Читать книгу Der heilige Bürokratius - Anno Dazumal - Страница 3
Die Idee
Оглавление„Habe ich das richtig verstanden? Sie wollen allen Ernstes Ihre Frau verschenken?“ wiederholte die Journalistin ungläubig am Telefon. „So ist es. Das ist doch eine gute Tat. Ich brauche sie nicht mehr und da habe ich mir gedacht, vielleicht will sie ein Anderer haben“, erklärte Bertram Opla. „Aber was sagt denn Ihre Frau selbst dazu?“ „Nichts. Und kommen Sie mir bloß nicht auf die Idee, ihr irgend etwas davon zu erzählen!“ „Aber warum denn nicht? Schließlich geht es um sie und da ist schon ihre Zustimmung vonnöten.“ „Also gut, sie ist einverstanden. Kann ich mich darauf verlassen, daß die Anzeige morgen in der Zeitung steht?“ „Na ja, ich weiß nicht so recht. Das hört sich ja doch alles ein wenig nach Menschenhandel an.“ „Kommen Sie mir nicht auf die Tour! Menschenhandel wäre es, wenn ich sie verkaufen würde. Ich verschenke sie aber und darum ist das alles sehr lobenswert.“ „Wie sind sie überhaupt auf diese irre Idee gekommen?“ „Na ja, ich habe in Ihrer Zeitung die Rubrik „Die gute Tat“ entdeckt, in der allerhand Sachen verschenkt werden, die Leute nicht mehr brauchen. Na ja und da hab ich mir halt gedacht, das kann ich mit meiner Alten genauso machen.“ „Sie sollten sich etwas schämen. In der guten Tat werden nur Dinge und Tiere verschenkt.“ „Da kann ich Sie beruhigen. Meine Frau fällt unter die Kategorie Tiere.“ „Jetzt reicht’s mir aber endgültig! Sie sollten sich in ein Irrenhaus begeben.“ „Das werde ich nicht tun. Wenn Sie die Anzeige nicht drucken, dann werde ich Ihnen eine Menge Ärger machen. Ich kenne Ihren Chef sehr gut und der wird Sie sehr schnell entlassen.“ „Kann es sein, daß Sie Beamter sind?“ „Richtig. Woher wissen Sie das?“ „Das habe ich mir gedacht. Hören Sie mal! Bevor Sie jetzt weiter Steuergelder am Telefon verschwenden, legen Sie sich lieber wieder aufs Ohr und schlafen weiter.“ „Sie reden sich leicht. Ich kann ja nicht einschlafen.“ „Ihr Pech.“ „Also, wird jetzt die Anzeige gedruckt?“ „Vielleicht.“ „Das heißt ja. Ich wiederhole jetzt noch einmal den Text, der in der Zeitung erscheinen soll. „Frau (38 Jahre) zu verschenken. Kinderlieb, häuslich, fürsorgend und anhänglich. Nicht überfüttern! Wer Interesse hat, ruft 0172/549687.“ Haben Sie das notiert?“ „Ja. Und was sagen Ihre Kinder dazu?“ „Welche Kinder?“ „Sie haben doch kinderlieb gesagt.“ „Na und? Ich denke halt mal, daß sie kinderlieb ist, wenn sie schon mir als Erwachsenen immer so auf die Nerven geht. Das machen doch Kinder auch.“ „Gut, können wir das Gespräch jetzt beenden?“ „Ungern. Ich habe erst in zehn Minuten Mittagspause und davor wollte ich auch nicht mehr das Arbeiten anfangen.“ „Hören Sie, ich muß jetzt aufhören. Im Gegensatz zu Ihnen habe ich noch genug zu tun.“ „Schade. Ihr arbeitenden Menschen seid viel zu hektisch. Na ja, wichtig ist, daß die Anzeige morgen in die Zeitung kommt, damit ich die alte Kuh so schnell wie möglich loswerde.“ „So einfach wird das nicht gehen. Sie müssen sich ja erst noch scheiden lassen.“ „Ach was! Ich überreiche ganz einfach dem neuen Besitzer den Trauschein.“ „Sind Sie so blöd oder tun Sie nur so?“ „Sagen Sie mir bitte Ihren Namen, damit ich Sie anzeigen kann!“ „Den Teufel werd ich tun. Aber bevor ich endlich auflege würde ich schon noch gerne wissen, wieso Sie sich wirklich von Ihrer Frau trennen wollen.“ „Blöde Frage. Das ist doch alles sehr wirtschaftlich und fortschrittlich. Ich bin mir sicher, daß meinem Beispiel viele folgen werden. Es heißt doch immer, wir sollen sparen und ich spare an der richtigen Stelle. Wozu brauche ich einen alten Drachen zuhause, wenn im Fernsehen die schönsten Frauen zu sehen sind? Die bekomme ich doch viel billiger.“ „Schon, aber nur auf dem Bildschirm.“ „Das reicht völlig. Wenigstens nerven die mich nicht, weil ich sie ausschalten kann, wenn ich sie nicht mehr brauche.“ „Also gut, ich sehe schon, Sie beweisen eindrucksvoll, daß alle Vorurteile in Bezug auf Euch Bürokraten berechtigt, wenn nicht noch stark untertrieben sind.“ „Ja ja, wiederhören! Ich hab jetzt Mittagspause.“ „Ich dachte, Sie haben erst in zehn Minuten Mittagspause.“ „Eigentlich schon. Aber der Chef ist fort und Sie glauben doch nicht, daß ich jetzt noch einen Finger rühre.“ „Na ja, dann gute Nacht.“ „Sie mich auch.“
„Jawohl“, meinte Bertram zufrieden, als er auflegte. „Hat die Dir das tatsächlich abgekauft?“ wollte Gerhard Frimmler, sein Kollege, wissen. „Na klar. Außerdem mein ich das ernst“, behauptete Bertram. Nun mischte sich auch Ulrike Kluck, die im selben Büro „arbeitete“, ein. „Hast Du echt vor, Deine Frau zu verschenken?“ „Selbstverständlich. Bin froh, wenn sie endlich abhaut. Und auf die Art und Weise krieg ich sie bestimmt am leichtesten los.“ Gerhard und Ulrike lachten. Nach der Mittagspause, die natürlich länger als erlaubt dauerte, setzten sie sich wieder in ihr Büro. Bertram schaute auf seinen Schreibtisch. „Du meine Güte! Soviel noch zu erledigen“, stöhnte er. „Man merkt halt doch, daß Du seit einer Woche streikst“, stellte Gerhard fest. „Jawohl und das ist mein gutes Recht. Deshalb werde ich auch das einzig Richtige machen“, verkündete Bertram, nahm die Akten und Papiere und schmiß sie in den überaus großen Papierkorb. „Vorsicht! Der Alte kommt!“ zischte Ulrike, die sich an der Tür postiert hatte. Sofort begaben sie sich alle Drei zu ihrem Arbeitsplatz, nahmen den Telefonhörer in die Hand und taten so, als würden sie telefonieren. „Überarbeitet Euch nicht, Leute!“ murmelte ihr Chef gähnend und zog sich dann in sein Büro zurück. Minuten später stolzierte seine Privatsekretärin durch das Büro von Gerhard und den Anderen, wobei man wieder einmal deutlich sehen konnte, daß sie mehr Gramm Silikon in der Brust als Gehirnzellen hatte. Erst als Bertram ihr zeigte, wie man die Tür zum Büro des Chefs öffnete, gelang es ihr, dessen Zimmer zu betreten. „Mensch, die hatte schon wieder keine Unterwäsche an!“ seufzte Gerhard. „Die denkt mit. Schließlich braucht sie die eh nicht“, bemerkte Ulrike. „Nicht neidisch werden. Oder willst Du den alten Sack beglücken?“ fragte Bertram sie. „Bloß nicht.“ „Na siehst Du?“ „Irgendwie ist das schon ungerecht. Gut, wir machen auch nichts, aber der macht noch weniger und kriegt trotzdem eine Privatsekretärin“, beschwerte sich Gerhard. „Tja, er ist der Boß“, brummelte Bertram achselzuckend, woraus sich ein Dialog mit seinem Kollegen entwickelte, da sich Ulrike entschlossen hatte, wenigstens ein bißchen was für ihr viel zu hohes Gehalt zu tun. Während also Ulrike mit einem Tuch den Staub von den Computern wischte, jammerte Bertram: „Einmal nur möchte ich Chef sein.“ „Na ja, solltest Du Deine Alte tatsächlich losbringen, dann bist Du es wenigstens zuhause“, tröstete ihn Gerhard. „Schon. Aber so ein Betthäschen hätte ich auch gerne.“ „Mach halt beim nächsten Gespräch mit dem Chef den Vorschlag, daß wir auch was zum Naschen kriegen!“ „Du redest Dich leicht. Der lacht mich aus und zwingt mich am Ende noch zum Arbeiten.“ „Oh nein! Das wäre ja fürchterlich! Lassen wir das lieber bleiben. Mensch Ulrike, muß das denn sein? Du wirbelst ja den ganzen Staub auf!“ „Tut mir leid, aber irgendwann muß es halt sein. Wißt Ihr eigentlich, warum wir diese Computer hier stehen haben?“ „Keine Ahnung. Der Chef hat mal gesagt, die sollten uns die Arbeit erleichtern“ antwortete Bertram. „So ein Quatsch. Das können die gar nicht, weil wir überhaupt nicht arbeiten“, stellte Gerhard klar. Inzwischen hörte man aus dem Zimmer des Chefs heftiges Stöhnen. „Hört nur! Sie sind wieder beim Diktat. Meine Güte, die Tussi kann sich wohl überhaupt nicht an die neue Rechtschreibung gewöhnen“, vermutete Ulrike. Ein wenig verdutzt wurde sie von ihren männlichen Kollegen angestarrt. „Sag mal, bist Du etwa eine verkappte Blondine, oder was?“ wunderte sich Bertram. „Nein, wieso?“ „Du glaubst doch selber nicht, daß der ihr da drin was diktiert. Na gut, höchstens wie er es gern hätte.“ „Das kannst Du vergessen. Der bringt doch gar keinen mehr hoch.“ „Braucht er auch nicht. Das geht auch anders.“ „Meinst Du?“ forschte Gerhard und begab sich dann ans Schlüsselloch, um Näheres herauszufinden. „Und? Was siehst Du?“ fragte Bertram. „Nichts. Alles dunkel.“ „Trottel. Die haben wahrscheinlich den Schlüssel stecken.“ „So eine Schweinerei. Das sollte man doch gleich melden.“ „Vergiß es. Seit die Fünf an der Macht sind, ist alles anders. Da können sogar alte Säcke wieder stehen.“ „Ja, seit wir in einem richtigen Bürokratenstaat leben, hat sich Einiges getan“, stellte Ulrike fest.
Die Fünf, das waren die neuen Machthaber in Deutschland. Vier Männer und eine Frau. Sie hatten das Parlament aufgelöst, die Justiz gleichgeschaltet und somit eigentlich alles unter Kontrolle. Das war nicht weiter schwer gewesen, da auch die Politiker, die es früher gegeben hatte, im Grunde nichts Anderes als Bürokraten gewesen waren, so daß der Machtwechsel ziemlich problemlos funktioniert hatte. Günther Tecker, Heinz Kurz, Erich Schaukle, Rüdiger Zwink und Judith Elesser waren die fünf obersten vom Volk gewählten Bürokraten und konnten so oft sie wollten neue Gesetze verordnen, die dann von Millionen Bürokraten in die Wirklichkeit umgesetzt wurden. Doch bevor sie das machten, hielt Erich Schaukle eine kleine Rede: „Meine lieben Freunde! Endlich ist Deutschland ein Staat, der nun vollkommen von uns Bürokraten beherrscht wird. Wir sind mit unserer Bewegung am Ziel angelangt und werden von nun an den Menschen in unserem Land das Leben mit Gesetzen und unsinnigen Verordnungen zur Hölle machen. Damit wir das in aller Ruhe tun können, haben wir über fünf Millionen Polizisten, Grenzschützer und Soldaten, sowie einige Spezialeinheiten zur Verfügung, die uns den Mob vom Leib halten werden. Als Erstes schlage ich vor, wir sollten Deutschland in Bürokratien umbenennen. Jeder von uns hat zwei Privatsekretärinnen rund um die Uhr zur freien Verfügung, wobei wir alle im Umgang mit denen ein bißchen vorsichtig sein sollten.“ Im Anschluß an jene Worte teilte er Packungen mit Kondomen aus. „Gut, das wäre es eigentlich erst einmal von meiner Seite. Ich wünsche uns allen eine schöne Zeit an der Spitze Deutschlands und vergeßt nicht: Jeder Tag ohne neue Schikane für die Bürger, ist ein verlorener Tag.“ Beifall kam auf und Schaukle verbeugte sich artig. „Also, das mit Bürokratien ist ja ein toller Vorschlag, aber wir sollten damit noch ein bißchen warten, bis alle Leute im Land kapiert haben, daß wir es ernst meinen“, schlug Zwink vor. „Rüdiger hat Recht. Das mit der Umbenennung hat noch Zeit. Wir sollten uns eher darüber unterhalten, wie wir mit unseren wohlhabenden Freunden aus der Wirtschaft umgehen. Die werden nämlich bestimmt das Land verlassen, wenn wir noch mehr Gesetze machen“, glaubte Kurz. „Das ist ein Problem. Ich hab’s! Wer mit seiner Firma Deutschland verläßt, dem entziehen wir die deutsche Staatsbürgerschaft!“ entschied Tecker. Damit waren sie alle einverstanden. Auch Elesser wollte sich zu Wort melden, jedoch wurde sie abrupt unterbrochen. „Judith, halten Sie den Mund! Seien Sie froh, daß wir Sie hier als Quotenfrau akzeptieren, aber erwarten Sie nicht, daß wir Ihnen das Rederecht erteilen“, meldete sich Schaukle zu Wort. „Und was ist mit der Meinungsfreiheit?“ wollte Elesser wissen. „Du bist genial. Jetzt weiß ich, was unsere erste Amtshandlung sein wird. Wir verbieten das Grundgesetz“, verkündete Zwink. „Das ist es. Und den Polizisten erteilen wir von heute an eine Schlagerlaubnis“, fiel Kurz ein. „Genau! Und den Soldaten erteilen wir den Schießbefehl!“ rief Tecker. So sprudelte es nur so heraus aus den fünf obersten vom Volk gewählten Bürokraten, was natürlich nur ein Titel war. Niemand hatte diese fünf Leute gewählt, aber so hörte es sich natürlich besser an. Sie hatten Deutschland auf verwaltungstechnischem Weg in ihre Gewalt gebracht und es war nicht zu erwarten, daß sie sich ihre Befehlsherrschaft je wieder nehmen lassen würden. In Deutschland hatte eine neue Epoche begonnen. Nämlich die Epoche der Bürodiktatoren. Millionen von Schreibtischtätern wurden darauf vorbereitet, das gesamte deutsche Volk zu unterdrücken. Das war nicht weiter schwer, denn das hatten sie schon gelernt, als Tausende von Politikern in der Scheindemokratie über die Deutschen entschieden hatten. Nun würde es aber noch viel schlimmer werden. Nachdem die Machtübernahme geglückt war, sollte so schnell wie möglich der zweite Teil des Vorhabens beginnen. Geplant war die totale Niederwerfung aller Deutschen unter den Kugelschreiber, der fortan drohend über ihren Köpfen schweben sollte. Gute Zeiten, schlechte Zeiten. Nun würden zweifellos die schlechten beginnen, doch davon ahnten nur wenige Deutsche etwas. Ruhe vor dem Sturm.
„Guten Tag. Ich hätte gerne eine Auskunft“, teilte eine ältere Frau mit, als sie das Büro eines Rathauses betrat. „Das macht fünf Euro“, ließ der Beamte hinter dem Schreibtisch verlauten. „Aber Sie wissen doch noch gar nicht, worum es geht.“ „Na und? Jede Auskunft muß in Zukunft bezahlt werden. So werden wir die Schulden abbauen.“ „Wenn das so ist, dann geh ich wieder.“ „Einen Augenblick.“ Der Beamte schaute auf seine Uhr. „Nach meiner Zeitrechnung haben Sie eine halbe Minute meiner kostbaren Arbeitszeit in Anspruch genommen. Das macht drei Euro, die sofort zahlbar sind.“ „Aber Sie haben mir ja nicht einmal eine Auskunft gegeben.“ „Das macht demnach acht Euro.“ „Wissen Sie was! Sie können mich mal!“ „Das würde Ihnen wohl so passen. Nein, da müssen Sie sich schon an einen Playboy wenden, am besten an einen blinden. Halt, das war ja eine Beamtenbeleidigung, das macht alles in allem 30 Euro und eine Anzeige.“ „Ich werde mich über Sie beschweren.“ Auf einmal war auf dem bisher mürrischen Gesicht des Beamten ein glückliches Lächeln zu sehen. „Eine hervorragende Idee. Ich habe doch gleich gewußt, daß Sie eine Frau mit Verstand sind. Wenn Sie mir bitte folgen wollen“, bat er sie und führte sie in das Büro seines Chefs. Bevor sie das betraten, läutete er mit einer großen Kuhglocke, weshalb auf einmal alle Beamten in der näheren Umgebung munter wurden. „Hat man denn hier nie seine Ruhe!“ schimpfte einer und steckte seinen Kopf dann wieder unter einen großen Papierhaufen. Wenig später befand sich die Frau im Büro des Chefs, um sich zu beschweren. „Ihr Mitarbeiter hier will mir nur eine Auskunft erteilen, wenn ich dafür bezahle“, erzählte sie. „Sehr richtig. Schließlich sind wir hier ein Dienstleistungsbetrieb. Da gehört sich das so. Gute Frau, wenn Sie wollen, können Sie dieses Rathaus hier auch mit einem Bordell vergleichen. Man bekommt nur was man will, wenn man zahlt“, erläuterte der Beschwerdeempfänger. „Ach so ist das. Trotzdem war das Verhalten Ihres Mitarbeiters äußerst unfreundlich. Immerhin gehe ich zu den Wahlen und zahle Steuern.“ „Das kann man ja auch von Ihnen verlangen. Dafür dürfen Sie ja in diesem tollen Land leben.“ „Ach so, wenn das so ist, dann muß ich mich ja entschuldigen.“ „Nein nein, gute Frau, Sie wollten sich über mich beschweren“, warf der Beamte ein. „Stimmt. Ich kann nicht dulden, wie mich dieser Mann behandelt hat“, entschied sie. „Gut, Ihre Beschwerde habe ich zur Kenntnis genommen und ich kann Ihnen versprechen, daß dieser Mann dafür zur Rechenschaft gezogen wird“, verkündete sein Chef. Der Beamte brachte die Frau wieder hinaus und bedankte sich dann bei ihr, was sie schon ein wenig verwunderte. „Hören Sie mal! Ich habe Sie soeben bei Ihrem Vorgesetzten angeschwärzt und Sie tun so, als ob man Ihnen damit einen Gefallen getan hätte“, stellte sie überrascht fest. „Ach, das verstehen Sie nicht“, wiegelte er ab, bevor sie den Raum verließ. Sekunden später stand er bereits wieder im Büro seines Chefs. „Herzlichen Glückwunsch, Müller! Sie haben es geschafft 1000 Beschwerden zu bekommen und das heißt, daß Sie jetzt befördert werden“, verkündete sein Boß. „Oh vielen Dank“, murmelte Müller bescheiden. „Nur weiter so! Vergessen Sie nicht, daß Sie, wenn Sie 3000 Beschwerden gesammelt haben, wieder befördert werden“, ermunterte ihn sein Vorgesetzter, bevor er meinte: „So und jetzt raus hier! Ich brauche meinen Schönheitsschlaf.“ Müller wollte noch etwas Passendes dazu sagen, ließ es aber dann doch bleiben, weil er gerade noch rechtzeitig gemerkt hatte, daß der Andere trotz der Beförderung nach wie vor sein Chef war, bei dem er sich einschleimen mußte. Aber Müller war nur einer von vielen, die in jenen Tagen befördert wurden. Es gab so viele Beschwerden und da die Bürger nicht wußten, daß sie sich damit selbst schadeten, nahmen die Klagen kein Ende. So wurden Tausende von Zettelspuckern befördert, was natürlich dazu beitrug, daß der Schuldenberg immer riesiger wurde. Doch das kümmerte niemanden. Schließlich war es ja für viele Deutsche selbstverständlich, daß die Bürokraten für ihre „Arbeit“ ordentlich bezahlt werden mußten. Trotzdem gab es auch etliche unbequeme Kritiker.
Einer davon war der Obdachlose Helmut Greil, der es sich nicht nehmen ließ, jeden Tag zu Bertram, Ulrike und Gerhard ins Büro zu kommen und nicht nur seinen fauligen Geruch, sondern auch einen Bürokratenwitz zu hinterlassen. Das war auch an jenem Tag nicht anders. Als sich die Tür ihres Büros öffnete, ohne daß es geklopft hatte, wußten die Drei schon, wer da wohl kommen würde. „Morgen Ihr Schlafmützen! Heute habe ich einen ganz Deftigen auf Lager“, berichtete Helmut. „Hoffentlich einen Witz und keinen Furz“, wünschte sich Gerhard Nase rümpfend. „Wie schafft man es, alle Schulden verschwinden zu lassen?“ fragte Helmut. „Das geht nicht“, antwortete Bertram. „Das kann nur ein Zauberer“, glaubte Ulrike. „Falsch, Ihr Büropenner. Indem man alle Beamten nach Leistung bezahlt, ha ha ha ha ha!“ brüllte Helmut, doch dieses Mal sollte er nicht der sein, der als Letzter lacht. Bertram drückte auf einen roten Knopf und sofort kamen drei gut bewaffnete Männer herein, die den Obdachlosen in Gewahrsam nahmen. „Ja Helmut, Deine Zeit ist jetzt vorbei. Ab heute gibt es nämlich für jeden Beamten einen Leibwächter“, tönte Bertram. „Aber wieso das denn?“ wunderte sich Helmut. „Weil wir im Gegensatz zu Euch uninteressanten Bürgern wichtig sind und vor asozialem Gesocks wie Dir geschützt werden sollen.“ „Aber das ist ja der reinste Polizeistaat.“ „Irrtum. Das ist der neue Bürokratenstaat. Ach ja, noch was: Du kannst Dir eine neue Bleibe suchen, weil von jetzt an alle Eure Pennerwohnungen zerstört werden.“ „Und was wird das, wenn es fertig ist?“ „Ihr seid Schädlinge, Schmarotzer, die unsere Volkswirtschaft ausnutzen. Gesindel wie Ihr es seid brauchen wir nicht. Darum habt Ihr die Möglichkeit freiwillig abzuhauen oder wir schmeißen Euch raus.“ „Du redest ja wie der Hitler und den gleichen Schnurrbart hast Du auch.“ Bertram schaute in den Spiegel. Er hatte sich dieses Mal nicht überall rasiert und ähnelte tatsächlich sehr stark dem ehemaligen deutschen Führer. „Ach deshalb hat der Chef heute mein korrektes Aussehen so gelobt“, dachte er sich, sagte aber dann: „So und jetzt raus mit Dir, bevor Du noch länger die Luft verpestest!“ Helmut wurde weggebracht und alle Drei atmeten auf. „Ja, diese Beamtenschutzgesetze sind schon eine tolle Sache. Ich bin ja gespannt, was unsere bürokratische Regierung als Nächstes rausbringt“, gestand Gerhard. „Es ist schon geil. Keine Parteien mehr, die ihre Wähler belügen. Nur noch Bürokraten, die alle Bürger schikanieren“, freute sich Bertram. „Wartet nur, wenn es erst richtig losgeht. Ich habe gehört, daß wir bald die absolute Handlungsfreiheit bekommen werden“, erzählte Ulrike. Bertram wandte sich zu ihr. „Was soll das heißen?“ „Also genau weiß ich es auch nicht, aber ich glaube, daß wir bald alle Befehle, die wir bekommen, sofort ausführen dürfen.“ „Das ist ja toll. Davon haben wir schon immer geträumt.“ „Aber Leute, so toll ist das auch wieder nicht“, entgegnete Gerhard. „Warum denn nicht?“ wunderte sich Ulrike. „Das bedeutet ja Arbeit für uns.“ Entsetzt stöhnten sie auf. Auf einmal öffnete sich die Tür des Nebenzimmers und ihr Chef kam herein. „Ach, Ihr wart das mit dem Stöhnen. Ich dachte, meine Sekretärin wäre endlich hier“, bekannte er enttäuscht und wollte die Tür wieder schließen. „Nein, die hat vor ein paar Minuten angerufen. Sie ist schwanger und verlangt von Ihnen Alimente“, behauptete Bertram mit ernsthafter Stimme. „Mist!“ fluchte sein Chef. Erst als seine drei Untergebenen laut lachten, merkte er, daß er verarscht worden war. „Warten Sie nur, Freundchen! Irgendwann kriege ich auch Ihre Frau“, drohte er mit säuerlicher Stimme, um dann in seinem Büro zu verschwinden. „Hey, da fällt mir was ein. Es ist schon fast Frühstückspause und ich habe noch nicht mal Zeitung gelesen!“ rief Bertram erschrocken. „Das kommt nur davon, weil die Leute so eine Hektik rein bringen“, glaubte Ulrike zu wissen, obwohl außer Helmut und dem Chef noch niemand da gewesen war. „Schau mal nach, ob die Deine Anzeige in die Zeitung rein haben!“ forderte Gerhard. Schnell blätterte Bertram zum Anzeigenteil. Er war sehr gespannt, ob nun Hoffnung für ihn bestand, die Frau, die er einst zum Traualtar geführt hatte, endlich abgeben zu können.
„Super! Das steht echt da drin!“ frohlockte Bertram und deutete auf die Anzeige. Zu seinem Glück las er nicht den Kommentar, der einige Seiten vorher abgedruckt war. Jenem war Folgendes zu entnehmen: „Frau zu verschenken! Irrsinn der Bürokratie! Liebe Leser! Im Anzeigenteil werden Sie unter der Rubrik „Die gute Tat“ eine Anzeige finden, die sich wie ein Witz anhört. Mit der will ein Bürokrat seine Frau loswerden. Wir haben lange überlegt, ob wir sie drucken sollen, haben uns aber dann doch dazu entschieden, um Ihnen allen zu zeigen, wie verblödet unsere Bürokraten mittlerweile schon sind.“ „Ich glaube, ich sollte mal in meiner Mailbox nachschauen, ob sich schon ein paar Interessenten für den Drachen gefunden haben“, machte Bertram deutlich und schaltete sein Handy ein. „Ich fasse es nicht. Schon zehn Anrufe. Alle von Interessenten, die sich meine Alte genauer anschauen wollen. Das ist ja phantastisch!“ jubelte er. Plötzlich kam sein Chef ins Zimmer. „Mein lieber Bertram, soeben habe ich in der Zeitung gelesen, daß jemand seine Frau verschenken will. Darunter steht Ihre Handynummer. Heißt das, Sie trennen sich von Ihrer Ehepartnerin?“ wollte er wissen. „Nein, ich verscherbel das alte Gerippe einfach an einen Interessenten“, erwiderte Bertram. „Ich als Ihr Chef habe natürlich den ersten Zugriff.“ „Nichts dagegen. Hier, ich schenke Ihnen ein Nacktfoto von meiner besseren Hälfte“, erklärte Bertram bereitwillig und gab seinem Boß eine Aufnahme. Der schaute sich das Bild an und fiel sofort um. „Gute Arbeit. Jetzt brauchen wir überhaupt nichts mehr heute arbeiten“, jauchzte Gerhard. „Zeig mal her!“ verlangte Ulrike und schnappte sich das Foto. „Herzlichen Glückwunsch. Ich habe ja gar nicht gewußt, daß Du Vater wirst.“ „Quatsch! Die ist nicht schwanger. Die ist immer so fett.“ „Oh Gott! Und das überlebt sie?“ „Sie schon. Ich nicht.“ Die Tür ging auf und die Privatsekretärin des Chefs kam herein. „Glückwunsch. Sie haben die erste Prüfung bestanden“, bemerkte Gerhard in Anspielung auf die Tür, die sie dieses Mal selbst zu öffnen in der Lage gewesen war. „Ja warum liegt denn mein kleiner Scheißer auf dem Boden?“ wunderte sich die Blondine. „Der hat sich Pornos angeschaut“, spottete Gerhard. „Aber das braucht er doch gar nicht. Dafür hat er doch mich.“ „Sagen Sie mal, bringt denn der Alte überhaupt noch was hoch?“ „Wieso? Sind Sie etwa schwul?“ „Nein, es interessiert mich nur so.“ „Na ja, ich kann nicht klagen. Er nimmt immer diese Pillen und dann ...“ „Viagra!“ riefen Bertram und Gerhard begeistert gleichzeitig, weshalb sie von Ulrike einen verwunderten Blick abbekamen. „Nicht, daß ich das brauchen würde“, erwähnte Bertram verlegen. „Ich auch nicht“, stellte Gerhard fest, während sich die beiden Frauen wissende Blicke zuwarfen. „Na ja, was mache ich denn jetzt? Ich muß mich doch jeden Tag von ihm ficken lassen, sonst gilt mein Vertrag nicht“, jammerte die Sekretärin. „Ich dachte, Sie sind seine Sekretärin und müssen Briefe schreiben und so Zeug“, gab Ulrike zu. „Ach was! Ich kann doch nicht einmal das ABC. Das heißt, ABC kann ich schon noch, aber alles Andere ist zuviel. Ich glaube ich bin eine Kanalfabetine oder so was.“ „Das heißt Analphabetin und ich glaube in Ihrem Fall trifft nur das anal zu“, vermutete Bertram mit glänzenden Augen. „Oh ja, das ist ein Wort das ich kenne“, stammelte die junge Frau und wollte sich sogleich entkleiden. „Was wird denn das hier? Der Puff ist zwei Straßen weiter“, stellte Ulrike energisch klar. „Aber von dort komm ich doch“, erwiderte die Blondine. Da ging den drei Bürokraten auf einmal ein Licht auf. Ihr Chef hatte sich also seine Privatsekretärin aus dem Bordell geholt. Na wenn das nicht eine gelungene Gelegenheit war, um die Machtverhältnisse im eigenen Haus ein wenig zurechtzurücken. So konnten es Ulrike, Gerhard und Bertram gar nicht mehr erwarten, bis ihr Chef wieder zu sich kam, während seine Sekretärin verzweifelt versuchte, die Bürotür zu öffnen. Nachdem sich Gerhard das eine Weile angeschaut hatte, überkam ihm das Mitleid und er öffnete ihr die Tür, da er ihre hysterischen Hilferufe nicht mehr aushielt. Ihrem Chef ahnte Übles, als er aufwachte und in die grinsenden Fratzen seiner Untergebenen blickte.
Ganz Deutschland war also von Bürokraten besetzt. Ganz Deutschland? Nein, ein paar wenige Menschen, die sich nicht mit der Diktatur der Bleistiftterroristen abfinden wollten, gingen laut protestierend durch die Straßen Berlins. Als sie aber der zehnfachen Zahl von Polizisten gegenüberstanden und die ohne Vorwarnung zu prügeln begannen, da wurde ihnen allen klar, was die Stunde und was der Bulle geschlagen hatte. Nur einigen Wenigen von ihnen gelang die Flucht und jene schafften es sogar, nicht einmal erkannt und so erkennungsdienstlich erfaßt zu werden. Zu den Wenigen, die sich nicht im Knast wiederfanden, gehörten der Gesellschaftskritiker Klaus Dibel mit seiner Frau Bärbel, sowie der Schriftsteller Daniel Sond. Jene kamen erschöpft in ihrer Wohnung an, in der sie zu dritt lebten. „Um Himmels Willen! Mir scheint es, als hätten diese elendigen Bürokraten jetzt das ganze Land unter ihren Fittichen“, stellte Daniel entsetzt fest. „Was für eine Katastrophe! Wenn die an der Macht bleiben, dann haben Kritiker überhaupt keine Chance mehr“, seufzte Klaus. „Was habt Ihr denn? Das war doch ne tolle Abwechslung heute nachmittag“, entgegnete Bärbel. „Bärbel, es stehen nicht alle auf Sado Maso. Es mag ja sein, daß es Dir gefallen hat, wie Dich die Polizisten verprügelt haben, aber das widerspricht den Prinzipien eines Rechtsstaats“, erläuterte Klaus. „Leute, ich glaube wir sind hier in der Hölle gelandet. Es wäre wohl das Beste, wenn wir unsere Sachen packen und abhauen würden“, schlug Daniel vor. „Sollen wir etwa vor dem Feind kapitulieren? Niemals. Wir werden kämpfen und wenn es das Letzte ist was wir tun“, entschied Klaus. „Na ja, auch recht. Ich hatte eh nichts Anderes vor“, murmelte Daniel und verschwand dann. „So ein Schlappschwanz“, motzte Bärbel. „Ach was! Der Daniel ist schon in Ordnung. Der macht mit, darauf kannst Du Dich verlassen“, beruhigte sie Klaus. „Trotzdem ist er ein Schlappschwanz.“ „Soll das heißen, daß Du ihn auch bereits angebaggert hast? Bärbel, kriegst Du denn nie genug? Weißt Du nicht mehr, wie lange wir gebraucht haben, bis der Postbote die Klage wegen sexueller Belästigung fallen lassen hat?“ „Doch. Aber wenn ich es brauche, dann brauche ich es halt.“ „Jetzt hör mal! Du hast hier drei Vibratoren. Das muß doch wohl reichen. Wir können es halt nicht den ganzen Tag lang treiben.“ „Wie Du meinst.“ „So, dann werden wir mal einen Schlachtplan entwerfen, wie wir gegen diese Bürokratenplage vorgehen können. Vielleicht sollten wir ein paar Büros in die Luft sprengen.“ „Nein, dann brauchen die ja überhaupt nichts mehr arbeiten und werden trotzdem bezahlt. Außerdem wecken wir sie so auf und dann bauen sie noch mehr Scheiße.“ „Du hast Recht, Schatz. Ich habe da eine tolle Idee.“ Bärbel begann, sich schnell auszuziehen. „Nicht das, Du ewig geile Frau. Nein, wir werden dieses bürokratische System mit seinen eigenen Waffen schlagen.“ „Und wie soll das gehen?“ „Wir werden laufend neue Anträge stellen, bis die Bürokraten unter der Last zusammenbrechen und aufgeben.“ „Tolle Idee, Schatz“, lobte Bärbel und schaltete einen ihrer Vibratoren ein. Klaus ging derweil zu Daniel und erklärte ihm seinen Plan. „Jawohl, so werden wir es machen. Und ich werde jetzt sofort ein Buch gegen die Bürokratie schreiben“, entschloß sich der junge Schriftsteller. „Das kannst Du Dir sparen, weil sie es eh zensieren“, warf Klaus ein. „Aber ich dachte, das Grundgesetz gilt nicht mehr.“ „Schon, aber was hat das damit zu tun?“ „Na ja, ganz einfach: Im Grundgesetz steht, daß es keine Zensur gibt und in Wirklichkeit hat es doch eine gegeben. Also müßte es jetzt eigentlich keine Zensur mehr geben, da ja das Grundgesetz nicht mehr gilt.“ „Eine komische, aber irgendwie logische Begründung. Na ja, meinetwegen kannst Du ja schreiben. Aber wenn ich Dich für den Kampf brauche, dann erwarte ich, daß Du voll bei der Sache bist.“ „Na klar“, versprach Daniel und zog sich dann vor seinen Computer zurück. Sie Beide hatten den Traum von einer Gesellschaft ohne Bürokratie noch nicht aufgegeben. Doch die war mittlerweile an der Spitze angelangt und es würde unglaublich schwer werden, sie von dort in die Tiefe zu stoßen, wo sie eigentlich auch hingehört. Ein wohl aussichtsloses Unterfangen.
Einer der Bürokraten, welche die eigene Macht sichern sollten, hatte sich nach einem ruhigen Tag auf den Weg nach Hause gemacht und traf dort zum eigenen Leidwesen auf die eigene Frau. „Hallo Klara. Ich hoffe, Du hast nicht schon wieder alles aufgegessen, weil wir heute abend Gäste erwarten“, erzählte Bertram. „Das ist ja schön. Wer kommt denn?“ wollte seine Frau wissen. „Ein paar Männer, die sich das Haus anschauen wollen.“ „Warum das denn?“ „Ach, das sind Wohnungsbauexperten und die wollen einmal kostenlos prüfen, ob wir sicher wohnen.“ „Na wenn das so ist.“ Wenig später klingelte es und die „Freier“ kamen mit erwartungsvollen Blicken herein. Es waren immerhin 15 Männer, die sich auf das Inserat hin gemeldet hatten und die alle waren auch zu Bertrams Haus gekommen. Umgehend stellte ihnen der Beamte seine Frau vor, doch als sie jene zu Gesicht bekamen, da wurde es ihnen anders. Acht verschwanden sofort und wortlos, zwei kotzten ins Haus, vier zeigten Bertram entsetzt einen Vogel und hauten laut schimpfend ab und nur einer blieb stehen, um sich mit Bertram über dessen Anzeige zu unterhalten. „Also, eines muß ich Ihnen sagen: Ich bin schwer enttäuscht“, begann der Mann. „Das ist gut. Sie ist nämlich schwer“, betonte Bertram. „Das sehe ich. Hören Sie, eigentlich wollte ich was Hübsches für mich heute nach Hause nehmen, aber wie ich sehe wäre das nur möglich, wenn ich blind wäre und darum schlage ich Ihnen vor, daß ich sie in meinem Zoo unterbringe. Bei den Nilpferden.“ „Einverstanden. Ich packe schnell ihre Sachen und Sie können schon den Lastwagen holen.“ „He! Wovon redet Ihr da?“ mischte sich Klara ein. „Wahnsinn! Ein sprechendes Nilpferd. Ich bin beeindruckt“, gestand der Mann. Sekunden später lag er am Boden. Klara hatte ihn mit ihrem Bauch auf die Erde gedrückt und lag auf ihm. „Was habt Ihr vor? Was fällt Ihnen ein, mich so zu beleidigen? Ihnen werde ich es zeigen!“ brüllte sie wütend. „Es reicht. Hör auf! Der Mann bekommt keine Luft mehr“, erkannte Bertram. Da ließ sie von ihm ab, was er nutzte, um sich schnell aus dem Staub zu machen. „So, jetzt zu Dir, Freundchen“, drohte Klara, weshalb ihr Ehemann zu zittern begann. „Du willst mich etwa loswerden, was? Aber das wird Dir nicht gelingen. Weißt Du, so langsam glaube ich, daß Du der bist, der diese komische Anzeige mit der Frau, die zu verschenken ist, aufgegeben hat.“ „Wie kommst Du denn auf so einen Schwachsinn?“ „Na ja, ich vermute es. Nur eine andere Telefonnummer ist angegeben.“ In jenem Augenblick war Bertram froh darüber, daß seine Frau nichts von seinem Handy wußte. Aber auch das konnte ihn nicht vor einer Bestrafung retten. Nachdem seine beleibte Gattin dreimal über ihn gerollt war, was sie Sex nannte, lag er vollkommen erschöpft auf dem Bett und wimmerte vor sich hin. „Weißt Du, wir sollten viel mehr miteinander unternehmen. Du vernachlässigst mich schon seit ein paar Wochen“, behauptete sie. „Soll ich sie aushungern oder erschießen? Oder erhängen? Nein, dann würde ja der Strick reißen. Oder vielleicht vergiften? Ach was, ich sage ihr jetzt, daß sie unglaublich fett ist und endlich abhauen soll“, entschied Bertram in Gedanken. „Klara, ich muß Dir etwas sagen.“ „Hast Du etwa eine Andere?“ „Nein.“ „Das glaube ich Dir nicht. Ich habe es doch gerochen. Du hast eine andere Butter gekauft und willst sie nicht mit mir teilen.“ „Kannst Du denn nur ans Essen denken?“ „Oh nein. Wenn Du willst, machen wir es noch mal.“ „Bloß nicht. Ich bin schon tot. Ich weiß nicht, ob Du Dich erinnern kannst. Vor unserer Hochzeit warst Du eine schöne junge Frau, die gerade mal 70 Kilo wog. Und heute bist Du ein häßlicher Kloß, der zwei Waagen braucht.“ Es war raus. Klara schaute ihn an und begann fürchterlich zu weinen. Das ertrug Bertram nicht lange und verschwand. Als er wenig später wieder nach ihr sah, fand er sie vor dem Kühlschrank, wo er sie schmatzend entdeckte. Er hatte vergessen gehabt, daß sie ihren Kummer grundsätzlich wegaß. Doch das half nun alles nichts. Bertram hatte nach wie vor ein schweres Problem und eine schwere Frau am Hals und es sah nicht so aus, als würde er sie auf die Schnelle loswerden. „Na ja, wenigstens haben wir unseren Chef gestürzt“, dachte er sich.
Der war nämlich im wahrsten Sinne des Wortes über seine ach so intelligente Sekretärin gestolpert, so daß Gerhard, Ulrike und Bertram von nun an keinen Chef mehr, sondern in ihrer Behörde selbst das Sagen hatten. Doch solche Dinge interessierten die fünf Machthaber wenig. Jene hatten sich, für Bürokraten völlig untypisch, mächtig ins Zeug gelegt und sehr schnell eine ganze Menge Gesetze verabschiedet, die vom Zeitpunkt ihrer Bekanntgabe an in ganz Deutschland gelten sollten. Jene wurden in allen Nachrichtensendungen verlesen: „1.In ganz Deutschland ist den Anordnungen der Bürokraten Folge zu leisten. Wer dagegen protestiert, muß mit einer Haftstrafe rechnen. 2.Bürokraten haben immer Recht. 3.Gebühren sind ohne Murren zu bezahlen. 4.Bürokraten haben immer Anspruch auf einen Sitzplatz, sei es in Bussen, Straßenbahnen, Zügen, auf Schiffen oder auch in Fußballstadien. 5.Wer Bürokraten beleidigt, muß mit einer langen Haftstrafe rechnen. 6.Es gibt fortan keine Meinungsfreiheit mehr, während die Pressefreiheit nach wie vor existiert. 7.Spenden für unseren bürokratischen Staat sind zunächst freiwillig. Sollten sich nicht genügend Spender finden, wird über eine Zwangssteuer nachgedacht. 8.Wünsche von Bürokraten sind zu erfüllen. 9.Polizisten und Soldaten dürfen Verbrecher auch erschießen. Als Verbrecher gelten die, die gegen den bürokratischen Staat kämpfen. 10.Das Glaubensbekenntnis der Bürokratie haben alle Bürger des Landes auswendig zu lernen. 11.Besitzern von Firmen, die Deutschland verlassen, wird die deutsche Staatsbürgerschaft entzogen. 12.Alle Bürokraten müssen freundlich und zuvorkommend behandelt werden.“ Das waren also die zwölf neuen Gesetze, an die sich von jenem Zeitpunkt an alle Menschen in Deutschland zu halten hatten. Außerdem bekam jeder Haushalt ein Blatt zugeschickt, auf dem das Glaubensbekenntnis der Bürokratie abgedruckt war. Jenes lautete folgendermaßen. „Heiliger Bürokratius im Büro, geheiligt sei Dein Stift, Deine Lohnerhöhung komme, wie im Finanzamt, so auch im Rathaus. Unsere täglichen Gesetze gib uns heute und vergib uns unsere einstigen Zweifel, wie auch wir vergeben unseren dummen Kindern und führe uns nicht in die Freiheit, sondern erlöse uns von den Asozialen, denn Dein ist die Macht und das Geld und die Herrschaft, bis der Schlaf kommt, schnarch.“ War es nur ein Versehen, oder reine Absicht, daß das Glaubensbekenntnis der Bürokratie große Ähnlichkeit mit dem Vater Unser der Christen hatte? Jedenfalls kam es immer häufiger vor, daß Menschen auf der Straße von wildfremden Polizisten und Bürokraten angesprochen wurden und das Glaubensbekenntnis aufsagen mußten. Dabei achteten die Zuhörer nicht nur auf deutliche Aussprache und Betonung der Silben, sondern auch auf die Überzeugungskraft. Waren sie mit dem Vortrag nicht zufrieden, gab es entweder eine saftige Geldstrafe oder Hiebe. So ging es also mit Deutschland und seinen Menschen langsam aber genüßlich den Bach runter. Genau das hatten die Bürokraten auch so haben wollen. Dabei war das alles erst der Anfang gewesen. Schließlich gab es Millionen von Bürokraten und von denen hatte jede und jeder eine Menge toller Ideen, die es zu verwirklichen galt, wollte man das eigene Volk noch mehr schikanieren. Von den europäischen Bürokraten, die da in Brüssel herrschten, war nicht mehr viel zu hören. Jene hatten begriffen, daß sie gegen die deutschen Bürokraten chancenlos waren und darum beschränkten sie sich darauf, über die anderen Völker Europas zu herrschen und jene zu unterdrücken. Das einzige Europäische in Deutschland war die Währung, doch da das Geld in Deutschland blieb, störte das niemanden sonderlich. Mit ein paar idiotischen Gesetzen war es den fünf Machthabern in kürzester Zeit gelungen, über 75 Millionen Landsleute zu kontrollieren, da ja die knapp sieben Millionen eigenen Leute zu den Mittätern gehörten und so nicht unter die Opfer fielen. Es sollte noch viel passieren. Während wir uns genüßlich zurücklehnen und das alles aus der Ferne betrachten können, warteten die Menschen in Deutschland voller Angst auf die nächsten Gesetze. Konnte es überhaupt noch schlimmer werden?
„Frau zu ertränken. Killer gesucht.“ Mit jener Anzeige warb Bertram nun in einem Ganovenblatt und die ersten Interessenten ließen nicht lange auf sich warten. „Ja, richtig. Ich bin der, der seine Frau ertränken will“, erklärte Bertram dem Anrufer. „Sehr gut. Ich bin Berufskiller.“ „Schön. Wann haben Sie denn Zeit?“ „Montags bis Donnerstags von acht bis drei Uhr nachts, freitags nur von zehn bis zwölf.“ „Das sind aber lange Arbeitszeiten.“ „Quatsch. Von acht Uhr abends bis drei Uhr nachts, Du Idiot.“ „Ach so. Das geht ja noch. Und am Wochenende arbeiten Sie wohl nicht, was?“ „Nein, da bringe ich meine Verwandten um. Zu Sonderpreisen.“ „Gute Überleitung. Was kostet denn so ein Auftragsmord?“ „Oh, das kommt ganz darauf an. Wollen Sie Ihre Frau aufgeschlitzt, oder erschossen, vergiftet oder erhängt? Mit einem Chrommesser erstochen oder mit einem billigen Taschenmesser von Aldi? Zwei Stiche oder 50? Das liegt ganz bei Ihnen.“ „Na ja, eigentlich wollte ich nur, daß Sie meine Frau umbringen.“ „Was! Nur ein stinknormaler 0815 Auftragsmord?“ „Genau.“ „Sie sind wohl ein Beamter?“ „Äh, richtig. Wie kommen Sie denn darauf?“ „Das hab ich gern. Ewig viel Kohle scheffeln und dann nicht mal ein paar Tausend Euro hergeben, um die eigene Alte loszuwerden.“ „Ein paar Tausend Euro! Sind Sie verrückt! Ich dachte, so ein Auftragsmord kostet höchstens 500.“ „500? Daß ich nicht lache. Das würde ja nicht mal meine Unkosten decken. Sie sind vielleicht lustig. 500. Da wird mir ja gleich schlecht. Hören Sie, ich trage ein verdammt hohes Risiko. Wenn mich zum Beispiel die Bullen erwischen, dann komm ich in den Knast und was glauben Sie, was das für ein Verdienstausfall für mich wäre! Nein, so geht es wirklich nicht. 3000 muß Ihnen der Tod Ihrer Frau schon wert sein.“ „Wissen Sie was? Da warte ich einfach noch 40 Jahre, dann stirbt sie umsonst.“ „Mir egal. Sie haben die Anzeige in die Zeitung getan.“ „Ach ja, stimmt. Wie sieht es denn mit Ertränken aus?“ „Na ja, da käme es ganz darauf an. In einem Weiher oder in einem Fluß?“ „Wo ist der Unterschied?“ „Im Fluß stirbt sie schneller, weil die Flüsse so vergiftet sind, daß man nicht mal mehr deren Wasser trinken kann.“ „Sehr gut. Also in einem Fluß. Und was kostet das?“ „Geht es denn immer nur ums Geld? Es kommt ja ganz darauf an, ob ich sie am Ufer oder mitten im Fluß ertränken soll.“ „Das verstehe ich nicht.“ „Na ja, für mitten im Fluß brauche ich ja ein Boot. Und das krieg ich auch nicht umsonst.“ „Jetzt reicht’s mir langsam. Wenn das so ist, dann bring ich die Alte lieber gleich selber um.“ „Hey, das dürfen Sie nicht. Können Sie das verantworten, daß Sie so einen Berufskiller arbeitslos machen?“ „Bei Ihren Preisen schon.“ „Also gut, weil Sie ein sparsamer Beamter sind. 1000 Euro.“ „Nein, das ist mir zuviel. Ich erledige das selber, das kommt mir viel billiger.“ „Dürfte ich Ihren Namen erfahren?“ „Wozu?“ „Damit ich Sie auf die Liste meiner Opfer schreiben kann, Sie, Sie Beamter.“ „Oh, das war jetzt aber eine Beamtenbeleidigung. Das macht 50 Euro.“ „Was ist?“ wollte Gerhard wissen. „Aufgelegt.“ „Macht er’s?“ „Ja. Aber nur für 1000 Euro.“ „Du meine Güte. Das sind Preise.“ „Mist! Muß ich die Alte selber umbringen.“ „Hör mal, meinst Du nicht, daß es einfacher wäre, sich von ihr scheiden zu lassen?“ „Jetzt kommt mir aber gleich der ganze Aktenstaub hoch. Wenn ich mich scheiden lasse, dann kriegt sie die Hälfte von meinem Vermögen und ich muß ihr auch noch jeden Monat was zahlen. Da wäre ja sogar der Killer billiger. Nein, das kann ich nicht machen.“ „Paß auf, mir ist da gerade was Anderes eingefallen. Wie wäre es, wenn Du an die fünf Machthaber schreibst und ihnen vorschlägst, sie sollten ein neues Gesetz verabschieden, nach dem die Ehefrauen von Bürokraten nach ihrer Scheidung kein Geld bekommen.“ „Das ist genial. Aber ich glaube nicht, daß die fünf Machthaber auf mich hören werden.“ „Oh doch. Schließlich würden sie auch davon profitieren.“ „Stimmt. Weißt Du was? Ich schreib jetzt gleich den Brief.“ „Hey, bist Du verrückt? Das kannst Du doch nicht machen. Schließlich haben wir in 45 Minuten Mittagspause.“ „Du hast Recht. Bis dahin müssen wir munter sein.“ Sie legten ihre Köpfe auf weiche Kissen und schliefen weiter.
„Das ist eine Unverschämtheit, was Sie sich erlauben!“ schimpfte eine Rentnerin. „Worum geht es?“ fragte der Bürokrat, der vor ihr saß, gelangweilt. „Ich habe hier von Ihnen einen Steuerbescheid zugeschickt bekommen.“ „Na und? Wo ist das Problem?“ „Was fällt Ihnen ein, von mir 100 Euro im Monat Kack- und Pißsteuer zu verlangen!“ „Hören Sie mal! Die ist nicht für Sie, sondern für Ihren Hund.“ „Können Sie mir das näher erklären?“ „Aber natürlich. Wie Sie wissen müssen Hunde pissen und scheißen. Aber im Gegensatz zum Menschen, der seinen Dreck ordnungsgemäß im Klo entsorgt, haben diese Tiere die fürchterliche Angewohnheit, ihr Geschäft überall zu verrichten. Da sich die Hundebesitzer zu fein sind, den Dreck ihrer Lieblinge selbst zu entsorgen, fällt diese Arbeit den Stadtarbeitern zu. Und die müssen schließlich vom Staat bezahlt werden. Jedoch ist der Staat pleite und braucht seine Schuldscheine für wichtigere Dinge wie zum Beispiel eine Segelyacht für mich, so daß Sie für die Entsorgung zahlen müssen.“ „Das hört sich ja noch ganz vernünftig an. Leider bekomme ich nur 500 Euro Rente. Wovon soll ich denn da leben?“ „Von den 400 Euro, die Ihnen noch bleiben.“ „Es bleiben mir aber nur 50 Euro im Monat, weil der Rest für andere Steuern, sowie Fernsehgebühren, Telefongebühren und Essen draufgeht.“ „Ja, da müssen Sie sich halt ein wenig einschränken. Schauen Sie, Sie sind alt und bald tot. Da brauchen Sie nicht mehr so viel in sich hinein futtern, weil Sie wahrscheinlich eher verfallen als das Zeug in Ihrem Magen. Fernsehen brauchen Sie auch nicht mehr und Telefonieren schon gleich gar nicht, weil Sie am nächsten Tag sowieso nicht wissen, was am Tag zuvor war.“ „Unverschämtheit! Was man sich von solchen Schnöseln wie Ihnen alles gefallen lassen muß. Ich habe mein ganzes Leben lang hart gearbeitet und jetzt muß ich von so einer kleinen Rente leben.“ „Ja, da können Sie doch froh sein. Schauen Sie, Ihre Enkel werden überhaupt keine Rente mehr bekommen. Im Vergleich zu denen haben Sie es noch gut.“ „Heißt das, ich muß diese Kack- und Pißsteuer zahlen?“ „Selbstverständlich. Es sei denn, Sie verschenken Ihren Hund oder lassen ihn von einem Auto überfahren.“ „Was sind Sie nur für ein Mensch?“ „Hä? Ich bin Beamter.“ „Gibt es denn sonst gar keine Möglichkeit mehr?“ „Oh doch. Wenn Sie den Dreck Ihres Hundes selbst wegmachen, dann brauchen Sie auch nichts zahlen.“ „Also muß ich nur die Häufchen in Tütchen schütten und die dann wegschmeißen?“ „Genau, halt, Moment, so einfach können Sie sich das auch nicht machen. Sie vergessen, daß es eine Kack- und Pißsteuer ist, nicht nur eine Kacksteuer. Den Urin Ihres Lieblings müssen Sie ebenfalls aufsammeln und entsorgen.“ „Aber das geht doch nicht. Der hebt doch alle zehn Meter sein Bein.“ „Dann müssen Sie ihm halt bessere Manieren beibringen.“ „Unglaublich, was Sie sich da erlauben!“ „Hören Sie, wir Bürokraten meinen es doch nur gut. Wir zerbrechen uns Tag und Nacht den Kopf darüber, wie wir das Zusammenleben aller Menschen verbessern können. Sie brauchen doch nur einen Eimer mitnehmen und den dann immer unter Ihren Hund stellen, wenn der schiffen will. Da ist doch nichts dabei.“ „Wie soll ich mich denn in meinem Alter noch bücken?“ „Bin ich Arzt oder was? Sehen Sie, hätten Sie etwas Vernünftiges gelernt, dann wären Sie auch in Ihrem Alter noch belastbar.“ „Damals gab es noch nicht so viele Büroschlafplätze.“ „Tja, das war wohl eine kleine Beamtenbeleidigung. Noch so ein Vergehen und Ihre Rente wird das nächste Mal einbehalten.“ „Das könnt Ihr doch nicht machen.“ „Oh, Sie haben gar keine Ahnung, wozu wir in der Lage sind. So, jetzt nehmen Sie Ihren Steuerbescheid wieder mit nach Hause, kaufen sich vorher noch eine Pistole und jagen sich dann schön brav eine Kugel in den Kopf, damit Sie den Steuerzahlern nicht mehr auf der Tasche liegen.“ „Was fällt Ihnen ein!“ „Führen Sie sich nicht so auf. Sie liegen dem deutschen Staat nur noch auf der Tasche, bringen keine Leistung mehr und nörgeln nur herum. Solche Leute brauchen wir nicht.“ „Aber wohl Leute wie Sie, die nichts tun und nur ihre Mitmenschen schikanieren.“ „Sie haben es erfaßt. Das ist das neue Dienstleistungsgewerbe.“
„Das ist so wahnsinnig toll. Die zwölf Gesetze haben wie eine Bombe eingeschlagen“, freute sich Schaukle. „Sollten wir nicht gleich ein paar neue nachlegen?“ wollte Elesser wissen. „Vergeßt nicht, daß wir Bürokraten sind! Außerdem können wir die Gesetze ja so auslegen, wie es uns paßt. Ich freue mich schon auf meine erste Gerichtsverhandlung“, erzählte Tecker. „Wieso darf der ein Richter sein?“ wunderte sich Zwink. „Das darf doch jeder von uns Fünfen. Wir sind die Staatsgewalt und wir werden dafür sorgen, daß die Menschen in Deutschland viel Arbeit, viel Ärger und wenig Freude haben“, garantierte Kurz. „Aber irgendwas müssen wir für uns für die Bonzen schon einfallen lassen. Die sind ziemlich sauer“, stellte Tecker fest. „Na ja, wenn sie genügend zahlen, dann bekommen sie natürlich keinen Ärger“, entschied Zwink. „Heißt das, wir sind korrupt?“ erkundigte sich Schaukle. „Na klar. Bis über beide Ohren. Wir lassen uns bestechen, denn in unserem Staat ist das kein Verbrechen“, reimte Elesser. „Wir sind schon ein Haufen, was! Einfach super, wie wir das gemacht haben!“ behauptete Kurz. „Wichtig ist nur, daß sich unsere Beamten wohl fühlen. Vielleicht sollten wir sie ein bißchen motivieren“, schlug Zwink vor. „Die sind schon genug motiviert, seit sie machen können was sie wollen“, entgegnete Schaukle. „Nein, so richtig motivieren. Ich habe da an einen tollen Wettbewerb gedacht. Vielleicht mit dem Titel: „Wer baut die größte Schikane für die Bevölkerung?“ Das wäre doch was, oder?“ „Absolut. Und als ersten Preis gibt es eine Beförderung. Der Gewinner braucht dann nichts mehr arbeiten und darf immer schlafen.“ „Jawohl, wir werden also ein Gewinnspiel machen und ich bin mir sicher, da werden unsere Bürokraten viel Freude mit haben.“ Nun mischten sich auch die drei Anderen wieder ein. „Vergeßt aber die Polizisten und die Soldaten nicht“, mahnte Kurz. „Richtig. Die wollen auch ein bißchen Abwechslung. Bei den Polizisten machen wir ein Gewinnspiel mit dem Titel „Wer verhaftet einen Bürger mit der lächerlichsten Begründung?“ Das könnte lustig werden“, meinte Elesser. „Und bei den Soldaten eins unter dem Motto „Wer erschießt die meisten Zivilisten?““ fiel Tecker ein. „Nein, das können wir nicht machen. Das mit den Polizisten schon, aber das Andere nicht. Denkt daran, daß sonst eine Menge Steuerzahler drauf gehen würden und das geht nicht. Schließlich brauchen wir die noch, um sie so lange wie möglich schikanieren zu können“, erläuterte Zwink. „Rüdiger hat Recht. Wir dürfen es nicht übertreiben. Jetzt machen wir erst einmal das mit den Bürokraten und den Polizisten und wenn die Aktionen ankommen, dann sehen wir weiter“, entschied Schaukle. „Genau, Erich. So, jetzt haben wir aber lange genug gearbeitet. Mal schaun, ob meine zwei Privatsekretärinnen schon wieder soweit sind“, bemerkte Kurz und machte sich auf den Weg. „Ja, ich muß auch mal bei meinen Nutten nach dem Rechten schauen“, erinnerte sich Schaukle und verschwand ebenfalls. „Genug für heute. Schließlich dürfen wir uns auf gar keinen Fall überarbeiten. Was wären wir denn sonst für schreckliche Vorbilder?“ warf Elesser in den Raum und verschwand ebenfalls. „Du, Günther, ich würde ja zu gerne noch ein bißchen arbeiten. Aber da wir nur noch zu zweit sind und so nichts mehr beschließen können, bleibt uns wohl nichts Anderes übrig, als ebenfalls für heute Schluß zu machen“, murmelte Zwink gähnend. „Da kann man leider nichts machen. Hauptsache, unsere Millionen Untertanen gehen schön in die Arbeit und zahlen fleißig Steuern. Dann ist auch alles in bester Ordnung“, ließ Tecker verlauten, bevor er mit Zwink den Raum verließ. Ja, sie überanstrengten sich wirklich nicht, die fünf neuen Machthaber. Das war wohl auch besser so, weil die Deutschen sonst gar nicht mehr zur Ruhe gekommen wären. Natürlich wurden umgehend Plakate gedruckt, die dann in allen Büros, Amtsstuben und auf allen Polizeirevieren an die Wand gehängt wurden. Mit Interesse lasen die Millionen Staatsdiener von dem Gewinnspiel und begannen damit, sich sofort neue Schikanen für die Bevölkerung zu überlegen. Währenddessen verhafteten die Polizisten stinknormale Passanten, welche das weniger lustig fanden.
„Seid bloß leise!“ zischte Klaus seiner Frau und Daniel zu. Es war stockfinster und sie befanden sich in einem der unzähligen Büros der Bürokraten. „Ach was! Du glaubst doch selber nicht, daß hier um diese Zeit wer arbeitet“, versuchte ihn Daniel zu beruhigen. „Genau. Hier arbeitet nie jemand“, stimmte ihm Bärbel zu. „Das mag schon sein. Aber es ist ja durchaus möglich, daß ein Bürokrat eingeschlafen ist und deshalb hier herumliegt“, erwiderte Klaus. „Niemals. Die haben eine innere Uhr und wegen der wachen sie genau zum Feierabend auf“, behauptete Daniel. Mit Taschenlampen durchleuchteten sie das Büro, in dem sie sich befanden. „Komisch. Der Computer ist total eingestaubt. Dabei heißt es doch immer, es würde jetzt alles damit gemacht werden“, wunderte sich Klaus. „Guckt mal! Da, in den Abfallkorb. Da sind ja haufenweise Akten. Die werden wohl weggeschmissen“, vermutete Bärbel. Daniel schaute sie sich näher an. „Nein, die sind noch gar nicht bearbeitet worden“, stellte er fest. „Das bedeutet, daß wir hier vollkommen richtig sind“, glaubte Klaus. „Ich dachte, wir suchen belastende Dokumente“, erwiderte seine Frau. „Na ja, die sind doch belastend genug. Die beweisen eindrucksvoll, daß hier nichts gearbeitet wird.“ „Aber das ist doch im ganzen Land bekannt und es stört niemanden.“ „Möglich. Weil die Leute zwar über die Bürokraten Witze machen, aber doch nicht glauben können und wollen, daß die den ganzen Tag hier drin sitzen und überhaupt nichts machen.“ „Kommt mal her! Schaut was ich gefunden habe!“ flüsterte Daniel erregt. Wenig später war Klaus bei ihm. „Viagra!“ stießen sie erfreut hervor. Was dann folgte, spottete jeglicher Beschreibung. Mit aller Gewalt mußte Bärbel ihren Mann und Daniel auseinanderhalten, weil sich die wie zwei Kampfhähne um die Potenzpillen stritten. Am Ende leerten sie die Dose und jeder bekam die Hälfte, weshalb sie sich nach einigen Minuten doch wieder vertrugen. „Das heißt also, daß es in diesem Büro ganz schön zur Sache geht“, mutmaßte Kaus. „Also ist es doch eine Verleumdung, daß Beamte kein Sexualleben haben“, schlußfolgerte Daniel. „Das wird wohl an der Pille liegen.“ Sie schwiegen. „Guckt mal! Das ist ja hier ein richtiger Pornoladen!“ entfuhr es Bärbel. Sie hatte Nacktfotos entdeckt. Wieder kämpften Klaus und Daniel erbittert um deren Besitz, doch Bärbel störte sie ein weiteres Mal. „Laßt die Fotos hier! Das merkt der doch sonst, daß wir in seinem Büro waren.“ „Stimmt. Aber die Pillen nehmen wir mit“, entschied Klaus. „Meinetwegen. Aber Ihr müßt irgend etwas in die Dose tun, das Ähnlichkeit damit hat.“ „Moment. Ich glaube, da habe ich genau das Richtige dabei“, glaubte Daniel und holte einige blaue Pillen hervor. „Was ist das?“ wollte Bärbel wissen. „Rattengift.“ „Das paßt.“ Danach wollten sie verschwinden, doch plötzlich hörten sie Geräusche. Sie versteckten sich in einem Nebenzimmer, doch genau in das kam ein Mann, der so aussah, als würde er schlafwandeln. „So, dann mache ich heute wieder Überstunden, damit ich ab morgen ein paar Tage daheim bleiben kann“, murmelte er verschlafen und legte sich hin. Unbemerkt schlichen Klaus, Bärbel und Daniel an ihm vorbei und gelangten ohne Probleme nach Hause. „Von wegen nur Vorurteile. Jetzt haben wir es genau gesehen, was die machen“, teilte Klaus mit. „Schon. Aber das hilft uns auch nicht viel weiter. Niemand wird uns das glauben“, entgegnete seine Frau. „Oh doch! Ich werde das alles in mein Buch aufnehmen und dann werden es Millionen von Lesern erfahren“, behauptete Daniel siegessicher. „Sei froh, wenn Du 100 Leser findest“, erwähnte Klaus. „Wieso? Immerhin habe ich einen Verlag.“ „Ja, aber soviel ich weiß, hat der eine Höchstauflage von 3000 Stück.“ „Das wird sich bald ändern, wenn erst mein Knüller fertig ist“, versprach Daniel und zog sich dann in sein Arbeitszimmer zurück. „Es ist zwar schön, daß er noch Träume hat, aber manchmal ist er schon verdammt weit von der Realität weg“, bemängelte Klaus. „Na ja, immer noch besser, als wenn er schon aufgegeben hätte“, erwähnte Bärbel. „Richtig. Trotzdem, ich kann es immer noch nicht fassen, daß diese Bürokraten tatsächlich genau so sind, wie es viele Menschen glauben. Die erfüllen alle Klischees.“
Daran dachte Bertram nicht, als er den Nachhauseweg antrat. Er wollte irgendwie seine Frau loswerden, doch dazu gab es wohl keine Gelegenheit. Jene hatte mal wieder etwas zwischen den Kauknochen, als er sein Heim betrat. „Na Schatz, wie war’s in der Arbeit?“ schmatzte sie. „Iß erst fertig, bevor Du mit mir redest!“ forderte er. „Aber dann kann ich mich ja nie mit Dir unterhalten.“ „Das ist auch besser so.“ „Heute hat eine Frau angerufen, die mit Dir sprechen wollte. Ich glaube, Du hast mit der ein Verhältnis.“ „Wie oft soll ich es Dir noch sagen? Das war meine Mutter.“ „Tatsächlich? Stimmt, sie sagte was von kleiner Fratz, den sie sprechen wollte.“ „Halt, dann war es meine Domina. Hat sie sonst noch was gesagt?“ „Ja, Du sollst sie zurückrufen. Wieso brauchst Du eigentlich so eine Domina?“ „Das habe ich Dir doch schon erklärt. Ich mache mit ihr ein lustiges Spiel.“ „Und warum darf ich nicht mitspielen?“ „Weil Du das zulässige Höchstgewicht überschreitest.“ „Aber Du kannst mir doch wenigstens zeigen, wie das Spiel geht.“ Für einen Moment überlegte Bertram, ob er seine Frau nicht zu Tode peitschen solle, doch dann fiel ihm ein, daß sie eine viel zu starke Fettschicht hatte, weshalb er es bleiben ließ. Er ging zum Kühlschrank. „Meine Güte!“ entfuhr es ihm, als er die Reste einiger toter Tiere darin sah. „Die waren nur für den kleinen Hunger zwischendurch“, verteidigte sie sich. „Natürlich. Wenn Du mir wenigstens etwas Eßbares ließest, damit ich auch noch ein paar Tage überleben kann“, seufzte Bertram. „Aber wieso denn? Du kannst ja mich vernaschen.“ „Vielen Dank. Jetzt kommt mir das Mittagessen auch noch hoch.“ Bertram lief aufs Klo und übergab sich dort. Als er die Dampfwalze namens Ehefrau anrollen hörte, kroch er aus dem Fenster und verschwand. Schnell lief er zu einem Briefkasten, wo er den Brief an die fünf Machthaber einwarf. Dann begab er sich zu seiner Domina, die gerade einen anderen Kunden behandelte. Interessiert schaute Bertram zu und machte sich das eine und andere Mal über den Mann lustig, der da in Frauenkleidung vor der Domina lag und sich von ihr foltern ließ. „So etwas Armseliges. Das ist doch pervers. Der Kerl ist doch krank. Nein, also wirklich, alles was Recht ist. Aber das ist doch lächerlich“, fand er belustigt. „So, mein kleines Bürokratenschwein, Du bist dran!“ rief die Domina. Da sprang Bertram auf, kroch auf allen Vieren heran und hechelte wie ein Hund. Er war sich wahrscheinlich nicht im Klaren darüber, was er für ein komisches Bild abgab, weil er sich wohl sonst nicht über seinen Vorgänger lustig gemacht hätte. Jedenfalls bellte er bei jedem Schlag, den er abbekam, laut auf, aber als er die Domina ablecken wollte, da setzte es soviel Prügel, daß er wenig später fast halbtot auf dem Boden lag und vor sich hin winselte. „Elender Mistkerl! Beleckt mich der doch einfach!“ zischte die Domina empört und schlug noch einmal auf ihn ein. Ziemlich kaputt kam Bertram nach Hause, wo Klara schon in ihrer Reizwäsche auf ihn wartete. Als er seine Augen endlich wieder ganz aufmachte und den Anblick des Schreckens realisierte, war es schon zu spät. Er schrie und fluchte, aber es half alles nichts. Seine Frau fiel über ihn her und nach jener Behandlung wußte Bertram nicht mehr wo ihm der Kopf und so manch anderes Körperteil stand. Wimmernd lag er im Bett und überlegte sich, warum er überhaupt noch zur Domina ging. Das konnte er ja alles zuhause haben. Während seine Frau zufrieden grunzte, da es ja kein richtiges Schnarchen war, lag Bertram schweißgebadet am Rande des Doppelbettes und zitterte. Er hoffte inständig, daß die fünf obersten Bürokraten auf seinen Vorschlag eingehen und ein Gesetz verabschieden würden, das ihn von seiner Frau befreite, ohne daß er dabei finanzielle Schäden in Kauf nehmen mußte. War er auch im Büro genauso wie Gerhard und Ulrike sein eigener Chef, so hatte daheim nach wie vor das Weib das Sagen und das lag nicht nur an ihrer körperlichen Überlegenheit. Aber Bertram war ein überzeugter Bürokrat und er entschloß sich, seine Frau früher oder später wegen Vergewaltigung in der Ehe hinter Gitter zu bringen. Doch noch lag er mit ihr im selben Bett und hoffte, sie würde nicht aufwachen.