Читать книгу Vier Bücher über das Symbolum an die Katechumenen - Augustinus von Hippo - Страница 5
Erstes Buch.
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* Nach einigen einleitenden Bemerkungen über das Symbolum und die Pflicht, es auswendig zu lernen, geht Augustinus zur Besprechung der einzelnen Artikel über. Der allmächtige Gott ist der Schöpfer des Himmels und der Erde; zum Herrn der Erde hat er den Menschen bestellt, aber dieser ist gefallen unter die Botmäßigkeit des Teufels gerathen. Gott Sohn ist ebenso allmächtig wie Gott der Vater; er ist kein zweiter Gott, sondern Vater und Sohn sind nur ein Gott (c. 1 u. 2). *
Wegen der Erlösung des gefallenen Menschen ist Gott Sohn wunderbar aus Maria der Jungfrau Mensch geworden. Seine ewige Geburt aus dem Vater ist noch wunderbarer, da Vater und Sohn gleich ewig sind; ein Bild dieser Zeugung ist das Feuer und sein Glanz. Durch sein Leben wollte er uns seine Geduld lehren, eine Geduld, welche wie die des Job frei von selbstsüchtigen Gedanken sein soll. Christus, nun im Himmel in der ewigen Seligkeit, wird aber von dort kommen, um die dann noch Lebenden und die bereits Gestorbenen oder auch um die Guten und die Bösen zu richten (c. 3 u. 4).
Auch der hl. Geist ist wahrer Gott, da ihm Gott der Vater unsere Leiber zum Tempel gebaut hat. Ein anderer Tempel Gottes ist die Kirche, die im Kampfe gegen die Häresieen immer siegreich ist. Durch die Taufe werden alle Sünden vergeben, nach der Taufe werden geringe Sünden durch das Gebet erlassen, schwere Sünden aber können nur durch die Kirchenbuße getilgt werden. Nichtgetaufte können überhaupt keine Vergebung der Sünden erwarten. Christus unser Haupt ist auferstanden, daher werden auch wir auferstehen und uns im ewigen Leben erfreuen (c. 5—9.).
1. Bemerkungen über den Empfang des Symbolums; dasselbe lehrt zunächst den Glauben an den allmächtigen Vater, der Himmel und Erde und Alles, was darinnen ist, erschaffen hat. Den Menschen hat er zum Herrn über die Geschöpfe bestimmt, aber dieser ist durch die Sünde unter die Botmäßigkeit des Teufels gerathen, und daher erklären sich die Exorcismen.
Empfanget, Söhne, die Glaubensregel, welche Symbolum genannt wird.1 Wenn ihr dasselbe empfangen habt, so schreibet es in euer Herz nieder und saget es täglich für euch; bevor ihr schlafet und bevor ihr das Schlafgemach verlasset, waffnet euch mit eurem Symbolum. Niemand schreibt das Symbolum auf, um es lesen zu können, das geschieht nur, um es zu überdenken, damit nicht etwa Vergeßlichkeit Das austilge, was die Sorgsamkeit übergeben hat. Euer Gedächtniß sei euer Buch! Was ihr hören werdet, das sollt ihr glauben, und was ihr glaubet, das sollt ihr mündlich wiedergeben. Denn es sagt der Apostel:2 „Mit dem Herzen glaubt man zur Gerechtigkeit, und mit dem Munde erfolgt das Bekenntniß zur Seligkeit.“3
Das also ist das Symbolum, das ihr merken und wiedergeben sollet. Die Worte, die ihr gehört habt, sind in der Schrift zerstreut, aber sie wurden dort gesammelt zusammengestellt, damit nicht das Gedächtniß schwach begabter Menschen sich abmühen, sondern damit jeder Mensch sagen und behalten könne, was er glaubt. Habt ihr soeben nur gehört, daß Gott allmächtig sei? Nein. Denn ihr erhaltet ihn demnächst zum Vater,4 wenn ihr durch die Mutter, die Kirche, geboren seid. Daher habt ihr schon empfangen, überdacht und mit Bedacht festgehalten, daß ihr saget: „Ich glaube an Gott, den allmächtigen Vater.“ Gott ist allmächtig, aber trotz seiner Allmacht kann er nicht sterben, nicht getäuscht werden, nicht lügen und, wie der Apostel sagt:5 „kann er sich selbst nicht verläugnen.“ Wie Vieles kann er nicht und ist doch allmächtig, und zwar allmächtig, weil er es nicht kann. Denn wenn er sterben könnte, so wäre er nicht allmächtig; wenn er lügen, täuschen, getäuscht werden und ungerecht handeln könnte, so wäre er nicht allmächtig, weil er bei solchen Eigenschaften der Allmacht unwürdig gewesen wäre. Unser allmächtiger Vater kann durchaus nicht sündigen. Er thut Alles, was er will; denn er ist die Allmacht selbst. Er thut Alles, was er gut, und Alles, was er gerecht will; was aber schlecht geschieht, das will er nicht. Niemand hindert den Allmächtigen zu thun, was er will.
Er selbst hat Himmel und Erde, das Meer und Alles, was darinnen ist, das Sichtbare und das Unsichtbare gemacht. Das Unsichtbare, wie im Himmel: die Thronen, die Herrschaften, die Fürstenthümer, die Erzengel und Engel,6 unsere Mitbürger, wenn wir gut leben werden. Er hat am Himmel Sichtbares gemacht: Sonne, Mond und Sterne. Durch seine Landthiere zierte er die Erde, er erfüllte die Luft mit Vögeln, das Land mit Thieren, die auf Füßen gehen oder kriechen, und das Meer mit Fischen: Alles hat er mit seinen eigenthümlichen Thieren angefüllt. Auch den Menschen hat er nach seinem Bilde und Gleichnisse dem Geiste nach erschaffen,7 daher kann der Geist als das Ebenbild Gottes nicht einmal von sich selbst begriffen werden. Wir sind erschaffen worden, um über die übrigen Geschöpfe zu herrschen, aber durch die Sünde sind wir im ersten Menschen gefallen und insgesammt zur Erbschaft des Todes herabgekommen. Wir wurden niedrige Sterbliche, von Furcht und Irrthum erfüllt, und zwar zur Strafe der Sünde; denn mit dieser Schuld und Strafe wird Jeder geboren. Daher wird, wie ihr heute mit eigenen Augen sahet und sonst schon wußtet, auch an den Kindern das Ausblasen und Beschwören8 vorgenommen, um die seindliche Macht des Teufels zu vertreiben, welche den Menschen täuschte, um die Menschen in Besitz zu nehmen. Daher wird nicht das Geschöpf Gottes in den Kindern beschworen und ausgeblasen, sondern Jener, unter dem alle mit der Sünde Gebornen stehen; denn er ist der Fürst der Sünder. Und deßhalb ist wegen des Einen, der fiel und Alle dem Tode überantwortete, der einzige Sündenfreie gesendet worden, um Alle, die an ihn glauben, von der Sünde zu befreien und zum ewigen Leben zu führen.
2. Der Sohn Gottes ist wahrer Gott wie der Vater; er ist ebenso allmächtig wie der Vater, aber Vater und Sohn sind nicht zwei Götter, sondern ein Gott.
Daher glauben wir auch an unsern Herrn, den einzigen Sohn desselben, nämlich Gottes des Vaters. Wenn du die Worte hörst: „den einzigen Sohn Gottes,“ so erkenne ihn als Gott! Es kann nämlich nicht ein Nichtgott der einzige Sohn Gottes sein. Was der Vater ist, das hat er gezeugt, obgleich er nicht Der ist, den er gezeugt hat. Wenn er aber der wahre Sohn ist, so ist er Das, was der Vater ist; wenn er nicht ist, was der Vater, so ist er nicht der wahre Sohn. Beachtet nur die sterblichen und irdischen Geschöpfe. Jedes Wesen zeugt, was es selbst ist. Der Mensch zeugt kein Rind, das Rind zeugt keinen Hund und der Hund kein Rind. Alles, was ist und zeugt, zeugt Dasjenige, was es selbst ist. Haltet daher standhaft und treu daran fest, daß der Vater Das gezeugt hat, was er selbst, der Allmächtige, ist. Die sterblichen Geschöpfe zeugen auf dem Wege des Verderbens. Zeugt Gott auch so? Der sterblich Geborne zeugt, was er ist, und der Unsterbliche zeugt, was er ist: der Verwesliche zeugt einen Verweslichen, der Unverwesliche zeugt einen Unverweslichen, der Verwesliche zeugt verweslich, der Unverwesliche zeugt unverweslich; so sehr zeugt er Das, was er ist, daß er der Eine nur Einen und daher Einzigen zeugt. Als ich euch das Symbolum vorsagte, habe ich mich, wie ihr wißt, dahin ausgesprochene daß ihr glauben müsset: „Wir glauben an Gott den allmächtigen Vater und an Jesus Christus, seinen einzigen Sohn.“ Daher glaube nun, der Einzige sei allmächtig! Denn nicht Gott der Vater thut, was er will, und Gott der Sohn thut nicht, was er will. Vater und Sohn haben nur einen Willen, weil nur eine Natur, und der Wille des Sohnes kann vom Willen des Vaters nicht im Geringsten getrennt werden. Gott und Gott und Beide zumal nur ein Gott: der Allmächtige und der Allmächtige und Beide zumal nur ein Allmächtiger. Wir führen nicht zwei Götter ein, wie Einige sie einführen und sagen:9 Gott der Vater und Gott der Sohn, aber der größere Gott ist der Vater, und der kleinere Gott ist der Sohn. Was sind Beide? Zwei Götter? Du schämst dich, das zu sagen; schäme dich auch, es zu glauben!
Du sagst: Gott der Vater ist Herr, und Gott der Sohn ist Herr, und der Sohn selbst sagt:10 „Niemand kann zwei Herren dienen.“ In seiner Familie werden wir wie in einem großen Hause sein, wo ein Familienvater da ist, der einen Sohn hat. Sollen wir nun sagen der größere Herr und der kleinere Herr?11 Weiset einen solchen Gedanken zurück! Wenn ihr euch solche Vorstellungen in eurem Herzen machet, dann stellt ihr Götzen in der einen Seele auf. Weiset sie entschieden zurück, glaubet zuerst und dann sehet ein.12 Wenn aber Gott sogleich nach dem Glauben das Verständniß verleiht, so ist das Gottes Gnade und nicht Werk der menschlichen Gebrechlichkeit. Wenn ihr es indessen noch nicht einsehet, so glaubet es! Ein Gott der Vater, Gott Christus der Sohn Gottes: was sind Beide? „Ein Gott.“ Und wie werden Beide ein Gott genannt? Wie? Du wunderst dich hierüber.13 In der Apostelgeschichte heißt es:^) „Und die Gläubigen hatten nur ein Herz und eine Seele.“ Viele Seelen waren es, aber der Glaube hatte sie zu einer gemacht: viele tausend Seelen waren es, sie liebten sich, und die vielen sind eine: sie liebten Gott im Feuer der Liebe und kamen von der Vielheit zur Einheit der Schönheit. Die Liebe also machte so viele Seelen zu einer Seele; aber welche Liebe ist bei Gott, bei dem keine Verschiedenheit, sondern vollkommene Gleichheit ist? Wenn auf Erden und unter Menschen eine so große Liebe herrschen konnte, daß sie aus viel tausend Seelen eine Seele machte, könnten dort, wo der Vater immer unzertrennlich war von dem Sohne und der Sohn vom Vater, Beide mehr als ein Gott sein? Aber jene Seelen konnte man viele Seelen und eine Seele nennen; hingegen kann Gott, in welchem die unaussprechliche und höchste Verbindung besteht, nur ein Gott genannt werden, nicht zwei Götter.
Es thut der Vater, was er will, und der Sohn thut, was er will. Glaubet ja nicht, der Vater sei allmächtig, der Sohn aber sei nicht allmächtig,14 das ist ein Irrthum! Vernichtet ihn in euch, entfernet ihn aus eurem Gedächtnisse, sauget ihn nicht in euren Glauben ein, und wer etwa eingesaugt hat, der gebe ihn von sich! Allmächtig ist der Vater, und allmächtig ist der Sohn. Wenn der Allmächtige nicht einen Allmächtigen gezeugt hat, so hat er nicht einen wahren Sohn gezeugt. Was sollen wir sagen, Brüder, wenn der größere Vater den kleinern Sohn zeugte? Was sagte ich, zeugte! Ein größerer Mensch zeugt einen kleinern Sohn: das ist wahr; aber Jener altert, und Dieser wächst und erreicht wenigstens durch Wachsen die Größe seines Vaters. Der Sohn Gottes wächst nicht, weil Gott auch nicht altern kann. Er wurde vollkommen geboren. Wenn er als vorkommen geboren nicht wächst und nicht kleiner blieb, so ist er gleich. Damit ihr wisset, daß er als Allmächtiger vom Allmächtigen geboren wurde, höret ihn selbst, der die Wahrheit ist!15 Was die Wahrheit von sich sagt, das ist wahr. Was sagt aber die Wahrheit? Was sagt der Sohn, der die Wahrheit ist? „Alles, was Vater thut, thut auf gleiche Weise auch der Sohn.“16 Der Sohn ist also allmächtig, da er Alles thut, was er will. Wenn der Vater Einiges thut, was der Sohn nicht thut, so hat der Sohn irrthümlich gesagt: „Alles, was der Vater thut, thut auf gleiche Weise auch der Sohn.“ Weil aber der Sohn die Wahrheit gesagt hat, so glaubet, daß der Sohn gleicher Weise Alles thut, was der Vater thut, und ihr habt damit an den allmächtigen Sohn geglaubt. Obgleich ihr dieses Wort im Symbolum nicht genannt habt, 17 so habt ihr doch gerade das ausgedrückt, als ihr euren Glauben an ihn als den einzigen Sohn Gottes aussprachet. Hat der Vater Etwas, was der Sohn nicht hat? Das sagen die häretischen Arianer, die Gotteslästerer, nicht ich. Aber was sage ich? Wenn der Vater Etwas hat, was der Sohn nicht hat, so lügt der Sohn, welcher sagt:18 „Alles, was der Vater hat, ist mein.“ Es gibt viele, ja unzählige Zeugnis, welche beweisen, daß der Sohn der wahre Sohn Gottes des Vaters ist, und, daß Gott der Vater den wahren Gott Sohn gezeugt hat, und daß Vater und Sohn nur ein Gott sind.
3. Zum Heile der Menschen wurde Gott der Sohn Mensch aus Maria der Jungfrau. Seine ewige Geburt aus dem Vater. Durch sein Leiden hat er uns einen großen Lohn verdient, wenn wir ihm und dem Dulder Job ähnlich uns bewähren.
Aber sehen wir, was jener Gott, der einzige Sohn Gottes des allmächtigen Vaters, für uns gethan und unsertwegen gelitten habe. „Er ist geboren vom hl. Geiste und der Jungfrau Maria.“ Jener große dem Vater gleiche Gott, geboren vom heiligen Geiste und der Jungfrau Maria, ist demüthig, um die Hochmüthigen zu heilen. Es erhöhte sich der Mensch und fiel, es erniedrigte sich Gott und richtete ihn auf. Was ist Christi Erniedrigung ? Gott reichte dem gefallenen Menschen die Hand: wir sind gefallen, und Jener stieg herab; wir lagen zu Boden. und er beugte sich zu uns nieder. Wir wollen ihn anfassen und aufstehen, um nicht der Strafe zu verfallen. Das also ist seine Herablassung, daß er geboren wurde vom hl. Geiste und der Jungfrau Maria. Seine menschliche Geburt selbst ist niedrig und erhaben. Warum niedrig? Weil er als Mensch von Menschen geboren wurde. Warum erhaben? Weil er von einer Jungfrau geboren wurde. Eine Jungfrau empfing, eine Jungfrau gebar und blieb auch nach der Geburt Jungfrau. Was folgt dann? „Gelitten unter Pontius Pilatus.“ Dieser Pontius Pilatus begleitete die Präseswürde und war selbst Richter, als Christus gelitten hat. Durch den Namen des Richters wurde die Zeit bezeichnet, zu der er unter Pontius Pilatus gelitten hat, also die Zeit seines Leidens, seiner Kreuzigung, seines Todes und seiner Begräbniß. Wer? Was? Für wen? Wer? Der einzige Sohn Gottes unser Herr. Was? Er wurde gekreuziget, starb und wurde begraben. Für wen? Für gottlose Sünder! Das ist eine große Ehre und Gnade! „Wie will ich dem Herrn vergelten für Alles, was er mir erwiesen hat?“19
Er wurde geboren vor allen Zeiten, geboren vor allen Generationen. Er wurde „vor“ geboren. Vor was, da es dort kein „vor“ gibt? Denkt euch durchaus keine Zeit vor der Geburt Christi aus dem Vater! Ich spreche nämlich von jener Gehurt, gemäß welcher unser Herr der alleinige Sohn des allmächtigen Gottes ist; von dieser rede ich zuerst. Denket bei dieser Geburt nicht an den Anfang einer Zeit, denket euch keinen Moment der Ewigkeit, da der Vater war und der Sohn nicht war! Seitdem der Vater ist, seitdem ist auch der Sohn. Und was sage ich „seitdem“, da es dort keinen Anfang gibt? Daher ist der Vater immer ohne Anfang, und der Sohn ist immer ohne Anfang. „Aber wie ist er geboren, wenn er keinen Anfang hat?“ Vom Ewigen als der Mitewige. Niemals ist der Vater gewesen, ohne daß der Sohn war, und doch ist der Sohn vom Vater gezeugt! Was bietet uns irgend ein Gleichniß? Wir leben in irdischen Dingen, auf der sichtbaren Welt. Es gebe mir die Erde ein Gleichniß; sie gibt keines! Es gebe mir das Element des Wassers irgend ein Gleichniß; es hat keines aufzuweisen. So gebe mir irgend ein Thier ein Gleichniß; auch Dieß vermag es nicht! Das Thier zeugt zwar und es gibt ein Zeugendes und ein Gezeugtes; aber der Vater ist vorher und nachher wird der Sohn geboren. Lasset uns einen Gleichzeitigen finden und an einen Gleichewigen glauben! Es wird uns vielleicht Jemand in Spannung versetzen und sagen: Wie kann ein seinem Sohne gleichzeitiger Vater und ein seinem Vater gleichzeitiger Sohn gefunden werden? Um zu zeugen geht der Vater dem Alter nach voraus, und um geboren zu werden folgt ihm der Sohn an Alter nach; aber wie kann denn unter diesen Verhältnissen ein seinem Sohne gleichzeitiger Vater oder ein seinem Vater gleichzeitiger Sohn gefunden werden? Denkt euch das Feuer als Vater, seinen Glanz als Sohn, und wir haben Gleichzeitige gefunden. Vom Momente seines Entstehens an zeugt das Feuer den Glanz, und es ist weder das Feuer vor dem Glanze, noch der Glanz nach dem Feuer. Und wenn wir nach dem Zeugenden fragen, ob es das Feuer oder der Glanz sei, so fällt es euch durch euer natürliches Gefühl als die dem Geiste angeborne Klugheit sofort ein, und ihr ruft alle: Das Feuer zeugt den Glanz und nicht der Glanz das Feuer. Sehet ein anfangender Vater, sehet zugleich mit ihm ein Sohn, der ihm weder vorhergeht noch nachfolgt. Daher haben wir einen anfangenden Vater und einen zugleich mit ihm anfangenden Sohn. Wenn ich euch nun einen anfangenden Vater und einen zugleich mit ihm anfangenden Sohn gezeigt habe, so glaubet an den nicht anfangenden Vater und mit ihm an den ebenfalls nicht anfangenden Sohn; jener ist ewig, dieser mitewig. Wenn ihr fortschreitet, werdet ihr es verstehen; geht euch nur Mühe, fortzuschreiten! Den Anfang habt ihr, aber ihr müßt wachsen, weil Niemand vollkommen entwickelt anfängt. Dem Sohne Gottes war es gestattet, vollkommen geboren zu werden, weil er zeitlos geboren wurde, als gleichewig dem Vater und Allem vorangehend nicht durch Alter, sondern durch die Ewigkeit. Jener Geborne ist also mit dem Vater gleich ewig, und von dieser Zeugung sagte der Prophet:20 „Wer wird seine Zeugung erzählen?“
Zeitlos wurde er vom Vater geboren, in der Fülle der Zeiten ist er aus der Jungfrau geboren worden. Dieser Geburt sind in Rückficht auf eine günstige Zeit Zeiten vorausgegangen. Als er wollte, als er seine Zeit erkannte, ist er geboren worden; denn er wurde nicht gegen seinen Willen geboren. Niemand von uns wird geboren, weil er es will, und Niemand stirbt, wann er will. Jener wurde geboren, als er wollte, und starb, als er sterben wollte; wie er wollte, wurde er von einer Jungfrau geboren, und er starb, wie er wollte, am Kreuze. Er that, was er wollte, weil er so Mensch war, daß Gott in ihm sich verbarg. Der annehmende Gott und der angenommene Mensch21 sind ein Christus, Gott und Mensch. Was soll ich von seinem Kreuze sprechen und welcher Worte mich bedienen? Die äusserste Todesart wählte er, damit seine Märtyrer sich vor keiner fürchteten. Seine Lehre zeigte er uns in seinem Menschenwandel, und ein Beispiel der Geduld gab er uns am Kreuze. Im Kreuze liegt sein Werk, denn er wurde gekreuziget: das Kreuz ist demnach ein Beispiel des Werkes und die Auferstehung die Belohnung des Werkes. Am Kreuze zeigte er uns, was wir tragen, und in seiner Auferstehung, was wir hoffen sollen. Als der höchste Kampfspielgeber sagte er: „Thu’ und nimm. Thu’ das Werk und empfange den Preis, kämpfe im Wettstreite, und du wirst gekrönt werden.“22 Was ist das Werk? Gehorsam. Was ist die Belohnung? Auferstehung ohne Tod. Warum fügte er hinzu „ohne Tod“? Weil Lazarus auferstand23 und wieder gestorben ist; Christus aber stand auf, und er stirbt nicht mehr, der Tod hat keine Gewalt mehr über ihn.24
Die Schrift sagt:25 „Von der Geduld des Job habt Ihr gehört, und das Ende des Herrn habt ihr gesehen.“ Wenn man liest, was Job ertragen, wird man aufgemuntert, man erschrickt und bebt. Und was erhielt er hiefür? Das Doppelte von Dem, was er verloren hatte. Soll also der Mensch wegen zeitlicher Belohnungen sich Geduld wünschen und sagen: Wenn ich Schaden erleide, so wird mir Gott doppelt so viel Söhne zurückgeben? Job erhielt Alles doppelt zurück, und doch zeugte er nur so viele Söhne, als er hinausgetragen hatte. Es ist also nicht das Doppelte? Es ist in allweg das Doppelte, weil auch diese lebten. Niemand sage: Ich will die Leiden tragen, und Gott wird mir wie Job das Doppelte zurückgeben. Das wäre nicht mehr Geduld, sondern Habsucht. Denn wenn jener Heilige nicht Geduld gehabt und Alles, was ihn traf, standhaft ertragen hätte, so würde ihm nicht der Herr ein Zeugniß ausgestellt und gesagt haben:26 „Hast du beachtet meinen Knecht Job? Denn ihm ist Keiner gleich auf Erden, ein Mann ohne Klage, ein wahrer Verehrer Gottes!“ Welches Zeugniß, meine Brüder, verdiente dieser hl. Mann vom Herrn? Und doch wollte ihn sein böses Weib durch ihre Überredung tauschen, indem auch sie die Rolle27 jener Schlange spielte, welche den ersten Menschen im Paradiese Gott abwendig gemacht hat, und ebenso jetzt einen gottgefälligen Menschen durch Einflüsterung von Gotteslästerung verführen zu können glaubte. Wie Vieles hat er erduldet, Brüder? Wer kann so Vieles dulden in seiner Habe, in seinem Hause, in seinen Söhnen, in seinem Fleische und in Jener, die allein übrig geblieben war, in seinem Weibe, der Versucherin? Aber auch sie, die übrig geblieben war, hätte er (der Teufel) längst ihm genommen, wenn er sich nicht eine Gehilfin bewahrt hätte; da er den ersten Menschen durch Eva besiegt hatte, so hat er eine Eva vor dem Tode bewahrt. Wie Vieles hat er also erduldet? Er verlor seine ganze Habe, sein Haus stürzte zusammen, leider nicht allein, es begrub auch seine Söhne! Aber da die Geduld in ihm einen hohen Rang einnahm, so höret seine Antwort:28 „Der Herr hat’s gegeben, der Herr hat’s genommen. Wie es dem Herrn gefallen hat, also ist es geschehen. Der Name des Herrn sei gepriesen!“ Der nahm es, der es gegeben; kam der Geber deßhalb auch um? Er hat nur genommen, was er gab. Gleichsam als sagte Job: Er hat mir Alles genommen, nehme er immerhin Alles und entlasse mich nackt, nur sich selbst lasse er mir! Denn was wird mir fehlen, wenn ich Gott habe? Oder was nützt mich Anderes, wenn ich Gott nicht habe?
Man ging an sein Fleisch: vom Kopfe bis zu den Füßen wurde er von Verwundung getroffen, der Eiter floß herab, er wimmelte von Würmern, und doch zeigte er sich unerschütterlich in seinem Gotte und befestigte sich noch mehr in ihm. Sein Weib, die Gehilfin des Teufels, nicht die Trösterin ihres Mannes, suchte ihn zur Lästerung zu bereden. „Wie lange,“ sprach sie, „willst du all Dieß leiden? Lästere den Herrn und stirb!“29 Weil er also erniedrigt worden war, sollte er erhöht werden! Und auch Das hat Gott gethan, bloß um es den Menschen zu zeigen; denn er selbst hat im Himmel seinem Knechte Größeres aufbewahrt. Den erniedrigten Job erhöhte er, den erhöhten Teufel erniedrigte er; denn „Diesen erniedrigt und Jenen erhöhet er.“30 Wenn Jemand, geliebteste Brüder, derartige Heimsuchungen duldet, so erwarte er ja nicht hienieden den Lohn; wenn er z. B. zeitlichen Schaden leidet, spreche er die Worte: „Der Herr hat’s gegeben, der Herr hat’s genommen; der Name des Herrn sei gepriesen,“ nicht in der Absicht aus, das Doppelte zu erhalten. Die Geduld lobpreise den Herrn und nicht die Habsucht! Wenn du das Verlorene doppelt wieder zu erhalten suchst, so lobst du ihn aus Begierlichkeit und nicht aus Liebe. Als Job Alles ertrug, hoffte er nicht das Doppelte zu erhalten, weder bei seinem ersten Bekenntnisse, nachdem er zeitlichen Schaden gelitten und seine Söhne begraben hatte, noch bei seinem zweiten Bekenntnisse, als er schon die Qualen der Wunden in seinem Fleische fühlte. Die Wahrheit meiner Worte kann man leicht nachweisen. Die Worte seines ersten Bekenntnisses lauten: „Der Herr hat’s gegeben, der Herr hat’s genommen; wie es dem Herrn gefiel, also ist es geschehen. Der Name des Herrn sei gepriesen.“ Er hätte sagen können: Der Herr hat’s gegeben, der Herr hat’s genommen, er kann wieder geben, was er genommen hat, ja er kann mehr zurückbringen, als er nahm. So drückte er sich nicht aus, sondern er sprach: „Wie es dem Herrn gefiel, also ist es geschehen;“ weil es ihm gefällt, soll es auch mir gefallen! Was dem guten Herrn gefiel, das mißfalle nicht dem untergebenen Knechte; was dem Arzte gefiel, das mißfalle nicht dem Kranken. Höre sein zweites Bekenntniß! „Du redest,“ sagte er zu seinem Weibe, „wie eine von den thörichten Weibern. Haben wir das Gute von der Hand Gottes empfangen, warum sollten wir das Böse nicht ertragen?“31 Er fügte nicht hinzu, was er ohne zu lügen hätte hinzusetzen können: „Der Herr kann auch mein Fleisch in den alten Stand versetzen und Dasjenige vermehren, was er genommen hat.“ Er wollte selbst den Schein vermeiden, als habe er in dieser Hoffnung seine Leiden ertragen. Er sagte es nicht und hoffte es nicht. Aber zu unserer Belehrung hat es ihm der Herr gegen seine Hoffnung gewährt. Daran sollen wir erkennen, daß ihm Gott beistand. Denn wenn ihm Gott jene Güter nicht zurückgegeben hatte, so könnten wir auch seine verborgene Krone nicht im Mindesten wahrnehmen.
Um uns zur Geduld und zur Hoffnung auf die Zukunft und nicht um uns zur Erwerbung des Lohnes für die Gegenwart zu ermahnen, sagt deßhalb die Schrift:32 „Ihr habt von der Geduld des Job gehört und das Ende des Herrn gesehen.“ Warum heißt es: „Ihr habt von der Geduld des Job gehört und das Ende des Herrn selbst gesehen?“ Wenn du deinen Mund öffnetest, um Doppeltes zu sagen, so würdest du damit sagen:33 Gott Dank! Ich will aushalten, ich empfange Doppeltes wie Job: die Geduld des Job und das Ende des Herrn. Wir kennen die Geduld des Job und kennen das Ende des Herrn. Welches Ende des Herrn? „Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“34 Das sind die Worte des am Kreuze hängenden Herrn. Er hat ihn bezüglich des gegenwärtigen Glückes verlassen, aber er verließ ihn nicht in Hinsicht auf die ewige Unsterblichkeit. Das ist das Ende des Herrn! Die Juden halten ihn fest, die Juden verhöhnen ihn, die Juden binden ihn, sie krönen ihn mit Dornen und entehren ihn durch den Auswurf ihres Mundes, sie geisseln ihn und bedecken ihn mit Schmach, sie hängen ihn am Kreuze auf und durchbohren ihn mit einer Lanze, und zuletzt begraben sie ihn, als wäre er verloren. Aber für wen ist er verloren? Für sie, die ihn verhöhnten. Deßhalb habe Geduld, damit du auferstehest und nicht sterbest d. h. niemals sterbest wie Christus.35 Denn so lesen wir:36 „Da Christus auferstand ist von den Todten, stirbt er nicht mehr.“
4. Christus ist im Himmel in der Seligkeit des ewigen Lebens; von dort kommt er, um die noch Lebenden und die Gestorbenen oder auch um die Guten und Bösen zu richten.
Er stieg auf zum Himmel. Glaubet es! Er sitzt zur Rechten des Vaters, Glaubet es! Unter „Sitzen“ verstehet „Wohnen“, wie wir von jedem Menschen sagen: Er sitzt schon drei Jahre in seiner Vaterstadt. Auch die Schrift sagt, daß Einer so lange in seiner Vaterstadt gegessen sei. Ist er denn immer gesessen und nie aufgestanden? Daher heissen die Wohnungen der Menschen Wohn-“Sitze“. Sitzt man denn immer, wo es Wohnsitze gibt? Man steht doch auch auf, geht einher, legt sich nieder, und doch sagt man „Sitze“. So glaubet auch, daß Christus zur Rechten des Vaters wohne! Dort ist er! Euer Herz sage nicht: Was thut er? fraget nicht nach Demjenigen, was man nicht finden kann; er ist dort, und das genügt euch! Er ist selig, und von der Seligkeit, welche die Rechte des Vaters heißt, kommt der Name der Seligkeit selbst — die Rechte des Vaters! Denn wenn wir die Worte: „Er sitzet zur Rechten des Vaters“ fleischlich auffassen, so sitzt der Vater zur Linken. Ist es aber Recht, sich Vater und Sohn so vorzustellen, daß der Sohn zur Rechten und der Vater zur Linken ist? Dort gibt es nur eine Rechte (keine Linken weil es dort kein Elend gibt.37
Von dannen er kommen wird zu richten die Lebendigen und die Todten. Die Lebendigen sind Jene, die noch am Leben sein werden, die Todten, die schon vorausgegangen sind. Man kann jedoch unter den Lebendigen auch die Gerechten und unter den Todten die Ungerechten verstehen. Denn er richtet Beide und vergilt einem Jeden das Seinige. Den Gerechten wird er beim Gerichte sagen:38 „Kommet, ihr Gesegneten meines Vaters, und empfanget das Reich, das euch von Anbeginn der Welt bereitet ist.“ Auf dieses bereitet euch vor, dieses hoffet, deßhalb lebet, deßhalb glaubet und deßhalb laßt euch taufen, damit man euch sagen kann: „Kommet, ihr Gesegneten meines Vaters, und empfanget das Reich, das euch von Anbeginn bereitet ist.“ Was wird er Jenen zur Linken sagen? „Gehet in’s ewige Feuer, das dem Teufel und seinen Engeln bereitet ist!“39 So werden von Christus die Lebendigen und die Todten gerichtet werden. Ich habe von der ersten zeitlosen Geburt Christi gesprochen, ich habe dann die zweite Geburt in der Fülle der Zeiten aus Maria der Jungfrau erwähnt und vom Leiden und dem Gerichte Christi geredet. Damit ist Alles gesagt, was von Christus, dem einzigen Sohne Gottes, unserm Herrn zu sagen ist. Aber die Dreiheit ist noch nicht vollständig!
5. Auch der hl. Geist ist Gott; denn Gott hat ihm unsere Leiber zum Tempel erbaut.
Es folgt im Symbolum: „Und an den heiligen Geist.“ Jene Dreiheit ist ein Gott, eine Natur, eine Substanz, eine Macht, die höchste Gleichheit, keine Theilung, keine Verschiedenheit, die ewige Liebe. Wollt ihr kennen lernen, daß der hl. Geist Gott ist? Laßt euch taufen, und ihr werdet sein Tempel sein. Der Apostel sagt:40 „Wisset ihr nicht, daß euere Leiber ein Tempel des hl. Geistes sind, der in euch ist, den ihr von Gott habt?“ Einen Tempel hat nur Gott. Denn auch der König und Prophet Salomon erhielt den Befehl, Gott einen Tempel zu bauen.41 Hatte ihn nicht Gott verdammt, wenn er der Sonne, dem Monde, einem Sterne oder einem Engel einen Tempel erbaut hätte? Weil er also Gott einen Tempel erbaute, so zeigte er sich als Verehrer Gottes. Und woraus erbaute er ihn? Aus Holz und Steinen, weil Gott durch seinen Knecht sich auf Erden ein Haus bauen ließ, um dort angebetet und gefeiert zu werden.42 Daher sagt der hl. Stephanus:43 „Salomon erbaute ihm ein Haus, aber der Höchste wohnt nicht in Tempeln von Menschenhänden erbaut.“ Wenn also unsere Leiber ein Tempel des hl. Geistes sind, so fragt es sich, wie beschaffen der Gott ist, welcher dem hl. Geiste einen Tempel gebaut hat. Aber es ist Gott. Denn wenn unsere Leiber ein Tempel des hl. Geistes sind, so hat Derjenige dem hl. Geiste einen Tempel gebaut, der auch unsere Leiber gemacht hat. Beachtet die Worte des Apostels:44 „Gott hat den Leib so eingerichtet, daß er Demjenigen mehr Ehre beilegte, dem es daran gebrach.“ Das sagte er bei der Besprechung der verschiedenen Glieder, daß im Leibe keine Spaltungen unter ihnen seien. Gott hat unsern Leib erschaffen. Gott erschuf das Gras. Wie beweisen wir, daß Gott das Gras erschafft? Der es kleidet, der schafft es! Lies das Evangelium; denn es sagt:45 „Wenn also Gott das Gras des Feldes, das heute steht und morgen in den Ofen geworfen wird, so kleidet:“ also erschafft es Jener, der es kleidet. Und der Apostel sagt:46 „Du Thor, was du säest, wird nicht belebt, es sterbe denn zuvor. Und was du säest, nicht der Körper ist es, der werden soll, was du säest, sondern ein bloßes Korn, nämlich etwa des Weizens oder eines anderer Art. Gott aber gibt ihm einen Körper nach seinem Wohlgefallen und einem jeglichen Samen seinen eigenen Körper.“ Wenn also Gott unsere Leiber erbaut, wenn Gott unsere Glieder erbaut und unsere Leiber ein Tempel des hl. Geistes sind, so zweifelt nicht, daß der hl. Geist Gott sei. Rechnet ihn aber nicht als einen dritten Gott hinzu, weil der Vater, der Sohn und der hl. Geist nur ein Gott sind. Also glaubet.
6. Die Kirche ist der Tempel Gottes, siegreich im Kampfe gegen die Häresien.
Nach der Empfehlung der hl. Dreieinigkeit folgt: „Eine heilige Kirche.“ Ich habe euch Gott und seinen Tempel gezeigt; denn „der Tempel Gottes,“ sagt der Apostel, „ist heilig, und der seid ihr.“47 Die Kirche selbst ist die heilige Kirche, die einige Kirche, die wahre Kirche, die katholische Kirche, im Kampfe gegen alle Häresieen. Sie kann kämpfen, kann jedoch nicht niedergekämpft werden. Alle Häresieen sind von ihr ausgegangen, wie nutzlose Wasserschößlinge vom Weinstocke abgeschnitten;48 sie selbst aber bleibt an ihrer Wurzel, an ihrem Weinstocke und in ihrer Liebe. „Die Pforten der Hölle werden sie nicht besiegen.“49
7. Durch die Taufe werden alle, auch die größten Sünden nachgelassen. Nach der Taufe soll man sich vor Sünden hüten; denn es werden zwar läßliche durch das Gebet, aber schwere nur auf dem Wege der öffentlichen Kirchenbuße nachgelassen.
„Nachlassung der Sünden.“ Ihr habt das Symbolum in vollkommener Weise in euch, wenn ihr getauft werdet.50 Niemand sage: Ich habe Jenes gethan, vielleicht wird mir nicht vergeben! Was du auch gethan hast, wie groß es sei, und wenn du etwas Außerordentliches, etwas Schweres und Schauervolles gethan hast, an das du nur mit Schauder denken kannst, so hast du trotz alledem nicht Christus getödtet. Etwas Schlechteres als jene Frevelthat gibt es nicht, weil es auch nichts Besseres gibt als Christus. Welch furchtbare That ist es, Christus zu tödten? Gleichwohl tödteten ihn die Juden; später glaubten viele an ihn und tranken sein Blut: es wurde ihnen die begangene Sünde nachgelassen. Wenn ihr getauft seid, so führet nach Norm der göttlichen Gebote ein gutes Leben, um die Taufgnade bis an’s Ende zu bewahren. Ich sage euch nicht, daß ihr hienieden ohne Sünde leben könnet; aber jene Sünden, von welchen dieses Leben nicht frei sein kann, sind läßliche. Die Taufe ist wegen aller Sünden eingeführt worden, das Gebet aber wegen der leichten, für uns unvermeidlichen Sünden. Was sagt das Gebet? „Vergib uns unsere Schulden, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.“51 Einmal werden wir abgewaschen durch die Taufe; täglich werden wir gereinigt durch das Gebet. Aber begehet ja Nichts, weßhalb ihr vom Leibe Christi getrennt werden müßtet. Das sei ferne von euch. Jene, welche ihr Buße thun sehet,52 haben Verbrechen begangen. Ehebrüche oder sonst ausserordentliche Unthaten; deßhalb thun sie Buße. Denn wenn ihre Sünden leichte wären, so würde zu ihrer Tilgung das tägliche Gebet genügen.
8. Die Taufe ist die unumgängliche Voraussetzung für jede Sündenvergebung.
Auf drei Arten werden also in der Kirche die Sünden nachgelassen, in der Taufe, im Gebete und in der größern Verdemüthigung der Buße.53 Gott vergibt aber die Sünden nur den Getauften. Die Sünden, die er zuerst vergibt, läßt er nur den Getauften nach. Wann? In der Taufe. Die Sünden, welche nachher den Betern und Büßern, die Verzeihung erlangen, nachgelassen werden, werden nur Getauften vergeben. Denn wie sagen die noch nicht Getauf-ten:54 „Vater unser“? So lange sie noch Katechumenen sind, sind alle Sünden über ihnen. Wenn das von den Katechumenen gilt, wie viel mehr von den Heiden und den Häretikern! Wir geben aber den Häretikern keine neue Taufe. Warum? Weil sie die Taufe schon haben. Wie der Ausreisser sein Merkmal55 hat, so haben sie die Taufe; sie ist nur Ursache der Verdammung, nicht Mittel zur Erlangung der Krone. Wenn aber ein Ausreisser sich bessert und wieder anfängt zu dienen, so wagt es Niemand, sein Merkmal zu ändern.
9. Die Auferstehung des Fleisches und das ewige Leben.
Wir glauben auch an eine Auferstehung des Fleisches. Diese ist in Christus vorausgegangen, damit auch der Leib erwarten könne, was im Haupte vorausgegangen ist. Christus ist das Haupt der Kirche, und die Kirche ist der Leib Christi.56 Unser Haupt ist auferstanden und in den Himmel aufgestiegen; wo das Haupt ist, dort werden auch die Glieder sein. Wie glauben wir, daß die Auferstehung des Fleisches sein werde? Damit nicht etwa Jemand glaube, sie werde wie die des Lazarus sein, wurde zu deiner Aufklärung beigefügt: „und ein ewiges Leben.“ Gott gebäre euch wieder, Gott erhalte und schütze euch, und Gott, der selbst das ewige Leben ist, führe euch zu sich. Amen.