Читать книгу Lost & Dark Places Oberbayern - Anne Dreesbach - Страница 10
2 Die Pestkapelle von Pollingsried Spuk am Starnberger See?
ОглавлениеDas einsame Gotteshaus, umgeben von schaurigen Brunnen, lädt als Ziel eines schaurig-schönen Spaziergangs zum Gruseln ein.
Pollingsried, Seeshaupt, Landkreis Weilheim-Schongau, Oberbayern Ort 82402 Seeshaupt GPS 47.794538, 11.268305 Anfahrt Mit dem Auto auf der A95, Ausfahrt Seeshaupt, weiter auf St.-Heinricher-Straße, Bahnhofstraße und Hohenberger Str. bis zum Wanderparkplatz zur Pollingsrieder Pestkapelle
Schauerromantik in Bayern Versteckt im Lauterbacher Wald südwestlich des Starnberger Sees liegt die Pollingsrieder Kapelle. Pollingsried ist einer von 18 Gemeindeteilen von Seeshaupt im Landkreis Weilheim-Schongau und besteht tatsächlich nur aus besagtem Gotteshäuschen und fünf Brunnen, die in der unmittelbaren Umgebung zu finden sind. Was zunächst unspektakulär klingt, entpuppt sich bei näherer Betrachtung als ein Ort, an dem sich gleich mehrere Ereignisse zugetragen haben sollen, die man eher bei Bram Stoker und Sir Arthur Conan Doyle anstatt in der oberbayerischen Idylle erwarten würde. Es beginnt schon bei der Anordnung der Brunnen, die verschiedenste Überlieferungen als Pentagramm beschreiben, das durch den sogenannten unterirdischen Teufelsbrunnen komplettiert wird. Aber wovor wollten die ehemaligen Bewohnerinnen und Bewohner der Gegend sich schützen, hält ein Pentagramm doch das Böse fern und Dämonen in Schach? Selbst der mächtige Mephisto muss sich in Goethes Faust diesem Symbol geschlagen geben. Und zu welchem Zweck wurde der Teufelsbrunnen direkt unter der Kapelle errichtet? Fragen, über die man besser nicht allzu lange nachdenkt.
Ein schwarzer Hund und der schwarze Tod Auch die Geschehnisse, denen Kapelle und Brunnen als Schauplätze und stumme Zeugen dienen, sind allesamt schauriger Natur. Im Jahr 1625 beispielsweise soll dort ein junges Mädchen einem Gewaltverbrechen zum Opfer gefallen und anschließend in einem der Brunnen »entsorgt« worden sein. Der Täter konnte jedoch nicht ahnen, dass sein Tod schon wenige Tage später gerächt werden würde, und zwar von einem großen schwarzen Hund, dem treuen Gefährten des Mädchens. Dieser positionierte sich so lange heulend vor dem Brunnen, in dem der leblose Körper seiner Besitzerin lag, bis er den Täter erneut zu Gesicht bekam: Es war der Pfarrer auf dem Weg zur Kapelle, die er nun aber nicht mehr erreichte, da ihm der Hund vorher an die Kehle sprang. Wohl um sein Gewissen zu erleichtern, beichtete der Geistliche den Mord nur wenige Augenblicke vor seinem Tod, und das grausame Verbrechen konnte aufgeklärt werden. Das Mädchen ist allerdings nicht der einzige Mensch, dessen letzte Ruhestätte der Brunnen ist. Auch etliche Opfer der Pest soll man dort hineingeworfen haben, als der Schwarze Tod in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts besonders stark in der Region wütete. Es ist die Rede von so vielen Leichen, dass sie den Brunnen quasi zum Überlaufen brachten, sodass man letzten Endes doch dazu überging, die Toten um die Kapelle herum zu vergraben.
Auf den ersten Blick macht das kleine Gotteshaus einen friedlichen Eindruck, aber dieser täuscht …
Alles nur Märchen? Diese beiden Geschichten sind wohl die bekanntesten, die sich um die Pollingsrieder Kapelle und ihre fünf Brunnen ranken. Und ja, es sind tatsächlich nur Geschichten, auch wenn sie durchaus ihren Reiz haben und sich der ein oder andere fragt, ob sie nicht vielleicht doch ein Fünkchen Wahrheit enthalten könnten. Die Fakten sprechen jedoch (leider) eine andere Sprache: Die fünf Brunnen sind bei genauer Betrachtung nur vier, für die Existenz des Teufelsbrunnens konnten bisher keinerlei Beweise gefunden werden, genauso wenig für etwaige Pestopfer, die dort in großer Zahl versenkt worden sein sollen. Und um in der Form der Brunnen jetzt noch ein Pentagramm erkennen zu können, braucht es doch sehr viel Fantasie. Ein Ausflug zur Kapelle von Pollingsried lohnt sich aber auf jeden Fall, denn zu besagten Geschichten kommt noch eine spannende Geschichte des Ortes hinzu: Das Gebäude wurde bereits 1162 urkundlich erwähnt. Und natürlich gab es vor einigen Jahrhunderten auch Bewohnerinnen und Bewohner in der Gegend, insgesamt standen dort sechs Höfe, die sich weitestgehend im Besitz des Klosters Polling befanden. Im Zuge der Säkularisierung wurden die Anwohner nach 1803 allerdings umgesiedelt, die Häuser abgetragen und das Gebiet aufgeforstet, sodass heute nur noch ein Hof in einiger Entfernung übrig ist. Das erklärt aber, wieso die Kapelle aus heutiger Sicht so abgelegen scheint: Es gibt sie schlicht und ergreifend schon länger als den Wald, der sie mittlerweile versteckt. Und wer weiß, vielleicht ist an den ganzen Mythen doch irgendwas dran?
Das besondere Erlebnis
Um den Geschichten, die sich um die Kapelle ranken, mal genau auf den Grund zu gehen, sollte man einen ausgedehnten Spaziergang dorthin unternehmen. Und das am besten nachts – da sind nämlich nicht nur alle Katzen grau, sondern auch alle verlassenen Orte im Wald besonders gruselig!