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Ein lauer Wind strich über den Boden und ließ die Blätter des niederen Buschwerks rascheln. Ein dünnes Pfeifen lag in der Luft. Pfeilähnliche Vogelschatten zogen über das kurzgetretene Gras, und ab und zu klang ein Krächzen und Ächzen auf.

Zwischen schlanken, hoch aufgeschossenen Bäumen bewegten sich Gestalten unterschiedlichster Herkunft. Sie schienen ratlos, zumindest warteten sie auf etwas, das nicht kommen wollte.

Ab und zu warfen sie Blicke hinüber zu der kleinen, kahlen Kuppe, über der das leuchtende Ei schwebte. Der Ableger besaß einen Körper von etwa einem Meter Höhe und sechzig Zentimeter Durchmesser an seiner dicksten Stelle. Extremitäten wies er keine auf.

Über die Oberfläche des Eises zogen ohne Unterlass Leuchtwellen. Sie änderten ständig ihre Richtung und ihre Farbe. Dunkelblaues bis violettes Licht verbreitete einen tiefen Glanz. Der Körper war rundum von flaumartigen Haaren überzogen, kaum fünf Zentimeter lang. Auch sie leuchteten, und ein winziger Teil von ihnen richtete sich auf die Gestalten.

Nach einer Weile setzte sich das Ei in Bewegung. Zwei Meter über dem Boden glitt es hinüber zum einzigen technischen Gegenstand der Ebene. Ein Raumschiff ruhte da, und seine Außenfläche schimmerte in rosaroten bis hellgrünen Farbtönen. Der Mantel aus gehärteter Jenseitsmaterie ließ das Schiff zu einer uneinnehmbaren Festung werden.

Das leuchtende Ei umrundete das Schiff einmal, dann schwebte es auf die Gestalten zu. Es glitt durch die Bäume hindurch, die in seinem Weg standen, und für ein oder zwei Sekunden versank es zu einem Drittel im Boden. Kurz vor seinem Ziel stieg es wieder auf und blieb hoch oben hängen.

Die Gestalten legten ihre Köpfe in den Nacken oder richteten die entsprechenden Sinnesorgane auf das Ei.

Die Mitglieder des Arsenals begriffen, dass sich in diesem Moment eine Entscheidung anbahnte. Sie bangten und zitterten ihr entgegen. In ihnen nagte das Bewusstsein, dass sie sich dieser Entscheidung nicht würden widersetzen können. Sie waren die Sklaven, die Ausführenden. Über ihnen schwebte der Wächter und Aufpasser, und bald würden sie seine mentale Stimme hören, die sie nie verließ.

Die Penetranz hatte sich allgegenwärtig in ihrem Leben eingenistet.

War es soweit? Stand die Ankunft des Arsenalführers unmittelbar bevor? Die Wellenbewegungen auf dem Eikörper wurden langsamer und bedächtiger. Etwas spielte sich im Innern der Penetranz ab, und sie waren sich ohne Ausnahme sicher, dass die Entscheidung fiel oder gefallen war.

Die Gestalten wandten sich langsam ab und strebten dem Schiff zu. Sie stellten sich vor, dass sie die Ankunft dort erwarten mussten. Wenn der Arsenalführer mit einem Schiff kam, würde er neben der ARSENALJYK landen.

Der Gedanke war logisch.

Inzwischen war die Penetranz ein Stück weiter in den Himmel hinaufgestiegen, als könne sie dort bessere Bedingungen für den Kontakt herstellen. Zweihundert Meter schwebte sie hinauf, ohne dass es Anzeichen gegeben hätte, dass sie mit der verringerten Schwerkraft zu kämpfen hatte. Sie war von jeglicher Gravitation unabhängig.

Dann war plötzlich der Kontakt da.

Anti-ES meldete sich, und es tat es mit der ihm eigenen Intensität, die an einen mentalen Überfall erinnerte. Es war ein Zeichen dafür, dass das Wesen aus der Namenlosen Zone keinen Augenblick seiner Freiheit unnütz vergeudete. Zeit war kostbar, und im Fall von Anti-ES besaß sie eine zusätzliche Bedeutung.

Für die Superintelligenz war Zeit ein Stück Freiheit.

Dies aber konnte die Penetranz in ihrer geringen Eigenintelligenz nicht erkennen.

»Das Arsenal wird sofort mit mehreren Maßnahmen beginnen, die für den Verlauf des weiteren Geschehens von großer Bedeutung sind«, teilte Anti-ES seinem Geschöpf auf mentaler Basis mit. »Es sind Eingriffe nötig, um die Entwicklung des Geschehens zu beschleunigen!«

»Ja«, erwiderte die Penetranz telepathisch. »Beschleunigen!«

»Es geht darum, die Gegenseite abzutasten und ihre Stärke zu ermitteln, gleichzeitig aber die Kraft des Arsenals zu vermehren. Aber das darf nicht zu lange dauern.«

Anti-ES war sich über den Faktor Atlan plus SOL noch nicht in allen Einzelheiten im Klaren.

»Arsenalführer«, sandte die Penetranz einen Gedanken, den sie unablässig aus den Gedanken des Arsenals entnahm. Die Mitglieder standen reglos vor dem Schiff und starrten in den Himmel hinauf.

»Der Arsenalführer ist Kerness Mylotta«, sprach Anti-ES. »Das Arsenal muss seinen Führer von der SOL holen, damit er seine Aufgabe antreten kann. Ich werde ihn so ausstatten, dass er seine Aufgabe erfüllen kann, für die ich ihn vorgesehen habe. Der Arsenalführer ist der wichtigste Diener in meinem Plan. Er wird wie alle Mitglieder des Arsenals deiner Kontrolle unterstehen, da ich ihn nicht permanent lenken kann.«

»Ja«, gab die Penetranz zu verstehen. »Lenken!«

»Verbunden mit diesem Auftrag erhält das Arsenal einen zweiten«, fuhr Anti-ES fort. »Atlan besitzt mit der SOL ein nicht zu unterschätzendes Machtinstrument. Aber eine Person in diesem Schiff ist besonders gefährlich. Sie war es, die meine Falle für Nar'Bon missbrauchte und die SOL in das Transmitterloch lenkte. Wöbbeking entkam mir. Das darf kein zweites Mal geschehen!«

»Sprich!«, sandte die Penetranz einen Gedankenimpuls.

»Cara Doz muss beseitigt werden. Durchschneidet ihren Lebensfaden, so schnell ihr könnt. Sie ist eine Solanerin und besitzt doch übermenschliche Fähigkeiten. Anders lässt es sich nicht erklären.«

»Ja«, stellte das leuchtende Ei erneut fest. »Arsenalführer holen und Cara Doz beseitigen! Sofort!«

»Es sind wichtige Schritte zu unserem Ziel. Es ist nicht der entscheidende Schlag. Dieser kommt aus einer anderen Richtung!«

»Wichtig«, gab die Penetranz zurück. Sie stellte fest, dass der mentale Kontakt zu Anti-ES so abrupt erlosch, wie er zustande gekommen war.

Das Ei sank abwärts, dem Boden des blühenden Planeten der Kreuzgalaxis Bars-2-Bars entgegen. Alles war der Erhaltung dieser Galaxis zugedacht, und Störenfriede mussten beseitigt werden.

Die Penetranz näherte sich der ARSENALJYK und übermittelte die beiden Aufträge an die Mitglieder des Arsenals. Sie pflanzte sie unwiderruflich in ihre Gehirne ein und beobachtete, wie diese teils unterschiedlichen Wesen das Schiff bestiegen und sich für den Flug bereitmachten.

»Arsenalführer wartet«, fügte sie ihrer Gedankenbotschaft hinzu. Das Ei hing jetzt unmittelbar über dem Schiff.

Die ARSENALJYK startete. Sie raste gegen das Ei, das mühelos durch sie hindurchdrang und an derselben Stelle blieb.

Die Penetranz verfolgte, wie das Schiff in den Weltraum stieg und sein Ziel suchte, dessen Koordinaten dem Arsenal gut genug bekannt waren. Alle Mitglieder stammten von der SOL oder hatten mit ihr zu tun gehabt.

Das Schiff verschwand aus dem Normalraum und kehrte weit entfernt in ihn zurück.

Die Penetranz blieb zurück. Ihr Körper schwebte weiter über der Oberfläche des Planeten. Ihr Geist jedoch, ihre Mentalkraft, war allgegenwärtig in den Arsenalmitgliedern enthalten.

Ohne Störung oder Ausfall. So, wie Anti-ES es geplant hatte.

Atlan 639: Der Arsenalführer

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