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Wie man einem Hamster das Fliegen beibringt

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Der Philosoph Friedrich Nietzsche hat geschrieben: Der Mensch hat eine wahre Wollust darin, sich durch übertriebene Ansprüche zu vergewaltigen. Ich möchte noch hinzufügen: Der Mensch ist die einzige Spezies, die es schafft, auch ihre Artgenossen mit übertriebenen Ansprüchen zu quälen. Das, was der Mensch sich selbst antut, tut er auch gern seinem Nächsten an.

Menschen, die wir schwierig nennen, genügen unseren Ansprüchen nicht. Wir verlangen im Stillen, die Leute sollen sich so benehmen, wie wir es für richtig halten. Sie sollen so vernünftig, anständig und korrekt sein, wie wir uns das vorstellen. Wenn jemand dagegen verstößt und unseren Ansprüchen nicht genügt, beurteilen wir ihn negativ. Wir denken: Mit dem stimmt was nicht, und damit wird dieser Mensch für uns schwierig. Was wir dabei oft vergessen ist: Das Schwierigsein haben wir erfunden. Es begann mit unseren Ansprüchen.

Ja, manche Leute genügen unseren Ansprüchen nicht. Diese Leute frustrieren uns. Wir ärgern uns über sie, und damit wir uns besser fühlen, versuchen wir, sie zu ändern. Erst reden wir mit ihnen, dann fangen wir an zu diskutieren, und am Ende streiten wir uns. Wir gehen diesen Leuten aus dem Weg und schimpfen hinter ihrem Rücken über sie. Oder wir fahren unsere Ellenbogen aus und versuchen, uns durchzusetzen. Je mehr wir an diesen schwierigen Leuten herumzerren, desto gestresster fühlen wir uns. Es ist fast so, als wollten wir einem Hamster das Fliegen beibringen. Die Sache mit dem Hamster möchte ich an einem Beispiel erklären.

Stellen Sie sich Folgendes vor: Sie besitzen einen kleinen Hamster. Aus irgendwelchen Gründen haben Sie hohe Ansprüche an das Tier. Sie erwarten, dass Ihr Hamster fliegen kann. Ihr Hamster fliegt aber nicht. Sie sind frustriert.

Sie führen ein ernstes Gespräch mit ihm. Dabei sprechen Sie ganz offen über Ihre Bedürfnisse und Gefühle. Sie reden davon, wie glücklich Sie wären, wenn er nur ein wenig herumfliegen würde. Wenigstens mit dem Hüpfen könnte er doch anfangen. Trotzdem: Der Hamster fliegt nicht. Er hüpft nicht. Er nimmt einfach keine Rücksicht auf Sie. Sie sind sauer, weil Ihr Hamster Ihnen das Leben schwer macht.

Also fangen Sie selbst an, zu hüpfen, um Ihrem Hamster zu zeigen, wie das geht. Was Sie schaffen, müsste er doch auch können. Aber Sie beißen bei ihm auf Granit. Er gibt sich keine Mühe. Er ist nicht bereit, Ihnen auch nur ein Stück entgegenzukommen. Das Tier ist wirklich schwierig.

Ihr Leben könnte so schön sein, wenn dieser Hamster nur ein wenig guten Willen aufbringen würde. Nur ein paar Hüpfer – das wäre doch ein Anfang. Aber nein, das blöde Tier kümmert sich nicht darum, wie es Ihnen geht. Sie kritisieren ihn – sachlich natürlich. Sie konfrontieren ihn mit Ihrer Meinung. Sie machen ihm deutlich, dass sein Verhalten Konsequenzen haben wird. Sie werden laut und hauen mit der Faust auf den Tisch. Der Hamster verkriecht sich in sein Hamsterhäuschen.

Und Sie? Sie sind gestresst. Sie leiden und wissen nicht mehr weiter.

»Jedes Wesen ist ein stummer Schrei, anders gelesen zu werden.«

[ Simone Weil ]

Jetzt treffen Sie mich, und Sie nutzen Ihre Chance. Sie fragen mich: »Frau Berckhan, ich leide seit Monaten unter einem sehr schwierigen Hamster. Der ist so komplett daneben, und er provoziert mich, wo er nur kann. Wissen Sie, was der tut? Der weigert sich, zu fliegen! Ich habe schon alles versucht. Ich bin sogar mit meinen Ansprüchen runtergegangen. Aber auch beim Hüpfen hat er komplett auf stur geschaltet. Er weigert sich, mit mir zu kooperieren. Sagen Sie mal, Frau Berckhan, wie bringt man so einem schwierigen Hamster das Fliegen bei?« Meine Antwort lautet: »Gar nicht.«

Der Hamster ist nicht schwierig. Er macht Sie auch nicht absichtlich unglücklich. Sie machen sich selbst unglücklich, weil Sie von dem Hamster etwas erwarten, was er Ihnen nicht geben kann.

So ähnlich ist es auch mit Ihren schwierigen Mitmenschen. Die können sich nur so weit ändern, wie es ihnen möglich ist. Aber nicht so weit, wie Sie es vielleicht erwarten. Hören Sie auf, sich selbst unglücklich zu machen. Hören Sie auf, von den schwierigen Typen etwas zu erwarten, was die im Moment gar nicht leisten können.

Ja, Ihr Hamster kann nicht fliegen.

Falls Sie unbedingt ein Geschöpf haben wollen, das fliegen kann, wenden Sie sich an einen Wellensittich.

Wie Sie anderen den Stachel ziehen, ohne sich selbst zu stechen

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