug für ein gemütliches Abendessen zu zweit, aber für sie würde es reichen. Alles in allem genommen war die Wohnung wirklich passend. Das Einzige, was Sarah irritierte, war die junge Frau, der das Haus gehörte.

Mary war eine schmale, fast zierliche Person mit glänzenden, dunklen Augen und Haaren und unnatürlich weißer Haut. Sie strahlte eine elfenhafte Eleganz aus und Sarah konnte sich nicht entscheiden, ob die Frau ihr unheimlich oder sympathisch war. Aber sie war nett, sagte keinen Ton zu Sarahs offensichtlichen Verletzungen und freute sich über Katies Besuch.

Eine Weile sah Sarah sich ruhig in der kleinen Wohnung um und hörte im Hintergrund Katie mit Mary reden. Sie sprachen über die Arbeit im Frauenhaus und über die Therapie, die Mary gemacht hatte. Themen, die so ungewöhnlich waren, dass Sarah erstaunt war, als sie merkte, wie unbekümmert Mary über ihre Probleme redete. Da war kein schamhaftes Verstecken in ihren Worten zu hören.

Gemeinsam mit Katie aßen die Frauen in Marys wesentlich größerer Küche zu Abend. Mary hatte nach Katies Anruf am Vormittag angefangen zu kochen und den beiden Freundinnen wurde ein festliches Mahl serviert, das deutlich zeigte, wie einsam Mary sich fühlte.

Nach dem Essen setzten sie sich zu Mary in deren Wohnzimmer und redeten noch eine Weile, bis Sarahs Lider immer schwerer wurden. Die vergangene Nacht und das frühe Aufwachen am Morgen zollten ihren Tribut. Sie gähnte verhalten und wurde rot, als sowohl Mary wie auch Katie anfingen zu lachen.

“Komm, Kleine, ich glaube, du musst jetzt ins Bett”, meinte Katie lächelnd und zog die ächzende Sarah von der Couch. Je länger der Tag dauerte, umso weniger schmerzte Sarahs Rücken, doch Katie hatte ihr prophezeit, dass der noch einige Tage lang stören würde.

“Es tut mir leid”, entschuldigte Sarah sich bei Mary, die freundlich lächelte. “Ich wollte nicht unhöflich sein...”

“Keine Bange, ich bin nicht böse”, winkte Mary ab. “Du bist noch eine ganze Weile hier und wir können später reden. Vielleicht magst du morgen wieder mit mir essen? Es ist soviel angenehmer, wenn man nicht alleine am Tisch sitzt.” Ein dunkler Schatten legte sich auf Marys Gesicht und sie schloss für eine Sekunde die Augen.

Besorgt sah Sarah zu Katie, die nur den Kopf schüttelte. Dann blickte Mary Sarah wieder an und lächelte ihr unbeschwertes Lächeln.

“Ich würde mich wirklich über ein wenig Gesellschaft freuen”, sagte sie noch einmal und so nickte Sarah zögernd.

Katie brachte Sarah hoch in ihre kleine Wohnung, während Mary die Gläser aus dem Wohnzimmer räumte.

“Katie?” flüsterte Sarah leise, obwohl Mary sie wohl kaum hören konnte. “Ist das wirklich in Ordnung, dass ich hier bleibe?”

Katie nickte kurz.

“Ja, Mary braucht das vielleicht ebenso sehr wie du. Sie ist völlig allein, weißt du? So allein wie du und ich uns das gar nicht vorstellen können.”

Sarah schwieg einen Moment und Katie schloss die kleine Wohnungstür hinter den beiden Frauen, dann schob sie Sarah in deren vorläufiges Wohnzimmer.

“Hat sie keine Freunde?”

“Ich weiß es nicht, Sarah”, sagte Katie langsam und sah sich noch einmal im Zimmer um, als suche sie etwas. Dann, als sie es nicht gefunden hatte, nickte sie merkwürdigerweise zufrieden. “Mary war noch nicht sehr lange in der Stadt, als ihr Bruder starb. Sie hatte gerade erst ein paar Wochen bei uns gearbeitet und dann war alles plötzlich anders. Es war schrecklich. Ich kann mir gar nicht vorstellen, was Will ihr bedeutet haben mag, aber es war so, als hätte sie keinen Grund mehr zu leben. Sie lachte nicht mehr und nahm immer mehr ab. Sie trauerte um ihn und ließ keinen mehr an sich heran. Irgendwann ist sie zusammen gebrochen und wir brachten sie ins Krankenhaus. Dort begann sie die Therapie und seit ein paar Wochen ist sie wieder zu Hause. Ich glaube nicht, dass es ihr schon wieder gut geht, aber besser als vorher, und alles braucht seine Zeit.”

Schweigend hatte Sarah zugehört. Ihre eigenen Gedanken glitten zu Liz, ihrer kleinen Schwester. Wie würde Sarah sich fühlen, wenn Liz tot wäre? Sarah zitterte leicht, als der Gedanke ihr kam. Es wäre die Hölle, schlimmer als die Hölle.

“Liz”, flüsterte Sarah leise. Sie hatte ihre Schwester schon so lange nicht mehr gesehen und was hatte Katie bei ihrem Treffen im Café gesagt? Liz hatte ein Drogenproblem? “Katie, was ist mit Liz?”

Ein schuldbewusstes Rot legte sich auf Katies Wangen und sie wandte den Kopf ab, dann straffte sie die Schultern.

“Entschuldige, Sarah, ich habe dich angelogen...”

“Liz hat kein Drogenproblem?”

“Nein, hat sie nicht.”

Sarah wusste, sie sollte wütend darüber sein, dass Katie sie angelogen hatte. Schließlich war sie nur deshalb mit Tom in Streit geraten, aber Sarah konnte nicht wütend sein. Sie war viel zu erleichtert, dass es ihrer kleinen Schwester gut ging.

Katie musterte einen prüfenden Augenblick lang die Blondine, die so ruhig vor ihr stand, dann seufzte Katie.

“Okay, ich werde jetzt gehen. Kommst du allein klar?”

Noch einmal sah Sarah sich rasch in dem kleinen Zimmer um. Es war alles fremd hier. Sie fühlte sich einsam und verlassen, und auf einmal unsagbar müde. Langsam nickte sie.

“Ja, es wird schon gehen.”

Vorsichtig umarmte Katie sie, ehe der Rotschopf sich abwandte und die Wohnung verließ. Katies Schritte waren im Treppenhaus zu hören. Ein rasches, stetiges Klappern der Absätze, dann das Öffnen und Schließen der Haustür. Wenige Momente später ein Wagen, der angelassen wurde und ein leiser werdendes Motorengeräusch. Dann Stille.

Sarah war allein.

Zum ersten Mal seit Tagen oder Wochen. Sie erinnerte sich nicht einmal mehr, wann sie das letzte Mal wirklich allein gewesen war. Immer war jemand um sie herum, immer hatte sie etwas zu tun gehabt. Jetzt jedoch stand sie allein in einer fremden Wohnung und fühlte sich müde und mutlos. Sie wusste nicht mehr, warum sie hier war. Ihr Rücken schmerzte und eines ihrer Augen ließ sich nicht richtig öffnen. Morgens beim Zähneputzen hatte sie Blut im Mund gehabt. Ein wackeliger Zahn, der sich mit der Zeit wieder fest in ihren Kiefer einschmiegen würde. Aber Blut.

Was tat sie hier?

Und was war nur los mit ihr?

Mit ihrem Leben?

Auf einmal hatte sie das Gefühl durchzudrehen, wenn sie sich nicht mit irgendwas beschäftigte. War sie vorher noch müde gewesen, so hatte sie jetzt den Eindruck hellwach zu sein. Ihr Blut rauschte überlaut in ihren Adern, ihre Haut fühlte sich kribbelig an und sie begann, unruhig in der Wohnung herum zu laufen. Sie inspizierte die Schränke in der Küche, zählte nervös die Teller und Tassen, die Töpfe und Pfannen. Goss bereits gewässerte Blumen und zog an der kleinen Tischdecke.

Dann wanderte sie unruhig zurück in das Zimmer. Auch hier wurden Blumen gegossen, die Vase wanderte von der einen Seite des Schreibtisches zur anderen. Ein gerade hängendes Bild wurde noch ein wenig gerader gehängt. Die Bettdecke glatter gestrichen. Die Türen des Kleiderschranks geöffnet, die Bügel gezählt, ebenso wie die Regale im fast leeren Schrank.

Sarah fühlte sich wie im Fieberwahn. Sie konnte nicht stillsitzen, aber bewegen tat weh. Sie war nicht neugierig, eher war es ihr egal, und doch untersuchte sie jede Kleinigkeit in der Wohnung. Ihr Atem ging stoßweise und sie spürte kaum die Tränen, die ihr unaufhörlich die Wangen hinunter liefen.

Im Bad riss sie Toilettenpapier ab und wischte über den blanken Spiegel. Putzte und putzte ihn, aber sah ihren eigenen gehetzten Gesichtsausdruck nicht. Dann wandte sie sich zur Toilette um. Sie war sauber, roch nach Desinfektionsmittel, aber sie war nicht sauber genug. Nichts war sauber genug. Würde es auch nie wieder sein.

“Putzmittel!” flüsterte Sarah erregt. Sie hatte welches in der Küche gesehen. Rasch verließ sie das Bad und huschte durch den Flur. Sie wusste genau, wo sie die Sachen gesehen hatte und so rannte sie in Sekundenschnelle zurück ins Bad und begann dort zu putzen. Gründlicher als jemals zuvor schrubbte sie Keramik und Fliesen, wischte sie Spiegel und Glasflächen, sogar die einzelnen Fugen zwischen den Fliesen bearbeitete sie, bis ihr der Schweiß hinunterlief.

Plötzlich wurde ihr kalt. Eisigkalt. Die schweißnasse Kleidung klebte an ihrem Körper und ließ sie frösteln.

Zischend holte sie tief Luft.

Ein eisiger Hauch lag auf einmal im Bad. So kalt, wie die Luft im Winter. Sarah spürte, wie sich eine Gänsehaut über ihre Arme legte. Die winzigen Härchen stellten sich auf und sie spürte ein Prickeln im Nacken. Als würde sie jemand beobachten.

Erschrocken ließ sie den Schwamm fallen und fuhr herum.

Ihr Rücken schien durchzubrechen. Ein stechender Schmerz durchfuhr sie, so dass sie stolperte und in die Knie ging. Mühsam hielt sie sich am Waschbecken fest. Dann starrte sie zur Tür des Badezimmers. Da war jemand!

Sie war sich sicher, jemanden gehört zu haben!

Sie keuchte leise und stockend. Panik kroch in ihr hoch, presste ihr Herz und ihre Lungen zusammen. Sie bekam keine Luft mehr, aber sie starrte unverwandt zur Tür.

Ein Lichtschein fiel aus der hellen Küche und dem beleuchteten Zimmer in den kleinen, dunklen Flur. Doch sie konnte keinen Schatten sehen. War da wirklich jemand? Sie wurde unsicher und ihr zitternder Atem setzte einen Moment aus, als sie sich mühsam erhob und zur Tür schlich. Vorsichtig spähte sie um die Ecke, sah in Richtung Küche und dann zum Zimmer. Ihr Blick fiel auf die kleine Wohnungstür. Niemand war zu sehen.

“Hallo?” Ihre Stimme klang ängstlich und zaghaft. Sie hallte etwas in der leeren Wohnung. „Ist da jemand? Mary?”

Niemand antwortete ihr. Sie fröstelte und rieb sich die verschwitzten Unterarme. Ihr war eiskalt, ihr Herz raste und sie hatte fürchterliche Angst. Sie wollte zu Tom. Er würde sie beschützen. Er würde sie verstehen. Sie musste nicht fremde Bäder putzen oder allein sein. Er wäre da.

Wieder hörte sie ein Geräusch. Es klang nah, sehr nah. Zitternd begriff sie, dass sie selber das Geräusch machte. Das es lauter, trockene Schluchzer waren, die sich aus ihrer Kehle kämpften. Sie begann zu wimmern, erst leise und unterdrückt, dann immer lauter werdend. Schließlich zitterte sie so sehr, dass sie sich nicht mehr auf den Beinen halten konnte. Ihre Finger versuchten, sich am Rahmen der Badezimmertür festzukrallen, aber sie glitten ab und so fiel Sarah hart zu Boden. Ihr gepeinigter Rücken ließ sie aufschreien und für einen Augenblick sah Sarah Sterne, goldene, bunte Sterne, die wie ein Feuerwerk vor ihren Augen explodierten.

Es wurde erneut kälter um sie. Eine kalte Brise, die über sie hinweg wehte und die sie frösteln ließ. Sie spürte sich immer stärker zittern. Ihre Rückenmuskeln verkrampften sich und sie keuchte laut auf.

“Oh, bitte, hör auf!” wimmerte sie, als könnte ihr Schmerz sie hören. Immer kälter wurde es und mit der Kälte kam die Helligkeit. Sie kniff die Augen zusammen, aber ihr war, als stände sie inmitten einer eisigen Schneewehe. Sarah schnappte nach Luft.

Dann war es auf einmal vorbei.

Ruhe herrschte in der Wohnung. Sie hörte im Bad den Wasserhahn noch leise rauschen, aber es wurde plötzlich wärmer und wieder dunkler. Verwirrt richtete Sarah sich auf. Sie lag im dunklen Flur, nur aus den einzelnen Räumen drang Licht zu ihr hinüber. Hier gab es keine strahlend helle Lichtquelle, keine Kälte. Nur eine ruhige, fremde Wohnung und Finger, die nach Putzmittel rochen.

Mühsam rappelte Sarah sich auf. Sie drehte den Wasserhahn ab, löschte in den Zimmern das Licht und kroch stöhnend in das fremde Bett. Die Federn quietschten leise unter ihrem Gewicht. Vor dem Fenster hörte sie den Wind mit den schmalen Bäumen spielen. Blätter rauschten und irgendwo im Haus schlug eine Standuhr. Sie erinnerte sich, in Marys Wohnzimmer eine gesehen zu haben. Ein kitschiges, altmodisches Teil mit einem kleinen Vogel drauf. Der Gedanke beruhigte Sarah ein wenig, so dass sie mit einem leisen, verzweifelten Schluchzer auf den Lippen endlich einschlief. Das Geräusch von Meereswellen, die an den Strand rollten, begleitete sie in einen traumlosen Schlaf.

Am nächsten Morgen war sie orientierungslos. Sie öffnete die Augen und sah Bilder an der Wand vor sich, die ihr unbekannt waren. Wogende Felder. Sonnenuntergänge. Mary schien eine Vorliebe für Kitsch zu haben, überlegte Sarah ruhig. Sie bewegte sich nicht, sondern blickte sich langsam im Zimmer um.

Es war nur ein Raum. Ein ganz normaler Raum. Der Wahnsinn der vergangenen Nacht erschien Sarah im Tageslicht unwirklich. Sie schämte sich ihrer Putzwut ebenso wie ihrer Tränen und ihrer Angst. Es gab nichts zu weinen oder zu befürchten. Es gab keinen Grund. Überhaupt keinen.

Nur langsam stand sie auf und zuckte zusammen, als die Schmerzen bei der Bewegung wieder zunahmen. Im Bad fand sie die Überreste ihre Besessenheit vor, der Schwamm, der vergessen in der Duschkabine lag und die Putzmittelflaschen, die geöffnet herumstanden und einen sauberen Duft verströmten. Sie räumte die Sachen rasch fort, wusch sich und öffnete das Fenster. Klare, leicht nach Blüten riechende Frühlingsluft drang in den Raum.

In der Küche war sie froh, dass Katie am Tag zuvor noch Lebensmittel mitgebracht hatte und so machte sie sich Frühstück. Immer wieder fiel ihr Blick auf die gerötete Haut ihrer wunden Handflächen und sie fragte sich, was in der Nacht mit ihr passiert war. Was sie geritten hatte, so zu putzen. Aber sie fand keine Antwort.

Nach dem Frühstück gab es noch etwas, worauf sie keine Antwort fand. Sie hatte Zeit, viel Zeit, aber nichts zu tun. Ratlos stand sie in dem Zimmer und sah sich um. In den Regalen standen Bücher. Sie entdeckte einen kleinen CD-Player in einer Ecke neben dem Schreibtisch und daneben ein paar CDs.

Froh etwas Interessantes gefunden zu haben, ging sie hin und besah sich die Titel. Verwirrt runzelte sie wenig später die Stirn. Die Interpreten sagten ihr gar nichts, aber die Cover sahen dunkel aus, gewalttätig und wüst. Verschiedene Totenkopfzeichen waren zu sehen, Menschen mit blutenden Wunden und Metall. Dazwischen vereinzelt Rosen und Puppen. Sie wusste nicht, um was für eine Musik es sich handelte, aber sie beschloss, die CDs erst mal liegen zu lassen und sich dem Regal mit den Büchern zuzuwenden.

Sie fand Krimis, härtere und weniger harte, und Bücher, deren Klappentext sie als erotische Literatur auswiesen. Sarah schluckte und schob sie zurück ins Regal. Einen Moment später fand sie einen Reiseführer über die Arktis und während sie sich noch fragte, wer so eine Reise unternehmen würde, nahm sie sich das Buch und setzte sich aufs Bett.

Ein paar langweilige Stunden später klopfte Mary an der Tür.

“Hallo, Sarah, störe ich?” fragte die Frau und betrat nach Sarahs Aufforderung die Wohnung.

“Nein, gar nicht. Hallo, Mary”, begrüßte Sarah sie und stand auf. Das Buch über die Arktis legte sie auf den kleinen Schreibtisch, dann wollte sie zu Mary gehen, aber da stand diese schon mitten im Zimmer.

Mit einem Blick erfasste Mary den Zustand von Sarahs Händen und das Buch, welches sie gelesen hatte. Für einen Moment wurde ihr Gesicht unbeweglich, dann mühte sie sich ein weiteres Lächeln ab.

“Du hast gelesen? Wie schön.”

Sarah fühlte sich auf einmal ein wenig unsicher. Die Sachen lagen hier in der Wohnung herum. Offensichtlich gehörten sie irgend jemandem und sie hatte einfach in ihnen geschnüffelt und sie gelesen. Das gehörte sich nicht.

“Ich war vorsichtig”, rechtfertigte Sarah sich und schob das Buch noch ein Stückchen weiter auf den Tisch, damit es nicht hinunter fiel, aber Marys Lächeln wurde plötzlich echter und wärmer. Sie nahm das Buch hoch und berührte liebevoll den Einband.

“Das hat Will mir geschenkt. Damals, als er dort war...”, sie seufzte leicht und lächelte verträumt.

“Er war dort?” fragte Sarah überrascht. “In der Arktis? Warum?”

Marys Lachen perlte durch den Raum.

“Oh, er wollte sie sehen. Er war neugierig. Er sagte immer, sie ist so groß, so unermesslich, so wunderschön. Ein ebensolches Wunder wie der Regenwald.”

“Nur kälter”, murmelte Sarah. Der eisige Lufthauch vom vorherigen Abend fiel ihr wieder ein und sie fröstelte. Für einen Augenblick trafen sich Marys und Sarahs Augen und ihr Blick vereinigte sich. Dann nickte Mary zustimmend.

“Ja, das habe ich auch gesagt. Aber Will hat das nicht gestört. Er war neugierig. Er wollte sie sehen. Ebenso wie den Regenwald, die Wüste, die Berge, die Meere, die endlosen Wiesen und...”, Mary brach ab und schluckte hart. In ihren Augen erkannte Sarah Tränen und es tat ihr unvermittelt leid, dass sie die Frau an ihren Verlust erinnert hatte.

“Es tut mir leid”, sagte Sarah leise. Sie hätte zu gerne etwas getan, was die andere tröstete, aber sie wusste nicht was.

“Ist nicht schlimm. Es geht schon wieder.” Mary wandte sich ab und ging zum Regal, um das Buch wieder zwischen die anderen Bücher zu schieben. “Dies war seine Wohnung”, erklärte sie dann.

Fragend sah Sarah sie an.

“Seine?”

“Ja, Wills”, nickte Mary. “Er hat hier immer gewohnt, wenn er mich besucht hat. Eigentlich hat er nirgendwo gewohnt... und überall. Er war ein Wanderer.” Dann wurde sie plötzlich ruhig. Ihr Blick bekam etwas geheimnisvolles, als sie Sarah ansah. “Er ist es noch.”

“Wa... was?” Sarah hörte sich stottern und verdrehte die Augen. Eben noch war Mary ihr sympathisch gewesen, sie hatte Mitleid mit der Frau gehabt und jetzt zitterte sie fast vor ihr.

“Ein Wanderer. Er wandert zwischen den Welten herum”, murmelte Mary und ein verträumtes Lächeln erschien auf ihren Lippen.

“Oh.”

“Ja, zwischen den Welten. Bei den Sternen und den Kometen. Er glüht. Manchmal kann ich ihn sehen, weißt du? Nachts. Ich steh oft nachts auf und betrachte die Sterne und dann kann ich ihn sehen... Er ist wunderbar...” Sie schenkte Sarah ein leicht entrücktes Lächeln. “... wunderbar wie der Regenwald und die Arktis.”

Sarah schluckte und fragte sich, wieso die Therapie von Mary keinen Erfolg gebracht hatte, oder wenn sie erfolgreich gewesen war, wie war Mary dann vorher gewesen? Noch verrückter? Kein Wunder, dass Will immer geflohen war.

Das sind boshafte Gedanken, Sarah, sagte sie sich selber und knirschte schuldbewusst mit den Zähnen. So etwas dachte man nicht, und schon gar nicht von jemanden, der einem helfen wollte.

“Ich habe noch gar nicht gefragt, wie viel Miete ich dir schulde”, murmelte Sarah aus ihren Gedanken heraus.

Sofort wurde Marys Blick hart und ihre Miene verschloss sich.

“Die Miete übernimmt der Verein.” Mary wandte sich ab und wanderte zum CD-Ständer hinüber. “Mach dir keine Gedanken.” Sie kniete sich hin und berührte prüfend die blanken Hüllen.

Die Stimmung im Raum war ebenso eisig wie in der Nacht zuvor und Sarahs Magen begann sich zu verkrampfen. In ihrem Kopf begann ein leichtes Pochen und Sarah verdrehte die Augen, als sie eine Kopfschmerzattacke kommen sah.

Sie musste etwas tun, überlegte Sarah, etwas, das die Stimmung wieder verbesserte. Aber sie wusste nicht was.

Mary nahm derweilen ein paar CDs in die Hand und betrachtete sie. Ab und zu huschte ein Lächeln über ihre Züge und sie schien in Erinnerungen zu schwelgen. Sarah begriff, dass diese CDs ebenso Will gehört hatten wie diese Wohnung und Mary hing an ihnen.

Warum hatte sie die CDs dann nicht mit in ihre Wohnung genommen? fragte sie sich. Hier konnte jemand sie jederzeit stehlen. Wer weiß, was für Frauen hier wohnten. Frauen wie du, sagte ihre innere Stimme und Sarah zuckte zusammen.

“Gehörten die Will?” fragte Sarah überflüssigerweise.

Mary nickte sanft.

“Dies hier”, sie hielt ein besonders blutiges Cover hoch. “War seine Lieblingsmusik. Er hörte sie oft stundenlang.” Sie warf Sarah einen kurzen Blick zu. “Er war ein kleiner Rebell, weißt du?”

Sarah versuchte, sich den unbekannten Bruder von Mary vorzustellen, wie er, als kleiner Rebell verkleidet, zwischen den Sternen herumschwirrte und so wunderbar war, wie die eiskalte Arktis. Unwillkürlich musste sie schief grinsen.

Mary interpretierte Sarahs Miene falsch und stand auf einmal auf. Nachdenklich sah sie ihre junge Untermieterin an.

“Magst du diese Musik?” fragte Mary mit kalter Stimme.

Da war es wieder, dachte Sarah, das Gefühl, dass die Stimmung im Raum gefror. Unangenehm, kühl, schrecklich.

“Ja, klar. Sie ist cool.” Sarah hoffte, dass irgendwer, der diese Musik mochte “cool” sagte, und dass das genau die Antwort war, die Mary hatte hören wollen.

Wieder musterte Mary die Blondine, die sich unter dem stechenden Blick unbehaglich bewegte, dann jedoch erstrahlte Marys Gesicht und sie klatschte begeistert in die Hände.

“Ich mache heute Abend eine Séance”, begann Mary. “Willst du auch kommen?”

Sarahs Bewegungen erstarben abrupt. Katie, Tara, Liz und sie hatten mal so etwas gemacht. Früher, als sie alle noch zur Schule gegangen waren und alles Unbekannte spannend gewesen war. Sie hatten sich eines dieser magischen Bretter von irgendwoher besorgt und den Geistern Fragen gestellt. Es war lustig gewesen, ein wenig gruselig und verrückt, aber hauptsächlich lustig.

Trotzdem bezweifelte Sarah, dass Marys Séance auch nur ansatzweise genauso war.

“Eine Séance?” fragte Sarah ohne viel Begeisterung.

Mary nickte eifrig.

“Hier in diesem Haus spukt es”, erklärte sie, ohne auf Sarahs entsetzte Miene zu achten. „Jedenfalls hat mein Bruder mir das damals erzählt, als er mir dieses Haus kaufte. Der Makler hatte es gesagt. Ich war damals auf meinem okkulten Trip, weißt du? So mit Räucherkerzen, Tarotkarten und so was. - Jedenfalls sollte es hier spuken, aber als ich hier einzog, war nichts zu merken. Ich wohne jetzt schon fast ein Jahr hier, aber es gibt hier nichts. Nicht mal einen Poltergeist...”

Mary war enttäuscht, während Sarah vor Erleichterung langsam die Luft entweichen ließ. Mary hatte nicht alle Tassen im Schrank, stellte Sarah fest. Mary war nett und freundlich, aber verrückt. Therapie hin oder her.

“Naja, und seitdem ich Will in den Sternen sehe... Hatte ich erzählt, dass er mit mir spricht?”

Ganz langsam schüttelte Sarah den Kopf.

“Das tut er. Ich höre ihn. Ich sehe, wie er redet, aber ich kann ihn nicht verstehen. Es ist so leise. Alles ist so leise. Und so kalt. Mir wird immer kalt, wenn ich ihn sehe. Eiskalt...”

Sarah begann wieder zu zittern. Die Worte der Frau weckten die Erinnerung an die vergangene Nacht. Auch ihr war kalt gewesen.

“So kam mir die Idee mit der Séance. Ich habe lange gesucht, bis ich eine Frau gefunden habe, die das kann, und sie kommt heute Abend zu mir. Wir werden es versuchen!” Abwartend sah Mary Sarah an, die sich unaufhörlich die Unterarme rieb. Dabei präsentierte sie unbewusst immer wieder ihre rotgescheuerten Handflächen.

“Was versuchen?” fragte Sarah und versteckte ihre Hände hinter dem Rücken, als sie Marys Blicke spürte.

“Mit Will zu reden. Weißt du, es ist nicht ungewöhnlich, was du getan hast.”

Sarah konnte nicht anders, als sie anzustarren.

“Bitte?”

“Deine Hände. Ich habe so etwas schon oft gesehen. Es ist eine natürliche Reaktion. Du fühlst dich unsauber. Alles ist unsauber. Du hast das Gefühl, du kannst dein Leben “säubern” wie deine Umgebung. Viele Frauen tun das. Viele Frauen putzen sich auch selber in dieser Zeit. Sie bürsten sich regelrecht die Haut von den Knochen.” Mary nickte. “Ich verstehe das. Es ist ganz normal, du musst dir keine Gedanken machen.”

Sarah machte sich keine Gedanken. Sie fragte sich lediglich, ob die plötzliche Eiseskälte sie daran gehindert hatte, sich die Haut von den Knochen zu putzen, und ihr wurde schlecht bei dem Gedanken. Was meinte Mary damit, dass sie so etwas kannte? Das es eine natürliche Reaktion sei? Für wen war das normal? Für bestimmte Frauen. Und war Sarah eine von diesen Frauen? Von den Frauen, die von ihren Männern geschlagen wurden?

Ihr wurde noch schlechter. Tom hatte sie nicht geschlagen. Nie.

Jedenfalls nicht absichtlich.

“Ähm... ja... also... ich...” Sarah merkte, dass Mary eine Antwort erwartete, aber Sarah konnte keine geben. Sie war verwirrt, ihre Kopfschmerzen meldeten sich hämmernd und ihr geplagter Magen brannte.

“Kommst du also?” Mary sah sie immer noch abwartend an.

Sarah zögerte einen Moment. Hinter ihrem Rücken begannen ihre Handflächen zu brennen, als wollten sie sie mahnen. Ihr Kopf brummte und sie fühlte sich auf einmal müde. So unendlich müde. Seufzend nickte sie langsam.

“Ja, gerne”, hörte sie sich sagen und Marys Gesicht strahlte auf.

“Das ist schön. Madame Serafin meinte, es wäre gut, wenn Wills Freunde da wären. Es würde helfen, Kontakt zu Will aufzunehmen...”

“Aber ich bin kein Freund von Will”, warf Sarah ein, erleichtert einen Ausweg gefunden zu haben. “Ich kannte ihn doch nicht mal.”

“Du magst seine Musik.” Mary zwinkerte fröhlich. “Das ist mehr, als ich von mir behaupten kann.” Damit verließ sie leise singend die kleine Wohnung. Noch im Treppenhaus konnte Sarah Marys Stimme “Wir machen eine Séance” singen hören, in der Melodie eines Kinderliedes.

“Oh, mein Gott!” stieß Sarah hervor und ließ sich wie erschlagen auf das Bett sinken. “Eine Séance! Was hab ich getan?” Sie fiel auf ihren Rücken zurück und schaffte es, die stechenden Schmerzen zu ignorieren. Ihre Augen schlossen sich und immer wieder hörte sie Mary ihr albernes, kleines Liedchen singen. Draußen pfiff ein Vogel. Es schien, als wollte er Mary unterstützen.

Sarah fühlte sich unendlich müde und erschöpft. Sie hatte sich lange nicht so gefühlt, eigentlich noch nie, wenn sie es richtig überlegte. Ungeweinte Tränen brannten hinter ihren Lidern und ihr Kopf war erfüllt von Marys Stimme und so kuschelte sie sich ohne nachzudenken weiter in das Kissen. Ihre Sinne entschwanden in eine eisigkalte Traumwelt, in der sie fror und zitterte und in der sie das Meer rauschen hören konnte, bis eine unsichtbare Hand die Decke hob und sie sanft darin einhüllte.

“Schlaf, meine Schöne”, flüsterte eine gestaltlose Stimme, aber nur der Vogel vor dem Fenster hörte es und verstummte für einen Moment. Es wurde dunkel in Sarahs Zimmer. Die Sonne versteckte sich hinter dicken Wolken und Sarahs Atem hinterließ einen hellen Nebel in der kalten Luft. Aber Sarah fror nicht mehr. Sie schmiegte sich in die Decke und lauschte der Stimme, die sie hörte und die ihr Sicherheit schenkte, Ruhe und Frieden. Wäre Sarah wach gewesen, hätten diese Gedanken sie erschreckt, so aber, seufzte sie nur leise im Schlaf, als eine körperlose Hand über ihre warme Wange strich. Eine schmetterlingsflügelgleiche Berührung, zart und kaum wahrnehmbar, aber eisig wie eine Schneeflocke in der Arktis.

Unvermittelt saß Sarah aufrecht und starrte mit weit aufgerissenen Augen vor sich hin. Ihr Herz schlug heftig und ihr Atem ging so rasch wie nach einem Marathonlauf. Auf ihrer Haut schien eine Eisschicht zu liegen. Sie fühlte sich kalt und klamm an. Erschrocken sah Sarah, wie ihr Atem eine kleine weiße Wolke bildete, die sich hell vom dunklen Zimmer abhob. Eine Gänsehaut rann ihr über den Rücken, ließ sie erzittern. Alles in Sarah drängte sie, aufzuspringen und davon zu laufen. So weit und so schnell sie konnte, aber sie konnte nicht. Sprachlos und stumm saß sie auf dem Bett und starrte in das leere Zimmer.

Dann - mit einem Mal - schien die Sonne wieder in den Raum und der lustige kleine Vogel vor ihrem Fenster zwitscherte ein Lied. Die namenlose Kälte verschwand ebenso rasch, wie sie gekommen war und nur wenige Sekunden später fragte Sarah sich, ob sie das alles geträumt hatte. Die Kälte, die Dunkelheit und die Stimme.

Aber noch während sie zurück in die Kissen sank, hörte sie es wieder. Diesmal nur in ihrem Kopf.

“Schlaf, meine Schöne.”

Es war eigenartig, aber es tröstete sie und ängstigte sie nicht. So schlief sie mit einem Lächeln auf den Lippen wirklich ein.

Meeresraunen

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