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3. Das Märchen von der einfältigen Griet

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Es war einmal ein Witwer, der hatte eine Haushälterin, Namens Griet, die wollte ihn gern zum Mann haben und lag ihm immer in den Ohren, dass er sie heiraten sollte. Zuletzt wurde der Mann es überdrüssig; aber er wusste nicht, wie er's anfangen sollte, um sie los zu werden. Nun war es eben um die Zeit, dass der Hanf geschnitten werden sollte, und weil Griet sich immer für so tüchtig und flink hielt, fing sie an, den Hanf zu schneiden und schnitt so lange, bis sie schwindlig im Kopf ward von dem strengen Geruch und umfiel und auf dem Hanf-Felde liegen blieb. Während sie nun da lag und schlief, kam der Mann mit einer Schere und schnitt ihr den Rock ganz kurz ab; danach beschmierte er sie erst mit Talg und dann mit Ruß, so dass sie ärger aussah, als der lebendige Teufel. Als Griet erwachte und sah, wie hässlich sie war, kannte sie sich selbst nicht mehr.


»Bin ich's, oder bin ich's nicht?« sagte sie: »Nein, ich kann's nicht sein; denn so hässlich bin ich ja mein Lebtag nicht gewesen; es muss der Teufel sein.« Um nun hierüber ins Reine zu kommen, ging sie hin und öffnete ein klein wenig die Tür zu der Stube ihres Herrn und fragte: »Ist Eure Griet zu Hause?« -- »Ei freilich ist sie zu Hause!« sagte der Mann, weil er sie gern quitt sein wollte. »So kann ich also nicht Griet sein,« dachte sie und schlich fort, und wer sich freute, das war der Mann. Als sie nun ein gutes Ende gegangen war, kam sie in einen großen Wald; da begegneten ihr zwei Spitzbuben. »Mit denen will ich mich ins Geleit geben,« dachte Griet: »denn weil ich doch einmal der Teufel bin, so ist das eben für mich die rechte Gesellschaft.« Die Diebe dachten aber nicht so, sondern als sie Griet erblickten, schwangen sie die Fersen und machten sich aus dem Staube, so schnell sie nur konnten; denn sie glaubten der Leibhaftige wäre hinter ihnen her und wollte sie holen; aber es half ihnen nicht viel; denn Griet war langbeinig und schnell zu Fuß, und eh' sie sich's versahen, hatte sie sie eingeholt.


»Wollt Ihr aufs Stehlen aus, so will ich mit Euch und Euch helfen,« sagte Griet: »denn ich weiß hier in der Gegend gut Bescheid.« Als die Diebe das hörten, meinten sie, das wäre eine gute Gesellschaft, und waren nun nicht länger bange. Sie wollten gern hin und ein Schaf stehlen, sagten sie: aber sie wüssten nicht, wo wohl eins zu holen wäre. »Ach, das ist eine Kleinigkeit,« sagte Griet: »Ich habe lange bei einem Bauern hier im Wald gedient und kann den Schafstall mitten in der Nacht finden.« Das schien den Spitzbuben ganz herrlich, und als sie zu dem Schafstall kamen, sollte Griet hineingehen und ein Schaf herausschicken, und sie wollten es draußen in Empfang nehmen. Der Schafstall lag aber dicht an der Stube, wo der Mann schlief; darum ging Griet ganz leise und behutsam hinein; als sie aber drinnen war, schrie sie zu den Dieben hinaus: »Wollt Ihr einen Bock, oder ein Schaf? Hier ist von Allen!« -- »Scht! scht!« sagten die Diebe: »nimm bloß Einen, der brav fett ist!« -- »Ja, aber wollt Ihr einen Bock, oder ein Schaf? Wollt Ihr einen Bock, oder ein Schaf?

Denn hier ist Genug von Allen!« schrie Griet. »So schweig' doch still!« sagten die Diebe: »nimm bloß Einen, der brav fett ist, dann ist's einerlei, ob's ein Bock, oder ein Schaf ist.« -- »Ja, aber wollt Ihr einen Bock, oder ein Schaf? Wollt Ihr einen Bock, oder ein Schaf? Hier ist Genug von Allen!« dabei blieb Griet. »So halt doch Dein Maul und nimm bloß Einen, der brav fett ist, ob's dann ein Bock, oder ein Schaf ist,« sagten die Diebe. Indem kam der Mann, der über den Lärm erwacht war, heraus im bloßen Hemd, und wollte sehen, was da los war. Die Diebe liefen davon, und Griet hinter ihnen drein, so dass sie den Mann über den Haufen lief. »So wartet doch! so wartet doch!« schrie sie. Der Mann, der bloß das schwarze Ungeheuer gesehen hatte, war so erschrocken, dass er anfangs gar nicht wagte, wieder aufzustehen; denn er glaubte, es sei der Teufel selber, der aus seinem Schafstall gefahren kam. Zuletzt ging er wieder ins Haus, weckte alle seine Leute auf und fing mit ihnen an, zu lesen und zu beten; denn er hatte gehört, dass man dadurch den Teufel fortbannen könne.


Den andern Abend wollten die Diebe eine fette Gans stehlen, und Griet sollte ihnen den Weg zeigen. Als sie nun zum Gänsestall kamen, sollte Griet hinein steigen und eine Gans herausschicken, und sie wollten sie in Empfang nehmen. »Wollt Ihr eine Gans, oder einen Gänserich? Hier ist genug von Allen!« schrie Griet, als sie in den Stall gekommen war. »Scht! scht! nimm bloß Einen, der brav fett ist!« sagten die Diebe. »Ja, aber wollt Ihr eine Gans, oder einen Gänserich? Wollt Ihr eine Gans, oder einen Gänserich? Hier ist Genug von Allen!« schrie Griet. »Still! still! nimm bloß Einen, der brav fett ist, so ist's einerlei, ob's eine Gans, oder ein Gänserich ist, und dann halt Dein Maul!« sagten die Diebe. Während nun Griet rief, fing eine Gans an zu schreien, dann eine zweite, und endlich schrieen sie alle mit einander, aus vollem Halse. Da sprang der Mann heraus und wollte sehen, was es da gab -- die Diebe auf und davon, so schnell sie nur konnten, und Griet hinter ihnen drein wie ein Unwetter, so dass der Bauer glaubte, es sei der lebendige Teufel; denn langbeinig war sie, und die Röcke hielten sie nicht auf. »So wartet doch!« rief Griet: »Ihr könnt ja bekommen, Was Ihr wollt, ob's denn eine Gans, oder ein Gänserich ist.« Aber die Spitzbuben hatten keine Zeit, und der Bauer mit seinen Leuten fing an zu lesen und zu beten; denn sie glaubten alle nicht anders, als dass der Teufel in dem Gänsestall gewesen sei.


Den dritten Tag waren die Diebe mit samt Griet so hungrig, dass ihnen der Magen pfiff, und sie beschlossen daher, bei einem reichen Bauern, der am Wald wohnte, aufs Vorratshaus zu gehen und sich Etwas zu essen zu stehlen. Gegen Abend gingen sie hin; die Diebe aber wagten sich nicht hinauf, sondern Griet sollte gehen und herunterschicken, und sie wollten es in Empfang nehmen. Als Griet hinaufkam, war da vollauf von Allem: von Fleisch und Speck und Wurst und Erbsenbrot.

Die Diebe drängten sie und sagten, sie solle nur einige Lebensmittel heraus werfen und nicht viel Gerede machen; denn sie wüsste wohl, wie's ihnen die beiden vorigen Male gegangen wäre. Aber Griet schrie wieder, dass es nur so schallte: »Wollt Ihr Fleisch, oder Speck, oder Wurst, oder Erbsenbrot? Herrliches Erbsenbrot! Ihr könnt kriegen, was Ihr wollt; denn hier ist genug von allem!« Der Mann auf dem Gehöft, der über das Geräusch erwachte, kam heraus und wollte sehen, was es gab. Die Diebe rannten davon, so schnell sie konnten, und Griet ihnen nach in einer Höllenfahrt. Als der Mann das Ungetüm erblickte, glaubte er ebenfalls, der Teufel sei los, denn er hatte gehört, was sich die beiden Abende vorher zugetragen, und er fing an zu lesen und zu beten, und mit ihm alle Leute auf dem ganzen Gehöft, damit sie den Teufel fortbannten.


Am Samstagabend wollten die Diebe sich einen fetten Bock zum Sonntag stehlen; sie hatten es auch wohl nötig, denn sie hatten schon viele Tage gehungert; aber Griet wollten sie dieses Mal nicht mit haben, denn sie richte doch bloß Unheil mit ihrem Maul an, sagten sie. Als aber am Sonntag-Morgen die Spitzbuben noch nicht zurückgekehrt waren, fühlte Griet einen entsetzlichen Hunger, denn sie hatte in drei Tagen fast nicht das Geringste genossen, und ging daher ins Rübenfeld, und zog sich eine Rübe nach der andern. Indes kam der Mann, dem das Rübenfeld gehörte; aber wie der das schwarze Ungetüm sah, das in seinen Rüben ging und kaute, glaubte er ebenfalls, es sei der Lebendige. Er auf und davon nach Hause, so schnell er nur konnte und erzählte, dass der Teufel in seinem Rübenfeld wäre. Als die Leute auf dem Gehöft das hörten, erschraken sie gewaltig und glaubten, es wäre am besten, nach dem Pfarrer zu schicken, damit er den Teufel festmache.


»Nein, das geht nicht an, dass wir nach dem Pfarrer schicken,« sagte die Hausfrau: »denn es ist ja Sonntag-Morgen, und da ist er noch nicht aufgestanden, und wenn er auch schon aufgestanden ist, so kommt er doch nicht, denn er muss auf seinen Text studieren.« -- »O, ich verspreche ihm ein fettes Mastkalb, dann wird er schon kommen,« sagte der Mann und machte sich auf zum Pfarrhof. Als er aber dort ankam, war der Pfarrer noch nicht aufgestanden. Das Dienstmädchen hieß den Mann eintreten, und ging hinauf zum Pfarrer und sagte, es wäre unten ein Mann, der wollte gern ein Wort mit dem Herrn Pfarrer sprechen. Als der Pfarrer hörte, dass es ein so braver Mann war, der ihn sprechen wollte, stand er sogleich auf und kam herunter in Pantoffeln und mit der Nachtmütze.


Der Mann erzählte ihm nun sein Anliegen und sagte, der Teufel wäre los in seinem Rübenfeld, und wenn der Herr Pfarrer helfen wollte, ihn festzumachen, so wolle er ihm auch ein fettes Mastkalb schicken. Ja, der Pfarrer war sogleich bereit und wollte nur seinen Burschen rufen, dass er dem Pferd den Sattel auflege, während er sich ankleide.

»Nein, Gevatter, das geht nicht,« sagte der Mann: »denn der Teufel lässt nicht auf sich warten, und hat er sich erst wieder aus dem Staub gemacht, so ist’s schwer, ihn wieder zu erwischen; Ihr müsst darum sogleich mit, wie Ihr geht und steht.« Der Pfarrer musste nun fort in seinen Pantoffeln und mit der Nachtmütze; als sie aber in den Erlenbruch kamen, war der Boden so locker, dass der Pfarrer in den Pantoffeln nicht fortkonnte. Da lud der Mann ihn auf den Rücken und trug ihn huckepack, indem er ganz vorsichtig immer von einem Haufen auf den andern trat. Als sie nun ungefähr bis in die Mitte gekommen waren, bemerkte Griet die Beiden und glaubte, es wären die Diebe, welche mit dem Bock kämen. »Ist er brav fett? Ist er brav fett?« schrie sie, dass es ins Holz schallte. »Ich weiß den Teufel, ob er fett ist, oder mager,« sagte der Mann: »willst Du's aber wissen, so komm selber und sieh zu!« und damit warf er den Pfarrer mitten in die Plampe und lief davon. Und ist der Pfarrer nicht wieder aufgestanden, so liegt er wohl noch da.




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