Читать книгу Das Erbe im Keltengrund - Ariane Nasskalt - Страница 9
Wie der Vater so der Sohn
ОглавлениеKonrad Schmieg strich sich genüsslich über den Bauch. Gedämpfte Nierchen mit Petersilienkartoffeln … Also kochen das konnte sie, seine Elfriede. Leider sah man ihnen an, dass sie keine Kostverächter waren. Besonders seine Frau wurde mit den Jahren immer rundlicher. Trotz ihrer Körperfülle fand er sie immer noch attraktiv. Noch keinen Tag hatte er bereut, dass er ihr zuliebe in Ebendorf geblieben war. Durch seinen ruhigen Außenposten hatte er früher seiner Frau ab und zu die Kinder abnehmen können. Elfriede hatte aber nie viel Zeit für sich beansprucht, sondern bis zur Schließung der Drogeriemarktkette als teilzeitbeschäftigte Verkäuferin hinzuverdient. Wie immer stand seine Frau gleich nach dem Essen auf und trug das Geschirr ab während Konrad gewohnheitsmäßig zu seiner Zeitung griff, die auf der Eckbank bereitlag. Die Schlagzeiten wurden aber immer aufreißerischer, da brauchte es einen nicht zu wundern, dass man hinter alles und jedem einen Mord vermutete.
„Heut Abend komme ich wahrscheinlich erst nach zehn heim. Ulrike hat den Mütterkreis zu sich nach Hause eingeladen.“
Konrad amüsierte es, dass die Frauen ihren Treff nie umbenannt hatten. Inzwischen waren schon längst alle Schützlinge dieses Tratsch- und Babbelkreises erwachsen, die meisten hatten nun schon selbst Kinder, doch die regen Mütter trafen sich nach wie vor zum monatlichen „Meinungsaustausch“. Na gut, so kam sie wenigstens weiter unter die Leute und erfuhr allerlei Neues. Er ließ die Zeitung sinken und sah zu seiner Frau hinüber, die inzwischen den Herd abwischte.
„Hast du eigentlich eine Ahnung, warum die Klara Reimann nie geheiratet hat?“
Elfriede drehte sich kurz zu ihm um und zog die Schultern hoch. „Die Männer werden sich nicht gerade um sie gerissen haben.“
„Aber eigentlich sah sie doch ganz ordentlich aus, jedenfalls hatte sie ne recht propere Figur!“ Weil Elfriede seine Feststellung mit einem Stirnrunzeln kommentierte, fügte er schnell hinzu: „Jedenfalls bevor sie so mager geworden war.“
„Ja, aber ihr Bruder ist doch gleich nach dem Tod des Vaters abgehauen, weshalb klar war, dass Klara dort weiterwirtschaften wird. Welcher Mann will schon auf einen Hof ziehen, auf dem die Altbäuerin das Sagen hat. Es konnte damals ja niemand ahnen, dass die Mutter nicht mehr lange lebt.“
Am späten Abend erfuhr Konrad mehr.
„Die Elke hat gemeint, dass Klara zu Männern ziemlich ruppig war.“
„So, das ist mir gar nicht aufgefallen. Mit mir hat sie sich immer ganz normal unterhalten.“
„Das meine ich doch gar nicht. Was die Liebe betrifft halt. Sie hat sich nie mit einem eingelassen. Aber eigentlich ist das kein Wunder – bei den Familienverhältnissen!“
Elfriedes Psychologiefimmel! Sie machte alles, was sie gelesen hatte, zur Maxime. Und wenn’s um das Thema Beziehungen ging, verbiss sie sich regelrecht. Sie vertrat die feste Ansicht, dass man sich instinktiv immer einen Partner suchte, der ähnlich veranlagt wie der gleichgeschlechtliche Elternteil war. Als ob er irgendeine Ähnlichkeit mit ihrem selbstzufriedenen Vater hätte. Doch am meisten störte Konrad, dass sie meinte, ihn über jegliche Hintergründe aufklären zu müssen. Doch diesmal sprach sie, ohne den üblichen „du-weißt-ja-schon“ Blick aufzusetzen weiter.
„Der Reimann hat ja jedem Rock hinterher geguckt. Ein richtiger Lustmolch war das!“ Elfriede verdrehte verächtlich die Augen. „Auch Klaras Bruder hatte nur Weiber und seine Autos im Kopf.“
„Womit er aber viel Geld verdient hat!“, wandte Konrad ein. Er hat es immerhin zu einem Autohaus gebracht. Und nebenbei hat er auch noch recht erfolgreich Immobilien verscherbelt.“
„Ja und nebenbei hat er auch ständig mit jungen Flittchen herumgemacht. Mit so einem jungen Ding ist er ja dann ins Ausland gegangen“, ergänzte Elfriede. „Sein Sohn ist wahrscheinlich auch nicht besser. Ute hat erzählt, dass er gestern im Supermarkt mit einer Verkäuferin anbandeln wollte. Ganz plump soll er sie gefragt haben: „Hätten Sie Lust, mir heut Abend die Stadt zu zeigen. Es soll dort ja eine tolle Diskothek geben.“
„Und ist sie mitgegangen?“
„I wo, die Sabine doch nicht!“
Elfriede knipste die Stehlampe an, ließ ihren wohlbeleibten Körper in den Fernsehsessel plumpsen.
„Na ja, wenigstens hatte die Klara nicht dieses sexistische Gen in sich“, kam Elfriede überraschend auf das ursprüngliche Thema zurück.
„Wie auch, der Reimann ist ja nur ihr Ziehvater gewesen. Als der ihre Mutter geheiratet hat, ging Klara ja schon in den Kindergarten.“
„Stimmt, das hatte ich ganz vergessen. War eigentlich anständig von dem Reimann, dass er sie adoptiert hat. Wo er doch schon bald nach der Hochzeit einen Sohn bekommen hat.“
„Vermutlich das Anständigste, was der je getan hat. Sonst war der ja nicht gerade ein Gutmensch. Mir war der richtig zuwider. Der soll sogar mal im Vollrausch einen frivolen Witz über seine Stieftochter gerissen haben. Ich kann verstehen, dass die Klara damals – quasi über Nacht – ihre Sachen gepackt hat und gegangen ist.“
„Die Klara hätte in der Stadt bleiben sollen! Ich kann wirklich nicht verstehen, dass sie nach dem Tod ihres Stiefvaters den Hof übernommen hat?“
„Sie war halt zur Bäuerin geboren. Unzufrieden hat sie jedenfalls nicht gewirkt. Und so ein bisschen Dünkel ist ihr ja auch in die Wiege gelegt worden. Ihre Mutter hat sich ja auch immer viel darauf eingebildet, aus dem Maierhof zu stammen.“
Da Konrad nun wieder auf den Fernseher starrte, griff Elfriede in die Erdnussdose, die sich ihr Mann aus der Schrankwand geholt hatte. Während sie mit geringem Interesse die Nachrichten verfolgte, half sie ihrem Gatten, deren Inhalt zu dezimieren. Erst, kurz bevor sie zu Bett ging, erwähnte sie beiläufig, dass der junge Reimann auch in einem anderen Bezug ein ähnliches Verhalten an den Tag legte wie früher sein Vater.
„Der lässt doch tatsächlich diesen Raimund Mayer unentgeltlich bei sich arbeiten! Der arme Kerl muss trotz dieser Bruthitze fast den ganzen Tag Fensterläden abschleifen. Und das auch noch auf vorsintflutliche Art und Weise. Stell dir mal vor, der Reimann hat ihm doch tatsächlich Schleifpapier in die Hand gedrückt!“
Konrad schüttelte den Kopf. Da quasselte seine Frau ewig lang über Männer, die zu sehr am Weiberrock hingen – als ob das etwas Seltenes wäre – und hätte dabei fast das Wichtige vergessen. Die Mayersche, dieses elende Weibsstück, jetzt hatte sie ihrem Sohn schon wieder den Zugang zum Hof erschlichen? Raimund hatte sich doch bestimmt nicht selbst angetragen. Es sah ja ganz danach aus, als sei seine Mutter versessen darauf, dass er dort arbeitete?