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Die Zeit ohne Gott


Wie kam es dazu, dass ich nach so langer Zeit, ja ich kann fast sagen, nach beinahe einem halben Leben Gottes übergroße Liebe für mich erkannte? Dazu muss ich etwas weiter „ausholen“: Mein Vater war ein sehr religiöser Mann, der jeden Sonntag den Gottesdienst besuchte. Schon von Kindesbeinen an „durften“ wir – meine Schwester und ich – ebenfalls jeden Sonntag zum Gottesdienst mit kommen.


In meiner Teenagerzeit rebellierte ich dagegen, aber es gab niemals eine Ausnahme: Ich „durfte“ immer mit. Je älter ich wurde, desto weniger wollte ich in den Gottesdienst. Oftmals hatten wir auf dem Weg zum Gottesdienst Streit, weil ich heftig dagegen protestierte. Was passierte? Ich saß im Gottesdienst, wollte überhaupt nicht dort sein, ich war wütend, bockig und stinkig und fand alles total ätzend und langweilig. Zudem durfte man dort nicht lachen, man musste schön leise sein, durfte – wenn überhaupt - nur flüstern, musste still und brav dasitzen. Alles war so ernst, so bedrückend, so freudlos und es wurde viel von Sünde und Unwürdigkeit gesprochen.


Auch Jesus mit seiner Dornenkrone, der leidend am Kreuz hing, trug nicht zu meiner Auferbauung bei.


Heute habe ich erkannt, dass mein leiblicher Vater mich zu Gott hinführen und mir damit etwas Gutes geben wollte. Nur war es leider nicht die richtige „Methode“. Ich war der Meinung, Gott sei streng, strafend, unnahbar, leidend und fern von jeder Freude. Und dann hing Jesus mit seiner Dornenkrone auch noch so leidend am Kreuz und hatte solch’ ein schreckliches Ende erlitten.


Irgendwie verursachte mir das Kreuz an dem Jesus hing Unbehagen. Ich hatte Angst, dass es mir auch so wie ihm ergehen könnte und das wollte ich wirklich nicht. Nein, von all’ dem hatte ich die Nase gestrichen voll, das brauchte ich nicht, das war weder auf erbauend noch ermutigend. Als ich mit 18 Jahren volljährig wurde, wollte ich von Gott nichts mehr wissen und ging auch in keinen Gottesdienst mehr. Kam jemand mit Gott oder der Bibel, habe ich die Flucht ergriffen. Ich habe auch über Gott nicht sehr freundlich gesprochen. Das was in der Bibel steht habe ich nicht verstanden und als Blödsinn abgetan.


O bwohl die Welt von der Weisheit Gottes durchdrungen ist, konnte sie ihn durch ihre Weisheit nicht finden. Gott hat eine Botschaft, die unsinnig erscheint, dazu benutzt, alle zu retten, die daran glauben.

(1.Korinther 1,21)


Kirchlich geheiratet habe ich dann aber trotzdem, ganz in Weiß in einem schönen romantischen Brautkleid; das gehörte einfach zum Heiraten dazu. Gott wollte ich zwar nicht, aber sicherheitshalber…Auch meine Kinder wurden getauft und konfirmiert. Gott wollte ich zwar nicht, aber meine Kinder wollte ich trotzdem nicht ungetauft und unkonfirmiert lassen, sicherheitshalber…


So lebte ich viele viele Jahre ohne Gott und war der Meinung, ich brauche Gott nicht, es geht auch gut ohne ihn. Aber irgendwie – irgendetwas fehlte in meinem Leben. Ich wusste nicht was und suchte es, wie viele andere Menschen auch, im Äußeren. Trotz vieler Unternehmungen und Aktivitäten war mit der Zeit alles fade und schal, es war eh’ doch immer das Gleiche, die echte Freude fehlte. Noch mehr Klamotten, tolle Urlaube, noch mehr Schmuck und so weiter und so fort. Immer mehr, immer größer, immer teurer und trotzdem wuchs die Unzufriedenheit. All’ das brachte nur kurzzeitig Freude und dann war alles wieder so wie vorher. Es fehlte irgendwie immer noch etwas. Nur was?


Es war wie ein Hauch der nicht zu fassen war. Ein Gefühl, das kann doch nicht alles gewesen sein. Nicht immer bewusst suchend, aber doch immer auf der Suche. Unzufriedenheit, die nagte, aber nicht zu definieren war.


Natürlich hätte ich dies niemals vor anderen Menschen zugegeben. Auch vor mir selbst habe ich dies nur in wenigen Momenten zugegeben, es dann aber schnell wieder verdrängt.


1995 landete ich mit meinem Mann in der Esoterik. Wir gingen einmal wöchentlich in ein Meditationszentrum; hier wurden Meditationen angeboten um zu sich zu finden, sich selbst zu entdecken und zur Ruhe zu kommen und das tat uns zu diesem Zeitpunkt gut. Dort wurde von weißem Licht und göttlicher Energie gesprochen, das fand ich schön; göttliche Energie und weißes Licht, damit konnte ich mich arrangieren. Irgendwie war die Vorstellung von weißem Licht und göttlicher Energie angenehm, irgendwo war da eine Sehnsucht nach mehr, aber von Gott selbst wollte ich immer noch nichts hören und nichts wissen.


Mein Mann und ich gingen einige Jahre in dieses Meditationszentrum. Doch auf einmal merkte ich, dass es für mich nicht mehr stimmig war, dass es nicht mehr weiterging, dass es immer dasselbe war und dass es mir nichts mehr brachte. Ich ging dann nicht mehr dorthin und vermisste auch nichts. Mein Mann ging noch ein Jahr alleine zur Meditation, aber es brachte ihm auch nicht mehr viel und wir beide überlegten: Wo gibt es mehr? Wo finden wir das „mehr“? Wo könnten wir denn hingehen, vielleicht in ein anderes Meditationszentrum?


Wo geht es weiter? Mein Mann sagte immer: Es muss doch noch etwas geben wo es weitergeht, es muss doch noch mehr geben. Ich konnte ihm darauf immer nur antworten: Aber wo und wie? Ich weiß es auch nicht. Letztendlich gingen wir dann nirgendwo mehr hin, weil wir wirklich nicht wussten, wo wir das finden konnten, was wir suchten. Wir wussten ja beide selbst nicht, was wir eigentlich suchten.


Ich wurde immer unzufriedener, begann schon verbittert zu werden, verlor meine fröhliche und optimistische Lebensart. Wie einfach fiel es mir früher herzhaft und ausgiebig zu lachen. Auch dieses Lachen hatte ich fast verloren. Ich hatte eine Maske aufgesetzt. Meinen Mitmenschen spielte ich weiterhin einen fröhlichen und optimistischen Menschen vor. Aber ob sie es mir auch geglaubt haben? Das was innen ist, kommt nach außen, d.h. man sah es mir auch an. Für mich war das Leben grau, fade, schwer und langweilig. Ich war der Meinung, so wie mir geht es auch vielen anderen Menschen, so ist das Leben halt, eigentlich geht es mir doch ganz gut. Zudem hörte ich auch von den Menschen die ich kannte und mit denen ich mich unterhielt nichts anderes.


Probleme, Sorgen wurden gewälzt und besprochen, Angst gesät und geerntet. Wir haben alle unser Joch zu tragen. Das Leben ist nun mal kein Zuckerschlecken, so ist das halt nun mal. Warum soll es dir anders gehen als uns?


Man muss froh sein, wenn man einigermaßen über die „Runden“ kommt. Nur nicht zu hoch hinaus, denn: hoch gestiegen, tief gefallen. Lieber nicht zu viel vom Leben erwarten, dann kann man auch nicht zu sehr enttäuscht werden.


War das ein angenehmes, gutes und freudiges Leben?

Gott liebt Dich so sehr

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