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Götter und Helden

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Viele Mythen von Göttern und Helden konnte man nämlich weit ausführlicher in den Epen Homers – der „Ilias“ und der „Odysse“ – sowie im „Kyklos“, dem „Kreis“ von Epen, die von den Ereignissen rings um die Epen sprechen. Weitere wichtige Zeugnisse für die griechischen Mythen fand und findet man bei Hesiod, in den Elegien und lyrischen Versen der archaischen Zeit und in den Tragödien der klassischen Epoche.

Eine Zusammenstellung der wichtigsten griechischen Mythen jedoch bietet in der erhaltenen antiken griechischen Literatur allein die „Bibliothek“ des Apollodoros. Tatsächlich erfasst sie nahezu alle Geschichten der griechischen Götter und Helden, von der Theogonie (Entstehung der Götter) über die wichtigsten Sagenkreise der griechischen Welt bis zu den Taten der Helden vor, in und nach dem Troianischen Krieg.

Um den so umfangreichen Stoff überhaupt präsentieren zu können, bedient sich der Autor dabei zum einen der möglichst weitgehenden Verknappung der Angaben, zum anderen der klaren genealogischen Zuordnung aller mythischen Figuren.

So, wie wir bei Photios Apollodoros’ „Bibliothek“ in nur wenigen Sätzen kennen lernen, so bietet Apollodoros selbst etwa den Inhalt von Homers großem, 24 Bücher umfassenden Epos „Ilias“ in gerade einmal einen Abschnitt (E4) und die Geschichte von Antigone, der Sophokles eine ganze Tragödie gewidmet hat, sogar in nur zwei Sätzen (3,78). Noch knapper sind vier Kataloge, die nur die Namen und Abstammungen der Heroen aufzählen, welche sich an der Jagd auf den Kalydonischen Eber (1,67-69) oder am Argonautenzug (1,111-113) beteiligten, Freier der schönen Helena waren (3,129-131) oder am Krieg um Troia teilnahmen (E3,11-14). Fünf weitere Kataloge bieten gar nur bloße Namen: die der Nereïden (1,11-13), die der je fünfzig Töchter des Danaos und Söhne des Aigyptos (samt deren Müttern: 2,16-18), die der fünfzig Töchter des Thespios (samt deren von Herakles gezeugten Söhnen: 2,161-164), die der fünfzig Söhne des Lykaon (3,96-97) und die der mehr als hundert Freier der Penelope (E7,27-30). Allein durch eine solche Verknappung der Angaben konnte es Apollodoros gelingen, die wichtigsten griechischen Mythen in einem Einzelwerk zusammen vorzustellen.

Und um die Präsentation der so vielfältigen Mythen übersichtlich zu gestalten, ordnet Apollodoros alle mythischen Figuren nach der Theogonie und vor dem Troianischen Krieg einer von nur sechs Großfamilien zu: den Nachfahren des Deukalion, denen des Inachos mit den jeweils von ihm abstammenden Familien des Belos, des Agenor und des Pelasgos, denen des Atlas, denen des Asopos, denen des Erichthonios und denen des Pelops.

Diese sechs Familien waren zudem miteinander verwandt: Deukalion war – über Prometheus und Iapetos – ein Urenkel von Uranos und Ge (Gaia), Atlas als Sohn des Iapetos ein Enkel, und auch Inachos und Asopos waren – über Okeanos – Enkel desselben Paars; mit Atlas’ Enkelin Hippodameia gründete Pelops seine Familie, und Erichthonios schließlich war – über Hephaistos, Zeus und Kronos – ein Ururenkel von Uranos und Ge.

Diese Familien stehen im übrigen zugleich für die großen Regionen der griechischen Welt, in denen die Mythen spielen: Inachos’ Nachfahren Belos für Argos, Agenor für Kreta und Theben und Pelasgos für Arkadien, sodann Atlas für Sparta und Troia, Asopos für Aigina, Erichthonios für Athen und Pelops für die Westpeloponnes – und umfassen damit, was den Raum der Darstellung angeht, alle wichtigen Sagenkreise der griechischen Antike.

Was die dargestellte Zeit betrifft, so bleibt Apollodoros fast ganz in der Epoche zwischen der Theogonie und dem Troianischen Krieg samt seiner Folgen. Nur einmal (E6,22) wird ein späteres historisches Ereignis erwähnt, der 346 v. Chr. endende Phokische Krieg. Die Welt der römischen Mythologie wird hingegen nicht berücksichtigt, Rom und die Römer sind überhaupt nicht erwähnt, und auch die Verbindungen von griechischem und römischem Mythos, etwa die Gründung Roms durch den – hier (E5,21) nur in anderem Zusammenhang genannten – troianischen Helden Aineias (Aeneas), finden keine Beachtung.

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