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Zum Geleit.
ОглавлениеEin Vierteljahrhundert hindurch hatte ich Kopf, Herz, Hand und — Füße der Schilderung der Alpenwelt und ihrer Bewohner gewidmet mit dem erfreulichen Erfolg, daß die deutsche Leserwelt es gewöhnt geworden war, beim Anblick meines Namens auf Büchern sofort an die — Alpen zu denken. Freundschaftliche Beziehungen führten dann über die Grenzen des bisherigen Arbeitsgebietes der deutschen Berge; es kam zum Studium von Land und Volk der interessanten Bergslovenen in der südlichen Steiermark; eine Studienreise durch Dalmatien usw. erweckte den Wunsch, den Südosten kennen zu lernen. Sehnsucht und noch viel mehr: Trotz, weil man mich schon in jungen Jahren vor — Kroatien und Slavonien „gewarnt,“ diese Länder höhnisch als — „Halbasien“ bezeichnet hatte.
Der Gewissenhaftigkeit wegen war für die Studienreise durch Dalmatien und Montenegro usw. die kroatische Sprache erlernt worden. Mit der zur Verständigungsmöglichkeit ausreichenden Kenntnis dieses auf heimatlichem Boden verspotteten, aber gar nicht übel klingenden Idioms ausgerüstet, kam es zunächst zu einer Automobilreise durch Kroatien bis zum südlichsten Zipfel dieses in manchen Bezirken märchenschönen Landes, der Küste entlang wieder herauf nach Fiume, worauf der Entschluß zu einem längeren Aufenthalt auf kroatischem Boden gefaßt wurde. Gütige Einladungen seitens des gastfreundlichen Adels führten von Schloß zu Schloß; es begann ein Wandern von einer curia nobilis zur andern, von Dorf zu Dorf mit geschultem Blick für landschaftliche Schönheit und Wildbestand, mit rasch erweiterten Kenntnissen in der Geschichte des Landes, mit der sozusagen Spürnase für echtes Volksleben. Der beste Begleiter war jedoch das — Fundglück.
Die südslavische Gastfreundschaft mutet märchenhaft an; das Schönste an ihr ist für den Forscher und Schriftsteller, daß sie willig gibt, was sie hat: die Chronik des Hauses. Wo das Geschriebene nicht hinreichte, half liebenswürdige Aussprache, das Erzählen alter Familienglieder in Schlössern, Edelsitzen, Dörfern.
Monatelang ein Schöpfen, ein Sammeln fesselnder „Stoffe“ mit verjüngender Schaffensfreude.
Als mit der Ausarbeitung begonnen wurde, vernichtete der Krieg alles.
Mittlerweile hat der Federfuchser die Grenze des Greisenalters überschritten. Und Kroatien gehört jetzt nicht mehr zu Ungarn, sondern zur Država S H S, d. h. zum Staate Srbska (serbisch) Hrvatska (kroatisch) Slovenska (slovenisch).
Ob und wie lange die Verbindung dieser bedeutungsvollen drei Buchstaben währen wird, das zu untersuchen, ist nicht meine Aufgabe. „Zärtliche Liebe“ hat die drei — nicht vereinigt. Auch das gegenseitige Sprachverständnis ist nicht so innig, als man den Fernstehenden glauben machen will. Es hat das hintere S Mühe, sich mit dem vorderen S zu verständigen, weil der Dialekt ausschlaggebend und zu sehr abweichend ist; das H vergeht das vordere S gut, das hintere aber nur dann, wenn der Slovene nach der Schrift sehr rein spricht. Wobei politisch dem H nicht das vordere, sondern das hintere S sympathischer ist aus Gründen, die in der Vergangenheit wurzeln.
Aus Kroatien haben Briefe den Weg in meine Arbeitsstube gefunden, allen Hindernden zum Trotz. Den Bitten lieber Freunde, wenigstens einen Teil des gesammelten „Stoffes“ aus dem Kroatenlande verarbeitet der deutschen Leserwelt zu unterbreiten, komme ich umso lieber nach, als das treue Gedenken Freude bereitete, der Wunsch auf kroatischer Seite, dem Deutschen einen Blick in die alten und neuen Verhältnisse Kroatiens zu gewähren, Beachtung verdient.
Die „Stoffe“ sind zu Skizzen und Erzählungen verarbeitet; ehrlich, gewissenhaft, ohne jede „Schönfärberei“.
München, im März 1920.
Arthur Achleitner.