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1. Das Märchen von den sieben Fohlen
ОглавлениеEs waren einmal ein Paar arme Leute, die wohnten in einer elenden Hütte, weit weg in einem Walde, und hatten nicht mehr zum Leben, als aus der Hand in den Mund, und kaum einmal das; aber drei Söhne hatten sie, und der jüngste von ihnen war Aschenbrödel, denn er tat nichts anderes, als in der Asche wühlen.
Eines Tages sagte der älteste Bursch, er wolle fort und sich einen Dienst suchen; dagegen hatten die Eltern nichts einzuwenden, und er wanderte hinaus in die Welt. Er ging den ganzen Tag, und als es Abend ward, kam er zu einem Königsschloss. Da stand der König draußen auf der Treppe und fragte ihn, wo er hin wolle. »Oh, ich suche mir nur einen Dienst,« sagte der Bursch. »Willst Du bei mir dienen und meine sieben Fohlen hüten?« fragte ihn der König. »Wenn Du sie einen ganzen Tag hüten kannst und mir am Abend sagen, was sie essen und was sie trinken, so sollst Du die Prinzessin und das halbe Reich haben,« sagte er: »kannst Du es aber nicht, so schneide ich Dir drei rote Riemen aus deinem Rücken.« Ja, das, meinte der Bursch, wäre eine leichte Arbeit, damit wolle er schon fertig werden.
Am Morgen, als es Tag wurde, ließ der Stallmeister die sieben Fohlen aus; diese liefen fort, und der Bursch hinter ihnen her, und darauf ging's über Berg und Tal, durch Feld und durch Busch. Als der Bursch eine gute Weile gelaufen hatte, fing er an, müde zu werden, aber als er's noch eine Zeitlang ausgehalten, da hatte er das Hüten völlig satt. Er stand eben vor einer Bergschlucht, wo ein altes Weib saß und die Spindel drehte; als die den Burschen erblickte, der hinter den Fohlen herlief, dass ihm der Schweiß von der Stirne troff, rief sie: »Komm her, mein schmucker Bursch! Ich will Dir den Kopf kraulen« Das war dem Burschen schon recht; er setzte sich zu dem alten Weib in der Bergschlucht und legte seinen Kopf auf ihren Schoß, und nun kraulte sie ihn den ganzen Tag, während er da lag und sich erholte.
Als es Abend wurde, wollte der Bursch fort: »Es ist wohl am besten, ich gehe nur wieder heim zu meinen Eltern,« sagte er: »denn dass ich aufs Schloss zurückkehre, kann doch nichts nützen.« -- »Warte nur, bis es dunkel geworden ist,« sagte das Weib: »dann kommen die Fohlen hier wieder vorbei, und dann kannst Du mit ihnen zurücklaufen; denn es weiß Niemand, dass Du hier den ganzen Tag auf meinem Schoß gelegen hast, anstatt sie zu hüten.« Als nun die Fohlen ankamen, gab das Weib dem Burschen eine Flasche mit Wasser und einen Büschel Moos; das sollte er dem König zeigen und sagen, das wäre Das, was die sieben Fohlen äßen und tränken.
»Hast Du nun die Fohlen den ganzen Tag treu gehütet?« fragte ihn der König, als er am Abend ankam. »Ja, das hab' ich,« sagte der Bursch. »Kannst Du mir denn sagen, was sie essen, und was sie trinken?« fragte der König.
Da zeigte der Bursch ihm die Flasche mit Wasser und den Büschel Moos, was er von der Alten bekommen hatte. »Da siehst Du, was sie essen, und da siehst Du, was sie trinken,« sagte er. Da wusste nun der König gleich, wie er sie gehütet hatte, und er wurde so zornig, dass er seinen Leuten befahl, sie sollten ihn sogleich aus dem Hause jagen, erst aber sollten sie ihm drei rote Riemen aus seinem Rücken schneiden und Salz hineinstreuen. Als darauf der Bursch nach Hause kam, so kannst Du Dir wohl vorstellen, wie ihm zu Mute war. Einmal wäre er ausgegangen, um zu dienen, sagte er: aber er tät es nicht zum zweiten Mal.
Den Tag darauf sagte der zweite Sohn, nun wolle er auch einmal in die Welt und sein Glück versuchen. Die Eltern aber sagten nein, und er möchte nur den Rücken seines Bruders betrachten; aber der Sohn bat so lange, bis sie ihn denn zuletzt reisen ließen. Wie er nun einen ganzen Tag gewandert hatte, kam er auch zu dem Königsschloss. Da stand der König auf der Treppe und fragte ihn, wo er hin wolle; und als der Bursch sagte, er wolle sich nach einem Dienst umhören, sagte der König, er könne bei ihm in Dienst kommen, wenn er seine sieben Fohlen hüten wolle, setzte ihm aber dieselbe Strafe und denselben Lohn aus, wie er beides seinem Bruder ausgesetzt hatte. Ja, dem Burschen war das recht, und er nahm ohne weiteres Bedenken den Dienst an; denn er meinte, er wolle die Fohlen schon hüten und dem König sagen, was sie äßen und was sie tränken.
Sobald es Tag wurde, ließ der Stallmeister die sieben Fohlen hinaus; diese fort über Berg und Tal, und der Bursch hinter ihnen her. Aber es ging ihm nicht besser, als dem Bruder. Als er so lange hinter den Fohlen hergelaufen war, bis er ganz müde geworden und über und über mit Schweiß bedeckt war, kam er ebenfalls an die Bergschlucht, wo das alte Weib saß und die Spindel drehte. »Komm her, mein schmucker Bursch! ich will Dir den Kopf kraulen,« rief sie. Das gefiel dem Burschen ganz gut; er ließ die Fohlen laufen, wohin sie wollten, setzte sich zu dem Weib in der Bergschlucht, und da lag er nun und rekelte sich den ganzen Tag. Als die Fohlen am Abend zurückkamen, gab das alte Weib ihm auch eine Flasche mit Wasser und einen Büschel Moos, welches er dem König zeigen sollte. Als aber darauf der König den Burschen fragte, ob er ihm sagen könne, was die sieben Fohlen äßen und was sie tränken, und dieser ihm die Wasserflasche und den Moosbüschel hinhielt und sagte: »Da siehst Du, was sie essen, und da siehst Du, was sie trinken,« ward der König so zornig, dass er befahl, auch ihm drei rote Riemen aus seinem Rücken zu schneiden und Salz hineinzustreuen und ihn dann augenblicklich fortzujagen. Wie nun der Bursch zu Hause kam, erzählte er ebenfalls, wie's ihm ergangen war, und sagte, einmal wäre er ausgegangen, um zu dienen, aber er täte nicht zum zweiten Mal.
Den dritten Tag wollte Aschenbrödel sich aufmachen. Er hätte große Lust, sagte er, auch mal zu versuchen, die sieben Fohlen zu hüten. Die Andern aber lachten und hielten ihn zum Besten. »Wenn es uns so gegangen ist,« sagten sie »so sollst Du wohl was ausrichten, Du, der nie etwas andres getan hat, als auf dem Herd liegen und in der Asche wühlen.« -- »Einerlei,« sagte Aschenbrödel: »ich will aber fort; denn ich hab's mir einmal in den Kopf gesetzt,« -- und wie sehr die Brüder ihn auch auslachten, und die Eltern ihn bitten mochten, es half alles nichts: Aschenbrödel musste fort. Als er nun den ganzen Tag marschiert war, kam er endlich gegen Abend auch zu dem Königsschloss.
Der König stand wieder draußen auf der Treppe und fragte ihn, wo er hin wolle. »Ich wollte mich nur nach einem Dienst umhören,« sagte Aschenbrödel. »Wo bist Du her?« fragte ihn der König, denn er wollte sich erst etwas näher erkundigen, ehe er wieder Jemanden in Dienst nahm. Aschenbrödel erzählte ihm nun, wo er her sei, und dass er der Bruder von den Zweien wäre, die vor ihm die Fohlen gehütet hätten, und fragte, ob er den nächsten Tag nicht auch versuchen dürfte, sie zu hüten. »Wie?« rief der König und geriet ganz in Zorn: »bist Du der Bruder von den Zweien, so taugst Du auch wohl nicht viel mehr, als sie; von solchen Leuten habe ich schon Genug gehabt.« -- »Was schadet es?« sagte Aschenbrödel: »da ich doch einmal hier bin, so könnt' ich's ja auch mal versuchen.« -- »Nun ja, wenn Du denn durchaus Deinen Rücken geschunden haben willst, dann meinetwegen!« sagte der König. »Ich möchte weit lieber die Prinzessin haben,« sagte Aschenbrödel.
Am Morgen, als es Tag wurde, ließ der Stallmeister die sieben Fohlen hinaus; diese fort über Berg und über Tal, durch Felder und durch Büsche, und Aschenbrödel immer hinter ihnen her. Als er ihnen eine gute Weile nachgelaufen war, kam er auch zu der Bergschlucht; da saß wieder das alte Weib mit ihrer Spindel und rief Aschenbrödel zu: »Komm her, mein schmucker Bursch! ich will Dir den Kopf kraulen!« -- »Küss mich hinten!« sagte Aschenbrödel, hielt sich fest an dem Schweif des jüngsten Fohlen und sprang fort. Als sie die Bergschlucht hinter sich hatten, sagte das Fohlen zu ihm: »Setze Dich auf meinen Rücken, denn wir haben noch einen weiten Weg,« und das tat Aschenbrödel.
Nun ging's noch ein weites Ende fort. »Siehst Du Etwas?« sagte das Fohlen. »Nein,« sagte Aschenbrödel. Damit ging's noch ein gutes Ende weiter. »Siehst Du jetzt Etwas?« fragte das Fohlen wieder. »Nein,« sagte der Bursch. Als sie nun eine weite, weite Strecke zurückgelegt hatten, fragte das Fohlen wieder: »Siehst Du jetzt Etwas?« -- »Ja, nun seh' ich etwas Weißes schimmern,« sagte Aschenbrödel: »es sieht aus wie ein großer, dicker Birkenstamm.« -- »Da müssen wir hin,« sagte das Fohlen. Als sie nun hinkamen, riss das älteste Fohlen den Stamm aus und warf ihn zur Seite.
Da öffnete sich an der Stelle, wo der Stamm gestanden hatte, eine Tür -- drinnen war ein kleines Zimmer, und in dem Zimmer war nichts anderes, als ein kleiner Herd und ein paar Bänke; und hinter der Tür hing ein altes rostiges Schwert, eine Flasche und ein Krug. »Kannst Du das Schwert schwingen?« fragte das Fohlen. Aschenbrödel machte einen Versuch, aber er konnte es nicht schwingen. Da musste er einen Trunk aus der Flasche tun, erst einmal, dann noch einmal, und dann noch einmal, und da konnte er es schwingen wie gar Nichts.
»Jetzt musst Du das Schwert mit Dir nehmen,« sagte das Fohlen: und an Deinem Hochzeitstage musst Du uns allen sieben damit den Kopf abhauen, dann werden wir wieder zu Prinzen, wie wir ehedem waren; denn wir sind die Brüder der Prinzessin, die Du heiraten sollst, wenn Du dem König sagen kannst, was wir essen, und was wir trinken; -- ein böser Troll hatte diesen Zauber auf uns gelegt. Wenn Du uns aber dann den Kopf abgehauen hast, musst Du vorsichtig jeden Kopf beim Schwanz desjenigen Rumpfes hinlegen, auf dem er gesessen; alsdann hat der Zauber keine Macht mehr über uns.« Aschenbrödel versprach, alles genau zu tun, wie das Fohlen ihm gesagt hatte, und darauf ging es wieder weiter.
Als sie nun eine lange Strecke Weges zurückgelegt hatten, fragte das Fohlen: »Siehst Du Etwas?« -- »Nein,« sagte Aschenbrödel. Als sie darauf ein gutes Ende weiter gekommen waren, fragte das Fohlen wieder: »Siehst Du jetzt Etwas?« -- »Nein, ich sehe Nichts,« sagte Aschenbrödel. Nun ging es viele, viele Meilen weit über Berge und über Täler. Endlich fragte das Fohlen wieder: »Siehst Du jetzt Etwas?« -- »Ja, nun seh' ich einen blauen Streifen weit, weit in der Ferne,« sagte Aschenbrödel. »Das ist ein Fluss,« sagte das Fohlen: »da müssen wir hinüber.« Über den Fluss aber führte eine lange schöne Brücke, und als sie auf die andre Seite gekommen waren, ging es wieder eine lange Strecke weiter. Endlich fragte das Fohlen wieder, ob Aschenbrödel Nichts sähe. Ja, da sah' er weit in der Ferne etwas Schwarzes, das sah aus wie ein Kirchturm. »Da müssen wir hinein,« sagte das Fohlen.
Als die Fohlen auf den Kirchhof kamen, wurden sie wieder in Menschen verwandelt; sie sahen nun aus wie Königssöhne und hatten so prächtige Kleider an, dass es glitzerte und blinkte. Darauf gingen sie in die Kirche und empfingen von dem Priester, der vor dem Altar stand, Brod und Wein. Aschenbrödel ging auch mit hinein; und als der Priester die Hände auf die Prinzen gelegt und sie gesegnet hatte, gingen sie wieder hinaus, und Aschenbrödel folgte ihnen nach; zuvor aber steckte er eine Flasche mit Wein und ein Altarbrot zu sich. Sowie die Prinzen den Kirchhof verlassen hatten, waren sie wieder in Fohlen verwandelt, und nun ging es wieder desselben Weges zurück, den sie gekommen waren, aber noch viel schneller, als vorher. Erst kamen sie über die Brücke, dann kamen sie zu dem Birkenstamm, und dann zu dem alten Weib, das in der Bergschlucht saß und spann.
Es ging aber so schnell, dass Aschenbrödel nicht hören konnte, was das alte Weib, das hinter ihm her schrie, sagte; so viel verstand er jedoch, dass sie ganz bitterböse war.
Es war beinahe dunkel geworden, als er am Schloss ankam, und der König stand auf der Treppe und wartete auf ihn. »Hast Du nun die Fohlen den ganzen Tag treu gehütet?« fragte er Aschenbrödel. »Ich habe mein Bestes getan,« antwortete dieser. »So kannst Du mir denn wohl sagen, was sie essen, und was sie trinken,« versetzte der König. Da nahm Aschenbrödel die Flasche mit Wein und das Altarbrot hervor und sprach: »Da siehst Du, was sie essen, und da siehst Du, was sie trinken.« - »Ja, Du hast sie treu gehütet,« sagte der König: »und nun sollst Du die Prinzessin und das halbe Reich haben.« Da wurde denn alsbald eine Hochzeit gefeiert, dass man sich weit und breit davon zu erzählen hatte. Als sie aber bei Tafel saßen, stand der Bräutigam von der Bank auf und ging hinunter in den Stall, um, wie er sagte, noch Etwas zu holen, das er dort vergessen hätte.
Er tat nun, wie die Fohlen ihm gesagt hatten, und haute ihnen allen sieben den Kopf ab, zuerst dem ältesten, und dann den übrigen, sowie sie auf einander folgten; jeden Kopf aber legte er sorgfältig bei dem Schwanz desjenigen Rumpfes hin, auf dem er gesessen hatte, und sowie er das tat, wurden alle die Fohlen wieder in Prinzen verwandelt. Als er nun mit den sieben Prinzen in den Hochzeitssaal eintrat, war der König so erfreut, dass er ihn umarmte und ihn küsste; und seine Braut hielt noch mehr von ihm, als sie schon vorher von ihm gehalten hatte. »Das halbe Reich gehört jetzt Dir,« sagte der König: »und die andre Hälfte sollst Du nach meinem Tode haben; denn meine Söhne können sich jetzt, da sie wieder Prinzen geworden sind, selber Land und Reich erwerben.« Nun war die Freude und der Jubel erst recht groß bei der Hochzeit. Ich war auch mit dabei; aber es hatte Niemand Zeit, an mich zu denken: ich bekam nichts Anders, als ein Butterbrot, das legte ich auf den Ofen, und das Brod verbrannte, und die Butter schmolz, und nie habe ich wieder das Allergeringste bekommen.