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Konrad Schmieg wird neugierig

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Konrad Schmieg konnte kaum der Versuchung widerstehen, seine Polizeimütze abzusetzen. Bei dieser gewitterschwülen Hitze Streife zu fahren, war selbst für einen pflichtbewussten Beamten wie ihn eine Zumutung. Als er beim Forchenrain vorbeifuhr, warf er einen Blick zum Maierhof hinunter. Vor dem Haus stand ein schwarzer Golf mit Hamburger Nummernschild. Wie hatte es Klara Reimann hier nur ausgehalten? Eigentlich war es kein Wunder, dass Einödhofbewohner mit der Zeit etwas sonderbar wurden. Erst recht nicht, wenn man sich nur noch mit obskuren Leuten wie dieser Irmgard Mayer umgab. Unwillkürlich fasste er einen Entschluss: Er würde jetzt die Gelegenheit nutzen und dieser Dame auf den Zahn fühlen. Es war nie schlecht, wenn man auch über die Zugezogenen Bescheid wusste. Beim Wenden quietschten die Reifen auf dem heißen Asphalt.

Das kleine im Stil der Fünfzigerjahre erbaute Haus lag direkt gegenüber dem Friedhofseingang. Beim Einparken wurde Konrad Schmieg bewusst, dass er noch nie an Klaras und schon lange nicht mehr am Grab seiner Schwiegereltern gestanden hatte. Er mochte keine Orte, über denen geballte Todesatmosphäre lag. Auch deshalb war es für ihn nie eine Option gewesen, ins Kriminalkommissariat zu wechseln.

Der Polizist war nicht sonderlich erstaunt über das Sammelsurium in Irmgard Mayers Garten. Allen im Ort war die fast schon affig anmutende Tierliebe der beiden Hausbewohner bekannt, manche schrieben diese allerdings nur ihrem Sohn Raimund zu. Überall standen mit Wasser gefüllte Pfannen, Schüsseln und Tontöpfe, selbst ein Blechnapf aus der Vorkriegszeit diente als Vogeltränke. Wenige Schritte entfernt, entlang der efeuberankten Hauswand, waren Fressnäpfe, die Trockenfutter für Katzen enthielten, aufgereiht. „Nur einen Katzensprung entfernt“, schoss es ihm durch den Kopf. Der Polizist griff mit beiden Händen hinter seinen Rücken und zog, mit Daumen und Zeigefingern den Hosenbund fassend, seine Diensthose nach oben. Seit er etwas zugesetzt hatte, war ihm dieser Handgriff in Fleisch und Blut übergegangen.

Irmgard Mayer kam nach dem Klingeln überraschend schnell an die Tür. Ihre graue Naturkrause trug sie wie immer leger hochgesteckt und wie immer standen im Nacken unzählige feine Haarsträhnchen ab. Der an ihrem Blusenausschnitt angenähte Gazeeinsatz bedeckte den Busenansatz nur notdürftig, was bei Konrad Schmieg lediglich Unverständnis hervorrief. Als ob es bei einer Frau ihres Alters noch auf die Zurschaustellung solch weiblicher Attribute ankam! Die Mittfünfzigerin setzte eine überraschte Miene auf.

„Oh, amtlicher Besuch!“, begrüßte sie ihn süffisant lächelnd. “Was verschafft mir die Ehre?“

Konrad Schmieg rang sich ebenfalls ein Lächeln ab. „Frau Mayer, ich würde mich gerne mit Ihnen über verschiedene Dinge unterhalten!“, begann er. „Sie waren doch mit Klara Reimann befreundet?“

„Nun ja, ich würde eher sagen wir waren gut miteinander bekannt!“, antwortete sie etwas überakzentuiert und stierte ihn mit ihren eulenartigen Augen an.

Konrad Schmieg lupfte seine Dienstmütze und wischte sich mit einem Taschentuch den Schweiß von der Stirn. „Ich würde mich mit Ihnen aber trotzdem gerne über Klara Reimann unterhalten.“

„Gern, aber das können wir ja sicherlich auch in meinem kühlen Wohnzimmer tun?“

Der Polizeibeamte war überrascht, dass sie ihm eine Erfrischung anbot. Während sie den Drink in der Küche zusammenmixte, sah er sich um. Typisch Achtziger! Damals hatten viele die ausrangierten Möbel der Großeltern vom Speicher geholt und stolz im eigenen Wohnzimmer präsentiert. Heutzutage bevorzugte man einen anderen stereotypen Einrichtungsstil. Merkwürdig sinnierte er, da hatte man endlich die Affinität zu Uniformen bezwungen und auf Individualität gesetzt und nun glich man sich bei Stielfragen den anderen an. Frau Mayers Rückkehr riss ihn aus seinem Gedankengespinst. Mit einer Handgeste bat sie ihn, sich auf den zugewiesenen Sessel zu setzen und begann ungefragt zu sprechen:

„Ja, bei der Klara steckte ein feiner Kern in der rauen Schale. Ich durfte meine Flohmarktartikel in ihre Scheune stellen. Nicht einen Cent wollte sie dafür annehmen.“

„Ganz umsonst?“, fragte der Polizist höchst erstaunt.

„Na ja, Sie hat mich gefragt, ob mein Sohn ihr ab und zu zur Hand gehen könne.“

„Lohnt sich der Verkauf von Flohmarktartikeln noch?“

„Früher habe ich mein Einkommen damit aufgebessert. Als teilzeitbeschäftigte Bibliothekarin habe ich nicht übermäßig viel verdient.“

Konrad Schmieg wunderte sich immer mehr. Was verband nur diese Bildungsbürgerin mit der bäuerlich geprägten Klara Reimann? Schon beim Betreten des Wohnzimmers hatte er sich über die vielen Bücher gewundert, die übereinander getürmt in den Regalen lagen. Trotz dieser brennenden Frage verließ er die Ebene eines Dienstgesprächs nicht.

„Und ist Ihr Sohn seiner Verpflichtung nachgekommen?“

Irmgard Mayer antwortete mit einer Gegenfrage: „Weshalb fragen Sie?“

„Ich versuche mir nur einen Überblick zu verschaffen, wie Klara Reimanns Leben ablief. Heute Morgen hat mich nämlich der Neffe von Frau Reimann aufgesucht und mir einige Fragen gestellt, die ich ihm leider nicht beantworten konnte. Unter anderem war jemand so nett und hat ihm ein Frühstück hingestellt“,

„das er für vergiftet hielt“, unterbrach sie ihn.

„Dann war er also schon hier?“

„Ja, er ist ungefähr vor einer halben Stunde wieder gegangen. Und um Ihre Neugier zu befriedigen: Ja, mein Sohn hat ihm ein Frühstück hingestellt.“

Obwohl der Polizist fragend die Augenbrauen hochzog, und bereits mit einem „Ehm“ zur nächsten Frage ansetzte, sprach sie weiter:

„Er war zufällig in der Nähe, als die Notariatsangestellte auf den Hof kam. Weil sie nicht wollte, dass er sieht, wo sie den Hausschlüssel versteckt, bat sie ihn, das Grundstück zu verlassen. Ja und da bekam sie es mit der Hartnäckigkeit meines Sohnes zu tun. Erst als sie ihm vorschlug, am nächsten Tag wieder zu kommen, weil er da auch gleich die Frühstücksbrötchen für Herrn Reimanns mitbringen könne, lenkte er ein. Natürlich hoffte sie, dass er dies wieder vergessen würde. Zum Glück hat sie mich dann doch noch informiert, sodass ich meinem Sohn einschärfen konnte, Herrn Reimann nicht zu wecken und auch nicht so lange im Haus zu bleiben, bis er aufsteht.“

„Ah ja, dann war das also Ihr Sohn!“,

„der ihm das Frühstück hingestellt hat, ja!“, fiel sie ihm nochmals ins Wort und formte ihre Lippen wieder zu einem Lächeln. „Aber da ich die Sachen besorgt habe, mein Sohn wäre damit überfordert gewesen, weiß ich, dass die Wurst weder vergiftet noch verdorben war!“

„Ich würde gerne auf Ihren Sohn und seine Arbeit auf dem Hof zurückkommen. War er oft dort!“

„Das kann man so sagen, ja!“

„Wie kam Ihr Sohn eigentlich ins Reimannsche Haus?“

„Vermutlich wie immer – über die Waschküche! Klara hat ihre Außentüre nie abgeschlossen. Keine Ahnung, ob es überhaupt noch einen Schlüssel für diese Türe gibt.“

Konrad Schmieg standen Schweißperlen auf der Stirn. Kühl war es hier auch nicht gerade. Eigentlich kein Wunder, wenn man die Fenster nicht abdunkelte. Obwohl das Getränk abscheulich schmeckte, nippte er nochmals an seinem Glas. Der alkoholfreie Cocktail hinterließ einen bittersüßen Geschmack auf seiner Zunge. Während des Trinkens hingegen wies die weißlich-gelbe Flüssigkeit eine eher erfrischende Komponente aus, die aber nicht lange anhielt. Dass es zudem wenig geeignet war, den Durst zu stillen, merkte er verstärkt nach dem Verlassen des Hauses. Sein Gaumen fühlte sich klebrig und schal an, glich sich geschmacklich dem Eindruck an, den er von der Hausherrin gewonnen hatte. Heute hatte er es gleich mit zwei Egoisten zu tun. In ihrer Ichbezogenheit stand Irmgard Mayer dem jungen Reimann in nichts nach. Obwohl sie oft auf dem Hof und auch Nutznießerin von Klaras Gutmütigkeit gewesen war, hatte sie auf seine Frage:

„Können Sie mir sagen, was mit den Hühnern der Verstorbenen geschehen ist?“, – schon wieder süffisant lächelnd – geantwortet:

„Da müssen Sie Notar Haussmann fragen. Er ist der Testamentsvollstrecker und war deshalb auch zuständig für solche Dinge. Seit ich von Klaras Tod erfuhr, bin ich nicht mehr auf dem Hof gewesen“.

Auch Notar Haussmann wusste nichts über die Hühner zu sagen. Als er einen Tag nach Klaras Tod auf den Forchenrain gekommen war, hatte er ein leeres Geflügelgehege vorgefunden. Ungefragt hatte er dies – genau genommen könnte man es auch Diebstahl nennen – der Frau zugeschrieben, die Frau Reimann gefunden hatte. Hans Haussmann lockerte den Krawattenknoten und knöpfte den obersten Knopf seines Hemdes auf.

“Ich wollte keine Pfennige glauben, schließlich hat es die Haselbäuerin ja auch als ihre Christenpflicht angesehen, verschiedentlich tätig zu werden. Ich hätte gar keine Zeit gehabt, mich um solche Dinge wie Kirchen- und Sargschmuck zu kümmern. Was denkst du, was einem als Stellvertreter des Bürgermeisters alles aufgelastet wird …“

Obwohl er sich erst kurz zuvor darüber geärgert hatte, dass ihm Irmgard Mayer wiederholt ins Wort gefallen war, ließ Konrad Schmieg nun, um die bereits zur Genüge gehörte Tirade „wenn der Amtsleiter nicht bei bester Gesundheit ist …“ abzuwenden, seinen Gesprächspartner ebenfalls nicht ausreden.

„Konntest du denn keine Angehörigen ausfindig machen, die sich darum hätten kümmern können?“

„Von Klaras Bruder ist keine Adresse bekannt. Nachdem er hier straffällig geworden ist, hat er sich auf und davon gemacht. Weil er nicht wollte, dass seine inzwischen verstorbene Ex-Frau bei ihm absahnt, hat er ne Menge Geld verschoben und …“

„Das weiß ich doch! Ich bin doch nicht Onkel Otto aus Buxtehude“, unterbrach der Polizist seinen Schulkameraden aus der Grundschulzeit nochmals. Konrad Schmieg hatte sich mit der Angewohnheit seines Mitschülers Hans, alles ausführlich zu erklären und x-mal bereits Bekanntes zu predigen, schon immer schwergetan. Mit den Jahren hatte sich dessen Marotte leider noch verstärkt.

„Ich wollte eigentlich nur wissen, ob Klara außer ihrem Neffen noch andere Verwandtschaft hatte!“, formulierte der Polizist seine Frage neu.

„Nein, da gibt es tatsächlich niemanden. Sonst hätte dieser Ulf Reimann ja nicht geerbt.“

„Eigentlich wäre ja zuerst dessen Vater dran gewesen!“

„Weißt du nicht mehr? Der hatte doch nach dem Tod seiner Mutter eine Verzichtserklärung unterschrieben, die auch das Vermögen seiner Schwester einschloss. Vermutlich war das nur so eine pro forma Geschichte, damit Gläubiger nicht an sein Geld kamen“.

„Ach natürlich, ja!“ Mist, jetzt hatte er diesem Pedanten Gelegenheit für eine Belehrung geboten. Der ließ sich heute aber auch alles aus der Nase ziehen.

„Und der Neffe hat sich erst gemeldet, nachdem du ihm mitgeteilt hattest, dass er alles erben wird, stimmt’s?“

Notar Haussmann beantwortete diese Frage nicht. Sein breit gezogener Mund ließ aber darauf schließen, dass er mit seiner Vermutung richtig lag. Wieder einmal sah sich Konrad Schmieg in seiner Menschenkenntnis bestätigt.

„In der Zeit war ich leider im Urlaub. Wir kamen erst eine Woche nach Klaras Beerdigung wieder zurück. Ehm… Ich habe aber gehört, dass sich auch Klaras Freundin, diese Irmgard Mayer, bei allem herausgehalten hat.“

Der Notar nickte und setzte seine Nickelbrille wieder auf, die er zuvor mit einem Papiertaschentuch gereinigt hatte. „Das kann man wohl sagen. Befreundet waren die beiden aber bestimmt nicht.“

„Warum waren sie dann ständig zusammen? Wenn ich beim Maierhof vorbeigefahren bin, stand oft Irmgard Mayers Auto auf der Zufahrt.“

Bevor der Gefragte antworten konnte, setzte Konrad Schmieg ein „Ehm“ nach und stellte eine weitere Frage: „Erst jetzt fällt mir die Namensgleichheit auf. Hat Irmgard Mayer irgendetwas mit dem Maierhof oder den Reimanns zu tun? Eine weitläufige Verwandtschaft, oder so?“

„Das glaube ich nicht! Zumindest besteht keine Verwandtschaft im gesetzlichen Sinn. Aber so eine weitläufige Verwandtschaft spielt ja bei der Erbfolge sowieso keine Rolle. Zudem schreibt sich die Mayer ja mit „y“ und der Hofname wird mit einem „i“ geführt!“

Wieder antwortete der Polizist mit einem „Ehm“, hakte dann aber nach. „Du hast meine Frage noch nicht beantwortet, was die beiden Frauen miteinander verband. Ich habe das Gefühl, dass du mehr darüber weißt.“

„Ist denn diese Frage privater Natur?“

Konrad Schmieg wich mit der Gegenfrage: „Würde ich denn fragen, wenn es keinen Grund dafür gäbe?“ aus.

Der Notar grinste. „Verstehe! Aber bevor sich der Paragrafenschimmel wiehernd ins Fäustchen lacht, weil dir dadurch eine wichtige Erkenntnis durch die Lappen geht, will ich mal nicht so sein.“ Er hob die Hand und spreizte die Finger in die Höhe.

„Aber behalt´s für dich, du weißt die Schweigepflicht! Klara Reimann war nämlich am Tag vor dem Unfall bei mir. Ohne vorherige Terminabsprache platzte sie mitten in einer Besprechung herein. Sie hatte es fürchterlich wichtig, wollte auf keinen Fall, dass die Mayer die Ergebnisse ihrer Nachforschungen in ihrem Buch veröffentlicht.“

Konrad Schmieg zog die Augenbrauen hoch.„Sieh an, die Mayersche schreibt ein Buch! Sicher weißt du auch, worüber sie schreibt und warum Klara Reimann nicht erwähnt werden wollte? Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass Klara etwas zu verheimlichen hatte.“

„All zu viel weiß ich jetzt auch nicht. Ich war an dem Tag zu beschäftigt, um länger mit Klara reden zu können. Und den Termin, den ich für den nächsten Tag mit ihr vereinbart hatte, konnte sie dann leider nicht mehr wahrnehmen. Ich weiß nur, dass Irmgard Mayer sie zur Hofgeschichte befragt hat. Der Maierhof ist ja der älteste urkundlich erwähnte Hof in unserer Gegend und schon seit dem achtzehnten Jahrhundert im Besitz der Reimannschen Familie. Bei ihren Nachforschungen muss Frau Mayer auf irgendetwas gestoßen sein, was der Klara gar nicht behagte!“

„Merkwürdig, dass von diesem Vorhaben noch nichts an die Öffentlichkeit gedrungen ist.“

Notar Haussmann sah kurz auf seine Armbanduhr. „Das wundert mich auch. Möglicherweise wollten die beiden durch ihr Schweigen den WOW-Effekt beim Erscheinen des Buches verstärken. Vielleicht machte ihnen aber auch nur die Geheimniskrämerei Spaß.“

Obwohl außer ihnen beiden niemand im Raum war, neigte er den Kopf näher zu Konrad und senkte die Stimme. „Ganz offensichtlich frönen junge Frauen nicht dieser Leidenschaft. Die Verschwiegenheit ist wohl erst dran, wenn andere Vergnügungen rar werden.“

Wie erwartetet, entlockte er Konrad mit dieser Feststellung ein Schmunzeln. Der Polizist wurde aber sofort wieder ernst. „Wann erscheint denn dieses Buch?“

„Wohl schon bald. Wenn ich Frau Reimann richtig verstanden habe, werden vor allem die alten Geschichten, die sich um den Hof ranken, aufgenommen. Es wird ja gemunkelt, dass sich in der Senkung eine keltische Kultstätte befunden haben soll.“

„Ja, die Energiefeldgeschichte und der ganze Kram! Kann mir vorstellen, dass die Mayer auf diesen Zug aufgesprungen ist. Esoterik ist ja groß in Mode.“

„Du, ich würde das nicht alles von der Hand weisen. Auch Wünschelrutengänger werden belächelt, obwohl sie durchaus Erfolge vorweisen können.“

„Wer’s glauben will, soll’s glauben“, antwortete der Polizist mit einem spöttischen Unterton in der Stimme. „Warum kam sie mit dieser Sache denn zu dir? Ist für so was nicht ein Anwalt zuständig?“

Notar Haussmann grinste: „Du willst damit wohl sagen, dass sie von einem solchen besser beraten worden wäre?“

Als der Polizist zu einer Antwort ansetzte, unterbrach er ihn: „Lass man, du hast ja nicht ganz unrecht. Aber da sie auch davon sprach, dass sie ihr Erbe und die Hofübergabe regeln wollte, habe ich sie erst mal nicht weiter verwiesen.“

„Das klingt ja gerade so, als ob ihr Neffe durch den Unglücksfall profitiert hätte. Womöglich wollte sie ihm nicht alles oder vielleicht auch gar nichts vermachen? Weißt du Näheres?“

Hans Haussmann schüttelte den Kopf. „Nein, mehr weiß ich auch nicht. Ich hatte wirklich keine Zeit, länger mit Klara Reimann zu reden. Sag mal, vermutest du denn, dass unsere liebe Klara keines natürlichen Todes gestorben ist?“

Wunderbar, nun konnte er diesem stoppelhaarigen Anzugträger zeigen, welcher Art seine eigene Auffassung über die Schweigepflicht war. Trotz gewisser Dissonanzen gehörten sie schon seit vielen Jahren dem gleichen Stammtisch an. Bedauern vortäuschend zog Konrad Schmieg leicht die Schultern hoch.

„Hannns“, begann er gedehnt, „Du verstehst sicher, dass ich dir über meine Beweggründe keine Auskunft geben darf. Nur soviel: Ich gehe eigentlich mehr dem Bauchgrimmen eines jungen Mannes nach. Aber behalte unser Gespräch bitte für dich, ich will auf keinen Fall die Gerüchteküche schüren!“

Das Erbe im Keltengrund

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