Читать книгу Die verendete Geschichte - Anno Dazumal - Страница 4
2. Werbet den Anfängen!
ОглавлениеGosse Jensen und sein Partner Rüdiger Ne wußten was die Menschen wollten und auf welche Sprüche sie abfuhren. Sie hatten noch ein paar Leute in ihrer Agentur, die für die niederen Arbeiten zuständig waren, wie zum Beispiel den Wortmüll rausbringen, die Schleimspuren aufwischen und die goldenen Klobrillen mit Glasreiniger putzen. „Paßt mal auf, Leute!“ rief Gosse, bevor er wieder mal eine seiner berüchtigten, unglaublich komischen Geschichten, die immer mit einer ertragreichen Pointe endeten, zum Besten gab, jenem Normen Besten, der bereits darauf wartete, sie dann fein säuberlich in den Computer tippen zu dürfen. „Also, ich bin heute früh mal wieder nicht aus den Federn gekommen, Ihr wißt ja, daß ich immer mit meinem Indianerhäuptlingsschmuck auf dem Kopf ins Bett gehe und nachdem mich da mal so eine Tierschützerin, die ich versehentlich mit ins Bett genommen hatte, dermaßen blöd angepflaumt hatte, was mir denn einfiele und so weiter, jedenfalls, ich war mal wieder spät dran, Ihr wißt ja, in meinem Alter ist man nicht mehr der Hellste und der Schnellste und man ißt auch nicht mehr so schnell wie die Assistenten beim Film, auf alle Fälle bin ich da so durch meine Villa gestolpert und habe meine Putzfrau verflucht, aber die versteht ja eh kein Deutsch und schwarz arbeitet sie auch noch bei mir, obwohl sie ja Chinesin ist, na ja, jedenfalls kriege ich mal wieder nichts auf die Reihe und da stolpere ich und verschütte doch tatsächlich meinen Kaffee und der Hundekuchen, äh, Quatsch, der Kuchen zum Frühstück wollte sich auch verkrümeln, aber ein paar Krümel habe ich noch rechtzeitig retten können, bevor die Kakerlaken und die Ameisen sie alle forttragen konnten. Um es kurz zu machen: Ich hatte Hunger und Durst, außerdem keine Zeit mehr, denn Pünktlichkeit ist die Höflichkeit der Könige und da ich ja Euer König bin, will ich hin und wieder auch pünktlich sein, na ja, auf gut deutsch, ich hab’ den verschütteten Kaffee und die Krümel schnell aufgeleckt und was soll ich Euch sagen:“ Er machte eine bedeutungsschwangere Pause, während der sich die Textpraktikantin auf die Toilette verzog, um sich zu übergeben. „Es schmeckte himmlisch!“ Beifall erklang. „Leute, das ist die genialste Idee, seit der Werbung „Reizwäsche ist geil“. Darf ich Euch vorstellen: Der Leckmich-Kaffee. Man schüttet den Kaffee über den Tisch, schmeißt ein paar Kuchenkrümel rein und fertig ist das schmackhafteste Frühstück aller Zeiten. Außerdem gibt es dafür einen genialen, einfachen Slogan: Leckmich-Kaffee. Lecker!“ Nach jenen Worten scharrten sich die Leute um ihren Boß Gosse, klopften ihm auf die kalte Schulter, nickten anerkennend mit dem Kopf oder dem Kropf und lobten ihren Chef in den höchsten Tönen. „Was hältst Du von meiner Idee, Rüdiger?“ wollte der King wissen. „Einfach gut“, gab jener anerkennend zu, während im Hintergrund ein Ein-Euro-Jobber damit beschäftigt war, die Schleimspuren zu entfernen, damit niemand darauf ausrutschen konnte. „Paß auf was Du sagst. Die zwei Worte sind urheberrechtlich geschützt. Ich sage nur Fast Food.“ „Ja, aber nur fast.“ Da lachten die Beiden ein weiteres Mal ihr Haifischlachen, danach wollten sie Blut sehen. „So, Ihr faulen Säcke! Jetzt seid mal schön kreativ! Es reicht nämlich schon, wenn ich hier den ganzen Tag nichts mache“, befand Gosse. Daraufhin verließ er zwar nicht Frau und Kind, aber immerhin sein Büro und ging aufs Klo, vor dem er auf die leicht verängstigte Praktikantin traf. „Keine Angst, ich tu Dir nichts. Hast ja eh schon einen Braten in der Röhre“, bemerkte er. Erleichtert atmete sie auf. „Andererseits - jetzt wäre die günstigste Zeit zum Ficken, denn jetzt kannst Du davon nicht schwanger werden“, überlegte er laut, doch da war sie bereits verschwunden und so wurde es nichts mit dem spontan geplanten Vergnügen. Es war geil, in einer Werbeagentur zu arbeiten, denn man wurde dafür bezahlt, sich blöde Sprüche einfallen zu lassen. Ganz ehrlich, so einfach war es dann auch wieder nicht, doch die Wahrheit steht auf einem anderen Blatt, das Du hoffentlich nie zu lesen bekommen wirst. Soll ich wirklich?
Neues aus der Gosse
Gosse Jensen war 39 Jahre alt und ledig. Lediglich ein Bruder und zwei Schwestern hatten in seiner Kindheit seinen Weg gekreuzt und so konnte er allen, die ihn für ein verwöhntes Einzelkind hielten, denn so führte er sich regelmäßig auf, entgegnen, daß er in Wirklichkeit das Teilen schon gelernt hatte, allerdings unter der Maxime: Teile und herrsche. Sein Vater war ein rechtsradikaler Bombenleger gewesen und hatte es dementsprechend während des Dritten Reiches leicht gehabt, einen einflußreichen Posten zu ergattern. Er hatte Werbung für Hitler und Konsorten gemacht, so war er zum Beispiel der Erfinder einer musikalischen Unterhaltungsshow, der „Hitlerparade“, gewesen und hatte dafür gesorgt, daß des Führers Geliebte genauso hieß wie das Hemd, das der große Diktator am liebsten anzog. Er hatte aber meist Werbung für die Nazipolitik gemacht, indem er Slogans erfunden hatte, welche die Politik der Nationalsozialisten dem Volk verständlich machte. „Es steht zu lesen in jedem Duden: Deutsche! Kauft nicht bei den Juden!“ oder „Willst Du ein guter Führer sein, so mache erst den Führerschein“, solche Parolen kamen auf das deutsche Volk hernieder, doch darum geht es eigentlich gar nicht, ich will damit nur deutlich machen, daß die Begeisterung für Werbung bei Gosse Jensen bereits im arischen, rassereinen Blut lag und seine steile Karriere deswegen bereits vorgezeichnet gewesen war. Im Alter von zehn Jahren verließ Gosse die Sonderschule und wechselte sogleich aufs Gymnasium, was seinen Vater zufriedenstellte, der ihn bereits vergasen hatte wollen, was aber nicht geklappt hatte, da kein Konzentrationslager mehr in Betrieb war. Gosse hatte eine schwergewichtige Kindheit, er war ein echter Pfundskerl, doch dann wurde er das Opfer einer Schönheitsoperation und seitdem sah er etwas wunderlich aus. Gosse hatte schon viele Freundinnen, doch mit Sprüchen wie „Bin ich schon drin?“, „Einer geht noch rein“ und „Ich will’s so treiben wie ich spinn“, vergraulte er viele seiner Bettgefährtinnen, so daß er es sich mit der Zeit angewöhnte, seinen schweren Körper auf ein paar leichten Mädchen ruhen zu lassen, was ihm nicht schwerfiel, da ja Hamburg dafür sein weltberühmtes ureigenes Vergnügungsviertel besitzt, wo sich Zuhälter und Hure „Gute Nacht“ sagen und sich Dominas die Nächte um die Ohren schlagen. Jedenfalls hatte es Gosse mit seiner Agentur zu etwas gebracht, denn das Geschäft lief wie geschmiert, die Ideen flogen ihm nur so zu und als er letztens im Bad auf seiner Gummiente ausgerutscht war, da hatte er sofort den Slogan „Ente gut - alles gut“ im Kopf, doch leider war ihm der dann nach der darauffolgenden Gehirnerschütterung wieder entfallen. Zugegeben, Gosse lebte nach wie vor bei seiner Mutter und war ein wenig wunderlich, doch wen störte das schon außer den paar Leuten, die ihn näher kannten? Hin und wieder bekam er einen klitzekleinen Wutanfall, schmiß mit Akten, zerdepperte Porzellan und verprügelte Mitarbeiter, doch im Großen und Ganzen war er ein feiner Kerl, der immer genügend Geld auf dem Konto und ausreichend Zahnfleisch im Gebiß hatte. Was ich damit sagen will? Laßt uns eintauchen in Gosses wunderbare Welt der Werbung, denn dort lebt man noch so primitiv wie in der Zeit, als die Spekulationsblase wie eine Fruchtblase zerplatzte. Werbung ist kein Dung, ich werde Werbung für die Werbung machen und will beweisen, daß die ganzen Klischees überhaupt nicht zutreffen, sondern daß die Wirklichkeit viel schlimmer ist. So entstand zum Beispiel die Werbung für Snickers dadurch, daß so ein fetter Werbebonze auf dem Scheißhaus saß und einfach mit dem Kacken nicht fertig wurde. Einer seiner Mitarbeiter hat’s gesehen, sich erst mal einen halben Tag kaputtgelacht, dann zwei Tage krankgemacht und danach seine Idee präsentiert. Alle haben gebrüllt, der Chef auch, aber vor Wut. Nichtsdestotrotz wurde der Spot(t) gedreht und ein Riesenerfolg. Wenn’s mal wieder länger dauert. Ja, so kann man aus Scheiße Gold machen, deshalb verlange ich allerhöchsten Respekt vor dieser Branche, verstanden?
Der Gossenvogel
Wieder einmal unterhielt sich Gosse Jensen mit einem seiner besten Freunde, Ed, dem Penner, der sich wie üblich in der Gosse befand. „Hallo, Gosse, Genosse der Gosse, wie geht es Dir?“ fragte Ed. „Beschissen. Ich bräuchte mal einen Raketenwechsel. Wir müßten mal unseren Kundenstamm erweitern. Zum Beispiel würde ich gerne eine Pampers für Drogenabhängige vermarkten. Die Fixers Ultra für Junkies.“ „Fick sie!“ „Wen?“ „Deine Nutte. Warum jammerst Du immer so rum, Gosse? Wir hier leben in der Gosse.“ „Ach, Ed, das verstehst Du nicht. Ihr hier lebt alle unter einem Dach, oder wenigstens unter einer Brücke, das schafft Zusammenhalt. Ich dagegen bin ganz allein in meiner riesengroßen Villa, manchmal bekomme ich stundenlang niemanden von meinem Haushaltspersonal zu sehen, weil die Räume so gigantisch sind.“ „Du Ärmster. Vielleicht liegt das auch daran, daß Dir Deine Untergebenen aus dem Weg gehen, weil Du manchmal sehr aufbrausend und jähzornig sein kannst.“ „Das ist überhaupt nicht wahr! Ich bring Dich um, Du Pennerlump! Oh, entschuldige, Du weißt ja, Ed, daß ich manchmal, na ja, Deine Ratschläge kommen wenigstens von Herzen, nicht so wie in meiner Agentur. Wofür würdest Du gerne Werbung machen?“ „Für saubere Unterwäsche.“ „Tut mir leid, aber als weißer Riese bist Du ungeeignet. Du würdest in Deinem Aufzug eher als Bergarbeiter durchgehen, schließlich bist Du ja auch ein guter Kumpel von mir.“ „Gosse, ich will Dich wirklich nicht kränken, aber manchmal, wenn ich ein bißchen klar im Kopf bin und so über unsere Freundschaft nachdenke, dann finde ich es schon ein bißchen unverschämt von Dir, daß Du Dir hier bei uns immer Deine besten Ideen holst, den Erfolg aber nie mit uns teilst.“ „Was erwartest Du, Ed? Ihr seid Penner, schmutziges Gesindel. Ich kann Euch doch wirklich nicht auf eine meiner tollen Partys einladen, Ihr würdet ja die übrigen Gäste amüsieren oder verschrecken und das geht ja nun wirklich nicht. Jetzt spuck schon Deine neueste Idee aus, ich kann schließlich nicht mit dreckigen Händen in die Agentur zurückkommen.“ „Na gut, aber erst möchte ich meinen Lohn haben.“ „Dich kann wirklich kein Wässerchen trüben, Alter“, lobte Gosse anerkennend und überreichte Ed eine Flasche Wodka. „So ist das gut. Nicht umsonst leben wir an der Waterkant. Also, ich habe heute Nacht fürchterlich gefroren und hatte deshalb wieder einen meiner Alpenträume und da hab’ ich tatsächlich diesen coolen Alm-Öhi gesehen, der hat „Verdammt ist das saukalt hier oben!“ gerufen und da ist mir eingefallen, daß das ein Knüller werden könnte: Eisschokolade. Verstehst Du? Im Sommer Schokoladeneis, im Winter Eisschokolade.“ „Ed, Du bist und bleibst ein Genie. Eigentlich müßte ich Dich schon längst als Creative Director bei mir einstellen, aber Du weißt ja: Dein Lebenslauf ist viel zu geradlinig, als daß Du in unsere Branche passen würdest.“ „Ja, ich weiß. Erst Facharbeiter, dann Arbeitsloser und jetzt Berufspenner, da fehlen die Brüche im Lebenslauf.“ „Also gut, bis zum nächsten Mal“, verabschiedete sich Gosse Jensen von seinem Informanten. „Irgendwie ist das schon komisch: Ich bezahle einen Haufen Leute, die in meiner Agentur dumm rumsitzen und nur beschissene Einfälle haben und da unten in der Gosse sitzt ein Kerl, der so viel auf dem Kasten hat, daß er mir dreimal pro Woche eine tolle Idee liefern kann. Vielleicht sollte ich eine Werbeagentur unter der Brücke aufmachen“, überlegte sich Gosse beeindruckt. Danach genehmigte er sich noch einen Schluck aus der Schnapsflasche, die er immer mit sich trug, winkte ein paar leichten Mädchen zu, die auf der gegenüberliegenden Straßenseite flanierten und seine Geldscheine immer sehr zu schätzen wußten und kehrte in die Agentur zurück. Dort hielten die meisten Leute einmal mehr eine kreative Siesta, denn es war nicht leicht, sich andauernd etwas Neues einfallen zu lassen, besonders wenn man nicht sonderlich viel auf dem Kasten hatte. Plötzlich sprang einer auf und rief: „Das ist es. Wir lassen für unseren Ehrmann-Spot Kühe auftreten, die „Der Bauer (Joghurt) muß weg!“ muhen!“
Sodom(ie) und Gomorra
Rüdiger Ne war ein guter Freund von Gosse Jensen, doch eine Sache war Gosse ziemlich peinlich. Zugegeben, er war auch kein Moralist, ansonsten hätte er nicht aus jedem zweiten Feierabend einen Freierabend gemacht, aber die Vorlieben von Ne gingen sogar dem toleranten, liberalen und weltoffenen Gosse Jensen zu weit. Früher hatten sie hin und wieder zusammen Frauen begutachtet und des Öfteren waren dabei auch Ausdrücke wie „geile Schnecke“, „rattenscharfe Braut“, „süßes Mäuschen“, „hübsches Betthäschen“ oder „flotte Biene“ gefallen, jedoch hatte Jensen erst viele Jahre später kapiert, daß er und Ne aneinander vorbei geredet hatten. Gosse hatte mit seinen Komplimenten Frauen gemeint, Rüdiger dagegen hatte nur auf Tiere gekuckt. Tja und so war es dazu gekommen, daß Rüdiger Ne gerne in seiner Freizeit mit den verschiedensten Tieren verkehrte, so ekelhaft das auch sein mochte, doch ihm schien es zu gefallen, wohingegen etliche der bedauernswerten Geschöpfe danach ein Fall für den Tierpsychologen waren. Nichtsdestotrotz war Ne ansonsten ein ganz passabler Mensch, aber wenn seine Triebe mit ihm durchgingen, dann gab es kein Halten mehr. Im Grunde war Gosse das alles egal, denn auf jene Art und Weise blieben mehr Frauen für ihn übrig, jedoch gab es immer wieder Gerüchte über das perfide Sexualleben von Rüdiger, die natürlich auch der Werbeagentur irgendwann mal immensen Schaden zufügen konnten. Das nur so am Rande, jedenfalls durfte Ne niemals allein gelassen werden, wenn man einen Werbespot mit Tieren drehte, das wäre einfach unverantwortlich gewesen. Zurück in die Werbung: Einmal mehr hatte Gosse eine geniale Idee gehabt und sie natürlich sofort umgesetzt. Es ging um einen Werbespot für eine Geschirrspülmaschine und Jensen war dazu der Slogan „Spül mir das Lied vom Tod“ eingefallen. „Bin ich nicht ein Genie?“ fragte er seine Mitarbeiter selbstzufrieden und was blieb denen Anderes übrig als geflissentlich zu nicken? Nur eine Putzfrau schüttelte widerspenstig mit dem Kopf, doch Gosse ignorierte jenen Ungehorsam gönnerhaft, indem er sich Rüdiger Ne zuwandte. „Ach, da bist Du ja. Wo hast Du so lange gesteckt?“ „In einer Eule“, antwortete der Gefragte wahrheitsgemäß. Einige der Umstehenden verdrehten die Augen. „Rüdiger meint natürlich, daß er gerade die Satirezeitschrift Eulenspiegel gelesen hat“, verkündete Gosse lauthals, um weiteren peinlichen Sätzen seines Geschäftspartners zuvorzukommen. „Meinst Du nicht, daß es langsam an der Zeit wäre, daß ich mich oute?“ wollte Ne wissen. „Nee. Das kannst Du in Deinen Memoiren machen, aber nicht, solange Du Deine stinkenden Füße unter meinen Ikea-Tisch stellst“, entgegnete Jensen. Damit war die Sache einmal mehr aufgeschoben, doch das Damoklesschwert schwebte nach wie vor über ihnen allen. „Hey Leute, wir brauchen einen griffigen Slogan, um das Image der Ostdeutschen aufzupäppeln. Ihr wißt ja, daß es da immer noch das Bild des Jammer-Ossis in den Medien gibt und damit soll jetzt endlich Schluß sein. Es soll sowas in der Art wie „Du bist Deutschland“ werden, nur nicht so großkotzig und schleimig. Wenn jemand eine gute Idee hat, dann raus damit!“ forderte Gosse. „It’s a Zoni“, ließ die schwangere Praktikantin verlauten und Jensen stieß einen lauten Freudenschrei in den Raum hallen. „Das ist gigantisch, genial, großartig, supergut, unschätzbar, phänomenal, grandios, das ist geil!“ schwärmte er und freute sich seines Daseins als Werbeschaffender. „Das ist doch viel besser als Wehrbeauftragter“, dachte er sich grinsend und spendierte seinen Mitarbeitern eine Runde Freilauf im Hofgarten. Sofort trotteten alle nach draußen und setzten sich in die Sonne. Nur Gosse und Rüdiger blieben in den Büros zurück. Sie hatten nur noch zwei Seiten Zeit, weshalb sie sich beeilen mußten. Du saßest in einer Ecke und beobachtetest die Beiden, doch sie nahmen Dich überhaupt nicht wahr, sonst hätten sie Dich bestimmt sofort rausgeschmissen. Nein, es ging nicht um das leidige Tierfickerthema, die coolen Jungs hatten ganz andere Schwierigkeiten.
Nomen, eßt omen!
„Rüdiger, die Sache ist ganz verzwickt. Wir bekommen immer weniger Aufträge, seit diese neue Werbeagentur begonnen hat“, eröffnete Gosse die Krisensitzung. „Welche Agentur meinst Du?“ forschte Ne ahnungslos. „Papst & Söhne. Allein schon der Name ist sowas von genial, da muß man echt erst einmal drauf kommen.“ „Was sagt der Vatikan dazu?“ „Begeistert ist der Papst nicht, aber er kann nichts machen. Der eine Typ heißt tatsächlich Söhne und der andere hat sich als Künstlername „Papst“ in den Ausweis eintragen lassen, von daher kann ihnen keiner was. Das Problem besteht darin, daß die Leute in dieser Agentur wirklich verdammt gut sind, da können wir mit unseren Schnarchzapfen überhaupt nicht mithalten.“ „Und was sollen wir jetzt tun? Alle entlassen?“ „Noch nicht. Alles zu seiner Zeit. Erst einmal brauchen wir einen neuen Namen für unsere Werbeagentur.“ „Was ist an Voll & Idiot so verkehrt?“ „Wir heißen Jensen, Ne?, Du Vollidiot! Das reicht nicht mehr, das ist nicht mehr peppig genug. Wir brauchen einen Namen, der mindestens so gut ist wie Papst & Söhne, um konkurrenzfähig zu bleiben, denn viele Kunden suchen sich die Werbeagentur nach dem Namen aus.“ Und so überlegten sie minutenlang und überboten sich gegenseitig mit den tollsten Ideen. „Was hältst Du von Puff & Mutter?“ fragte Gosse. „Nicht schlecht. Aber ich finde Sieg & Heil besser“, bekannte Rüdiger. „Wir wollen doch keine Naziwerbeagentur aufmachen.“ „Warum nicht? Dann wären wir wenigstens in der Tradition Deines Vaters.“ „Sehr witzig. Hör bloß auf mit dem Mist, sonst erzähle ich allen, daß Du kleine Fischotter vögelst.“ „Na gut, dann präsentiere Du mal einen besseren Vorschlag.“ „Rotz & Wasser.“ „Blut, Schweiß & Tränen.“ „Geht nicht, da bräuchten wir noch einen Partner. Arsch & Ohren.“ „Das ist gut, aber nur wenn ich Ohren bin.“ „Sonst noch Wünsche?“ „Ja, einen sprechenden Papageien, der kann mir nämlich nach dem Sex sagen, ob es gut war.“ „Pfui & Teufel! Hör bloß mit Deiner Sodomistenschwärmerei auf!“ „Ich habe eine ganz tolle Namensidee. Aber die verrate ich nicht.“ „Warum nicht?“ „Weil Du die bestimmt auch wieder nicht gut findest.“ „Ach was! Laß mal hören!“ „Hund & Katz.“ „Hey, der Name ist echt nicht übel, Respekt. Allerdings ist er in Verbindung mit Dir leider schon etwas bedenklich.“ „Na vielen Dank aber auch. Wir sind ein freies Land und niemand darf wegen seiner sexuellen Vorlieben diskriminiert werden.“ „Wenn Du wenigstens schwul oder ein Dingficker wärst, ...“ „Jetzt reicht es mir aber! Das muß ich mir nicht bieten lassen! Höllen & Qualen! Erz & Engel! Leck & Mich!“ „Geil! Wenn Du Dich aufregst, dann hast Du die besten Ideen. Vielleicht sollte ich Dich viel öfter provozieren. Wir kommen dem Ziel langsam näher. Leck & Mich können wir leider nicht nehmen, wegen unserem Kaffee, Du weißt schon. Die beiden anderen Namen sind echt gut, aber sie sind nicht besser als Papst & Söhne.“ „Dann nimm halt Päpstin & Töchter!“ „Würde ich ja tun, aber ich darf sie ja nicht nehmen. Außerdem wäre das nur eine billige Kopie.“ „Und was ist mit Himmel, Arsch & Zwirn?“ „Das ist der Name für unsere Agentur. Ich gratuliere Dir, Rüdiger! Jetzt brauchen wir nur noch einen Blöden, der bei uns in die Agentur mit einsteigt und freiwillig der Arsch ist.“ „Wie wäre es denn mit diesem Penner, bei dem Du Dir immer Deine tollen Einfälle holst?“ „Manchmal bin ich wirklich erstaunt über Deine Intelligenz, Rüdigermane. Vielleicht ist Tiereficken gut fürs Gehirn und ich sollte das auch mal versuchen. Auf alle Fälle billiger und besser für die Birne, als sich andauernd von Nutten die Kreativität aus den Eiern lutschen zu lassen. Natürlich, wir nehmen Ed mit in unser Team. Der hat zwar keine Kohle, aber dafür ist er eine Denkfabrik und muß sich nicht mal anstrengen, dem fliegt das einfach so zu. Papst & Söhne, aufgepaßt! Himmel, Arsch & Zwirn sind schon im Anmarsch!“ rief Gosse Jensen begeistert und als seine Mitarbeiter von ihrem Freilauf zurückkamen, erlebten sie einen überraschend gut gelaunten Boß. Auch die Eisschokolade war ein Renner geworden, dank eines Alm-Öhi-Spots in den Bergen.