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Kapitel 1 - Die Spezialbehandlung
ОглавлениеJulia kam mit weit ausgreifenden Schritten den Gehweg entlang.
Sie war auf dem Weg zu ihrer besten Freundin Nadine. Die beiden Frauen hatten sich einige Wochen nicht gesehen, da Julia beruflich sehr viel unterwegs gewesen war.
Eigentlich war sie ständig unterwegs, ging es ihr durch den Kopf. Wofür eigentlich?
Sie verdiente ein gutes Geld, aber eigentlich wünschte sie sich eine Beziehung, irgendwann wollte sie auch Kinder haben. Aber wenn man Karriere machen wollte, dann konnte man sich das mit Mitte zwanzig noch nicht leisten.
Nadine war das genaue Gegenteil von Julia. Sie hatte nach der Schule eine bodenständige Ausbildung im Büro gemacht, zwei Jahre gearbeitet, dann hatte sie geheiratet und zwei Kinder bekommen.
Jetzt, mit Mitte zwanzig, war sie geschieden und alleinerziehende Mutter. Sie ging trotzdem halbtags arbeiten und kümmerte sich am Nachmittag um die Kinder. „Wahrscheinlich hat sie eigentlich den weitaus stressigeren Job als ich“, dachte Julia.
Endlich stand sie vor dem Mehrfamilienhaus, in dem Nadine wohnte. Es passte gut, dass sie sich am Vormittag treffen konnten. Die Kinder von Nadine waren noch im Kindergarten und so konnten die beiden Frauen einen entspannten Vormittag verbringen, Kaffee trinken und sich unterhalten.
Das letzte Mal, als sie sich gesehen hatten, war Nadine der Inbegriff einer gestressten, berufstätigen Mutter gewesen. Sie schien mit Arbeit, Kindererziehung und Haushalt völlig überfordert gewesen zu sein, zumal die Scheidung auch noch lief.
Sie hatte sich mit ihrem Mann eine regelrechte Schlammschlacht geliefert, da er das alleinige Sorgerecht für die beiden Kinder beantragt hatte. Das hatte er Gott sei Dank nicht bekommen, dachte Julia.
Sie drückte auf das entsprechende Klingelschild und drückte die Tür auf, als das Summen des Türöffners erklang. Dann lief sie an den Briefkästen, die unten im Hausflur hingen, vorbei und stieg zwei Treppen nach oben.
Nadine stand schon in der geöffneten Wohnungstür. Sie sah sehr gut aus, entspannt vor allen Dingen. Die Frauen umarmten sich, gaben sich einen Kuss auf die Wange.
„Wir haben uns so lange nicht gesehen.“, sagte Julia, als sie in Nadines Küche saßen und Nadine sie mit Kaffee bewirtete.
Nadine nickte. „Ja, es ist viel passiert in den letzten Wochen.“ Julia sah sie fragend an, aber Nadine lächelte nur. Vielleicht hatte sie jemanden kennengelernt?
Eine Weile sprachen sie dann über die Arbeit und die Kinder, dann erzählte Julia davon, dass sie sich sehr abgespannt fühlte nach den vielen beruflichen Reisen.
„Dieses ständige Übernachten in den Hotels, die Flüge … es ist alles sehr anstrengend. Ich glaube ich muss mir wirklich einmal einen Urlaub gönnen...“ Nadine stand plötzlich, wieder mit diesem seltsamen Lächeln im Gesicht, auf und kramte in ihrer Handtasche.
Dann legte sie eine Visitenkarte auf den Tisch: „Das könne etwas für dich sein!“ Julia warf einen Blick auf die Karte. „Dr. Michael Adams … Gynäkologe“, las sie laut vor.
Sie warf Nadine einen fragenden Blick zu. „Was soll ich denn mit einem Gynäkologen?“ Sie begann zu lachen. „Ich dachte eher an eine Massage oder einen Entspannungsurlaub.“, fügte sie dann hinzu.
Nadine lächelte immer noch dieses seltsame entspannte Lächeln. „Also seit ich bei ihm Patientin war und er mich mit der Spezialbehandlung behandelt hat, bin ich völlig entspannt. Ich bekomme seither alles auf die Reihe: Arbeit, Haushalt, Kinder ...“
Julia sah sie erstaunt an. „Spezialbehandlung von einem Gynäkologen? Was soll denn das bitte sein?“
Nadine lachte laut auf. „Du hast doch nichts zu verlieren oder? Nimm dir die Visitenkarte mit und rufe an. Lass dir den letzten freien Termin am Freitag geben und du wirst schon sehen und nimm dir den Abend nichts vor. Die Behandlung ist sehr intensiv!“ Sie lächelt vielsagend und wissend.
Julia schüttelte den Kopf und steckte die Visitenkarte ein. Vielleicht konnte es nichts schaden und ihre jährliche Routineuntersuchung war sowieso wieder fällig.
Somit könnte sie zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Und wenn er der völlig überforderten Nadine hatte helfen können, dann könnte er ihr vielleicht auch helfen.
Der restliche Vormittag verging, ohne, dass die beiden Frauen das Thema noch einmal anschnitten. Nadine schien zu spüren, dass sie Julia neugierig gemacht hatte und weigerte sich vehement, das Thema noch einmal zu besprechen.
Irgendetwas verschwieg ihre Freundin ihr, dessen war sie sich sicher.
Nur was?
***
Julia machte sich also auf den Heimweg.
Ihre Gedanken schwirrten um die Visitenkarte und zu Hause angekommen holte sie sie aus ihrer Tasche und drehte sie zwischen ihren Fingern umher. Schließlich sah sie zur Uhr.
Bis dreizehn Uhr hatte die Praxis offiziell geöffnet. Sie konnte also noch anrufen und sich einen Termin für die nächste Woche geben lassen. Also ergriff sie ihr Handy und wählte die Nummer.
Am anderen Ende der Leitung meldete sich eine junge Frau: „Praxis Dr. Adams, Sie sprechen mit Schwester Jana, was kann ich für Sie tun?“
Julia holte Luft. „Guten Tag, mein Name ist Julia Knox. Ich hätte gern den letztmöglichen Termin an einem Freitag bei Ihnen.“
Sie konnte das Lächeln der Schwester durch das Telefon förmlich hören. „Ja, selbstverständlich, Frau Knox. Ich schaue nur einmal kurz ...“ Am Telefon trat eine kurze Pause ein. „… Sie könnten direkt heute um siebzehn Uhr zu uns kommen.“
Julia nickte, bis ihr einfiel, dass man das durchs Telefon nicht sehen konnte. „Ja, das ist sehr schön, vielen Dank.“
„Bringen Sie bitte Ihre Versichertenkarte und viel Zeit mit. Dann sehen wir uns heute um siebzehn Uhr, Frau Knox. Auf Wiederhören!“ Julia legte ihr Handy Beiseite. Um siebzehn Uhr am Freitagnachmittag einen Termin beim ihrem neuen Frauenarzt.
Sie konnte sich wahrlich etwas Besseres vorstellen. Und wenn sie Zeit mitbringen sollte, dann würde das Wartezimmer wahrscheinlich aus allen Nähten platzen. Julia hasste Arztbesuche. Gott sei Dank war sie so gut wie nie krank.
Sie blickte auf die Adresse der Praxis, die ebenso wie die Telefonnummer und die Öffnungszeiten, auf der Visitenkarte vermerkt war. Sie würde etwa eine halbe Stunde Fahrzeit einplanen müssen.
Wieder ein Blick auf die Uhr. Sie hatte noch etwas Zeit. Sie würde noch duschen gehen müssen und sich entsprechend anziehen müssen. Das dauerte nicht lange. Die Zeit bis dahin würde sie mit Arbeit verbringen.
Also setzte sie sich an ihren Schreibtisch und schaltete ihren Laptop ein.
Sie verspürte ein leichtes Kribbeln in ihrem Unterleib. Noch einmal blickte sie auf die Visitenkarte und schüttelte mit dem Kopf. "Spezialbehandlung", flüsterte sie abfällig und wandte sich den Bildschirm zu.