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Die Geschichte des Diethelm von Buchenberg.

Berthold Auerbach.

Vorwort

Berthold Auerbach, geboren zu Nordstetten auf dem Schwarzwald den 28. Februar 1812, jüdischer Abkunft und zum Rabbiner bestimmt, besuchte die Schule in Hechingen, dann die Gymnasien in Karlsruhe und Stuttgart, studierte 1832 — 1835 in Tübingen (wo er in die Untersuchung gegen die Burschenschaft verwickelt wurde), München und Heidelberg; nach Vollendung seiner akademischen Studien widmete er sich ganz der Literatur; nahm seinen Wohnsitz abwechselnd an verschiedenen Orten Deutschlands, neuerdings in Berlin.

Wir haben hier weder die reiche literarische Tätigkeit Auerbachs zu schildern noch die Stellung zu bezeichnen, welche die Dorfgeschichte hauptsächlich durch sein Verdienst in unserer Dichtung eingenommen hat. Auch ist die ergreifende Erzählung, die wir ausgewählt haben, ohne jeden Kommentar ihrer Wirkung gewiss. Dass wir aber gerade ihr vor so vielen den Vorzug gegeben haben, geschah aus dem Grunde, weil sie besonders glücklich zwei Gefahren, die im Charakter der Gattung liegen, teils schon durch ihr Thema, nicht minder aber durch die meisterhafte Behandlung entgangen ist.

Im fünften Buch seines "Münchhausen" sagt der Vater der Dorfgeschichten über den Charakter der Bauern: "Der Bauer ist zwar viel im Freien, aber nichts weniger als ein Naturmensch. Er hängt so sehr von Konvenienz, Herkommen, Standesbegriffen und Standesvorurteilen ab, wie nur die höchste Classe der Gesellschaft. Im Mittelstande allein gilt die Freiheit des Individuums, in diesem Stande fließt einzig der Strom der Selbstbestimmung nach Charakter, Talent, Laune und Willkür. Der Bauer denkt, handelt, empfindet standesmäßig und hergebrachter Weise."

Dieses Überwiegen eines einförmigen, unverbrüchlichen Herkommens bringt es mit sich, dass der Dichter, wenn er den Kreis der Hauptereignisse eines so eingeschränkten Lebens durchlaufen und die typischen Grundzüge nach ihren lokalen Besonderheiten geschildert hat, seinen Stoff unerwartet schnell erschöpft sieht. Da er dem Boden, der so gleichgeartete Charaktere trägt, wie die Halme eines Kornfeldes, zwischen denen Blumen und Unkraut wuchern, nichts Neues mehr abzugewinnen weiß, wird er entweder sich wiederholen und ewig dieselben Heiratsgeschichten mit kleinen Veränderungen auftischen, oder er fühlt sich versucht, fremde Kulturpflanzen einzuführen, unbildlich gesprochen Stimmungen, Gefühle, Konflikte und Anschauungen aus anderen Kreisen in die bäuerlichen einzuschwärzen. Er lockert, ohne es selbst zu merken, die traditionelle Gebundenheit seiner Charaktere, die ihm selbst unheimlich wird, und indem er die Kulturbedingungen, die das bäuerliche Leben einengen, gleichsam nur als das äußere Gewand bestehen lässt, da es doch nirgends so wahr wie hier ist, dass Kleider Leute machen, stattet er seine Figuren mit all jener Freiheit aus, zu der die Menschen nur durch überlegene Bildung und Kenntnis der Welt gelangen können.

Diethelm von Buchenberg dagegen ist zugleich ein treues Kulturbild im strengsten Sinne der Dorfgeschichte und ein Charakterbild von einer Schärfe und Feinheit, einem Reichtum individueller Züge, wie wir wenig Ähnliches aus höheren Kreisen der Gesellschaft besitzen. Wäre es dem Dichter möglich gewesen, neben die tiefen Schatten auch eine lichtere Gestalt zu stellen, ohne die Einheit seiner Komposition zu gefährden, so würde man in diesem Werk gleichsam einen Kanon aller Dorfnovellistik haben, welcher für Höhen und Tiefen und die behagliche Mitte dieser ländlichen Welt den überall zutreffenden Maßstab gäbe. Denn auch die Fäden, die zu andern bürgerlichen Zuständen hinüberleiten, sind kunstreich eingewoben, und somit das Gefühl der Grenzen deutlich wach erhalten. In der Darstellung aber waltet ein so kräftiges Gleichmaß, ebenso entfernt von tendenziöser Rhetorik wie von allzu niederländischer Breite, dass auch in dieser Hinsicht unsere Novelle als ein wahres Muster ihrer Gattung bezeichnet werden darf.


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Deutscher Novellenschatz 7

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