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Vorwort

In einem Geheimfache, tief versteckt in einem Schreibtisch, fand ich dieses Manuskript, welches die Abenteuer meines Onkels, von ihm selbst niedergeschrieben, erzählt. Ich kenne ihn nur als »viense garcon«, aber nach seinen Bildern aus alter Zeit zu schließen, muss er einmal ein blendend schöner Mann gewesen sein. Man kann ihm also ruhig glauben, was er hier erzählt; kann ihm glauben, dass er sich auf den Beruf des Kriminalisten und auf den Beruf des Liebhabers gleich gut verstand. Engherzige Fachsimpel werden ihm vielleicht einen Vorwurf daraus machen, dass er überall da, wo der Liebhaber, und der Kriminalist miteinander in Konflikt gerieten, der Liebhaber recht behielt. Aber die Frauen werden ihm das hoch anrechnen, denn sie lieben ja die heißblütigen, die impulsiven Männer, nicht die Kalten, Berechnenden. Für ihn stand eben der Kuss höher, als der Triumph, einen gewiegten, schweren Jungen einzufangen.

Dabei verdankt er seine größten Erfolge als Kriminalist gerade der Anziehungskraft, welche er auf das weibliche Geschlecht ausübte. Im Wiener Polizeipräsidium war man schlau genug, ihm alle die Affären mitzuteilen, bei denen Frauen die Hauptrollen spielten. Was seiner Gewandtheit als Detektiv nicht glückte, gelang bestimmt seiner Verführungskunst als Kavalier. So kommt es, dass er nicht nur in allen Skandalgeschichten der letzten Dezenion des vorigen Jahrhunderts in der Wiener Gesellschaft mit Erfolg tätig gewesen ist, sondern, dass er auch die berühmtesten Hochstaplerinnen in seinen Händen … und wenn sie schön waren … auch in seinen Armen gehabt hat. Er machte sich gar keine Gewissensbisse daraus, wenn er so einen schönen Vogel im Käfig hatte, ihn gehörig für sich zu rupfen. Im Präsidium kannte man wohl seine Schwächen (!) ganz genau, aber wegen seiner außerordentlichen Befähigung drückte man beide Augen zu. Ja, schützte ihn oft noch, denn seine Dienste waren in mancher Beziehung unschätzbar. Eingeweihte werden sich noch sehr gut daran erinnern, wie er die berühmte Spionagegeschichte aus dem Jahre 1883 aufdeckte und dadurch das Vaterland vor großen Unannehmlichkeiten bewahrte.

So kann er denn vieles erzählen. Und er erzählte frei von der Leber weg. Als er diese Memoiren schrieb war er ein Mann hoch in den Fünfzig … er wollte also wohl die alten Erinnerungen noch einmal genießen, da ihm neue Genüsse versagt waren.

Wien, im Juni 1908

W. von Rhems

Ich bin ein alter Mann. Die Frau, welche ich liebte und die mich liebte, liegt im Grabe und von ihr bleibt mir nichts, als die Erinnerung an die Wonnen, die sie mir geschenkt. In der Einsamkeit meines Alters steigen sie wieder vor mir auf, umgaukeln mich und fachen die Feuer die ich längst erloschen glaubte, wieder an.

Aber ich bin ein alter Mann. Einst habe ich die Frauen geliebt, heute bin ich Philosoph genug, mich ins Unabänderliche zu fügen. Wenn ich noch Derselbe wäre wie früher … ja! Aber es bleibt mir kein Mittel, mit der Glut meiner Erinnerungen fertig zu werden, als sie niederzuschreiben.

Ich will mich nicht besser machen, als ich bin. Mit den Erinnerungen an die Eine … drängt sich noch so mancher blonde, braune und schwarze Kopf an mich heran. Alle die roten Lippen, welche ich geküsst, bieten sich mir wieder dar – ich werde auch von ihren Küssen erzählen. Oh, sie waren alle, alle so süß!

Ich habe mein Leben genossen. Mir ist kein Nektartropfen daneben gegangen. Ich habe oft mit Gewalt genommen, was mir sonst nie gewährt worden wäre, aber es darum nicht schlechter geschmeckt hat, eher besser. Mein Gott, ich bin eben ehrlich. Ob Gelehrter, ob Offizier, Künstler, ob Verbrecher – oder ob Polizei wie ich – wenn uns ein Weib seine Schenkel öffnet oder öffnen muss, pfeifen wir auf alles!

Die Welt hat ja nichts Schöneres als – –

das Weib

Die Spürnase

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