Читать книгу Leicht.Sinnlich - Barbara A. Lehner - Страница 4
Leicht.Sinn
ОглавлениеSie fühlt sich wie ein 14jähriges Mädchen vor dem ersten Schulball, dabei ist sie Mitte Vierzig. Trotzdem fühlt sie sich wie vor dem ersten Kuss. Vor dem ersten Date. Vor dem ersten was auch immer.
Was zieh ich an? Wie schau ich aus? Welches Kleid? Dieses hier oder dieses? „Oha“, sagt ihre Freundin, „dafür brauchst du einen Waffenschein“. Zu nuttig? Sie dreht sich vor dem Spiegel, in den hochhackigen Schuhen. „Nein, das ist gut“, sagt die Freundin, „sehr erotisch“. Sie schlüpft wieder aus den Schuhen und lässt drei verschiedene Strumpfhosen durch ihre Finger gleiten. Sie entscheidet sich für die mit den Flammen und dem Schmetterling auf einem Fuß. Die war teuer. Sie wird dran glauben müssen, lächelt sie.
Aber wer weiß. Wer weiß, steht er überhaupt an der U-Bahn-Station, vielleicht bekommt er ja kalte Füße. Vielleicht auch nicht. Vielleicht kann er sie einfach nicht riechen oder schmecken. Vielleicht mag er die Art, wie sie lacht, nicht. Wahrscheinlich wird es ihr weh tun, wenn sie spürt, dass er nicht mit ihr schlafen will. Dass sie möglicherweise nicht mit ihm schlafen will, weil sie ihn vielleicht nicht riechen oder schmecken oder sein Lachen nicht ertragen kann, zieht sie nicht in Betracht. An ihm zweifelt sie nicht, nur an sich selbst.
„Wir werden das gut hinkriegen“, haben sie einander in den letzten SMS versichert, „wir werden behutsam und respektvoll miteinander umgehen, auch wenn die Erwartungen nicht erfüllt werden.“ Einfach gemütlich was trinken, nett zu Abend essen, quatschen. Und doch hofft sie, dass ihr Hunger anders gestillt wird als mit einem Steinpilzrisotto.
Sie kommt ihm entgegen, ohne sich zu bewegen. Das erledigt die Rolltreppe für sie, serviert sie ihm sozusagen. Sie zieht das Kleid ein wenig hinunter, es rutscht immer wieder hoch. Er steht da oben und lächelt. Er sieht ein wenig anders aus als auf dem Foto, magerer, und nervös. Sie lächelt auch. Sie hat Angst. Wünscht sich, die Fahrt mit der Rolltreppe möge noch ein paar Minuten dauern und sie einander nur aus der Ferne anlächeln. Aber irgendwann ist sie da. Stolpert in seine Arme.
Küsse auf den Mund, mit Zunge. Ihre Hand kriecht unter sein Shirt, fühlt die Haut, nach der sie sich monatelang gesehnt hat. In einem Bruchteil einer Sekunde hat ihr Hirn - oder was immer das ist, das für uns Entscheidungen trifft, denkt sie – sämtliche ankommenden Informationen der Sinnesorgane verarbeitet und entschieden: Es ist gut, wie es ist.
Seines auch, das schmeckt sie am Kuss. „Gott, siehst du sexy aus“ sagt er und seine Worte schwemmen die Angst, nicht schön genug, nicht begehrenswert genug zu sein einfach weg. Sonst will sie nicht auf ihr Äußeres, nicht auf ihre Erotik reduziert werden. Aber in diesem Moment schreit alles in ihr genau danach. Reduziere mich. Begehre mich. Fick mich. Zum Glück hat er gesagt: Du siehst sexy aus. Und nicht du wirkst sehr intellektuell, denkt sie später, als sie wieder denken kann.
Hand in Hand geht sie mit dem fremden Mann durch die Fußgängerzone der fremden Stadt. Immer wieder bleiben sie stehen und küssen einander. Die Küsse werden gieriger, die Hände mutiger. Ohne was drunter?, fragt er, die Hände auf ihrem Hintern. Sie nickt. „Du auch?“ Aufgeregt. Angeregt. Schnell auch erregt. Sie sitzen im Café. Sie trinkt Latte Macchiato, er leckt ihr den Milchschaum von den Lippen, während seine Hand unter ihr Kleid kriecht. Ihre Hand ruht auf seiner Hose, im Schritt. Sie kann seinen Schwanz spüren. Als seine Hand ihre Schenkel hochstreichelt und zwischen ihre Beine gleitet, überschwemmt die Berührung sie. „Nass“, sagt er und meint nicht das Wetter. „Hart“, sagt sie und meint nicht den Kuchen. Sie lachen. „Ich spreche kein Smalltalk“, sagt er, und das trifft sich gut, weil sie jetzt keinen Smalltalk will.
„Weiß jemand, wo du bist?“, will er wissen und findet es leichtsinnig, dass sie es ihrer Freundin nicht gesagt hat. „Ich hab’s vergessen“, meint sie, dabei hat sie es einfach nicht für notwendig gehalten hat und ihm vertraut. Ihm und ihrer Menschenkenntnis. Zu Tode gefürchtet ist auch gestorben, denkt sie.
„Willst du mich noch immer lecken?“, fragt sie und lächelt ihn scheu an – ein wenig unsicher einerseits, aber andererseits kann sie das „Ja“ in seinen Augen lesen.
„Oh ja“, sagt er, und noch während er das sagt, spürt sie seinen Finger in sich. „Alles deins“, sagt sie.
Irgendwann dann an der Wand. Der Moment, den sie in ihren Mails immer wieder zelebriert und ausgekostet haben. Dieser Moment ist jetzt Wirklichkeit. Er geht in die Knie. Schiebt das Kleid hoch. Sie fasst in seine Haare. Sie will ihn festhalten, diesen Moment, in dem er das erste Mal mit seiner Zunge ihre verhüllte Möse berührt. Dann aufsteht und sie auf den Mund küsst. Sie will diesen Moment festhalten, in dem sie ihre eigene Lust aus seinem Mund in ihrem Mund spürt. Sie schmeckt gut, die Lust. Er schmeckt gut. Alles schmeckt gut. Er kniet wieder vor ihr, und sie genießt den Anblick, die Hingabe in seinem Blick, als er sich wieder dem Allerheiligsten widmet.
Ich komme sofort, wenn du mich leckst, hat sie gesagt, aber so einfach ist das nicht. Und so einfach will sie das gar nicht, weil sie es so sehr genießt. Weil sie jeden Moment auskosten mag und er ihr das Gefühl gibt, für ihn wäre es das Schönste auf der Welt, sie zu lecken. Sie will gar nicht, dass es gleich wieder vorbei ist. „Oh Gott“, murmelt sie immer wieder, obwohl sie an keinen Gott glaubt. An die Lust glaub ich in diesem Moment. An die Lust, die nur deshalb so lustvoll ist, weil da auch so viel Nähe ist.
„Du bist laut“ sagt er, als er seinen Mund kurz von ihrer Scham löst und ihr einen Finger in die Möse schiebt. Sie muss lachen, weil sie es gar nicht gemerkt hat. Plötzlich ist sie still, weil sie spürt, wie die Wellen langsam näherkommen und sie fortspülen. Er hält seinen Mund an ihre Möse gepresst, als sie kommt, und schluckt ihre Wellen hinunter.
„Darf ich sie kaputtmachen?“, fragt er, und sie nickt. Ja, darfst du. Sollst du. Das ist ihre Bestimmung, denkt sie. Die Zeit zieht sie mit sich. Sie weiß später nicht mehr, was vorher und nachher ist. Da ist das Bett. Da sind Zungen, Körper, sein Schwanz. „Das ist der größte, den ich bis jetzt hatte“, sagt sie staunend. Lecken. Lutschen. Streicheln.
Sie will seinen Schwanz in ihrem Mund. Sie will ihn schmecken, lutschen, blasen. Sie liebt seinen Geschmack. Sie liebt es, wenn er in ihrem Mund noch ein bisschen größer und härter wird. So groß, dass nur ein Teil davon Platz hat in ihr. Sie mag auch seinen Geruch, seine glatte Haut. Sie lutscht behutsam, lässt ihn langsam in ihren Mund gleiten, spielt mit den Fingern mit ihm, drückt einen Kuss auf die Spitze, um ihn gleich darauf wieder tief im Mund verschwinden zu lassen.
„Ich glaub, ins Gesicht spritzen mag ich nicht so besonders“, hat sie im Chat mal gesagt, weil sich manche Dinge so leicht schreiben und nicht so leicht tun, auch dann nicht, wenn das Leben sich leicht anfühlt.
„Spritz mir ins Gesicht“, sagt sie jetzt, nachdem sie ihn aus dem Mund gleiten lassen hat und ihn wichst.
„Ich kann das nicht“, sagt er, „das ist doch demütigend für dich.“ Und sie: „Es ist geil. Ich will das. Ich will das jetzt wirklich.“ Da ist es wieder, dieses Gefühl. Dieser Moment hat für sie mehr mit emotionaler Nähe zu tun als mit Geilheit. Mit Vertrauen. Ich will das heißt übersetzt: Ich will, dass du der erste bist, der das tut, weil ich dich will. Ich will, dass du mir ins Gesicht spritzt, weil es bisher ein Tabu für mich war und ich dieses Tabu in diesem Augenblick mit dir brechen will. Sie liebt es, ihn anzuschauen, während er kommt. Seine Geilheit in seinen Augen zu sehen. Seine Stimme zu hören, die davor sagt: Ich komm gleich, ich komm jetzt gleich.... ich komm jetzt.... Als würde sie das nicht bemerken.
So einfach ist das also, denkt sie, und so schön. Sein Saft auf ihren Lippen, seine Befriedigung auf ihren Wangen, sein Orgasmus in ihrem Gesicht.
Sie haben an alles gedacht. „Du musst dich um die Gummis kümmern“, hat sie ihn vorher gewarnt, „ich kann das in diesen Momenten nicht mehr. Wenn ich geil bin, bin ich geil, nicht vernünftig.“ Leichtsinnig, ja. Leicht sinnlich. Er hat es versprochen, sich darum zu kümmern. Als er sein Versprechen einlösen will, nimmt sie ihm den Gummi aus der Hand und lässt ihn fallen. „Vergiss es. Ich will dich nackt. Fick mich jetzt bitte“, sagt sie. „Knie dich hin“, bittet er.
Sie genießt es, dass da nichts ist zwischen ihnen. Kein Nylon mehr, kein Gummi, nur Nähe. Körper. Alles fühlt sich so leicht an, so richtig. Das Nacktsein, da ist nichts Verschämtes, Peinliches. Es ist wie es ist. Endlich. Unendlich geil.
Sie mag ihn sehr. Aber das darf sie nicht sagen, weil sie ihm keine Angst machen will mit ihren Gefühlen. Weil sie nicht will, dass er "ich dich auch" sagt, aus Höflichkeit. Aber manchmal rutscht es einfach heraus aus ihr, das Gefühl, und die Worte dazu. Es rutscht aus ihr heraus, während er in sie hineinrutscht. Er umfasst ihre Hüften und schiebt ihr seinen Schwanz in die Möse. Langsam, Stück für Stück. Sein Schwanz fühlt sich verdammt gut an in ihr. Eng. Hart. Geil.
„Zieh die für mich an“, sagt er später, als sie aneinander gekuschelt im Bett liegen und schenkt ihr eine nahtlose Wolford. Sie schlüpft langsam und so lasziv wie möglich in die Strumpfhose. Er beobachtet sie dabei, streichelt währenddessen seinen Schwanz. Das Nylon fühlt sich gut an auf ihrer Haut.
„Kannst du es dir selber machen?“, fragt er, „ich möchte dir gern dabei zuschauen.“ Sie rollt sich auf den Bauch, versenkt ihre Finger in ihre Möse und reibt sich. Er ist hinter ihr. Wichst seinen Schwanz auf ihrer Strumpfhose. An ihrer Möse. Manchmal treffen sich ihre Finger und sein Schwanz und diese Berührungen lösen ein Erdbeben in ihr aus. Sie kommt heftig, mit diesem geilen Gefühl, dass er hinter ihr seinen Schwanz, diesen wunderschönen, großen Schwanz in der Hand hat und sich wichst. Sie dabei mit der Schwanzspitze reibt. Er spritzt auf die schwarze Strumpfhose. Beschmutzt sie. Weiht sie.
Sie sind mutig, ohne sich besonders mutig zu fühlen, weil einfach passiert, was passiert. Weil einfach gut ist, was passiert. Wie es passiert.
Da ist so viel Glück. So viel Sanftheit und Rücksicht. So viel Lachen. So viel Leichtigkeit und Selbstverständlichkeit, als er auf den Balkon klettert, eine raucht und sie hinter ihm steht, sich an ihn presst, mit seinem schlaffen Schwanz spielt.
Da ist auch die Leichtfüßigkeit, mit der sie Grenzen – vor allem ihre eigenen – überschreiten. Das alles mit einer zärtlichen Behutsamkeit, mit der sie miteinander umgehen. Sie wollen einander gut tun, nicht weh. Und genau das tun sie. Gut. Sie versprechen einander nichts. Sie halten einfach.
Sie weiß nicht genau, warum ausgerechnet er es ist, mit dem sie so viel das allererste Mal macht. Sich durch eine Strumpfhose, dafür aber ohne Gummi ficken lässt, als wären Nylons ein Schutz. Seinen Schwanz in ihrer Strumpfhose zu spüren. Sich selber zu reiben, während er sich hinter ihr wichst und sie seinen Schwanz an ihrem Arsch und an ihrer Möse fühlt. Sich ins Gesicht spritzen zu lassen.
Sie weiß nicht, ob sie überhaupt wissen will, warum ausgerechnet er das ist. Vielleicht ist es diese unverbindliche Verbindlichkeit, die er ausstrahlt. Dieses Komm-mir-ganz-nahe-aber-komm-mir-dabei-nicht-zu-nahe. Diese Ambivalenz, die sie an sich selber so gut kennt.
„Darf ich diesen Augenblick für die Ewigkeit festhalten?“, fragt er. Ja. Darf er. Auch wenn sie sich dafür später wieder anhören wird, wie leichtsinnig sie ist. Sie nennt den Leichtsinn Vertrauen. Er ist keiner, der anderen absichtlich weh tut, das spürt sie. Er fotografiert sie, als sie ihn lutscht. Ihre verhüllte Möse. Seinen Schwanz in ihr. Mit gespreizten Beinen auf dem Tisch, servierfertig. Ihre Füße, wie sie seinen Schwanz wichsen.
Irgendwann einschlafen, in seinen Armen. Wir waren ganz schön verrucht, flüstert sie. „Wir waren sexy“, sagt er.
Der Abschied am nächsten Morgen fällt nicht leicht, fühlt sich aber trotzdem leicht an. Nichts bereuen. Keine Verlustängste. Das, was sie hatten, nimmt ihnen keiner mehr weg.
„Wir haben das verdammt gut hingekriegt“, sagen sie, umarmen einander und gehen in unterschiedliche Richtungen davon.