Читать книгу Das Geschenk der zwölf Monde - Antoinette Beech - Страница 6
ОглавлениеVORWORT
Nun sitze ich hier an meinem geliebten Baldeggersee, meinen Schreiblock in der Hand, um ein Vorwort für meine Geschichte zu schreiben. Bewusst habe ich diesen Ort gewählt. Seit es mich in diese Gegend gezogen hat, verbrachte ich gemeinsam mit meiner Familie viele Sommertage und wunderschöne Momente an diesem für mich magischen Ort. Das leise Plätschern am Ufer ist beruhigend, im Wasser spiegelt sich die Spätfrühlingssonne – ein Funkeln wie von Edelsteinen, die versuchen, an die Oberfläche zu dringen. Der Boden mit dem sorgfältig geschnittenen Rasen, der Wind, der leise in den unzähligen, hohen Weiden sein Lied anstimmt: Sie verkörpern für mich die vier wichtigsten Elemente unseres Planeten. Hier spielt, das Leben im Kleinen sein Spiel, oftmals ganz leise und manchmal auch sehr laut.
Eine sanfte Bise weht über den tiefblauen See, in dem sich der wolkenlose Himmel spiegelt und mit einem satten Blau das klare Seewasser färbt. Genauso, wie unsere Gedanken und unsere Gefühle unserem Leben Farbe verleihen können oder eben unser Lebensgefühl in ein düsteres Grau eintauchen, sobald dunkle Wolken aufziehen.
Mein Blick wandert erneut über das blaue Gewässer, dieses lädt mich jedes Mal zum Träumen ein.
Ich erinnere mich, wie meine drei kleinen Kinder damals hier ihre ersten wackligen Schritte übten, bis sie eines Tages so schnell laufen konnten, dass es mir nur noch mit Mühe und Not möglich war, allen drei gleichzeitig meine ganze Aufmerksamkeit zu schenken. Dazu kam meine Angst vor der Nähe des tiefen See mit seinen Tücken.
Mein Blick wandert weiter zum Spielplatz gleich hinter mir. Das Drehkarussell steht gegenwärtig still, kein einziges lachendes Kind sitzt heute darin. Die Badesaison hat erst begonnen, nur wenige Badegäste tummeln sich auf der Wiese. Noch vor einigen Jahren stand das Karussell nicht still, ich war verantwortlich dafür, dass es sich drehte. Meine Sprösslinge forderten mich lachend dazu auf, sie endlos im Kreis zu drehen. Immer schneller und schneller sollte es sein und mir wurde schwindlig; schlussendlich lag ich am Boden und meine Kinder riefen mir zu: «Mami weiter, weiter», und ihr Gelächter spornte mich an, mein Letztes zu geben. Erneut und unaufhörlich rannte ich im Kreis, weil das Drehen sie glücklich machte, weil sie einen kurzen Augenblick dachten, sie könnten fliegen.
So ging es mir im ganzen Leben: Ich war verantwortlich, dass alles rund lief – und vor allem dafür, dass alle glücklich waren. Ein hochgestecktes Ziel, das ich mir in erster Linie selbst eingebrockt hatte. Es war mir damals nicht bewusst, dass nicht ich für alles und jedes verantwortlich bin.
Ich denke mich an gemeinsame Grillabende an schönen Sommertagen mit Freunden, damals, als noch die ganze Familie vereint war. Viele Erinnerung verbindet mich mit diesem für mich prächtigem Ort.
Ach ja, kommen wir zurück zu meiner Erzählung.
Es sollte meine eigene Geschichte werden, in einer Form geschrieben, die meinen Kindern einmal erklären soll, was genau in dieser Zeit mit ihrer Mami passiert ist, was in dessen Inneren geschehen ist. Weshalb ihre Mami manchmal einfach in einer anderen Welt fast verschwunden zu sein schien. Also ein Kinderbuch. Aus diesem Kinderbuch wurde auf wundersame Weise ein etwas anderes Werk, nämlich einfach meine Geschichte. Ich konnte meine Worte nicht mehr zurückhalten und es schrieb mit mir. Ich hatte keinen Plan, keinen roten Faden – einfach gar nichts. Es wurde aus einem kurzen Kapitel dann einfach ein grösseres und aus einem Kapitel wurden in kurzer Zeit mehrere.
Ich wollte einfach nur schreiben, mitteilen, was mich dazu bewegte, diesen lebensverändernden Schritt zu tun. Dabei verstand ich mich ja selbst kaum, und dann war ich mittendrin, und wieder veränderte sich unglaublich viel. Vielleicht wollte ich nur kapieren, was mit mir passierte. Ich wusste, dass ich nur durch das Niederschreiben aller meiner in der Kehle angestauten Worte und Gefühle, die ausgesprochen werden möchten, die Möglichkeit bekomme, einen Ausdruck zu finden und auch loszulassen.
Oft dachte ich, das Leben geht nicht mehr weiter, aber es ging weiter. Die Angst, nicht geliebt zu werden, hinderte mich daran, wahrhaftig zu leben und am Ende mich selbst zu sein.
In der manchmal aufkommenden Wut gab es Trauer, es gab Momente, in denen ich mir wünschte, nicht mehr hier auf dieser Erde zu sein, weil die Trauer über alles Verlorene, vor allem meine Familie, so gross war. Der wolkenverhangene dunkle Himmel drohte über mir einzustürzen, die Erinnerungen taten weh, tief drinnen in meiner Seele. Aber die Hoffnung und der Glauben an mich selbst, die Kraft auszuhalten, meine Kinder und meine Familie, mein Ehemann und Vater meiner Kinder, viele treue Freunde, ein liebenswerter guter Freund, der immer zu mir hielt, machten es am Ende möglich. Sie alle spendeten Trost und brachten mir Verständnis entgegen, in manch schwierigen Stunden, in denen ich mich selbst nicht mehr lieben und verstehen konnte.
Und so flog Lena in mein Buch und in mein Leben. Durch sie sah ich mich und mein Handeln in einer anderen Welt. Lena durchbrach alle ihre selbst errichteten Grenzen und flog in den Himmel, landete auf einem Planeten, der sie eine magische Welt erlebten lässt, auf einer Reise, die zu jenem Stern führt, von dem ich in meiner Geschichte erzähle. Die 12 Monde können erlebt werden, denn sie kreisen alle um den wichtigsten Punkt in jedem Leben. Wer genau dieser Stern ist, werdet Ihr auf wundersame Art erleben.
Was damals war, ist heute nicht mehr. Aber ist es deswegen weniger schön? Was morgen ist, wissen wir nicht.
Gib dem Leben Farbe, und das Jetzt und das Morgen werden in den Farben des Regenbogens leuchten.