Читать книгу Charaktere des Alltags – Wegweiser durch die Suppe des Lebens - B. Meier-Arian - Страница 6

Das limbische System Hypothalamus: eine Art Steuerzentrale für Stoffwechselvorgänge wie Schlaf­-Wach-Rhythmus, Hunger-/Durst-Gefühl, Sexualtrieb, Schmerz und Körpertemperatur. Von ihm aus werden Hormone produziert, die sowohl direkte Wirkung auf Organe (Brust, Niere, Wehentätigkeit) als auch Signalwirkung für die Hypophyse haben, eine kleine Drüse, die weitere Hormone zur Steuerung von Schilddrüse, Wachstum, Steroidsynthese, Fettstoffwechsel und Weiteres ausschüttet. Hippocampus: ist bekannt für den Sitz des Gedächtnisses und seine Empfindlichkeit gegenüber Sauerstoffmangel. Bei einem Herzstillstand sind die Hippocampuszellen mit die ersten, die ihre Funktion verlieren und sterben. Deswegen ist nach einer Reanimation häufig das Gedächtnis gestört. Der Hippocampus spielt auch bei der Entstehung von Alzheimer-Demenz eine Rolle. Fornix: Lateinisch, bedeutet Wölbung, Kuppel oder Bogen. Im Englischen bedeutet das Wort „fornication“ Unzucht. Die Geschichte dazu stammt aus der Zeit der Römer, als Aquädukte gebaut wurden, um eine kontinuierliche Wasserversorgung der Stadt zu gewährleisten. Bevor die Aquädukte die Stadt erreichten, wurde ein kleiner Bogen eingebaut. Unter diesen Bögen fanden sich die Prostituierten, die, man kann es nur annehmen, Unzucht betrieben. Aber zurück zum Gehirn: Der Bogen (Fornix) verbindet den Hippocampus mit dem Zwischenhirn und dem Vorderhirn. Dementsprechend ist es die Verbindung der Gefühlswelt mit der bewussten Wahrnehmung und verschiedenen Kontrollzentren. Amygdala: auch Mandelkern genannt, gilt als eine wichtige Struktur im Rahmen von Angstentstehung. Sie bewertet Erinnerungen und belegt sie mit emotionalen Inhalten. Bei als bedrohlich wahrgenommenen Situationen werden die weitergeleiteten Signale zu der vermehrten Produktion von Hormonen wie Dopamin, Serotonin, Acetylcholin, Adrenalin und Cortisol führen. Diese Erfahrungen werden wieder mit Erinnerungen abgeglichen und für zukünftige Situationen gespeichert. Das nennt man lernen. Limbischer Cortex: Wichtig für die Weiterleitung von Informationen an weitere Hirnstrukturen, Konsolidierung und Wiederherstellung von Erinnerungen mit Herstellung persönlicher Bedeutung. Ohne das limbische System wären wir wohl gefühllose Zombies, die ihren Erinnerungen keine Bedeutung zuordnen können, die Lernfähigkeit wäre drastisch eingeschränkt, zudem wären viele Stoffwechselfunktionen und das Einordnen von Erlebnissen nicht möglich. Die enorme Entwicklung der Gehirnstruktur der Menschen in den letzten Jahrmillionen ermöglichte es den Emotionen, eine zentrale Rolle in unserem Erleben einzunehmen. Die Beteiligung des Gehirns mit Neocortex und seine Verbindung zum limbischen System haben beispielsweise die Mutter-Kind-Bindung entstehen lassen, die die Grundlage für den familiären Zusammenhalt und das langfristige Engagement für die Kindererziehung bildet, um die menschliche Entwicklung zu fördern. Der Schalter des Gehirns, der das Temperament der Amygdala beruhigt, befindet sich am anderen Ende des Neokortex (Hirnrinde), im präfrontalen Gyrus hinter der Stirn. Wenn eine Emotion wahrgenommen wird, führen die präfrontalen Gyri sofort eine Kosten-Nutzen-Analyse aller vorstellbaren Reaktionen durch und vermitteln dann die geeignetste. Bei Tieren geht es um die Abwägung, wann sie angreifen und wann sie fliehen sollen. Für uns Menschen geht es ebenfalls um existentielle Absicherung, aber auch darum, wann wir beschwichtigen, überzeugen, mitfühlend sind, behindern, Schuld provozieren, Tapferkeit vortäuschen oder Verachtung zeigen. Wenn wir nach einem Misserfolg traurig oder nach einem Sieg glücklich sind, wenn wir nachdenklich und wütend darüber sind, was jemand gesagt oder getan hat, dann ist das das Resultat einer funktionierenden Hirnrinde. Emotionen sind uns daher sehr wichtig. In der Wechselwirkung zwischen Emotion und Vernunft leitet sich die emotionale Fähigkeit ab, mit der rationalen Seele zu kommunizieren und aktuelle Entscheidungen zu treffen. Diese komplementäre Beziehung zwischen dem limbischen System und Neocortex, Amygdala und präfrontalen Lappen bedeutet, dass alle Instanzen vollständig am emotionalen Leben teilnehmen. Die Funktion dieser Gehirnregionen ist entscheidend für die Kontrolle unseres emotionalen Lebens und spiegelt sich in der Entwicklung unserer emotionalen Intelligenz wieder. Der Intelligenzquotient, der seit langem als Indikator für die intellektuellen oder kognitiven Fähigkeiten einer Person gilt, wird auch als IQ abgekürzt. Es gibt jedoch verschiedene Arten von Intelligenz, und logisches Denken ist nicht immer der Schlüssel zum Erfolg beziehungsweise zu einem erfüllten Leben. Dies führte zu Untersuchungen, die klären sollten, ob es eine Art allgemeine Intelligenz gibt oder ob sie aus verschiedenen Attributen besteht, die eine unabhängige individuelle Fähigkeit ausmachen. Es wurde ein umfassendes Konzept entwickelt, das insbesondere emotionale Intelligenz umfasst. Aus dieser Arbeit ist das Wort „emotionale Intelligenz“ hervorgegangen, welches immer noch ein wesentlicher Bestandteil der psychologischen Untersuchung und Forschung ist. Die IQ-Punktzahl oder ein schulischer Leistungstest geben uns eine objektive Rückmeldung über unsere logische Denkfähigkeit, sind jedoch für den beruflichen Erfolg im späteren Leben häufig nicht der entscheidende Faktor. Auch wenn Menschen mit hohem IQ häufiger höhere Berufseinkünfte erzielen als Menschen mit niedrigem IQ, gibt es viele Ausnahmen, da der IQ nur circa 20 % zum Erfolg im Leben beiträgt, 80 % werden aus anderen Faktoren zusammengesetzt. Die soziale Zugehörigkeit wird von vielen Faktoren bestimmt, u. a. dem IQ. Jedoch können zufällige Lebensereignisse und externe Einflüsse, familiärer Halt u. a einen deutlichen Einfluss auf die weitere Entwicklung eines Jugendlichen oder jungen Erwachsenen nehmen. Der Zusammenhang zwischen Testergebnissen und den entsprechenden Leistungen verliert zunehmend an Bedeutung, wenn man die Eigenschaften, die ein Mensch sonst mitbringt, in die Betrachtung miteinbezieht. Zu diesen Eigenschaften gehören die Fähigkeiten, sich selbst zu motivieren, bei Enttäuschungen nicht aufzugeben, die Impulsivität zu unterdrücken, die eigenen Emotionen anzupassen, negative Gedanken zu vermeiden beziehungsweise diese in die korrekte Perspektive zu setzen. Im Gegensatz zum IQ, der in fast einhundert Jahren von Hunderttausenden untersucht wurde, ist emotionale Intelligenz ein etwas neueres Konzept. Eine feste Korrelation zwischen EQ und Erfolg im Leben lässt sich bis jetzt nicht ableiten, dementsprechend auch keine Vorhersage treffen. Es ist jedoch aufgrund der verfügbaren Daten anzunehmen, dass ihre Wirkung mindestens so groß oder größer ist als die des IQ. Die bisherige Lehre geht davon aus, dass Erfahrungen und Schulungen keine Änderung der Intelligenz per se erreichen können. Empirische Untersuchungen legen jedoch nahe, dass Erfahrungen im frühen Leben emotionale Fähigkeiten entwickeln, die sich auf vielen Ebenen positiv auswirken und zu dem Begriff Intelligenz beisteuern können. In den letzten Jahren wird zunehmend angenommen, dass sprachliche und mathematische Fähigkeiten zwar einen Teil der Intelligenz darstellen und messbar machen, jedoch nicht allein über den weiteren Erfolg im Leben entscheiden können. Ein erweitertes Konzept der Intelligenz integriert Emotionen und emotionale Lernfähigkeit, die sich in vielen Situationen im Leben positiv auf Entwicklung und Erfolgschancen sowohl beruflich als auch privat auswirkt. Man denke nur an die teilweise spontan benutzten „Soft Skills“ bei Vertragsabschlüssen oder an Feinfühligkeit in einer Partnerschaft, die u. a. dafür Sorge tragen kann, dass eine Beziehung funktioniert. Die eigenen Emotionen zu kennen ist eine Fähigkeit, die nicht allen Menschen gleichermaßen innewohnt. Selbstwahrnehmung, das Erkennen eines Gefühls während es auftritt, ist die Grundlage der Emotionalen Intelligenz. Auf den ersten Blick scheinen unsere Gefühle offensichtlich, aber wenn wir gezielt darüber nachdenken, stellen wir oftmals fest, dass wir unsere wahren Gefühle nicht wirklich bemerken oder diese erst später spüren. Achtsamkeit ist verantwortlich für die Wahrnehmung von Gedanken und Gefühlen. Dies bedeutet in gewisser Weise, wachsam zu sein, als unparteiischer oder interessierter Beobachter. Wachsamkeit erfordert die Aktivierung des Neocortex, um die auftretenden Emotionen zu identifizieren und zu benennen. Das führt zu einer Art Bewusstsein, welches nicht von Emotionen beeinflusst werden kann, vielmehr ist es eine neutrale Haltung, die auch in turbulenten Situationen unsere Selbstreflexion bewahrt. Diese Erkenntnis ist jedoch etwas anderes als die Anstrengungen, die wir unternehmen, um nicht einem emotionalen Impuls zu folgen. Die Einsicht „Es ist Wut, was ich fühle“ bietet einen größeren Freiheitsgrad – nicht nur die Möglichkeit, an der Wut zu arbeiten, sondern auch die zusätzliche Möglichkeit, sie loszuwerden. Der Schlüssel zur emotionalen Gesundheit liegt auch darin, unsere bedrängenden Emotionen im Auge zu behalten. Extreme Emotionen, die zu intensiv sind oder zu lang andauern, können unsere Stabilität beeinträchtigen. Natürlich können wir nicht nur eine Art Emotion fühlen und ständig glücklich sein. Es gibt einige Hinweise darauf, dass Leiden konstruktiv sein und zu einem kreativen und spirituellen Leben führen kann. Leiden kann die Seele trainieren. Tiefen und Höhen gehören zum Leben, aber ein gewisses Maß an Ausgeglichenheit ist mittel- und langfristig anzustreben. Negativen Emotionen sollte nicht zu viel Raum gegeben werden, um die angenehmen Emotionen nicht darin zu ersticken. In einer gesunden Psyche ist es wichtig, herauszufinden, welche Emotionen uns welche Informationen übermitteln wollen. Auch eine negative Emotion ist eine Möglichkeit, sich weiterzuentwickeln und mit diesem Gefühl zu arbeiten. Aber nicht jedes schlechte Gefühl sollte aufgegriffen werden. Benjamin Franklin hat das schön formuliert: „Wir sind nie grundlos wütend, aber selten aus einem guten Grund.“ Natürlich gibt es verschiedene Arten von negativen Emotionen, einschließlich Ärger und Wut. Sie können uns plötzlich überrumpeln, in manchen Situationen sind wir ihnen sogar ausgeliefert. Eine der effektivsten Strategien ist es, Ärger zu einer treibenden Kraft für positive Veränderungen zu machen und dabei negative Ereignisse als vorteilhaft für uns zu interpretieren. Ein langer Spaziergang, realistisch umsetzbare körperliche Bewegung oder sogar Entspannungsmethoden, bei denen man die Möglichkeit hat, sich zu beruhigen und dem Stress zu entfliehen, können die Grundlage dafür sein, das Ganze ein wenig neutraler zu beobachten und für sich einen Sinn darin zu finden. Einer der Eckpfeiler der emotionalen Intelligenz ist Empathie. Die Basis für Empathie ist Selbstwahrnehmung. Je offener wir für unsere eigenen Gefühle sind, desto besser können wir die Gefühle anderer interpretieren. Menschen mit „Alexithymia“, die keine Ahnung haben, was sie fühlen, sind völlig ratlos, was die Gefühle der Menschen um sie herum betrifft. Sie sind nicht in der Lage, unterschiedliche Emotionen wahrzunehmen. Diese Unfähigkeit, die Gefühle anderer wahrzunehmen, ist ein großer Mangel an emotionaler Intelligenz und ein tragisches Defizit an Menschlichkeit. In vielen Bereichen des Lebens lässt diese Fähigkeit erkennen, was jemand anderer fühlt. Im Verkauf wie im Management, in der Liebesbeziehung wie in der Kinderbetreuung, im Mitgefühl für das Leiden anderer sowie im politischen Handeln. Die mangelnde Empathie ist auch aufschlussreich und wird bei Kriminellen verschiedener Sorte beobachtet. Um die Gefühle anderer zu erfassen, muss man in der Lage sein, nonverbale Zeichen, den Klang der Stimme, Gesten, den Gesichtsausdruck und dergleichen zu interpretieren. Während die rationale Seele durch Worte ausgedrückt wird, ist die Sprache der Emotionen nonverbal. Wenn die Worte eines Menschen nicht mit dem Klang seiner Stimme, seiner Haltung oder anderen nonverbalen Äußerungen übereinstimmen, liegt die emotionale Wahrheit darin, wie er es sagt, nicht in dem, was er sagt. Nach einer Faustregel von Kommunikationsforschern ist eine emotionale Botschaft zu 90 % oder mehr nonverbal. Wie Entwicklungspsychologen festgestellt haben, empfinden Kleinkinder Mitgefühl für andere, bevor sie richtig verstehen, dass sie unabhängig voneinander existieren. Bereits wenige Monate nach der Geburt reagieren die Kinder auf die Gefühle anderer, als wären sie selbst betroffen, und sie weinen, wenn sie Tränen bei einem anderen Kind sehen. Diese Gabe scheint uns also als kleinen Kindern zur Verfügung zu stehen, doch manche verlernen diese Fähigkeit im Verlauf ihres Lebens. Die Fähigkeit, Beziehungen zu verstehen und aufzubauen, gestattet es uns, mit anderen Personen in Kontakt zu treten oder die Gefühle und Sorgen anderer ausfindig zu machen und in einer zwischenmenschlichen Beziehung angemessen zu reagieren. Zusammen bilden jene Kompetenzen die Grundannahme für höchste soziale Kompetenzen. Dies sind bedeutende Bestandteile von Glamour und sozialem Erfolg. Diejenigen, die über soziale Intelligenz verfügen, können reibungslos mit anderen kommunizieren, ihre Reaktionen und Gefühle erfassen, sie leiten und organisieren und mit den Konflikten umgehen, die zwangsläufig im Laufe der Zeit auftreten werden. Diese zwischenmenschlichen Fähigkeiten bauen auf zusätzlichen Formen emotionaler Intelligenz auf. Wer exemplarisch einen unvergesslich positiven sozialen Eindruck hinterlassen will, muss in der Lage sein, den Ausdruck seiner spezifischen Emotionen zu überwachen und die Reaktionen anderer direkt zu erkennen, damit er sich an einen sozialen Look adaptieren kann.4 4 Daniel Goleman, Emotionale Intelligenz, 28. Auflage 2018 Uns allen gemein ist, dass wir eine Reihe von Voraussetzungen benötigen, um im Leben zu funktionieren, uns zu entwickeln und unsere Möglichkeiten so auszuschöpfen, dass wir uns selbst verwirklichen können. Diese können bildlich als Maslow’s Pyramide dargestellt werden.

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