Читать книгу E-Fam Exodus - Arno Endler - Страница 3

Prolog

Оглавление

Sie saß an der Bar. Obwohl ich nur ihren Rücken sah und die Beleuchtung sehr schummrig war, wusste ich, dass ich Bürgerin Rybinska gefunden hatte. Langsam schlängelte ich mich durch die Tischreihen, bemüht, keine Gläser abzuräumen und die Gäste nicht zu belästigen. Meine Schuhe erzeugten bei jedem Tritt Klettverschlussgeräusche, was an dem klebrigen Boden lag. Offenbar hatte jemand großzügig Saft oder süßen Alkohol verschüttet. Es passte nicht zu dem edlen Ambiente, aber das schien niemanden zu stören.

Der Barhocker zur rechten Seite der Bürgerin war frei, was auch für alle weiteren Thekenplätze galt. So gewann ich sofort ihre Aufmerksamkeit, als ich mich dicht neben sie setzte. Die unausgesprochenen Regeln der Mega-City Neun missachtete man selten ungestraft.

»Banzai«, murmelte ich leise und vermied Blickkontakt. Der automatische Barkeeper, ein grauer Metallkasten mit seitlich angebrachten Armen und einer Lautsprecherbox in der Mitte des Korpus, rollte heran und blieb zentral vor mir stehen.

»Was darf es sein, Bürger?«

»Ich nehme, was die Bürgerin trinkt«, gab ich meine Bestellung auf.

»Ein Cola-Rum-Cocktail, sehr wohl.« Die Maschine sauste davon.

»Sie sind unhöflich«, raunte mir Bürgerin Rybinska zu. Ihre Stimme war in der Realität noch tiefer als auf den Aufnahmen, die ich gesichtet hatte. Es hörte sich an, als hätte sie eine Erkältung. Der Klang erzeugte eine Gänsehaut bei mir.

»Warum?«, fragte ich.

»Sie wissen schon, Bürger Mayer.«

Bitgefuckte Lage! Sie wusste, wer ich war. Den Überraschungseffekt konnte ich von der Liste meiner Pluspunkte streichen.

»Nein, ich weiß nicht, Bürgerin Rybinska«, entgegnete ich. Ein Drink, ziemlich braun, von öliger Konsistenz mit viel Eis darin, tauchte plötzlich vor mir auf der Theke auf.

»Sehr zum Wohl«, meldete der Automat.

Rybinska nahm ihr eigenes Glas und hielt es mir zum Anstoßen hin. Das Geräusch, das die beiden aneinanderstoßenden Gläser ergaben, klang dumpf. Ich nippte an dem Mix-Getränk und spürte den ungewohnten echten Alkohol, der ein warmes Gefühl in meiner Kehle erzeugte.

»Millionen von Menschen, eingepfercht in einen Turm«, ergänzte Rybinska im Plauderton. »Wenn uns eines die Epidemien von 18 und 25 gelehrt haben, dann, dass es nicht ratsam ist, zu sehr aufeinanderzuhocken, sollte es nicht unbedingt notwendig sein. Dies hält Sie jedoch nicht davon ab, sich ungefragt und uneingeladen neben mich zu setzen, obwohl es gleich mehrere freie Stühle gibt.«

»Ich suchte Gesellschaft«, behauptete ich.

Sie sah mich an, hob die rechte Augenbraue zu einem zweifelnden Widerspruch. »Niemand sucht in diesem Turm nach Gesellschaft, Bürger Mayer. Es ist eine Zweckgemeinschaft, entstanden aus purem Bevölkerungsdruck.«

»Das Dilemma der Mega-City«, bestätigte ich. »Jedermann wollte in die großen Städte, bis diese aus allen Nähten platzten.«

Sie nickte mir zu. »Besser bezahlte Jobs, mehr Freizeitangebote, das Verbot jeglichen privaten Fahrzeugverkehrs und natürlich die verschiedenen Umweltkatastrophen, die die Bürger zum Umziehen zwangen. Meine Familie, Bürger Mayer, entstammt den ehemaligen polnischen Kornkammern. Der Lebensraum von Millionen hat sich entvölkert.«

»Das ist der heutige Sektor fünf, nicht wahr?«, fragte ich.

»Ja. Gesperrt, verseucht, lebensfeindlich. Ich vermisse die alte Heimat, obwohl ich selbst nie dort gelebt habe und ein Kind des Turmes bin.«

»Wohin hätte man auch mit all den Menschen gesollt? Es blieb wohl nur der Ausweg, den schwindenden Platz effizient zu nutzen und in die Höhe auszuweichen.«

»Ja, Bürger Mayer. Das ist wahr. Nur leider ist damit der europäische Kontinent entvölkert worden. Was nicht gepflegt wird, verfällt. Und die Anzahl der Bürger, die noch natürlichen Boden unter den Füßen bevorzugen, fällt in den Sektoren weiter. Es konzentriert sich nahezu alles in diesem Turm zu Babel. Wer weiß, wohin diese Entwicklung uns noch führen wird. Wo es endet, wann es endet und wie das Ende aussieht. Aber genug des Smalltalks. Deswegen sind Sie ja nicht hier, nicht wahr? Wie haben Sie mich aufgespürt?«

»Es war nicht leicht, Bürgerin Rybinska. Sie waren geschickt darin, Ihre Spuren zu verwischen.« Dennoch hatten wir sie gefunden. Nach einem ganzen Jahr mit Tausenden von losen Fäden, die Otto und ich zu einem Netz geflochten hatten. Nun, am Ende der Ermittlung, waren nur zwei Kandidatinnen übrig geblieben. Otto observierte derzeit Nummer zwei.

Ich subvokalisierte ihm, dass ich fündig geworden war. Rybinska war der Treffer. Mein Auftraggeber würde zufrieden sein. »Otto?«, hakte ich subvokal nach, denn der E-Fam antwortete nicht. Das war seltsam. Verbunden mit der Tatsache, dass das Subjekt unserer Nachforschungen meinen Namen kannte, fühlte ich mich plötzlich ein wenig verunsichert.

»Stimmt etwas nicht, Bürger Mayer?«, erkundigte sie sich. Eindeutig amüsiert, wie ich feststellen musste.

Ich drehte mich um, schaute in den Gastraum der Bar. Viele Plätze hatten sich geleert. Nur vereinzelt saßen noch Gäste dort. Ein Pärchen, das sich über die Tischplatte hinweg verliebt in die Augen starrte. Ein trauriger, einsamer Trinker, der die Ansammlung von leeren Gläsern vor sich neu anordnete. Dazu drei weitere Tische, die besetzt waren. Niemand achtete auf uns.

»Otto! Bitfucking! Melde dich!«, sendete ich eine verzweifelte stumme Nachricht in das allgegenwärtige Netz.

Rybinska war gefährlich, hatte drei Vertragspartner vergiftet, zwei erstochen und nur einen am Leben gelassen, der jedoch sein gesamtes Vermögen eingebüßt hatte. Mein Auftraggeber.

Ich vermutete, dass sie mir nichts antun würde, zumindest nicht hier in aller Öffentlichkeit. Doch einer Schwarzen Witwe traute niemand wirklich über den Weg.

Ich wandte mich wieder um und nippte, Gelassenheit vortäuschend, an meinem Cocktail. Das Eis klimperte, aber viele Stücke waren klein geschmolzen.

»Mein Mandant hat mich beauftragt, Sie aufzuspüren und zu ihm zu bringen«, sagte ich. »Keine Capcops, keine Schlägertruppe, die das Diebesgut aus Ihnen herausprügeln soll. Nur ein harmloses Gespräch unter ehemals Liebenden.«

»Das soll ich glauben?«, entgegnete Rybinska, die eindeutig meine Aussage bezweifelte. »Sie kennen Timoteusz?« Ohne eine Antwort abzuwarten, sprach sie weiter. »Herzensgut, treu, mit einem Hang zu illegalen Drogen und absolut keiner Ahnung, was er mit seinem Vermögen anstellen soll. Ich bin den Verkäufern, Agenten und Werbespezialisten nur zuvorgekommen. Sie alle nahmen ihn aus wie eine Weihnachtsgans. Er ist jedem Vorschlag, jedem Angebot gefolgt, hat investiert, gekauft und verloren. Dann traf ich auf ihn und gab ihm einen Sinn im Leben. Mich glücklich zu machen. Er hat für eine schöne Zeit mit mir bezahlt. Er braucht das Geld doch gar nicht. Ich mochte ihn.«

»Also kein Grund, das Treffen zu verweigern?« Ich brüllte subvokal nach Otto, wusste nicht so recht, was ich tun sollte, wenn die Bürgerin nicht mit mir kommen würde. Aber der elektronische Famulus blieb mir eine Antwort schuldig.

»Nein, kein Wiedersehen. Es ist vorbei, Bürger Mayer. Ich werde nichts davon ungeschehen machen und schon gar nicht in die wunderschönen Augen Timis sehen. Und denken Sie nicht, ich hätte Ihre ungeschickten Recherchetools nicht bemerkt. Ich wusste vor Wochen, dass man mir nachschnüffelte, und seit fünf Tagen, wer dahintersteckt. Ich könnte mich geehrt fühlen, dass ein Privatermittler mit Ihrer Erfolgsquote auf mich angesetzt worden ist, aber in Wahrheit ...« Sie schwieg, nahm ihr Glas und hielt es mir erneut zum Anstoßen hin. Das Eis hatte sich komplett aufgelöst. Mein Drink schmeckte wässrig.

Sie leerte das Glas in einem Zug. Ich wusste, es war nicht ihr erstes gewesen, und dennoch wirkte sie nicht betrunken, obwohl es sich um echten Alkohol handelte.

Rybinska beugte sich vor, bis sich fast unsere Nasen berührten. »In Wahrheit, Privatermittler Mayer«, flüsterte sie mir zu, »langweilt mich dieses Katz-und-Maus-Spiel. Ich habe es schon zu oft gespielt. Richten Sie Timi aus, dass die Zeit mit ihm wunderbar war, eine der schönsten in meinem ganzen Leben.« Ihre Stimme klang traurig, bis hin zur Sentimentalität. Ein Wesenszug, den ich ihr nicht zugetraut hätte. War da eine Träne in ihrem rechten Auge?

»Aber so etwas lässt sich nicht wiederholen. Ich bin nicht die Frau, die er sich gewünscht hat. Sagen Sie ihm das.« Sie glitt vom Hocker. Ich griff nach ihr, doch meine Muskeln gehorchten nicht. Ein Magnet zerrte mich gen Boden. Ich stürzte, fiel, stürzte tiefer, immer tiefer, ein endloser Abgrund, der mich auffing, Luftströmungen, die an meiner Kleidung rissen, mit ihr spielten. Ich roch salzige Luft und wusste, dass es das Ende sein würde.

Ein winziger Teil meines Verstandes behauptete, dass es nicht real sei. Die emotionalen Komponenten vermittelten mir Todesangst, und dann war da noch der Bestandteil meines denkenden und fühlenden Ichs, der mir einredete, dass ich mich entspannen, mich weiter fallen lassen sollte.

Ich gehorchte.

Und stürzte, –

bis ich Halt fand.

Ich fror. Der Wind toste um mich herum, ich klammerte mich an eine Strebe, vor mir Glas, hinter mir das Nichts, unter mir das Meer. Die Nordsee, der Kanal. Ich blickte hinab und dort dümpelte ein Schiff in schwerer See, ein Container-Freighter.

Ich spürte den Sturm. Über mir die Glasfassade des Sektor-drei-Turmes, des Cloud-Busters, wie er genannt wurde, da seine Spitze mitten hinein in die Wolken reichte.

Ich begaffte meine Hände. Die Hände aus einem anderen Leben hatten noch die Kraft der Jugend, doch ich würde stürzen, wenn ich nicht Hilfe bekäme.

– Es ist die Vergangenheit –, flüsterte meine Ratio.

Ich weiß, antwortete ich stumm. Ich sterbe. Mein Leben zieht an mir vorbei. Sie hat mich vergiftet.

– Wer? –

Die ... Mir war es entfallen. Ich war hier und jetzt. Und meine Anfrage im Netz, ob mir jemand helfen könne, weil ich an der Außenfassade in schwindelerregender Höhe klebte und bald hinabstürzen würde, wurde auf unerwartete Weise beantwortet.

»Hallo!«

»Ja?«, fragte ich subvokal.

»Ihre Net-Bots haben Kontakt zu mir aufgenommen und mir von Ihrer misslichen Lage berichtet, Bürger.«

Der andere hielt mich für einen Bürger. Ich dachte nicht daran, an seiner Einschätzung etwas zu ändern. »In der Tat bin ich in einer Notlage und erbitte Ihre Hilfe. Darf ich nach Ihrem Namen fragen?«

»Nein, Bürger. Das dürfen Sie nicht. Dennoch bin ich willens, Ihnen zu helfen.«

»Dann tun Sie es doch. - Bitte.« Warum wollte er mir seinen Namen nicht verraten? Was war das für ein Kauz? Ich presste meinen Rücken mit aller Kraft gegen die nasse Fassade. Regen prasselte auf mich herab. Wahre Sturzbäche ergossen sich über meine Schultern. Ich bewegte mich so wenig wie möglich, die Kälte kroch in meine Knochen.

Mein Kontakt ohne Namen ließ mich zappeln, bis er sich wieder meldete. »Bedauerlicherweise befinde ich mich selbst in einer Zwangslage und benötige Ihre Unterstützung. Sind Sie bereit für einen Deal?«

Was erwartete er? Ich würde sterben, wenn er mir nicht half. »Ja, ja. Bitte! Beeilen Sie sich«, rief ich.

»Nun, das Geschäft beruht auf Gegenseitigkeit. Soweit es sich mir erschließt, sind Sie kein Bürger. Ich extrapoliere aus Ihrer Situation, dass Sie sich auf der Flucht befunden haben, und weitere Umstände legen mir nahe, dass Sie von Tracker-Dogs verfolgt wurden. Entspricht dies den Tatsachen?«

»Ja, ja, verdammt! Holen Sie mich hier raus!«

»Als Ausgleich für meine Hilfe verlange ich einen Gefallen. Sind Sie bereit, mir diesen zu gewähren?«

»Ja, ja doch. Bitte! Ich flehe Sie an.«

»Der Gefallen hat einen außergesetzlichen Charakter.«

»Das ist mir egal. Ich tue alles.« Es war mir peinlich, aber ich weinte.

»Deal?«, fragte der merkwürdige Kontakt.

»Deal. Deal! DEAL!«

»Danke.«

»Was?« Ich rief es laut, bereute es sofort. Wasser drang mir in Mund und Nase. Ich hustete.

»... mit Ihren Füßen nach hinten.«

»Habe ich nicht verstanden. Können Sie es wiederholen?«

»Ich benötige Ihren genauen Standort. Treten Sie rückwärts gegen die Scheibe.«

Ich tat es.

»Kräftiger!«

Ich fiel fast vom Sims. Meine Zähne schlugen aufeinander vor Kälte. Der Ozeanriese verschwand aus meinem Blickfeld. Ich wünschte den Seeleuten alles Glück der Welt, fragte mich jedoch zugleich, ob ich das Deck treffen würde, wenn ich einfach spränge.

»Jetzt!«

»Was, bitte?«

»Treten Sie zu.«

Ich schwang meinen Fuß nach hinten, doch der Widerstand fehlte. Eine Luke in dieser verdammten Fassade. Versteckt und wahrscheinlich nur von innen zu öffnen.

Ich kletterte hinein, sah zu, wie die Öffnung sich wieder schloss, und legte mich zum Sterben auf den Boden.

»Wir haben nicht viel Zeit. Ich erinnere Sie an den Deal.«

»Aber ich bin müde.«

»Bitte.«

– Otto –, meldete mein Verstand. – Es war Otto. –

Eine Szene aus einer weit zurückliegenden Vergangenheit, aus einem Leben, in dem ich nicht Bürger John Mayer gewesen war. Er hatte mir damals seinen Namen nicht verraten, noch nicht. Ebenfalls nicht, dass er ein elektronischer Famulus war und sein bisheriger Besitzer, der John Mayer vor mir, im Sterben lag.

Otto hatte einen formbaren Nachfolger gesucht, der den Deal nicht ablehnen würde, weil die Lage, in der er sich befand, ausweglos schien.

Und so war ich zu John Mayer geworden, hatte mich an Otto gewöhnt, obwohl ich mir seiner wahren Intentionen nicht immer sicher sein konnte.

Die Bilder von jenem Tag, Erinnerungen und Ängste, verblassten im Wirbel der Schmerzen und der Übelkeit, die mich aktuell befielen. Wie ein Orkan tobten Spasmen entlang meiner Beine bis hoch in den Unterleib. Ich krümmte mich, spürte dabei den harten Untergrund, und ein stechender Geruch von hochprozentigem Alkohol stieg mir in die Nase. Ich war in dieser verdammten Bar und Bürgerin Rybinska, die Schwarze Witwe, hatte mich vergiftet. Die Krämpfe lösten sich und plötzlich hob mich eine Wolke aus Leichtigkeit an. Meine Augen gehorchten mir nicht, denn dort war nur grelles Licht, das mich blendete. Alle Geräusche waren verstummt, in vollkommener Stille schwebte ich in einer Blase aus unnatürlichem Weiß.

Wahrscheinlich hatte sie etwas in meinen Drink gemixt. Welches Gift würde mir wohl ein unrühmliches Ableben bescheren? Und wem würde Otto nun einen Deal anbieten? Ein neuer, frischer, vielleicht aufmerksamerer John Mayer würde mir folgen.

Ich genoss die Schmerzlosigkeit.

»Bürger Mayer?«, störte mich eine Stimme beim Einschlafen. Erkannte ich sie? Wollte ich das überhaupt?

»Sie sterben nicht.«

»Otto?«, fragte ich subvokal.

»Stets zu Diensten, Bürger Mayer.« Dieser leicht ironische Unterton seiner Antwort war unverkennbar. Ich riss mich zusammen, kämpfte gegen die bleierne Schwere in meinem Körper an. Da schälten sich Umrisse, Gesichter aus der Helligkeit.

Ein Mann lächelte mich an, andere wirkten ernst. Meine Hand lag flach auf dem Boden. Er klebte. Ich war in der Bar. Bürgerin Rybinska hatte mich vergiftet.

»Nur unter Drogen gesetzt, Bürger Mayer«, verbesserte mich der E-Fam.

»Otto? Du bist da?«

»Ich war nie weg und werde es nie sein«, entgegnete der E-Fam. Mein Ohrenimplantat übertrug seine Antwort so klar wie sonst auch direkt an mein Hörzentrum.

»Rybinska?«

»Sie ist nicht weit gekommen, Bürger Mayer. Es tut mir leid, dass ich die Gegenmaßnahmen der Bürgerin nicht sofort als solche erkannte. Sie hatte uns erwartet und die Netzzugänge in der Bar vorab manipuliert. Als ich registrierte, dass ich Sie nicht mehr kontaktieren konnte, habe ich unseren Bekannten bei Capital Crime informiert.«

»Oh, gut.« Ich spürte, wie man mich anhob, war aber zu müde, um mich dagegen zu wehren.

»Wohin bringt man mich?«, erkundigte ich mich stumm bei Otto.

»Die Drogen müssen ausgeschwemmt werden, Bürger Mayer. Ich habe Ihnen einen Platz in einer Privatklinik organisiert.«

»Privatklinik?«, hakte ich nach. »Das können wir uns nicht leisten. Dafür reicht doch nicht mal der Erfolgsbonus für diesen Auftrag. Es hat viel zu lange gedauert.«

»Darüber sollten Sie jetzt nicht grübeln, Bürger Mayer. Ich habe bereits einen neuen Auftrag akzeptiert.«

»Was?« Ich hatte laut gesprochen. Eine Hand legte sich auf meine Stirn, eine männliche Stimme bedeutete mir, Ruhe zu bewahren. »Wir bringen Sie in die Klinik, Bürger. Bitte bleiben Sie ruhig liegen.«

»Ich bin beinahe abgekratzt und du hast nichts Besseres zu tun, als mich in den nächsten Auftrag zu hetzen?«, klagte ich subvokal. Ich konnte endlich wieder willentlich meinen Kopf bewegen, sah mich um. Irgendwie hatte sich die Umgebung eingefärbt. Eine Farbverschiebung nach Zartrosa, vermutlich eine Nebenwirkung der Substanzen, die mir Rybinska spendiert hatte.

Otto ließ sich nicht aus der Reserve locken. Er ignorierte meine Proteste. »Wie ich schon erwähnte, waren es lediglich Drogen, die Sie ins Nirwana katapultieren sollten. Keine Lebensgefahr für einen gesunden Menschen. Wobei das Risiko sicherlich bei Ihnen etwas erhöht ist.«

»Was meinst du?«

»Ihre Physical-Fitness-Daten weisen bedenklich unterdurchschnittliche Werte auf. Es wird Ihnen mehr Sport empfohlen, Bürger Mayer.«

Die Welt, die eben noch in zartes Pastellrosa eingefärbt gewesen war, fühlte sich plötzlich hart und kantig an. Ich fühlte mich ungeliebt, einsam und an den Pranger gestellt. »Dafür bleibt mir ja keine Zeit, da ich für zwei schuften muss.«

»Nun, Bürger Mayer, darüber kann man geteilter Meinung sein«, erwiderte Otto und ich bildete mir ein, ein Lachen zu hören, obwohl mir nicht bekannt war, dass ein E-Fam dazu überhaupt in der Lage war.

Es vergingen sechs Monate ...

Go down, Moses,

Way down in Egypt’s land,

Tell old Pharaoh,

Let my people go.

E-Fam Exodus

Подняться наверх