Читать книгу Drecksgeschäft - Axel Ulrich - Страница 5

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Er schaute übers Meer und dachte nach. Es musste einen Weg zu größeren Dimensionen geben. Er brauchte eine Lösung. Wer hatte schon das Problem, der Geldflut nicht mehr Herr zu werden. Ihm kamen die berühmten »W«-Fragen in den Sinn. Wozu, wer, was, wann und warum war ja klar. Wo eigentlich auch, nämlich am liebsten in Deutschland. Nur das Wie, das stimmte noch nicht so ganz. War viel zu mühsam, wie sie es bisher gemacht hatten. Kleinkariert sagte man dazu in Deutschland.

Er gab sich eine Woche, eine Woche hier in seiner Heimat oder zumindest in der Nähe seiner Heimat Venezuela. Aufgewachsen war er in San Cristobal, nahe an der Grenze zu Kolumbien. Dann war er in der Dominikanischen Republik gelandet, wie viele Venezolaner. Geflohen vor dem Regime. Aber er fühlte sich fast heimisch. Jeden Tag wollte er hier sitzen, über den Atlantischen Ozean schauen und eine Lösung finden, eine große Lösung. Eine Woche, mehr nicht.

Ernesto Hernandez hieß er, Ernesto wie bei Che Guevara. Geboren in Venezuela, aufgewachsen in Venezuela und dann als Betriebswirtschaftsstudent nach Köln gekommen. Sein Onkel aus Kolumbien hatte ihm das bezahlt. Und danach hatte er begonnen, für den ältesten Bruder seines Vaters zu arbeiten. Und das wollte er gut machen, er war ihm dankbar. Sie hatten alle sehr enge Bindungen zur Familie – wie in diesem Teil der Welt üblich.

Am nächsten Tag saß er wieder am selben Platz am Strand, hinter ihm die Palmen. Er saß immer auf einem großen Stein. Es war ein wunderbarer Platz. Ein Palmenwald, davor der helle Strand und draußen das Wasser in all seiner Farbenpracht. Von Türkis über Grün und tiefes Blau bis zu – ganz weit entfernt – fast Schwarz. Und er war gedanklich schon ein wenig weiter. Wozu hatte er Betriebswirtschaft studiert, wie kam bei Unternehmen die wundersame Wertvermehrung zustande, na?

Angefangen hatten sie mit dominikanischen Lotteriebuden. Das waren so winzige Häuschen, in denen meistens eine Frau saß. Die gab es selbst in kleinen Dörfern. Lotterie war bei den Dominikanern sehr beliebt. Man brachte tausend Dollar als Lotterieeinsatz hin und holte ein paar Tage später neunhundert als Lotteriegewinn wieder ab. Ganz zufällig. Und dann immer wieder. Nach kurzer Zeit war klar, dass die Methode ziemlich mühsam war. Vor allem, wer glaubte einem das auf Dauer?

Und so hatte er in Köln mit Immobilien begonnen. Das war schon besser gewesen. Man kaufte ein Haus für eine Million, für das eins Komma drei Millionen gefordert wurden. Handeln konnte man nicht. Also gab man die Dreihunderttausend schwarz dazu. Funktionierte im Baugeschäft, weil die Handwerker Schwarzgeld annahmen. Dann renovierte man mit weiterem Schwarzgeld die Hütte ein wenig und verkaufte sie nach einem Weilchen für eins Komma sechs Millionen. Schon hatte man sechshunderttausend gewaschen. Das würde mit der Lotterie viel, viel länger dauern. Aber auch mit den Immobilien war es schon damals immer schwieriger geworden, weil die Neigung, Bargeld anzunehmen, immer weiter zurückging. Die Leute hatten einfach Schiss.

Es war überhaupt nicht so einfach, Millionen und Abermillionen in einem stetigen Prozess zu reinigen. Den Drogenhändlern nützte ihre ganze Kohle nichts. Die übergaben ihnen das Geld und sie wuschen es. Mit einem ordentlichen Abschlag gaben sie es zurück. War ein sehr einträgliches Geschäft. Aussteigen konnte man aber nicht. Das war ihm erst nach einer Weile klar geworden.

Eigentlich hatte er sich in seinem jugendlichen Leichtsinn vorgenommen, da ein paar Jahre mitzumischen und dann mit dem verdienten Geld was Solides zu gründen, aber das ging nicht. Er wusste zu viel und das war nicht gut, denn man kam nicht mehr raus, zumindest nicht lebend. Seit einem Jahr war er jetzt dabei. Leider ließ es sich manchmal nicht vermeiden, unschöne Dinge zu erfahren. Dazu war ihre Welt zu klein. Am Anfang hatte er keine Ahnung gehabt, wer die Händler waren. Irgendwann bekam er mit, wer dahintersteckte. Das Geschäft funktionierte ganz einfach. Die Bauern brachten den Grundstoff zu den Händlern, die verarbeiteten es in den Laboren und sorgten für den Transport. Und zurück kamen die Einnahmen in kleinen Scheinen. Da fing ihr Geschäft an.

Sie schickten gerne Angebote per E-Mail an gekaufte Adressen, in denen sie Leuten anboten, ihnen deren Konto für Überweisungen zur Verfügung zu stellen. Die Leute bekamen zehntausend und mussten neuntausend auf ein anderes Konto transferieren. Das funktionierte erstaunlich gut, alle waren eben geldgierig. Wenn sie erwischt wurden, weil die Bank sich wunderte, dass ein armer Schlucker plötzlich hohe Summen herumschob, dann stellten die Leute sich dumm. Half aber nichts. Die Konten, von denen das Geld kam und auf die es wanderte, die gab es dann schon lange nicht mehr. Und die Inhaber waren unsichtbar. Nur die armen Schlucker standen blöd da.

Die Wäsche lief in Phasen ab. Erst wurde das Bargeld auf ein Konto eingezahlt, dann wurde es hin- und hergeschoben und am Ende in legale Geschäfte investiert.

Drecksgeschäft

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