Читать книгу Die letzte Soirée - Arna Aley - Страница 6
Berlin, 1941
ОглавлениеEin Airport Boy in einer Chauffeursuniform kommt auf Fred zu.
AIRPORT BOY
Sir.
FRED
Sir?
AIRPORT BOY
Folgen Sie mir unauffällig, Sir.
FRED
Wo bin ich gelandet?
AIRPORT BOY
In Berlin, Sir.
FRED
Und warum Sir?
AIRPORT BOY
Sie sind aus London gelandet, Sir.
FRED
(schaut nach oben) Siehst du! Der junge Mann glaubt, ich sei ein Engländer! Ich bin das, was die Leute in mir sehen. Ich lüge nie. „The Man About Town“. „Alfred l’International“. Du kannst mich auch König David nennen!
ERSTE SENTIMENTALE
Wann kommst du zurück, Fred?
FRED
Ich bin gerade erst angekommen. (zum Airport Boy) Was haben Sie mit mir vor?
AIRPORT BOY
Ich geleite Sie zum Wagen, Sir.
FRED
Betti, du Schlawinerin! Ich durchschaue deine Absicht! Genau mein Typ! (zum Airport Boy) Ist das eine Einladung zu einem Narrenball?
AIRPORT BOY
Wie meinen Sie das, Sir?
FRED
Sie weiß ganz genau, wie sie mich anpackt! Betti, Betti, Betti!
AIRPORT BOY
Wir müssen nach links, Sir.
FRED
Hat meine Frau Sie engagiert?
AIRPORT BOY
Das weiß ich nicht, Sir.
FRED
Wo fahren wir hin?
AIRPORT BOY
In die Düsseldorfer Straße.
FRED
In eine Wohnung?
AIRPORT BOY
Ja, Sir.
FRED
In eine leerstehende Wohnung?
AIRPORT BOY
Ab morgen wird sie leer sein, Sir.
FRED
Ist es bloß meine überreizte Fantasie, die mir einen Streich spielt, oder erwartet mich dort eine Überraschung?
AIRPORT BOY
Das kann ich Ihnen nicht sagen, Sir.
FRED
Darf ich Ihnen eine direkte Fragen stellen?
AIRPORT BOY
Ja, Sir.
FRED
Wie weit würden Sie gehen?
AIRPORT BOY
Ich verstehe Sie nicht, Sir.
FRED
Heute ist doch der erste April.
AIRPORT BOY
Ja, Sir.
FRED
Kennen Sie jemanden, der am ersten April geboren ist?
AIRPORT BOY
Bismarck.
FRED
Als 17-Jähriger habe ich Bismarck zu seinem Achtzigsten telegraphiert. Damit wurde meine Laufbahn als Schüler des Paulinums in Münster mit dem Consilium abeundi beendet. Auf Deutsch: Ich wurde rausgeschmissen.
AIRPORT BOY
Wegen eines Telegramms an Bismarck?
FRED
In Wahrheit gab es gar kein Telegramm. Ich habe lediglich eine Antwortdepesche verfasst. Im Getreidekontor meines Vaters. Und habe sie aus Spaß in der Kneipe, in der wir unseren „Einjährigen“ feierten, vorlesen lassen. „Seine Durchlaucht lässt den Einjährigen vielmals danken, wünscht viel Vergnügen und frohen Suff-Chrysander.“
AIRPORT BOY
Deswegen sind Sie vom Gymnasium geflogen, Sir?
FRED
Ja. Mein Vater schickte mich auf das Chateau du Rosey, ein exklusives und teures Internat bei Genf, eine Handelsschule. Dort lernte ich Französisch, das Kaufmännische interessierte mich nicht.
AIRPORT BOY
Hatten Sie Sehnsucht nach Zuhause, Sir?
FRED
Ich glaube, dass man in keiner Stadt seine Jugend schöner verbringen kann als in Münster. Abgesehen von den fürchterlichen WC des Paulinischen Gymnasiums, die mich zwangen, meine Notdurft bei Bekannten in der Nähe zu befriedigen. Wissen Sie, wer noch am ersten April geboren ist?
AIRPORT BOY
Nein, Sir.
Fred lächelt zufrieden.
ERSTE SENTIMENTALE
Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, Fred!
FRED
Glauben Sie mir, dass ich heute Geburtstag habe?
AIRPORT BOY
Es könnte auch ein Aprilscherz sein, Sir?
FRED
Wissen Sie, wie der Aprilscherz entstanden ist?
AIRPORT BOY
Nein, Sir.
FRED
Sie kennen sicherlich Heinrich IV., den König von Frankreich. Er war dafür bekannt, dass er eine Schwäche für junge Mädchen hatte. An einem ersten April bat ihn ein unbekanntes 16-jähriges Mädchen um ein heimliches Rendezvous in einem abgeschiedenen Lustschloss. Als Heinrich IV. zu dem Tête-à-Tête erschien, begrüßte ihn der gesamte Hofstaat mit seiner Gemahlin Maria von Medici an der Spitze, die ihm untertänigst dafür dankte, dass er ihrer Einladung zum „Narrenball“ gefolgt sei.
AIRPORT BOY
Ist das eine wahre Geschichte, Sir?
FRED
Ja.
AIRPORT BOY
Warum haben Sie sie mir erzählt, Sir?
FRED
Selbst auf die Gefahr hin, bloßgestellt zu werden –
AIRPORT BOY
Wir sind da, Sir!