Читать книгу Stille, Ekstase, Glück - Armin Heining - Страница 8

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Einleitung

»Wow! Welch eine Dichte, was für einen Erfahrungsschatz du angehäuft hast.«

So begeistert habe ich den amerikanischen Yogi während meiner Workshops noch nie erlebt. Bisher kannte ich nur den würdevollen Mann mit dem zerfurchten Gesicht und den wilden Locken, der sich in stiller Zurückhaltung übte. Und nun dieser Überschwang.

»Wie gibst du deine Erkenntnisse weiter? Was gibst du den Menschen an die Hand?«

Ist das nicht offensichtlich? Schließlich ist er selbst ein Teilnehmer meines Workshops.

»Nun ja, ich gebe meine Kurse und wünsche mir natürlich, dass die Teilnehmer auf diesem Weg etwas mitnehmen, selbst ihren Weg erkennen.« Ich zögere. »Und da sind ja meine vielen Lehr- und Ratgeberfilme, die ich im Laufe der Zeit veröffentlichen durfte nebst zahlreichen Interviews mit Hintergrundinformationen.«

Die Antwort stellt nicht zufrieden.

»Kann man darin blättern, vorwärts und rückwärts, sich etwas anstreichen und Eselsohren hineinfalten, sich an raschelnden Buchseiten erfreuen, es immer wieder zur Hand nehmen und weiter verschenken?«

»Nein, wohl nicht«, antworte ich zögernd. Die Eindringlichkeit mit der Santosh zu mir spricht, die Weite der Wüstenlandschaft, die zu vollkommen neuen Denkmöglichkeiten einlädt: Auf einmal öffnen sich im Inneren ganz neue Welten.

»Immerhin führe ich schon seit vielen Jahren ein Tagebuch, in dem ich meine Gefühlswelten, Ideen und Eindrücke festhalte und schöpferisch gestalte. Natürlich schreibe ich auch meine Träume auf. Die enthalten oftmals ganz wertvolle Botschaften!«

»Aber es ist ja nicht nur das, was du notiert hast – Träume, die dich umtrieben, seien sie auch noch so bedeutungsvoll«, gibt Santosh zu bedenken.

»Da war ja mehr. Du hast dir doch nichts erspart.«

Er hat natürlich recht. Wenn ich gerade an jene Jahre zurück denke, als ich mich so furchtbar schwer getan habe mit meinem Leben, zwischen meinem fünfundzwanzigsten und siebenundzwanzigstem Lebensjahr: Das habe ich alles dokumentiert in meinem Tagebuch in der verzweifelten Hoffnung, mich irgendwie von dem enormen seelischen Druck zu befreien. Was ich aufschreibe, belastet meine Seele und Gedanken nicht mehr. Das Papier trägt dann die Last meiner Sorgen. So die ambitionierte Idee dahinter.

»Und es ist dir ja dann auch gelungen, zurück in deine Kraft zu gelangen. Du konntest beliebig oft nachlesen, wie weit du zu einem früheren Zeitpunkt schon gewesen warst. Oder was du auch schon mal gewusst hast. Weißt du …« Er macht eine kleine Pause und schaut in den Sternenhimmel.

»Es ist ein bisschen so, als holtest du dir deine Glücksmomente zurück in die Gegenwart, wenn du dich mit ihnen beschäftigst. Und irgendwann ist es selbstverständlich, die Welt anders wahrzunehmen. Zum Beispiel nicht mehr eine Zurückweisung zu erfahren, sondern im selben Moment eine Chance zu ergreifen. Nicht an eine Endstation zu glauben, sondern an die Möglichkeit eines neuen Weges, der nun vor dir liegt, weil der alte zu Ende ist. Die Situation rund um die Diakonweihe ist ein schönes Beispiel für das, was ich meine. Für diesen neuen ›Denk-Mut‹, will ich es mal nennen. Der bescherte dir ja eine ganz neue Sicht auf dein Leben. Und nun stell dir selber die Frage: Hättest du es auf deinem Weg so weit gebracht ohne Tagebücher, ohne die Bücher, die deine gesammelten Erfahrungen enthalten, auf die du zurückgreifen kannst?«

Der eindringliche Blick, die wohlwollenden Worte ergreifen mich tief in meinem Herzen. Ist da nicht etwas Wahres dran? Er hat nicht Unrecht. Gespannt warte ich auf seine nächsten Worte.

»Solltest du diese Bibliothek also nicht auch anderen zugänglich machen, die vielleicht ähnlich wie du in jenen Jahren, glauben, die Kontrolle über ihr Leben verloren zu haben? Mehr wollen in ihrem Leben als ein mittelmäßiges ›Weiter so‹? Nicht mehr daran glauben, ihre Träume verwirklichen zu können?«

»Meinst du wirklich?« Noch habe ich leise Zweifel, auch wenn die Idee einer Veröffentlichung nicht uninteressant ist. Denn vielleicht hilft die Beschreibung meines Lebensweges wirklich anderen Menschen dabei, ihren eigenen Weg deutlicher zu erkennen, ihren inneren Kompass zu richten.

»Ja, selbstverständlich, meine ich das.«

Jetzt lacht Santosh sogar. Als gäbe es für ihn nichts Selbstverständlicheres als mir – spätabends in der kalifornischen Wüste – das nächste große Projekt ans Herz zu legen.

»Darin liegt doch gerade die Spannung, das Erzählenswerte und auch das Lehrreiche: Wie auch die verschlungenen Pfade letztendlich ans Ziel führen. Selbst dann, wenn auch der letzte Hoffnungsschimmer erloschen scheint. Selbst in vermeintlich finsterster Nacht. Der neue Tag bricht an und mit ihm erhellt das Licht eines neuen Tages deinen Pfad. Und macht Mut. Und schenkt dir die Kraft weiter zu gehen.«

»Ja!«

Aus tiefstem Herzen kann ich ihm zustimmen. Muss ich ihm zustimmen. So ist es bei mir gewesen. Gleichzeitig will ich auch die Schattenseite nicht ausklammern

»Aber es dauert natürlich. Und wie oft habe ich mich im Stillen gefragt: ›Wann hört es endlich auf zu dauern?‹«

»Natürlich dauert es. Alles braucht seine Zeit im Leben, Armin. Was mich aber so ermutigt an deiner Geschichte: Sie zeigt, dass es lohnt, den langen Weg zu gehen, mit all seinen Verzweigungen, vermeintlichen Sackgassen und immer wiederkehrenden Serpentinen. Auch wenn es dauert und anstrengend ist und sich Geschichte zu wiederholen scheint: Auch im Kreise geht es voran!«

Wie oft habe ich in den vergangenen Monaten an dieses nächtliche Gespräch am fröhlich flackernden Lagerfeuer denken müssen, wenn das Schreiben des Buches nur im Kriechtempo voranging, die Vielzahl verworfener Manuskripte meine Geduld arg strapazierte. Jahr um Jahr habe ich darauf gewartet, dass die richtige Eingebung uns endlich weiter voranbrächte: lebhaft und lebendig zu erzählen, was mir widerfahren ist, welche überraschenden Wendungen meinem Leben immer wieder neue Ausrichtung und ungeahnten Schwung gaben.

Ganz herzlich danke ich meiner treuen Begleiterin, Diella C. Nsende, die mit mir alle Versionen durchlitten hat und deren schöpferische Kraft zur erzählerischen Dynamik enorm beigetragen hat.

Gemeinsam ist es uns gelungen, die bestmögliche Version meiner Lebensgeschichte herauszuarbeiten, dichtest möglich an meiner Wahrheit.

Beinahe alle Namen habe ich geändert, um die Rechte der Persönlichkeiten zu wahren und respektvoll mit den Erinnerungen der an den damaligen Ereignissen beteiligten Menschen umzugehen.

Die beiden wichtigsten Mentoren auf dem Weg zu mir selbst haben zugestimmt, ihre Namen zu nennen: Lejonidas August – Theologe, Psychologe und Psychotherapeut, Begleiter von Menschen in der meditativen Praxis der christlichen Kontemplation und des Herzensgebetes, Autor, sowie Margot Anand – Psychologin, Begründerin von SkyDancing Tantra, Trainerin, Bestsellerautorin.

Ich hoffe, dass alle erwähnten Beteiligten sich sehr wertgeschätzt fühlen. Ich bin dankbar, dass sie mein Leben kreuzten und einige immer noch an meiner Seite sind.

Gerda Alexander hat mir durch ihr 1976 erschienenes Buch: Eutonie – Ein Weg der körperlichen Selbsterfahrung. München, Kösel, wertvolle Unterstützung gegeben, mich meinem Körper von innen heraus zu nähern.

Das von Emmanuel Jungclaussen 1984 veröffentlichten Buch: Aufrichtige Erzählungen eines russischen Pilgers. Freiburg: Herder, ist mir ein wichtiger Wegbegleiter geworden.

Dietrich Bonhoeffers Gedicht »Von guten Mächten« habe ich zitiert nach der Vertonung von Siegfried Fietz.

Gitta Mallasz ist mir begegnet in ihrem 1984 veröffentlichten Buch: Die Antwort der Engel. Zürich: Daimon.

Alle Bibelstellen beziehen sich auf die Elberfelder Bibel.

Das erste Tantra Buch, das ich in den Händen hielt, ist von Nick Douglas und Penny Slinger, 1986 veröffentlicht: Das große Buch des Tantra. Sexuelle Geheimnisse und Alchemie der Ekstase. Basel: Sphinx.

In meiner Erzählung geht es insgesamt nicht um dich und mich, um Rang und Namen, Ämter und Personen, sondern um den größeren Plan, der hinter all unseren – wie auch immer gearteten – Begegnungen aufscheint. Möge sich dieser Plan dir und mir, uns allen, immer tiefer enthüllen.

Stille, Ekstase, Glück

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