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ОглавлениеDer Notar in der Falle.
Jeremias Gotthelf
Vorwort
Albert Bitzius, geboren den 4. Oktober 1797 zu Murten, studierte in Bern und nachher einige Zeit in Göttingen, wurde 1832 Pfarrer zu Lützelflüh im Emmental, wo er den 22. Oktober 1854 starb. Im Drange politisch-religiös-sozialen Wirkens veröffentlichte er unter dem Namen Jeremias Gotthelf jene allbekannten Schriften, die im reichsten Maße Freunde und Gegner gefunden haben. Gotthelf ist eine mit großer dichterischer Kraft ausgestattete Kernnatur, der es jedoch selten einfällt, rein dichterisch wirken zu wollen. Sein Streben ist auf sittliche und wirtschaftliche Verbesserung seiner Bauern gerichtet, wobei er, der zum Sturze der Berner Aristokratie mitgewirkt, dem Radikalismus gegenüber Kehrt macht, um sich diesem als entschlossener, charaktervoller "Reaktionär" entgegenzuwerfen; und die Fülle von Poesie, die er in seinen Schilderungen des Volkslebens entwickelt, ist meist nur wie eine unwillkürlich nebenher laufende Temperamentseigenschaft, die ihn nicht verhindert, Züge von gewaltiger Schönheit mit ebenso unästhetischen, ja ganz unleidlichen Auswüchsen zu mischen. Nur in wenigen seiner kleineren Dorfgeschichten ist der lehrhafte Zug, der stellenweise an den Kanzelton erinnert und seine großen Volksbücher, "Uli der Knecht," "Leiden und Freuden eines Schulmeisters" u. a. m., durchaus beherrscht, bis auf ein gelegentliches Einmischen derber, sprichwörtlicher Lebensweisheit gemildert. So steht Gotthelf in der Mitte zwischen seinem trefflichen Landsmanne Pestalozzi, dessen "Lienhard und Gertrud" noch ganz als moralisches Not- und Hilfsbüchlein gedacht ist, und den deutschen Meistern der Dorfgeschichte, in deren Sittenschilderungen das Element der Sittlichkeit keine andere Rolle spielt, als in allen dichterischen Verklärungen des Lebens.
Leider ist es uns versagt, die Erzählung, der wir den Preis zuerkannt, "Wie Christen eine Frau gewinnt", unsern Lesern vorzuführen, da die Verlagshandlung so eben diese und andere ausgewählte Dorfgeschichten Gotthelfs in einer illustrierten Volksausgabe erscheinen lässt. Indem wir uns aber vorbehalten, in einem der späteren Bände eine sehr merkwürdige und dem Charakter nach ganz alleinstehende Dichtung G.‘s, seinen "Kurt von Koppigen", zu bringen, freuen wir uns, bei der Armut unserer Literatur an echt humoristischen Erzählungen, unserem Novellenschatz eine kleine "Stadtgeschichte" einfügen zu können, die von Allem, was G. geschrieben, dem Begriff der eigentlichen Novelle am nächsten kommen dürfte und eine sehr lustige Erfindung in glücklichster Weise durchführt. Zwar wirkt auch hier die unausbleibliche Säure gegen die liberale Richtung störend mit, da der Spekulant, um den es sich handelt, der Naturwahrheit völlig unbeschadet ebenso gut ein Konservativer als ein Radikaler sein könnte; aber die behagliche Schalkhaftigkeit aller andern Partien überwiegt glücklich diesen unliebsamen tendenziösen Zug, und der unerwartet versöhnende und gutherzige Schluss entlässt uns mit dem heitersten Eindrücke.
Noch erübrigt uns, die mundartlichen Ausdrücke, welche Gotthelf in sein mitunter ziemlich krauses Hochdeutsch einzuflechten pflegt, so weit als nötig zu erklären:
Seimeisterin: seien heißt im Berner Oberlande ein Gemeingut nach der Zahl der Kühe schätzen, die es ernähren kann. — Ihns (mit nasalem i gesprochen) ist der Akkusativ des persönlichen Es, das auf Diminutivnamen, z B. das Vreneli, aber auch auf Tiernamen, die im Neutrum stehen, z. B. das Eichhorn u. dgl., sich bezieht; kommt bekanntlich auch bei Hebel vor. — Währschaft: entweder, was währt oder, was gewährleistet werden kann; dauerhaft, tüchtig, derb. — Werweisen : in der Irre gehen, unentschieden schwanken, im Zweifel sein. — Von wegen: denn. — Ringgeln: schnallen, festschnüren. — Bessern: besser werden. — z'Best; z'Sach: das Beste; die Sache. — Wo wird auch für das Relativpronomen gebraucht.
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