Читать книгу Praxishandbuch Medien-, IT- und Urheberrecht - Anne Hahn - Страница 319

3. Journalistische Sorgfaltspflicht

Оглавление

100

Die journalistische Sorgfaltspflicht ist konkretisiert in den gesetzlichen Grundlagen für die einzelnen Medien, z.B. Landespressegesetz, Rundfunkstaatsverträge, Landesmediengesetze, Gesetze für die einzelnen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten oder Mediendienste Staatsvertrag. Es ist grds. ein strenger Maßstab anzulegen.[294] Allerdings würde eine Überspannung den verfassungsrechtlich geschützten Kommunikationsprozess zu sehr einschränken.[295] Es ist ausreichend, dass sie angesichts der Umstände des Falles vernünftigerweise in Betracht kommenden Recherchen hinreichend gründlich durchgeführt worden sind.[296] Was dies im Einzelnen bedeutet, hängt von den verschiedensten Faktoren ab. Insoweit kann auf die obigen Ausführungen zu nicht erweislichen Tatsachenbehauptungen und der Verdachtsberichterstattung verwiesen werden.

101

Bei Äußerungen Dritter ist zu differenzieren. Wurde eine Tatsachenbehauptung zu einer Meldung von einer anerkannten Nachrichtenagentur geliefert, besteht in aller Regel keine Verpflichtung zur Nachrecherche.[297] Etwas anderes kann gelten, wenn die Agenturmeldung selber Ungewissheit wiedergibt. Bezieht sich die Agenturmeldung wiederum auf ein anderes Medium (z.B. eine Zeitungsmeldung), so reicht dies i.d.R. nicht aus, die journalistische Sorgfaltspflicht als erfüllt anzusehen.[298] Dies mag wiederum einzuschränken sein, wenn es sich um eine besonders seriös anerkannte Medienquelle handelt.[299] Das vorgenannte „Agentur-Privileg“ gilt jedoch nicht für Persönlichkeitsrechtsverletzungen, die nicht durch eine Tatsachenbehauptung, sondern infolge fehlerhafter Abwägung der verschiedenene Rechtsgüter entstehen, z.B. bei einer unzulässigen Namensnennung eines Straftäters.[300] Strittig ist auch, ob die Sorgfaltspflichten geringer anzusetzen sind, wenn der Betroffene Erstveröffentlichungen in Medien, die unter Umständen auch schon länger zurückliegen, nicht widersprochen hat.[301] Ansonsten darf sich die Presse auf als zuverlässig anzusehende Informationsquellen verlassen, wie etwa Staatsanwaltschaften,[302] Polizei, Gerichte oder Behörden. Das gilt unbedingt hinsichtlich der Richtigkeit von mitgeteilten Tatsachen. Aber auch das Vertrauen in die Richtigkeit der rechtlichen Abwägungsentscheidung kann geschützt sein, beispielsweise indem – bei nachträglicher Erkenntnis in die Fehlerhaftigkeit der Abwägung – die Wiederholungsgefahr entfallen kann.[303]

An ihre Grenzen stößt die journalistische Sorgfaltspflicht, wenn keine Aufklärungsmöglichkeiten zu erwarten sind oder zumutbare Rechercheansätze nicht mehr bestehen. Ist neben einem Dementi ein Mehr an Information durch eine Rückfrage beim Betroffenen nicht zu erwarten, ist sie nicht erforderlich.[304] Dies gilt auch, wenn der Betroffene schon ausführlich zu Wort gekommen ist oder Stellung genommen hat.[305]

Praxishandbuch Medien-, IT- und Urheberrecht

Подняться наверх