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BUCH 1 Theogonie (1,1-44)
Оглавление1 Uranos („Himmel“) war der erste Beherrscher des ganzen Kosmos. Er heiratete Ge („Erde“) und zeugte zuerst die sogenannten Hekatoncheires („Hunderthänder“) Briareos, Kottos und Gyes; jeder von ihnen war unübertrefflich groß und stark und hatte hundert Hände und fünfzig Köpfe. Nach ihnen gebar ihm Ge die Kyklopen Arges, Steropes und Brontes, von denen jeder nur ein Auge hatten, und zwar mitten auf der Stirn.
2 Aber Uranos fesselte sie und warf sie in den Tartaros – das ist ein finsterer Ort im (Reich des) Hades, von der Erde ebenso weit entfernt wie die Erde vom Himmel –, und wieder zeugte er mit Ge Söhne, die sogenannten Titanen, nämlich Okeanos, Koios, Hyperion, Kreios, Iapetos und als jüngsten von allen Kronos, sowie Töchter, die sogenannten Titaniden, nämlich Tethys, Rhea, Themis, Mnemosyne, Phoibe, Dione und Theia.
3 Ge aber war über den Verlust ihrer in den Tartaros geworfenen Kinder ungehalten, überredete die Titanen, sich gegen ihren Vater zu erheben, und gab dem Kronos eine Sichel aus Adamant (besonderem Stahl). Sie erhoben sich – bis auf Okeanos – und Kronos schnitt dem Vater das Schamglied ab und warf es ins Meer. Aus Tropfen des fließenden Blutes entstanden die Erinyen Alekto, Tisiphone und Megaira. Nachdem sie ihn gestürtzt hatten, holten sie ihre in den Tartaros geworfenen Brüder zurück und übergaben die Herrschaft dem Kronos.
4 Kronos aber band sie wieder und schloss sie ‹im› Tartaros ein. Er heiratete seine Schwester Rhea; weil aber Ge und Uranos ihm verkündeten, ihm werde durch einen eigenen Sohn die Herrschaft entrissen werden, verschlang er die ihm geborenen Kinder. So fraß er seine erstgeborene Tochter Hestia, danach Demeter und Hera, nach ihnen Pluton und Poseidon.
5 Rhea war darüber zornig und ging nach Kreta, als sie gerade mit Zeus schwanger war; dort gebar sie ihn in einer Höhle des Dikte-Gebirges. Um das Kind aufzuziehen, übergab sie es den Kureten und den Töchtern des Melisseus, den Nymphen Adrasteia und Ide. Diese ernährten den Jungen mit der Milch der Amaltheia (s. 2,148), die Kureten aber, die bewaffnet waren, bewachten das Kleinkind in der Höhle und schlugen mit den Speeren an die Schilde, damit Kronos nicht die Stimme des Kindes höre. Rhea aber legte einen Stein in die Windeln und gab ihn dem Kronos, dass er ihn als das neugeborene Kind fresse.
6 Als Zeus erwachsen geworden war, nahm er Metis, die Tochter des Okeanos, als Helferin. Sie gab Kronos ein Zaubermittel zu verschlingen, von dem gezwungen er zuerst er den Stein erbrach, dann die Kinder, die er verschlungen hatte. Mit ihnen zusammen begann nun Zeus den Krieg gegen Kronos und die Titanen. Zehn Jahre kämpften sie miteinander, da gab Ge dem Zeus das Orakel, er werde siegen, wenn er die als Bündner hätte, die in den Tartaros geworfen worden waren. Daraufhin tötete er Kampe, die über ihre Fesseln wachte, und befreite sie so.
7 Damals gaben die Kyklopen dem Zeus Donner, Blitz und Wetterstrahl (eine aus Donner und Blitz bestehende Waffe), Pluton den Helm (der unsichtbar machte; s. 2,39) und Poseidon den Dreizack. Mit diesen Waffen überwanden jene die Titanen, schlossen sie im Tartaros ein und setzte die Hekatoncheires (s. 1,1) als Wächter ein. Sie selbst aber warfen das Los um die Herrschaft: Zeus bekam die Gewalt im Himmel, Poseidon im Meer und Pluton im (Reich des) Hades.
8 Nachkommen der Titanen waren: von Okeanos und Tethys die [dreitausend] Okeaniden Asia, Styx, Elektra, Doris, Eurynome, Amphitrite und Metis, von Koios und Phoibe Asteria und Leto, von Hyperion und Theia Eos, Helios und Selene, von Kreios und Eurybia, der Tochter des Pontos, Astraios, Pallas und Perses, von Iapetos und Asia Atlas, der auf seinen Schultern den Himmel trägt, Prometheus, Epimetheus und Menoitios, den im Titanenkampf Zeus mit einem Wetterstrahl traf und in den Tartaros schleuderte.
9 Von Kronos und Philyra stammte Cheiron, der doppelgestaltige Kentaur: von Eos und Astraios stammten die Winde und die Sterne, von Perses und Asteria stammte Hekate, von Pallas und Styx stammten Nike, Kratos, Zelos und Bia. Das Wasser der Styx, das von einem Felsen im (Reich des) Hades floss, machte Zeus zum Eidesbegriff – womit er sie dafür ehrte, dass sie mit ihren Kindern ihm gegen die Titanen beigestanden hatte.
10 Von Pontos und Ge stammten Phorkys, Thaumas, Nereus, Eurybia und Keto, von Thaumas und Elektra stammten Iris und die Harpyiën (s. 1,121-124) Aëllo ‹und› Okypete, von Phorkys und Keto stammten die Phorkiden ‹und› Gorgonen – von ihnen werden wir noch reden, wenn wir zum Thema Perseus sprechen (2,36-42) –,
11 von Nereus und Doris stammten die Nereïden; ihre Namen sind Kymothoë, Speio, Glaukonome, Nausithoë, Halië, Erato, Sao, Amphitrite, Eunike, Thetis, Eulimene, Agauë, Eudore, Doto, Pherusa, Galateia, Aktaië, Pontomedusa, Hippothoë, Lysianassa,
12 Kymo, Eïone, Halimede, Plexaure, Eukrante, Proto, Kalypso, Panope, Kranto, Neomeris, Hipponoë, Ianeira, Polynome, Autonoë, Melite, Dione, Nesaië, Dero, Euagore, Psamathe, Eumolpe, Ione, Dynamene, Keto (anders 1,10) und Limnoreia.
13 Zeus heiratete Hera und zeugte Hebe, Eileithyia und Ares; er vereinigte sich aber auch mit vielen sterblichen und unsterblichen Frauen. Mit Themis, der Tochter des Uranos, zeugte er Töchter, nämlich die Horen Eirene, Eunomia und Dike, und die Moiren Klotho, Lachesis und Atropos. Von Dione (der Tochter des Uranos, s. 1,2) hatte er Aphrodite, von Eurynome, der Tochter des Okeanos, die Chariten Aglaïe, Euphrosyne und Thaleia, von der Styx Persephone, von Mnemosyne die Musen: als erste Kalliope, dann Kleio, Melpomene, Euterpe, Erato, Terpsichore, Urania, Thaleia und Polymnia.
14 Von Kalliope und Oiagros – wie es aber hieß, eigentlich von Apollon – stammten Linos, den Herakles tötete (s. 2,63), und Orpheus, der die Kunst des Gesangs zur Kithara beherrschte und mit seinem Gesang Steine und Bäume in Bewegung brachte. Als seine Frau Eurydike am Biss einer Schlange starb, ging er zum (Reich des) Hades, um sie zurückzuholen, und überredete Pluton, sie hinaufzuschicken.
15 Dieser versprach ihm, das zu tun, wenn Orpheus sich auf dem Weg nicht umwende, bevor er sein Haus erreicht habe. Der aber war misstrauisch und wandte sich um, um nach seiner Frau zu sehen. Da kehrte sie wieder um. Orpheus erfand auch die Mysterien des Dionysos. Er wurde zuletzt von den Mainaden (rasenden Frauen) zerrissen und ist in Piërien bestattet.
16 Kleio hatte sich in Piëros, den Sohn des Magnes, verliebt nach dem Willen der erzürnten Aphrodite – sie hatte ihr nämlich die Liebe zu Adonis vorgehalten –; Kleio schlief mit ihm und gebar dann von ihm den Sohn Hyakinthos (anders 3,116), in den sich später Thamyris, der Sohn des Philammon und der Nymphe Argiope, verliebte; er war der erste Mann, der Männer liebte.
17 Den Hyakinthos aber tötete später Apollon, dessen Liebling er war, unabsichtlich mit einem Diskos. Thamyris zeichnete sich durch Schönheit und die Kunst des Gesangs zur Kithara aus; er forderte die Musen zu einem musischen Wettstreit heraus, bei dem vereinbart war, dass er als Sieger mit jeder von ihnen schlafen dürfe, dass sie ihm aber als Verlierer alles nehmen könnten, was sie wollten. Die Musen waren im Wettkampf überlegen und nahmen ihm daraufhin die Sehfähigkeit und die Kunst des Gesangs zur Kithara.
18 Von Euterpe und dem Fluss Strymon stammte Rhesos, den Diomedes vor Troia tötete (s. E4,4); wie aber einige sagen, war er der Sohn der Kalliope. Von Thaleia und Apollon stammten die Korybanten, von Melpomene und Acheloos die Sirenen (anders 1,63), über die wir zum Thema Odysseus noch sprechen werden (E7,18-19).
19 Hera gebar ohne Begattung den Hephaistos; wie jedoch Homer („Ilias“ 1,578-579) erzählt, gebar sie auch ihn von Zeus. Dieser stürzte ihn aus dem Himmel, als er der gefesselten Hera zu Hilfe eilen wollte. Zeus hatte sie nämlich am Olymp aufgehängt, weil sie dem Herakles, als er nach der Eroberung Troias auf dem Meer fuhr (s. 2,134-136), einen Sturm geschickt hatte. Hephaistos fiel in Lemnos nieder und wurde, an den Füßen gelähmt, von Thetis gerettet.
20 Zeus vereinigte sich auch mit Metis (der Tochter des Okeanos, s. 1,6), obwohl sie sich in viele Gestalten verwandelte, um nicht mit ihm schlafen zu müssen, und als sie schwanger geworden war, verschlang er sie eilig, weil jene (Ge) gesagt hatte, nach der Tochter, die sie jetzt gebären sollte, würde sie einen Sohn bekommen, der zum Herrscher des Himmels berufen sei. Das fürchtete Zeus und fraß sie deshalb auf. Als aber die Zeit der Geburt herankam, schlug ihn Prometheus oder, wie andere berichten, Hephaistos mit einer Axt auf den Kopf, da sprang aus dem Kopf am Fluss Triton Athena in voller Rüstung hervor.
21 Von den Töchtern des Koios nahm Asteria die Gestalt einer Wachtel an, um nicht mit Zeus schlafen zu müssen, und stürzte sich ins Meer; es gibt eine Stadt, die zuerst nach ihr Asteria benannt wurde, später aber Delos. (Die andere Tochter) Leto aber hatte mit Zeus geschlafen und wurde deswegen von Hera über die ganze Erde verfolgt, bis sie nach Delos kam und dort zuerst Artemis gebar. Von ihr als Geburtshelferin unterstützt, gebar sie dann noch Apollon.
22 Artemis pflegte die Jagd und blieb Jungfrau; Apollon lernte von Pan, dem Sohn des Zeus und der Hybris, die Seherkunst und kam so nach Delphi, wo damals Themis Orakel verkündete; als aber die Python-Schlange, die das Orakel bewachte, ihn daran hindern wollte, an den Erdspalt heranzutreten, tötete er sie und übernahm die Seherstätte.
23 Wenig später tötete er auch den Tityos, den Sohn des Zeus und der Tochter des Orchomenos, Elare. Nachdem Zeus mit ihr geschlafen hatte, versteckte er sie aus Furcht vor Hera unter der Erde. Den Sohn aber, mit dem sie schwanger war, den übergroßen Tityos, brachte er ans Licht. Als dieser Leto auf dem Wege nach Pytho (Delphi) erblickte, zog er sie in leidenschaftlichem Verlangen an sich heran; da rief sie ihre Kinder herbei, die ihn mit ihren Pfeilen töteten. Auch nach dem Tod wird er noch bestraft: Geier verzehren sein Herz im (Reich des) Hades.
24 Apollon tötete auch den Sohn des Olympos, Marsyas. Dieser hatte die Flöten gefunden, die Athena weggeworfen hatte, weil sie ihr Gesicht entstellten, und war daraufhin mit Apollon in einen musischen Wettstreit eingetreten. Sie vereinbarten, dass der Sieger mit dem Unterlegenen machen könne, was er wolle; als es zur Entscheidung kam, trat Apollon mit der umgedrehten Kithara auf und verlangte von Marsyas, er solle es (mit den Flöten) ebenso machen. Da dieser das nicht konnte, wurde Apollon zum Sieger bestimmt, worauf er den Marsyas an einer hohen Fichte aufhängte, ihm die Haut abzog und so tötete.
25 Den Orion tötete Artemis auf Delos. Er war, wie man erzählt, ein Erdgeborener mit einem übergroßen Körper; Pherekydes (Frg. 52) hingegen nennt ihn einen Sohn des Poseidon und der Euryale. Ihm hatte Poseidon die Gabe verliehen, über das Meer zu gehen. Er war ‹zuerst› mit Side verheiratet, die sich aber mit Hera um ihre Schönheit stritt und von ihr zum (Reich des) Hades gestoßen wurde. Danach ging er nach Chios und warb um Merope, die Tochter des Oinopion. Oinopion aber machte ihn betrunken, und nachdem er ihn im Schlaf geblendet hatte, warf er ihn auf das Meeresufer.
26 Orion aber ging zur Schmiede, ergriff darin einen Jungen, nahm ihn auf seine Schultern und gab ihm den Auftrag, ihn gegen Sonnenaufgang zu lenken. Dort angelangt, wurde er durch den Strahl der Sonne gebrannt und so wieder sehend und machte sich rasch gegen Oinopion auf.
27 Dem aber hatte Poseidon das von Hephaistos erbaute Haus unter der Erde eingerichtet. In den Orion verliebte sich Eos, raubte ihn und brachte ihn nach Delos. Dass sie immer Liebschaften einging, hatte Aphrodite bewirkt, weil sie mit Ares geschlafen hatte. Wie einige erzählen, wurde Orion getötet, als er Artemis zum Diskoswerfen herausforderte, anderen zufolge versuchte er, eine aus dem Land der Hyperboreër erschienene Jungfrau namens Opis zu vergewaltigen, und wurde deshalb vom Pfeil der Artemis getroffen.
28 Poseidon heiratete Amphitrite, die Tochter des Okeanos (anders 1,8), und sie gebar ihm Triton und Rhode, die spätere Helios ehelichte.
29 Pluton verliebte sich in Persephone und entführte sie heimlich mit Hilfe des Zeus. Demeter (ihre Mutter; anders 1,13) suchte sie mit Fackeln nachts und tags und irrte auf der ganzen Erde umher; als sie von den Bewohnern von Hermione erfuhr, dass Pluton sie geraubt habe, zürnte sie den Göttern und verließ den Himmel. In Gestalt einer (sterblichen) Frau kam sie nach Eleusis.
30 Zuerst setzte sie sich auf den Felsen Agelastos („Ohne Lachen“), der nach ihr benannt wurde, neben dem sogenannten Kallichoron-Brunnen („Schöner Reigen“), dann kam sie zu Keleos, der damals König der Eleusinier war. Drinnen (im Königshaus) waren Frauen, die sie aufforderten, sich zu ihnen zu setzen, ‹betrübt blieb sie ferne, bis dann› eine alte Frau, Iambe, die Göttin mit ihren Scherzen zum Lächeln brachte. Deshalb – so sagt man – führen die Frauen am Fest der Thesmophoria Scherzreden.
31 Die Frau des Keleos, Metaneira, hatte ein kleines Kind, das Demeter zu sich nahm und aufzog. Weil sie das Kind unsterblich machen wollte, legte sie es nachts in ein Feuer (vgl. 3,171) und nahm ihm so das vergängliche Fleisch. Tagsüber aber nahm Demophon – das war nämlich der Name des Kindes – auffallend zu. Da achtete ‹Metaneira› darauf, was die Göttin machte, und als sie das Kind im Feuer versteckt auffand, schrie sie laut auf. Deshalb wurde das Kleinkind vom Feuer verzehrt, und die Göttin gab ihr sich zu erkennen.
32 Dem älteren Sohn der Metaneira, Triptolemos, stellte sie einen Wagen mit geflügelten Drachen bereit und gab ihm den Weizen, mit dem er – hoch am Himmel entlangfahrend – die ganze bewohnte Erde besäte. Panyasis (Frg. 4) nennt den Triptolemos hingegen einen Sohn des Eleusis und sagt, Demeter sei zu ihm gekommen. Pherekydes (Frg. 53) nennt ihn Sohn des Okeanos und der Ge.
33 Da Zeus dem Pluton auftrug, Kore (= Persephone) zurückzuschicken, gab Pluton ihr, damit sie nicht lange bei der Mutter (Demeter; s. 1,29) bleibe, den Kern einer Granatfrucht zu essen. Ohne die Folgen vorauszusehen, aß sie ihn. Als Askalaphos, der Sohn des Acheron und der Gorgyra, als Zeuge gegen sie auftrat, legte Demeter im (Reich des) Hades einen schweren Felsblock auf ihn. Persephone aber musste in jedem Jahr ein Drittel der Zeit bei Pluton verbringen, den Rest bei den Göttern.
34 Über Demeter also wird dies gesagt. Ge aber, die wegen des Schicksals der Titanen erzürnt war, gebar von Uranos die Giganten, von ungeheurer Größe und unwiderstehlicher Stärke. Sie waren furchtbar anzusehen: Ihr Haar an Kopf und Kinn hing lang herab und an den Füßen hatten sie Schuppen von Drachen. Wie einige sagen, wurden sie in Phlegrai geboren, anderen zufolge in Pallene. Gegen den Himmel schleuderten sie Felsblöcke und brennende Eichen.
35 Unter allen taten sich Porphyrion und Alkyoneus besonders hervor, der unsterblich war, solange er auf der Erde kämpfte, auf der er geboren worden war. Er war es auch, der die Rinder des Helios aus Erytheia weggetrieben hatte. Den Göttern aber lag ein Orakelspruch vor, demzufolge keiner der Giganten von den Göttern (allein) getötet werden könne; erst wenn ein Sterblicher mitkämpfe, würden sie sterben. Als Ge dies erfuhr, suchte sie ein Zaubermittel, damit sie nicht einmal von einem Sterblichen getötet werden könnten. Zeus aber verbot Eos (der „Morgenröte“), Selene (dem „Mond“) und Helios (der „Sonne“) zu leuchten, und kam ihr zuvor, schnitt selbst das Zaubermittel ab und ließ durch Athena den Herakles als Mitkämpfer holen.
36 Zuerst traf jener den Alkyoneus mit einem Pfeil; der aber erhielt im Fallen durch die Berührung mit der Erde neue und größere Lebenskraft (vgl. 2,115). Auf den Rat der Athena schleppte Herakles ihn dann aus Pallene – also dem Land, in dem er geboren worden war – fort; so starb er. Nun lief Porphyrion im Kampf gegen Herakles und Hera heran. Zeus jedoch ließ ihn in Verlangen nach Hera entbrennen, und als er gerade ihre Obergewänder zerriss und sie vergewaltigen wollte, rief sie Helfer herbei. Zeus traf ihn mit dem Wetterstrahl und Herakles tötete ihn mit Pfeilschüssen.
37 Von den anderen traf den Ephialtes Apollon in das linke, Herakles in das rechte Auge, den Eurytos tötete Dionysos mit einem Thyrsos-Stab, den Klytios tötete Hekate mit brennenden Fackeln, oder eher noch Hephaistos mit glühenden Steinen. Als Enkelados fliehen wollte, warf Athena die Insel Sizilien auf ihn, und dem Pallas zog sie die Haut ab und bedeckte mit ihr beim Kampf ihren eigenen Körper.
38 Polybotes wurde durch das Meer von Poseidon verfolgt und kam so nach Kos; der Gott riss ein Stück von der Insel ab – das sogenannte Nisyron – und warf es auf ihn. Hermes, der im Kampf den (unsichtbar machenden; s. 1,7) Helm des Hades trug, tötete den Hippolytos, Artemis den Agaion, die Moiren Agrios und Thoon, die mit Keulen aus Erz kämpften. Die anderen traf Zeus mit seinen Wetterstrahlen und vernichtete sie, und Herakles tötete alle Sterbenden mit seinen Pfeilschüssen.
39 Als die Götter über die Giganten gesiegt hatten, war Ge noch zorniger. Sie schlief mit Tartaros (s. 1,2) und gebar in Kilikien den Typhon, ein Mischwesen aus Mensch und Tier. Er übertraf an Größe und Stärke alle anderen Kinder der Ge. Bis zu den Schenkeln war er menschengestaltig, aber so groß, dass er alle Berge überragte und sein Kopf oft die Sterne berührte. Hände hatte er, von denen erstreckte sich die eine bis zum Abend (nach Westen), die andere bis zum Morgen (nach Osten), und aus den Schultern enstprangen hundert Köpfe von Drachen (Schlangen).
40 Von den Schenkeln an abwärts ringelten sich riesige Nattern, die laut zischten und ihm mit ihren Windungen bis an den Kopf reichten. Sein Leib war überall gefiedert, von Kopf und Kinn wallten ihm struppige Haare und aus seinen Augen sprühten Feuer. Ein Wesen von solcher Art und Größe also war Typhon, der brennende Felsen gegen den Himmel selbst schleuderte und fauchend und brüllend anstürmte. Aus seinem Mund floss ein feuriger Glutstrom.
41 Als die Götter ihn gegen den Himmel stürmen sahen, flohen sie nach Ägypten und verwandelten, von ihm verfolgt, ihre Erscheinungsform in Tiere. Zeus traf den Typhon von weitem mit seinen Wetterstrahlen; als er näher kam, schlug er ihn mit einer Sichel aus Adamant (s. 1,3). Typhon floh, und Zeus verfolgte ihn bis zum Kasion-Berg; dieser liegt oberhalb von Syrien. Dort sah er ihn verwundet und begann ein Handgemenge mit ihm.
42 Typhon aber umschlang ihn mit seinen Windungen und ergriff ihn so, entriss ihm die Sichel und durchschnitt ihm die Sehnen an Händen und Füßen. Dann hob er ihn auf seine Schultern, trug ihn durch das Meer nach Kilikien und legte ihn nach seiner Ankunft in der Korykischen Höhle ab. Dort legte er auch, in ein Bärenfell gewickelt, die Sehnen ab und setzte die Drachenfrau Delphyne als Wächterin ein. Halb ein Tier war dieses Mädchen. Hermes und Aigipan aber stahlen die Sehnen und passten sie Zeus heimlich wieder an.
43 Nachdem Zeus so seine Kraft wiedererlangt hatte, kam er plötzlich auf einem mit geflügelten Pferden bespannten Wagen aus dem Himmel hervor, schleuderte die Wetterstrahlen und verfolgte Typhon bis zum sogenannten Nysa-Gebirge, wo die Moiren den Verfolgten täuschten: Er ließ sich von ihnen überzeugen, er werde noch stärker werden, wenn er von den Eintagsfrüchten esse. Deshalb erneut verfolgt, kam er nach Thrakien, und am Haimos schleuderte er im Kampf ganze Berge.
44 Da sie aber durch den Wetterstrahl auf ihn zurückgeworfen wurden, floss auf dem Gebirge viel Blut (haima); davon soll der Berg seinen Namen Haimos bekommen haben. Als er über das sizilische Meer fliehen wollte, schleuderte Zeus das Aitne-Gebirge (Ätna) in Sizilien auf ihn. Dieses ist übergroß, und es heißt, dass bis heute von den geschleuderten Wetterstrahlen Feuer aus ihm hervorkommt.