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Zwölftes Kapitel

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Inhaltsverzeichnis

Früher, als ein anderes wird von etwas auf vierfache Weise gesagt. Erstens und hauptsächlich geschieht es in zeitlicher Hinsicht, wonach etwas den Jahren oder dem Dasein nach älter als ein anderes genannt wird; denn etwas heisst so, weil es längere Zeit bestanden hat. Zweitens heisst etwas so, wenn es in Bezug auf die Folge des Seins sich nicht umkehren lässt; so ist die Eins früher als die Zwei; denn wenn die Zwei ist, so folgt sofort, dass auch die Eins ist; aber wenn die Eins ist, so ist nicht nothwendig auch die Zwei; deshalb gilt die Umkehrung nicht, dass wenn die Eins ist, auch die andern Zahlen seien, und dasjenige gilt als das Frühere, bei dem umgekehrt der Satz von der Folge des andern nicht statthaft ist.

Drittens heisst etwas früher in Bezug auf eine bestimmte Ordnung, wie z.B. bei den Wissenschaften und den Reden; denn bei den auf Beweisen ruhenden. Wissenschaften beruht das Frühere und das Spätere auf der Ordnung (denn die Elemente sind der Ordnung nach früher als die Figuren und in der Sprachlehre sind die Buchstaben früher, als die Sylben) und ebenso verhält es sich bei den Reden, denn das Vorwort ist der Ordnung nach früher als die Ausführung.

Neben diesen angeführten Fällen scheint auch das Bessere und Geehrtere der Natur nach ein Früheres zu sein und die Menge pflegt von den geehrteren und von ihnen mehr geliebten Männern zu sagen, dass sie die Ersten bei ihnen seien. Indess ist diese Weise des Gebrauchs von Früher wohl die ungewöhnlichste.

Dies sind so ziemlich die Weisen, in denen das Früher gebraucht wird; indess dürfte es ausser denselben noch eine andere Art seines Gebrauchs geben; denn von den Dingen, wo gegenseitig das Dasein des einen aus dem Dasein des andern folgt, dürfte der Grund irgendwie mit Recht das von Natur Frühere gegen die Folge genannt werden und dass dergleichen vorkommt, ist klar; denn das Dasein eines Menschen gestattet die Umkehrung dahin, dass aus dem Sein desselben die Wahrheit der dies ausdrückenden Rede und aus der Wahrheit dieser das Sein desselben folgt; denn wenn der Mensch ist, so ist auch die Rede wahr, womit man ausspricht, dass der Mensch ist; und dies lässt sich auch umkehren; denn wenn die Rede wahr ist, womit man ausspricht, dass der Mensch ist, so ist auch der Mensch vorhanden. Nun ist aber die wahre Rede keineswegs der Grund von dem Dasein des Gegenstandes; wohl aber erscheint der Gegenstand irgendwie als der Grund von der Wahrheit der Rede; denn weil der Gegenstand vorhanden ist oder nicht ist, gilt die Rede von seinem Dasein als wahr oder falsch. Sonach wird also auf fünf verschiedene Weisen das eine als das Frühere gegen das andere ausgesagt.

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