Читать книгу SOKO Jana Hoffmann - Benjamin Webster - Страница 3
ОглавлениеKapitel 1 – Das erste Opfer
Es war kurz vor Weihnachten. Schneeschauer und Kälte beherrschten die Nachrichten, auch in Karlsruhe. Ungewöhnlich für Karlsruher Klimaverhältnisse, da Schneefall um diese Jahreszeit nicht so oft vorkommt. KHK Leni Herbst schaute aus dem Fenster ihres Büros im K1 und hielt eine Tasse Tee in der Hand. Earl Gray ist ihre bevorzugte Marke. Ab und zu nippte sie an der Tasse. In Gedanken war sie schon im Urlaub. Noch zwei Wochen, dann hatte sie endlich Urlaub. Drei Wochen keine Berichte, Verhöre oder Beschattungen. Drei Wochen Abstand von Mördern, Vergewaltiger oder sonstigen kriminellen Elementen. Ihre Mitarbeiterin, KK Michaela Moser, kam leise zur Türe herein und stellte sich unbemerkt hinter sie. Nach einer Weile meinte sie: „Na, schon auf Urlaubsmodus umgestellt?“ Leni zuckte etwas zusammen, als sie ihre Stimme hörte und antwortete: „Ist anschleichen dein neues Hobby?“ Micki konterte: „Das liegt an meines Beruf. Immer Augen und Ohren auf und die Situation analysieren.“ Leni drehte sich zu ihr und fragte: „Und was hast du beobachtet?“ Micki: „Das du verträumt aus dem Fenster geschaut hast. Daraus habe ich geschlossen, dass du in Gedanken in Lübeck bist. Habe ich recht?“ Leni: „Falsche Analyse. Schau einmal aus dem Fenster, was siehst du da?“ Micki ging ans Fenster und schaute hinaus. Sie sah nur, dass es schneite und unten auf dem Parkplatz vor dem Präsidium, hektisches Treiben gab. Ein Abschleppwagen hatte gerade einen Wagen aufgeladen, der falsch parkte. Zwei Herren in Anzügen fuchtelten aufgeregt mit den Armen hin und her und redeten auf eine Politesse ein. Ein dritter Mann kam hinzu und beruhigt die Gemüter. Es ist Kriminalrat Arnold Wulf, der die Situation entschärfte und der Politesse sichtlich klare Anweisungen gab. Der Fahrer des Abschleppwagens ging zurück zu seinem Führerhaus und lud den aufgeladenen PKW wieder ab. Die Politesse tippte etwas in ihr Gerät und der fremde Mann zückte seine Börse. Alle Parteien waren zufrieden und gingen ihres Weges. Leni sagte: „Schlechte Analyse, Frau Moser. Sie haben vergessen das Umfeld mit einzubeziehen. Jedes Detail kann wichtig sein, Frau Kollegin.“ Micki schaute Leni an und erwiderte: „Ja Frau Oberlehrerin. Ich werde es mir merken und nie wieder vergessen. Bekomme ich jetzt einen Eintrag ins Klassenbuch?“ Leni lachte und meinte: „Ausnahmsweise lasse ich Gnade vor Recht ergehen. Kostet dich aber einen Kaffee.“ Und Michaela Moser antwortete: „Trink erst einmal deinen Tee aus, dann bringe ich dir einen, oder ich gebe dir einen bei Karlchen heute Abend aus.“ Bei „Karlchen“ war das Stammlokal der beiden Kommissarinnen. Zwei bis drei Mal die Woche gehen sie dorthin und trinken ihren Kaffee, bei gemütlicher Atmosphäre. Hier konnten sie abschalten von ihrer Arbeit und einfach sie selbst sein. Die anderen Stammgäste wussten natürlich was sie beiden beruflich machten, aber Fragen zu aktuellen oder alten Fällen waren für alle Tabu. Hier waren sie einfach nur Leni und Micki, zwei nette Frauen die noch nicht unter der Haube waren. Was aber nicht heißen sollte, dass die beiden auf Männerfang sind. Sie gingen zwar hin und wieder mit dem einen oder anderen Stammgast von Karlchen aus, aber stets ohne anschließendes Bettgeflüster. Hauptkommissarin Herbst setzte sich wieder an ihren Schreibtisch und gab Micki einen Stapel Akten. „Die sind auf dem neuesten Stand und können wieder ins Archiv. Würdest du sie in die Postablage ins Archiv legen und einen Vermerk dazu machen?“ fragte Leni. Micki nahm sie ihr ab und meinte: „Schon erledigt.“ Sie verließ das Büro und legte die Handakten in das Postfach, als Kriminalrat Wulf zur Tür herein kam und alle mit einem „Guten Morgen!“ begrüßte. Er ging an Micki vorbei und steuerte gerade Wegs in Lenis Büro. Ohne Anklopfen öffnete er die Tür und trat ein. Wulf stellte seinen Aktenkoffer auf den Schreibtisch und setzte sich auf einen Stuhl. Er schaute sie an und fragte Leni: „Wissen sie was man seiner Frau zum zehnten Hochzeitstag schenkt? Ich dachte an einen Strauß Blumen und ein leckeres Abendessen, oder was meinen sie?“ Leni antwortete: „Fragen sie mich das Privat oder dienstlich, Herr Kriminalrat?“ Er überlegte einen Augenblick und meinte: „Privat.“ Sie schaute ihn an und erwiderte: „Zehn Jahre ist eine sehr lange Zeit, für eine Beziehung. Aber ich finde Blumen und ein Essen, kann da nur ein schmückendes Beiwerk sein. Du solltest ihr etwas schenken, an dem deine Frau jeden Tag daran erinnert wird, dass du sie über alles schätzt und liebst.“ Er: „Und was ist das deiner Meinung nach?“ Sie: „Schenke ihr Schmuck.“ Er: „Und was soll ich Kristina schenken? Sie hat doch schon so viel Schmuck?“ Sie: „Wenn es etwas gibt, was Frauen nie genug haben können, so sind dass Schuhe und Schmuck. Da man Schuhe nicht schenkt, bleibt ja nur der Schmuck noch übrig. Ich dachte an etwas was so richtig funkelt, wenn Licht darauf kommt“ Er: „Oh, oh, das wird teuer.“ Sie: „Das musst du wissen, was dir deine Frau wert ist. Immerhin hat sie dich schon zehn Jahre ertragen. Zehn Jahre hat sie Abend für Abend auf dich mit dem Essen gewartet, wenn du wieder einmal später vom Dienst nach Hause kamst. Oder hat es geduldig ertragen, wenn du nachts wieder einmal angerufen wurdest, weil irgendein Mörder sein Unwesen treibt. Oder..“ Er: „Ist ja schon gut, ich habe schon verstanden. Ich weiß ja, dass ich ab und zu etwas geizig bin.“ Sie: „Nur, ab und zu, ist wohl leicht untertrieben.“ Er stand auf und nahm seinen Aktenkoffer. Beim herausgehen fragte er noch einmal: „Und du meinst wirklich er muss so richtig glitzern?“ Leni lächelte und hob ihre linke Hand hoch und antwortete: „Aber so was von funkeln.“ Dabei bewegte sie die Hand hin und her, als hätte sie selbst einen Brillantring am Finger. Er öffnete die Tür und sagte beim herausgehen: „Einen schönen Tag noch, Frau Herbst.“ Sie antwortete: „Wünsche ich ihnen auch, Herr Kriminalrat.“ Jetzt waren sie wieder dienstlich und per Sie. Leni Herbst öffnete die nächste Akte. Auf der Vorderseite stand „Akte Heinemann, angelegt 14.05.1999“ Ungeklärter Mord. Letzte Aktualisierung 17.06.2008. Fünf Mal wurde inzwischen die Akte geöffnet und geschlossen. Bislang konnten keine weiteren Beweise oder Zeugen zur Klärung des Falles gefunden werden. Sie öffnete die Akte und hatte gleich mehrere Bilder des Tatortes und des Opfers in der Hand. Es waren keine schönen Bilder die sie vorfand. Sie zeigten eine zuvor schöne junge Frau, die auf einem Wirtschaftsweg neben der Bundesstraße 10, mehrfach überfahren wurde. Laut den Aufzeichnungen und der Spurenlage, überfuhr ein Wagen die Frau mehrfach vor- und rückwärts. Es handelte sich zweifelsfrei um Mord. Das Opfer, Hanna Heinemann, war gerade 25 Jahre alt geworden. Bislang konnte niemand als Täter ermittelt werden. Alle verdächtigen Personen hatten ein Alibi und ein Motiv für die Tat, wurde auch nicht gefunden. Nach dem Lesen des Obduktionsberichtes wurde klar, dass Hanna Heinemann mehrfach überfahren wurde. Fast alle Knochen wurden gebrochen. Auch die inneren Organe waren verletzt. Hier war offensichtlich sehr viel Wut im Spiel gewesen. Alle Anzeichen für eine Beziehungstat aus Eifersucht, oder Vertrauensverlust. An Hand der Spurenlage, wurde ein größeres Fahrzeug gesucht. Es musste sich um einen Kleintransporter oder einen großen Kombi als Tatfahrzeug gehandelt haben. Aber im Umfeld des Opfers hatte keiner ein solches Fahrzeug. Es war ein typischer Fall für ungeklärte Verbrechen. Wenn hier nicht Kommissar Zufall die Regie übernahm, würde dieser Fall wohl wahrscheinlich, nie aufgeklärt werden. Leni spielte mit dem Gedanken, eine Art Aktenzeichen XY fürs Internet im Karlsruher Raum ins Leben zu rufen. In Verbindung mit der örtlichen Presse und den regionalen TV- und Radiosendern, könnten bestimmt der eine oder andere Fall ein paar neue Spuren bringen. Mitten in ihren Überlegungen kam Micki herein und sagte: „Wir haben einen Einsatz. Weibliche Leiche in der Herrmannstraße 187, wurde soeben von einer Frau Sarah Klimm gemeldet. Sie hat ihre Freundin, Jana Hoffmann, tot aufgefunden. Soll ich der Spurensicherung auch Bescheid geben?“ Leni überlegte einen Moment und meinte: „Lass uns erst einmal schauen ob es stimmt. Kann ja sein, dass es sich um Suizid handelt, dann brauchen wir nur den Pathologen holen. Wenn es Mord ist, können wir sie immer noch holen. Du weißt doch was unsere Kontrollerin das letzte Mal gesagt hat: „Mit wenigen Mitteln, so effizient wie möglich arbeiten. Keine unnötigen Ressourcen vergeuden.“ Beide machten den Gesichtsausdruck von Frau Junge nach und spitzten dabei ihre Lippen, als wenn sie einen Frosch küssen würden und fingen an zu lachen. Leni gab Micki den Wagenschlüssel. Trotz der Zeit die Leni schon in Karlsruhe war, kannte sie noch nicht jede Straße. Aber so nach und nach vervollständigte sie ihr „Stadtplan“ Wissen. Die Herrmannstraße lag am Rande Karlsruhes. Es war eine typische Straße mit Gebäuden aus den 20er Jahren. Hier waren die Häuser dreistöckig. Im Erdgeschoss waren nicht selten Geschäfte untergebracht, dann kamen zwei Wohnungen und ganz oben war der gemeinsame Speicher, zum Aufhängen der Wäsche. Die Wohnungen hatten vier Zimmer, in denen teilweise zwei oder drei Generationen wohnten. Hier wurde selten eine Wohnung neu vermietet. Meist übernahmen die Kinder oder die Enkel die Wohnung, nach dem die Eltern oder Großeltern verstorben waren. Micki fand direkt vor dem Eingang des Tatortes einen Parkplatz. Sie klingelten bei Jana Hoffmann und sofort öffnete sich die Eingangstür. Ihre Wohnung befand sich im ersten Obergeschoss. Als die beiden oben ankamen, stand die Wohnungstür bereits offen. Leni betrat die Wohnung als erste und rief den Namen der Anruferin Frau Sarah Klimm. Man hörte die Klospülung und eine junge Frau um die dreißig kam mit verweinten Augen aus der Toilette. Leni fragte sie: „Frau Klimm, Sarah Klimm?“ Diese antwortete: „Ja. Sie sind sicher von der Polizei? Bitte kommen sie mit, sie liegt hinten im Schlafzimmer.“ Sarah ging vor und führte die beiden ins hinten gelegene Schlafzimmer. Leni hielt ihren Arm fest und bat sie, nicht ins Schlafzimmer zu gehen, sondern vor der Tür zu warten. Micki öffnete die Tür und auf dem Bett sah man eine Frau liegen. Sie war bis zur Brust zugedeckt. Von weiten konnte man erkennen, das die Frau Tod war. Ihre Augen waren weit aufgerissen und leicht mit Blut unterlaufen. Um den Hals hatte sie einen Schal oder Tuch gewickelt und hing seitlich am Bett herunter. Leni rief gleich die Spurensicherung und den Gerichtsmediziner an. Dann schlossen sie die Tür zum Schlafzimmer wieder. Zuvor machte Micki noch einige Fotos von der Toten und dem Zimmer. Sarah Klimm saß inzwischen in der Küche und hielt ein Glas Wasser in der Hand. Leni fragte sie: „Haben sie etwas in der Wohnung verändert, ich meine was haben sie alles angefasst oder verstellt?“ Sie überlegte und meinte: „Ich bin herein gegangen und habe sie gerufen. Als ich keine Antwort bekommen habe, bin ich ins Schlafzimmer, weil ich dachte sie schläft bestimmt noch. Da die Vorhänge noch zugezogen waren, öffnete ich sie. Dann habe ich sie so liegen gesehen und sie gleich angerufen. Das war alles, mehr habe ich nicht gemacht.“ Micki fragte weiter: „Wieso sind sie überhaupt heute morgen zu ihr gegangen? Waren sie verabredet?“ Frau Klimm: „Nein, wir waren nicht verabredet. Sie hat mich morgens zur Arbeit mitgenommen. Ich wohne nur drei Blocks weiter. Normaler weise warte ich unten vor meiner Haustür, bis sie vorbei fährt. Aber heute kam sie einfach nicht pünktlich, was nicht normal war. Zuerst habe ich sie angerufen, da aber nur der Anrufbeantworter dran war, bin ich einfach zu ihr gegangen. Ich bin davon ausgegangen, dass sie schlicht und einfach verschlafen hat.“ „Sie arbeiten zusammen?“ fragte Micki weiter. Sie antwortete: „Nein. Sie ist selbstständig und hat mit zwei Partnern zusammen eine Art Callcenter. Ich arbeite nur in der Nähe ihrer Firma. Deshalb nimmt sie mich auch morgens mit. Abends fahre ich dann mit der Straßenbahn, weil Jana immer später Feierabend macht.“ Leni fragte weiter: „Sie sich scheinbar sehr gute Freundinnen, sonst hätten sie bestimmt keinen Schlüssel für ihre Wohnung. Wie lange kennen sie sich schon?“ Sarah Klimm überlegte einen Augenblick und fing an zu erzählen: „Fünfzehn Jahre kennen wir uns schon. Ich bin damals aus Bruchsal mit meinen Eltern hierher gezogen. Ich kam dann in die Klasse von Jana ins Theodor Heuss Gymnasium. Wir machten gemeinsam das Abitur. Sie wollte aber nicht studieren und begann eine Lehre als Grafikerin. Ich habe dann zwei Jahre Informatik studiert und hatte dann keine Lust mehr. War doch nicht so mein Ding mit Einser und nullen zu jonglieren. Sie hat mir dann zu einem neuen Job verholfen. Ihr damaliger Freund arbeitete in einer Druckerei und dort suchten sie noch jemand, der sich mit Computer auskennt. Na ja, dann habe ich dort angefangen, aber nach einem Jahr wieder aufgehört. Es war mir einfach zu nervig. Immer bis spät in die Nacht arbeiten war mir doch zu viel, also habe ich dort aufgehört. Jana hat kurze Zeit später auch aufgehört mit ihrem Job. Die haben sie dort nur ausgenutzt und wenig Kohle bezahlt. Dann hat sie Lukas Schneider und Eric Johanson kennen gelernt. Mit ihnen zusammen hat sie die Firma Call & Service Center (C S C) GmbH gegründet. Die betreiben einen Büro- und Alibiservice, sowie Telefonmarketing und eine Sexhotline. Ja und das machte sie jetzt schon um die zehn Jahre lang mit den beiden zusammen.“ An der Tür klingelte es und Micki öffnete. Es waren die Kollegen von der Spurensicherung, sowie die Gerichtsmedizinerin Frau Dr. Julia Halter. Sie begrüßten sich und Micki brachte sie zum Tatort. Leni notierte sich inzwischen die Adresse und Telefonnummer von Sarah Klimm und bat sie am Abend zum Polizeipräsidium zu kommen, um das Protokoll aufzunehmen. Auch die Adresse des Arbeitsplatzes von Jana Hoffmann schrieb sie gleich auf. Leni fragte: „Wann haben sie eigentlich Frau Hoffmann zum letzten Mal gesehen?“ Sarah: „Am Freitagabend. Wir beide sind um neun Uhr weg gegangen. Zuerst waren wir bis um 23:30 im „Noble House“ und sind danach in die Diskothek „Big Apple“. Dort waren wir bis 2:00 Uhr und sind dann mit dem Taxi nach Hause gefahren. Seitdem habe ich sie nicht mehr gesehen und gesprochen.“ Leni machte sich Notizen. Sie verabschiedete sich jetzt von Frau Klimm und brachte sie noch an die Haustür. Beim zurückgehen sah sie den Anrufbeantworter, der im Flur auf einer Kommode stand. Auf der Anzeige stand eine Vier, was bedeutete, dass Jana Hoffmann vier Anrufe nicht entgegen genommen hatte. Leni drückte auf Wiedergabe und nach einem Piep Ton, meldete sich der erste Anrufer: „Guten Abend Frau Hoffmann hier ist ihr zuständiger Hausmeister Faller. Sie hatten wegen der Spüle angerufen. Ich wollte ihnen nur sagen, dass ich morgen früh zwischen acht und neun Uhr vorbeikomme und sie repariere. Falls sie da keine Zeit haben sollten, rufen sie mich doch bitte unter der Nummer 01714485212 zurück.“ Dann kam der nächste Anruf: „Nachricht zwei. - Guten Morgen Frau Hoffmann. Ich war gerade bei ihnen, aber sie waren nicht zu Hause. Ich komme dann am Sonntagabend, gegen zwanzig Uhr auf dem Nachhauseweg noch einmal vorbei. Falls sie keine Zeit haben, rufen sie mich doch bitte zurück.“ Nachricht drei. „Guten Abend Frau Hoffmann. Hier ist noch einmal Ralf Faller, der Hausmeister. Scheinbar waren sie am Wochenende nicht zu Hause. Bitte vereinbaren sie einen neuen Termin mit mir, wegen der defekten Spüle.“ Nachricht vier: „Hallo Jana ich bin es Sarah. Hast wohl verschlafen? War wohl eine heiße Nacht? Ich komme jetzt zu dir rüber. Bis gleich und Tschüssikofski.“ Leni notierte alles und schrieb die Zeiten der Anrufe auf. Micki stand inzwischen neben ihr und hatte alles mitgehört. Micki meinte: „Sie war schon ab Freitag Abend für keinen mehr erreichbar.“ Leni: „So sieht es aus. Frau Klimm und sie sind am Freitagabend um die Häuser gezogen. Zuerst waren sie im „Noble House“, danach in der Disco „Big Apple“. Gegen zwei Uhr sind sie dann mit dem Taxi nach Hause gefahren. Also hat sie auf jeden Fall noch bis Samstagmorgen zwei Uhr gelebt. Ich glaube wir gehen jetzt einmal die Nachbarn im Haus befragen. Vielleicht hat ja jemand etwas gehört oder gesehen.“ Beide gingen zuerst nach oben in den zweiten Stock. Hier wohnte Familie Haberle. Micki klingelte und nach kurzer Zeit öffnete Frau Haberle. Leni sagte: „Guten Morgen, entschuldigen sie die Störung. Ich bin Leni Herbst und das ist meine Kollegin Frau Moser. Wir sind von der Kriminalpolizei.“ Sie hielten beide ihre Dienstausweise hin. „Um Gottes willen, ist etwas mit meinem Mann oder den Kindern, ist ihnen etwas passiert?“ fragte Frau Haberle entsetzt. Micki antwortete gleich beruhigend: „Nein, nein Frau Haberle, keine Angst ihnen ist nichts passiert, es geht ihnen gut. Wir haben nur ein paar Fragen wegen Frau Hoffmann an sie. Hätten sie einen Moment Zeit für uns?“ Frau Haberle: „Gott sei Dank ist alles in Ordnung. Aber kommen sie doch herein. Trinken sie einen Kaffee mit mir?“ Leni und Micki betraten die Wohnung. Ihnen fielen gleich mehrere Koffer im Flur auf. Leni sagte: „Für einen schnellen Kaffee ist noch Zeit. Wollen sie verreisen, weil so viele Koffer im Flur stehen?“ Frau Haberle holte zwei Tassen aus dem Schrank und stellte sie mitsamt den Untertassen auf den Tisch und schenkte den Kaffee ein. Dann sagte sie: „Nein wir sind erst gestern aus dem Urlaub zurück gekommen. Aber was wollen sie mich über Frau Hoffmann fragen? Hat sie etwas angestellt?“ Micki: „Nein sie hat nichts angestellt. Wann sind sie denn aus dem Urlaub zurückgekommen?“ Frau Haberle: „Gestern Abend gegen 19:00 Uhr. Warum fragen sie denn?“ Leni: „Haben sie etwas aus der Wohnung von Frau Hoffmann gehört?“ Frau Haberle setzte sich nun auch an den Tisch und zündete sich eine Zigarette an. Sie überlegte einen Augenblick und meinte dann: „Am Abend nicht. Nur als wir gekommen sind, habe ich Musik aus ihrer Wohnung gehört. Es war so ein klassisches Stück. Ich habe mich gewundert, weil sie sonst immer so neumodische Musik hört. Ah jetzt weiß ich, wie das Stück hieß, es war der Bolero. Von wem der ist weiß ich nicht. Das ist das Stück, das zum Schluss immer schneller und lauter wird. Ein schönes Stück. Aber was ist denn los?“ Micki: „Frau Hoffmann wurde ermordet. Wir untersuchen die Todesumstände von Frau Hoffmann um ihren Mörder zu finden.“ Bei dem Wort ermordet schreckte Frau Haberle sichtlich zusammen. Nach einer Minute schweigen fragte sie: „Ermordet? Wer macht denn so etwas? Das heißt ja, dass sie gestern um 19:00 Uhr am leben und der Mörder noch im Haus war. Ein schrecklicher Gedanke. Wie wurde sie den umgebracht?“ Leni: „Sie wurde erwürgt. Haben sie sonst etwas im Haus bemerkt. Ein schreien oder poltern? Oder etwas Ungewöhnliches im Hausflur oder auf dem Speicher? Denken sie bitte noch einmal nach.“ Sie überlegte wieder einen Moment und nahm einen Zug an ihrer Zigarette. Dann meinte sie: „Als wir aus dem Urlaub kamen ging es drunter und drüber bei uns. Sie wissen bestimmt wie das ist. Koffer auspacken, Strom anstellen, Kühlschrank einschalten. Die Kinder haben gleich den Computer und den Fernseher angeworfen. Mein Mann hat die Post durchgesehen und sich ein Bier eingeschenkt. Ich bin gleich unter die Dusche gegangen und habe die Waschmaschine eingeschaltet. Ich habe da auf nichts geachtet. Hier war so ein Tohuwabohu. Erst als jeder seine Pizza vor sich hatte kam wieder Normalität in die Hütte. Aber fragen sie doch einmal unten den Jukitsch. Er hat unten den Kiosk. Der sieht und hört doch immer alles. Sie sagen auch das Herrmannsche Tageblatt zu ihm.“ Micki hakte nach: „Sie haben Pizza gegessen. Bei wem haben sie die bestellt?“ Frau Haberle: „Die bestellen wir immer beim Pizza Express aus der Wilhelmstraße. Die sind schnell und haben eine gute Pizza. Außerdem sind sie auch günstig.“ Leni: „Und wann wurde ihnen die Pizza gebracht?“ Frau Haberle: „Das muss gegen 21:45 Uhr gewesen sein. Im Fernsehen lief gerade das Heute-Journal mit den Nachrichten. Sie können ja auch einmal den Pizzaboten fragen, vielleicht hat der was gehört oder gesehen.“ Micki: „Das werden wir tun Frau Haberle. Ich lasse ihnen unsere Karte hier. Vielleicht fällt ihnen oder ihrem Mann noch etwas ein, dann können sie uns ja anrufen. Vielen Dank noch für den Kaffee.“ Dann verabschiedeten sich die beiden und gingen nach unten ins Erdgeschoss, zum zweiten Nachbarn von Jana Hoffmann. Es war der Kioskbesitzer Mario Jukitsch. An der Tür klebte ein Schild auf dem zwischen 8:00 Uhr und 22:00 „am Kiosk klingeln“ stand. Also gingen die beiden nach draußen und klopften am Fenster des Kioskes. Sie stellten sich vor und zeigten ihm ihre Ausweise. Jukitsch bat die beiden doch hinten durch die Eingangstür herein zu kommen. Als sie endlich in seiner Wohnung waren fragte er: „Um was geht es eigentlich? Wollen sie meinen Laden durchsuchen? Aber bitte suchen sie“ Er hatte im ersten Moment gedacht, das die beiden Beamtinnen seinen Kiosk durchsuchen wollten, bis ihm dann Micki erklärte, das sie nur ein paar Fragen über Jana Hoffmann hatten. Micki fragte ihn: „Haben sie gestern oder vorgestern etwas ungewöhnliches im Haus bemerkt?“ Mario Jukitsch: „Was verstehen sie unter ungewöhnliches?“ Micki: „Na das es im Hause Krach gab, oder Fremde ein- und ausgingen, so etwas eben.“ Jukitsch: „Lassen sie mich einen Moment überlegen, dass ich alles in die richtige Reihenfolge bekomme. Also am Samstag und am Sonntag gab es Pizza im Haus. Am Sonntag gab es bei Hoffmann laute Musik. Am Sonntagabend sind die Haberle‘s aus dem Urlaub zurückgekommen. Und wie ich meine, hatte die Hoffmann über das Wochenende Besuch. Bei der hat ganz schön die Bude gewackelt, wenn sie verstehen was ich meine.“ Leni: „Sie glauben, sie hatte heftigen Sex?“ Mario Jukitsch: „Worauf sie einen lassen können. Ich wünschte ich wäre dabei gewesen. Oh, Entschuldigung, ist mir so rausgerutscht. Aber das ging ganz schön zur Sache. Möchte nur wissen wo der die Kraft dafür hergenommen hat. Wahrscheinlich hat er Viagra genommen.“ Micki: „Hat Frau Hoffmann dabei geschrien oder hat sie andere Geräusche dabei gemacht?“ Mario Jukitsch: „Sie wollen es aber genau wissen. Natürlich hat sie geschrien und gestöhnt. Aber warum wollen sie das alles wissen? Fragen sie sie doch selbst, schließlich hat sie ja den Spaß gehabt und nicht ich.“ Micki: „Wann genau haben sie diese Schreie gehört?“ Mario Jukitsch: „Das fing am Samstag Mittag an und ging bis gestern Abend um 19:00 Uhr so. Und dauernd diese klassische Musik.“ Leni: „Sie meinen mit der Rückkehr von Haberle’s hörte der Krach auf?“ Mario Jukitsch: „Jetzt wo sie es sagen, ja genau. Da habe ich gar nicht darauf geachtet.“ Micki: „Haben sie jemand danach aus dem Haus gehen sehen? Oder am Samstag jemanden Fremden kommen?“ Mario Jukitsch: „Nein, ich stehe doch nicht den ganzen Tag an der Haustür und überwache meine Nachbarn. Ich sehe doch nur das, was direkt an meinem Kiosk passiert, oder vorbei läuft. Außer den beiden Pizzaboten, habe ich niemand bemerkt. Wobei ich den vom Sonntagabend nur gehört habe.“ Leni: „Und den vom Samstag haben sie gesehen?“ Mario Jukitsch: „Ja, aber nicht richtig, nur von hinten, als er die Treppe herauf ging. Ich hatte gerade meinen Laden abgeschlossen und den Mülleimer im Innenhof geleert.“ Leni: „Und ist ihnen etwas besonderes an ihm aufgefallen?“ Mario Jukitsch: „Eigentlich nicht, nur das auf dem T-Shirt hinten „Pizza Express“ stand.“ Micki: „Und um wie viel Uhr war das, sagten sie?“ Mario Jukitsch: „Wie gesagt, ich hatte gerade den Laden geschlossen. Das war so kurz nach 22:00 Uhr. Aber warum fragen sie das Frau Hoffmann nicht selbst?“ Leni: „Würden wir ja gerne, aber Frau Hoffmann kann uns nicht mehr antworten, weil sie gestern Abend ermordet wurde. Deshalb ist jeder Hinweis, was sie vor ihrem Tode tat, sehr wichtig für uns.“ Mario Jukitsch: „Ermordet! Lieber Himmel. Wenn ich das geahnt hätte, hätte ich doch die Polizei geholt. Mein Gott was ist aus der Welt geworden, nur noch Mord und Totschlag. Woran ist sie denn gestorben, wenn man fragen darf?“ Micki: „Sie wurde erwürgt. Haben sie heute Morgen die Polizeiwagen nicht gesehen?“ Mario Jukitsch: „Doch aber ich musste zuerst in den Baumarkt und mir ein neues Türschloss kaufen. Irgendein Arsch hat mir Sekundenkleber in mein Schloss gefüllt, so dass ich nicht mehr heraus kam. Ich musste durch das Kioskfenster heraussteigen und dann das Schloss wechseln, da habe ich nicht auf die Polizei geachtet.“ Micki: „Schließen sie ihre Wohnung jeden Abend ab?“ Mario Jukitsch: „Natürlich, man weiß ja nie. Immerhin habe ich die ganzen Einnahmen vom Tag in der Wohnung.“ Micki: „Und wann haben sie die Wohnung gestern Abend verschlossen?“ Mario Jukitsch: „Nach dem ich den Müll heraus gebracht hatte, also gegen 22:00 Uhr etwa, wie jeden Abend.“ Micki: „Und danach haben sie nichts mehr gehört?“ Mario Jukitsch: „Nein es war alles ruhig, bis ich um 23:00 Uhr schlafen ging.“ Beide bedankten sich und baten ihn in den nächsten Tagen aufs Präsidium zu kommen, um ein Protokoll anzufertigen. Leni übergab ihm noch eine Visitenkarte, für den Fall, dass ihm noch etwas einfallen würde. Dann stiegen sie wieder die Treppe hoch in die Wohnung von Frau Hoffmann. In der Küche saß die Gerichtsmedizinerin Julia Halter und füllte ein Formular aus. Leni fragte sie: „Was hast du für uns?“ Julia schaute sie an und sagte: „Todesursache ist erwürgen. Todeszeitpunkt, gestern Abend zwischen 19:00 und 21:00 Uhr. Alles Weitere bekommt ihr heute Nachmittag. Ich habe schon viele Mordopfer gesehen, aber das hier ist an Perversität nicht mehr zu toppen. Euer Mörder ist ein perverser Psychopath. Nur soviel kann ich euch jetzt sagen. Er hat sämtliche Körperöffnungen mit Bauschaum ausgefüllt. Zuvor hat er sie mit Chlorbleiche gereinigt. Aber das zeige ich heute Nachmittag in der Pathologie. Wir haben nicht viel gefunden. Der Täter hat die ganze Wohnung gesäubert. Keine Haare, keine Fingerabdrücke und keine weiteren verwertbaren Spuren. Es ist alles klinisch sauber. Bis aus einen kleinen Spritzer mit Blut haben wir nichts gefunden. Den Rest zeige ich euch heute Nachmittag. Ab 15:00 könnt ihr kommen.“ Inzwischen hatten zwei Angestellte des Bestatters die Leiche in einen Zinksarg gelegt und nach unten in den Leichenwagen gebracht. Die Spurensicherung war auch soweit fertig und schoss nur noch einige Fotos vom Balkon. Micki fragte nach: „Ist es wirklich so schlimm, Julia?“ Sie erwiderte: „Viel schlimmer. Also ich muss dann. Bis später bei mir.“ Sie nahm ihren Koffer und drückte Leni das Protokoll in die Hand, schüttelte mit dem Kopf und sagte noch einmal: „Viel schlimmer.“ Dann verließ sie die Wohnung. Leni schaute sich das Protokoll an und las es flüchtig durch. In ihrem Gesicht machte sich das Entsetzen breit. Als sie fertig mit lesen war, gab sie das Protokoll Micki und sagte: „Julia hat untertrieben, es ist noch viel, viel schlimmer. Wenn wir den Typ haben, schneide ich ihm die Eier ab, diese perverse Sau.“ Micki las nun auch das Protokoll und meinte dann: „Und ich schieße ihm den Schwanz ab.“ Beide gingen hinaus auf den Balkon. Micki zündete sich eine Zigarette an und gab Leni auch eine. Nach einer Weile fragte Micki: „Warum tut ein Mann so etwas? Leni: „Weil er ein krankes Hirn hat. Aber wenn wir ihn haben, fragen wir ihn. Und eines verspreche ich dir, ich werde nicht locker lassen, bis er mir alles beantwortet hat.“ Micki: „Wohin gehen wir als nächstes?“ Leni: „Du kannst es dir aussuchen. Den Taxifahrer von Freitagnacht, die beiden Pizzaboten, oder ihre zwei Geschäftspartner. Ach ja, den Chef des Big Apple und den Wirt vom Noble House, sowie den Hausmeister sollten wir auch noch befragen. Also was meinst du?“ Micki: „Ich bin für Pizzaboten.“ So machten sie sich auf den Weg zum Pizza Express in die Wilhelmstraße 31. Leni suchte einen Parkplatz, fand aber keinen. Micki meinte dann, sie solle doch direkt vor der Pizzeria parken und das Blaulicht auf das Dach stellen und laufen lassen. Mit dem Schild Einsatzfahrzeug, wollten sie zusätzlich darauf hinweisen, das sie hier nicht aus privaten Gründen parkten, sondern im Einsatz waren. Die Pizzeria war um diese Zeit stark frequentiert. Kein Wunder, lag sie doch direkt an einer Haltestelle, an dem viele Schüler ein- und umsteigen mussten. Sie gingen hinein und fragten gleich nach dem Geschäftsführer oder Manager. Ein Angestellter führte sie nach hinten in das Office von Herrn Carlo Pascale. Sie klopften an und öffneten die Tür. Hinter dem Schreibtisch saß ein älterer Herr mit Halbglatze und Schnauzbart. Als er die beiden Frauen sah, kam in ihm das Jagdfieber hoch. Deshalb stand er sofort auf und fragte mit leicht südländischen Akzent: „Welch Glanz in meiner bescheidenen Hütte. Ich bin der Geschäftsführer hier, was kann ich für die hübschen Damen tun?“ Leni zückte sofort den Dienstausweis und hielt ihm ihn unter die Nase und sagte ganz freundlich: „Ich bin Frau Herbst und das ist meine Kollegin Frau Moser. Wir sind von der Kriminalpolizei Karlsruhe Mitte. Wir ermitteln gerade in einem Mordfall und haben ein paar fragen an sie. Haben sie jetzt Zeit, oder bevorzugen sie lieber die Atmosphäre des Präsidiums?“ Der Satz hat Wirkung gezeigt. Herr Pascale brachte nur noch: „Bitte nehmen sie Platz“ heraus und deutete auf die beiden Sessel die vor dem Schreibtisch standen. „Natürlich habe ich Zeit für sie. Was wollen sie von mir?“ fragte er weiter. Micki: „Wir haben ein einige Fragen über ihre Pizzafahrer. Wer hatte bei ihnen am Wochenende, am Samstag und am Sonntagabend Schicht?“ Pascale schluckte erst einmal. Micki und Leni merkten sofort, dass ihm das nicht gefiel. Dann fragte er: „Warum brauchen sie das? Das sind zwei harmlose Studenten, die sich am Wochenende etwas zu ihrem Studium hinzuverdienen. Also was wollen sie noch wissen?“ Leni wurde jetzt etwas lauter: „Haben sie etwas an den Ohren? Wir wollen von ihnen wissen, wer am Samstag und am Sonntagabend die Pizzen ausgefahren haben. Und wenn sie uns nicht gleich die Namen und Adressen herausgeben, werden wir sie mitnehmen aufs Präsidium. Ich hoffe sie haben mich jetzt verstanden.“ Pascale: „Ist ja gut, ich habe sie schon beim ersten Mal verstanden. Nur habe ich das Problem, dass ich keine Adresse von den beiden habe. Die rufen mich am Samstag an und fragen, wann sie kommen sollen. Ich sage ihnen dann die Zeit und stehen dann auf der Matte.“ Leni überlegte einen Augenblick und sagte zu Pascale: „Ich gebe ihnen bis um fünf Uhr Zeit mir die Adressen und die Telefonnummern zu besorgen. Haben sie diese nicht, werde ich sie wegen Verdunklungsgefahr verhaften und einsperren. Und zwar solange, bis ihnen Name, Adresse und Telefonnummer einfallen. So und weil wir gerade dabei sind, werde ich den Zoll und den WKD informieren, wegen Verdacht auf Schwarzarbeit.“ Pascale wurde seine Situation schlagartig bewusst und meinte: „Ich glaube ich habe mir die Adressen irgendwo notiert. Einen Augenblick ich hab‘s gleich.“ Er nestelte in einem Haufen von Zetteln, zog einen nach dem anderen heraus und schüttelte dann mit dem Kopf. Nach dem fünften Mal „Nee iss es nicht“ stand Micki auf und nahm ihm die Zettel aus der Hand. Sie schaute nach, ob etwas darauf geschrieben stand, aber sie waren alle leer. Micki griff an ihren Gürtel und holte die Handschellen heraus. Sie hob sie hoch und sagte: „Aufstehen, wir sprechen auf dem Präsidium weiter.“ Carlo Pascale fing an zu schreien: „Nein, warten sie. Ich weiß jetzt wo sie sind.“ Dann griff er hinter sich und holte einen kleinen Ordner aus dem Regal. Er öffnete ihn und zog zwei Blätter heraus und streckte sie Micki entgegen. Sie überflog die Blätter und gab sie nickend Leni. Dann meinte sie zu ihm: „Geht doch. Warum muss man immer erst den Macho heraushängen lassen? Aber der WKD wird Morgen trotzdem vorbeikommen. Ich rate ihnen zu einer Selbstanzeige, das vermindert das Strafmaß doch um einiges. Ach ja, sie rufen die beiden jetzt aber nicht an und sagen ihnen das wir sie besuchen kommen, denn das wirkt sich wieder negativ auf das Strafmaß aus und gibt einen Zuschlag. Also Finger weg vom Telefon. Haben sie mich verstanden?“ Micki war mit ihrer Belehrung fertig und Leni sagte nur noch: „Sie ist der gute Cop. Also bis dann und immer schön sauber bleiben.“ Im heraus gehen rief Micki gleich beim WKD an und erklärte ihnen den Verdacht mit der Schwarzarbeit. Sie machte noch Fotos von den Angestellten die im Moment im Laden arbeiteten und sendete sie an den leitenden Beamten. Als sie am Wagen ankamen, stand eine Politesse neben dem Wagen und tippte etwas in ihren kleinen Computer ein. Leni und Micki erkannten sie gleich wieder. Es war die gleiche Politesse, die sie am Morgen vor dem Präsidium mit beobachtet hatten. Leni lief direkt auf sie zu und sagte ihr: „Guten Tag mein Name ist KHK Herbst, und das ist mein Kollegin KK Moser. Wir sind im Einsatz, es hat leider etwas länger gedauert. In ein paar Minuten kommen noch Kollegen vom Streifendienst und vom WKD. Wir haben gerade einen Zeugen in einem Mordfall befragt und dabei bemerkt, dass im Lokal illegale Beschäftigte arbeiten. Wir müssten eigentlich jetzt warten bis die Kollegen kommen. Nun wollte ich sie bitten, das für uns zu übernehmen und jeden der herauskommt zu fotografieren. Wir sollten dringend noch zwei weitere Zeugen befragen, die auch in den Mordfall involviert sind. Wir können Fluchtgefahr der Zeugen, nicht ausschließen. Helfen sie uns Frau Hohner?“ Ihren Namen hatte sie von Kriminalrat Wulf am Morgen gehört, weil er sich mächtig über sie aufgeregt hatte. Die Politesse schaute beide an, zögerte einen Augenblick und meinte dann: „Ich habe doch gar keine Amtsbefugnis dafür, wie stellen sie sich das vor?“ Micki antwortete: „Für das fotografieren von flüchtigen Schwarzarbeitern, brauchen sie keine Amtsbefugnis. Wenn jemand etwas von ihnen möchte, berufen sie sich einfach auf uns. Hier ist unsere Karte, da steht unsere Nummer und E-Mail Adresse darauf. Dorthin können sie alle Bilder schicken. Ich werde sie auch lobend bei Kriminalrat Wulf erwähnen, für ihren selbstlosen und unbürokratischen Einsatz. Also, helfen sie uns?“ Sie nahm die Karte und meinte: „Klar doch, wir Frauen müssen doch zusammen halten. Also alles was herauskommt fotografieren? Ach ich muss ihre Daten noch aus dem Mobidat löschen. Sie waren ja nachweislich im Einsatz. Nun fahren sie schon, sonst sind ihre Zeugen weg.“ Micki startete den Wagen und Leni schaute nach, wohin sie mussten. „Wohin fahren wir?“ Leni: „Sie wohnen beide Im Laubengang, nur in anderen Appartements.“ Micki: „Im Laubengang ist direkt bei der Uni. Ich glaube da wohnen über 500 Studenten. Wenn ich mich nicht irre, gehört das alles noch zum Campus der Universität.“ Leni: „Ich mache vorsichtshalber einmal eine Abfrage, könnte ja sein das die beiden bei uns im System sind.“ Sie rief Sabine Junker die Sekretärin im K1 an und gab ihr die Daten durch: „Hallo Biene. Wir haben hier zwei Überprüfungen. Der erste ist Justin Hebel geboren am 14.10.1991, der zweite ist Freddy Tiehlmann geboren am 6.5.1993. beide müssten Im Laubengang in Karlsruhe gemeldet sein.“ Sie blieb am Telefon und wartete auf das Ergebnis. Nach einer Minute sagte Biene: „Beide Negativ.“ Also sind beide, strafrechtlich noch nicht in Erscheinung getreten und hatten somit keine Vorstrafen. Nach zehnminütiger Fahrt, kamen sie Im Laubengang an. Sie standen vor einem riesigen Komplex, der sich Terrassenförmig ausbreitete. Sie hielten vor dem Eingang an, an dem ein großer Wegweiser hing. Auf ihm waren die einzelnen Appartements, farblich und nummerisch aufgelistet. Nach kurzen suchen, fanden sie die Nummer 12. Dort wohnte Justin Hebel. Mit dem Aufzug fuhren sie in die zweite Etage und über einen langen Flur gelangten sie an das Appartement 15 das Justin Hebel bezog. Micki klingelte und der 22 jährige öffnete. Leni stellte sich und Micki vor und zeigte ihren Dienstausweis. Justin Hebel bat die beiden herein und fragte: „Kriminalpolizei? Was möchten sie?“ Leni: „Sie liefern doch für den Pizza Express Essen aus. Waren sie am Sonntag auch in der Herrmannstraße 187 bei Haberle?“ Er überlegte kurz und meinte dann: „Kann sein, ich kann mich daran nicht mehr erinnern.“ Leni: „Herr Hebel, sie haben gestern Abend so um die zehn Lieferadressen gehabt und können sich nicht mehr daran erinnern? Um eines klarzustellen, wir sind nicht von der Steuerfahndung oder vom Ordnungsamt. Wir ermitteln nicht wegen Schwarzarbeit, sondern hier geht es um Mord. Also können sie sich jetzt wieder an die Lieferung erinnern?“ Justin Hebel setzte sich erschrocken hin und stotterte: „Um Mord? Aber ich habe niemand umgebracht.“ Micki: „Das behauptet auch keiner. Wir fragen sie doch nur, ob sie sich an die Lieferung für Frau Haberle erinnern können. Wir wollen doch nur wissen was sie gesehen und gehört haben bei der Lieferung.“ Hebel: „Ach so, ich dachte schon sie wollen mir einen Mord anhängen. Natürlich kann ich mich an Frau Haberle erinnern. Sie bestellen fast jedes Wochenende Pizzen. Eine nette Frau, die gibt auch immer Trinkgeld. Er ist nicht so großzügig. Also ich habe vier Pizzen und zwei Salate geliefert. Das muss so kurz vor 22:00 Uhr gewesen sein.“ Leni: „Haben sie etwas ungewöhnliches im Hausflur bemerkt, sind sie jemanden begegnet?“ Hebel: „Nicht das ich wüsste. Ich bin niemanden im Hausflur begegnet. Alles war, meiner Erinnerung nach, ruhig wie immer. Ich bin hoch gegangen, habe alles abgeliefert und kassiert und wieder gegangen. Als ich wieder fast ganz unten war, ging das Treppenlicht aus und ich hätte beinahe bei dem Jukitsch geklingelt, weil ich den Lichtschalter im Dunkeln gesucht habe. Im letzten Moment habe ich dann seine Mülltüten noch gesehen, sonst wäre ich über sie gestolpert.“ Leni: „Was für Mülltüten?“ Hebel: „Na die schwarzen Tüten die am Treppenabsatz standen. Ich glaube es waren zwei Stück. Die haben sowieso richtig nach Putzmittel gestunken. Ich habe mir gedacht, der Jukitsch hätte gerade seinen Kiosk geputzt und sie dann in den Flur gestellt.“ Micki: „Konnten sie sehen was in den Tüten war?“ Hebel: „Nein die waren verknotet, da konnte man nicht hineinsehen. Aber sagen sie, was ist mit den Haberle’s passiert?“ Leni: „Den Haberle‘s ist nichts geschehen. Es geht um die Frau Hoffmann. Sie wurde gestern Abend ermordet. So das war es auch schon. Was studieren sie eigentlich, wenn ich fragen darf.“ Hebel: „BWL ich bin im sechsten Semester. Noch ein halbes Jahr, und ich bin fertig.“ Micki und Leni verabschiedeten sich. Auf direktem Weg gingen sie zu Appartement 39 zu Freddy Tiehlmann. Leni klingelte und Tiehlmann öffnete. Beide stellten sich vor und wiesen sich Ordnungsgemäß aus. Freddy Tiehlmann ließ sie herein und sie nahmen auf dem Bett platz, weil nur ein Stuhl vorhanden war. Leni eröffnete die Befragung: „Wir wissen von ihrem Chef, Herrn Pascale, dass sie am Samstagabend Pizzen ausgeliefert haben. Unter anderen auch in die Herrmannstraße 187, zu Jana Hoffmann. Können sie sich noch daran erinnern?“ Freddy Tiehlmann: „Ja sehr gut. Sie hatte eine Pizza Salami und einen italienischen Salat.“ Leni: „Als sie ihnen die Tür öffnete, haben sie da etwas ungewöhnliches bemerkt?“ Freddy: „Sie hat nicht aufgemacht. Als ich bei ihr vor der Tür stand, hat ein Mann gesagt, ich solle die Sachen vor die Tür stellen. In dem Umschlag, der auf dem Fußabtreter lag, wäre das Geld dafür drin. Den Rest könnte ich behalten.“ Micki: „Hat er sonst noch etwas gesagt?“ Freddy: „Nur das er nichts an hätte und deshalb nicht öffnen könne. Ich hätte gerne mit ihm getauscht, denn Frau Hoffmann ist sehr attraktiv.“ Leni: „Kannten sie die Stimme? Hatte der Mann einen Dialekt oder sonst etwas Auffälliges?“ Freddy: „Nein er hatte keinen Dialekt und ich habe die Stimme noch nie vorher gehört.“ Leni: „Sie sagten das Geld war in einem Umschlag gewesen. Wo ist der jetzt?“ Freddy: „Den habe ich, beim herausgehen, in ihren Briefkasten gesteckt. Der war ja noch ganz neu.“ Micki: „Haben sie sonst etwas im Hausflur bemerkt?“ Freddy: „Eigentlich nicht. Das heißt, als ich hoch ging, ist der Mario aus seiner Wohnung heraus gekommen und in den Innenhof gegangen. Aber sonst war da nichts Besonderes. Aber sagen sie warum fragen sie mich das alles? Ist irgendetwas passiert?“ Leni: „Wir ermitteln im Mordfall Hoffmann. Sie sind, so wie es jetzt aussieht, der einzige, der mit ihrem Mörder gesprochen hat.“ Freddy stand plötzlich auf und sagte ganz erregt: „Ach du Scheiße. Warum hat sie den nichts gesagt dass sie in Gefahr ist, ich hätte ihr doch sofort geholfen? Oder war sie da schon Tod? Was ist wenn der Mörder von ihr auch meine Adresse herausbekommt? Ich meine schließlich habe ich seine Stimme gehört und könnte ihn daran identifizieren. Muss ich jetzt auch um mein Leben fürchten? Wird er mir irgendwo auflauern und umbringen? Mein Gott, warum ich? Ich bin doch noch so jung und habe mein ganzes Leben noch vor mir. Ich brauche Polizeischutz.“ Leni setzte dem theatralischen Treiben ein Ende und sagte: „Gute Vorstellung. Applaus, Applaus für den Künstler. Was studieren sie?“ Freddy: „Kunst und Theaterwissenschaft. Aber geben sie es zu, zuerst haben sie es geglaubt, dass ich mich fürchte, stimmt’s?“ Micki: „Ja, bis dahin, als sie sich auf den Boden knieten und sich an die Brust fassten. Hamlet hätte es nicht besser gekonnt. Aber Spaß bei Seite. Ich glaube nicht, dass ihnen der Mörder auflauert. Erstens haben sie ihn nicht gesehen und zweitens er sie auch nicht. Es besteht daher keine Gefahr, dass sie ihn Identifizieren könnten. An Hand der Stimme, durch die geschlossene Tür, wird wohl nicht möglich sein. Wenn der Mörder einen Sprachfehler oder einen bestimmten Dialekt hätte, dann vielleicht. Aber kein Gericht der Welt würde ihn deswegen verurteilen. Wissen sie noch wie viel Uhr es war, als sie bei Frau Hoffmann waren?“ Freddy überlegte und meinte: „Ich glaube, es war so kurz nach zehn Uhr.“ Die Befragung war beendet. Sie verabschiedeten sich und baten auch ihn in den nächsten Tagen auf dem Präsidium, wegen dem Protokoll, vorbeizukommen. Zuvor nahmen sie ihm noch mit dem Handscanner, die Fingerabdrücke. Sie brauchten sie als Referenz, um seine auf dem Umschlag, auszuschließen. Micki ließ ihm noch ihre Karte da, für den Fall das etwas wäre, oder ihm noch was einfallen würde. Sie verließen den Laubengang und fuhren mit Blaulicht zurück in die Herrmannstraße 187. Sie hatten ja noch die Hausschlüssel der Wohnung. An ihm hing auch der Briefkastenschlüssel. Hoffentlich war der Umschlag noch dort. In Rekordzeit waren sie da. Micki schloss die Haustür auf und ging gleich zum Briefkasten. Sie schloss auf und jede Menge Post flog ihr entgegen. Sie bekam aber alle zu fassen und fing an nachzusehen, ob der leere Umschlag dabei war. Und tatsächlich, er war dabei. Leni nahm ihn ihr ab und tütete ihn gleich in eine Plastiktüte ein. Wenn sie jetzt Glück hatten, wären hier die Fingerabdrücke oder DNA Spuren des Mörders darauf. Inzwischen war es kurz vor 15:00 Uhr. Es wurde Zeit, sich auf den Weg zur Gerichtsmedizin zu machen. Wenn die beiden gewusst hätten was sie dort erwartete, wären sie mit einem schriftlichen Bericht zufrieden gewesen. Zwar hatte ihnen Dr. Julia Halter, eine grobe Zusammenfassung der Todesursache gegeben, aber nicht den genauen Todeszeitpunkt und die näheren Umstände ihres Ablebens. Dass Jana Hoffmann misshandelt und missbraucht wurde, wussten sie ja schon. Sie kamen kurz nach 15:00 Uhr in die Gerichtsmedizin. Zuvor hatten sie noch den Umschlag des Mörders, in die KTU gebracht. Mit einem: „Hallo ihr beiden, “ begrüßte sie Julia. Leni: „Hallo Julia. Bist du schon fertig, oder sollen wir später wiederkommen?“ Julia: „Nein, nein bleibt nur hier. Dr. Klein hat mir bei der Autopsie geholfen, sonst wäre ich noch nicht fertig. Er macht gerade die letzten Blutanalysen, dann sind wir soweit fertig. Nur die DNA Untersuchungen dauern noch, dürften aber bis morgen Nachmittag auch soweit sein. Ich hoffe, ihr habt noch nicht gegessen?“ Micki: „Wir sind einiges gewohnt, wird schon gehen.“ Dr. Julia Halter begann mit ihren Ausführungen: „Todeszeitpunkt war gestern Abend zwischen 20:30 und 21:30. Todesursache ist erwürgen. Sie wurde aber nicht nur einmal, sondern mehrfach gewürgt. Und zwar mit verschiedenen Tatwerkzeugen. Einmal nahm er den Schal den sie am Tatort um den Hals hatte. Als zweites wurde sie mit einem Strick gewürgt, der sehr grob geflochten war. Könnte auch ein Tau gewesen sein. Die dritten Würgemale, können von einem Elektro- oder Telefonkabel stammen. Aber dieses würgen führte nicht zum Tode. Tödlich war das Finale würgen mit den Händen. Er brach ihr dabei den Kehlkopf und das Zungenbein. Der Täter übte dabei große Kraft aus, wie man an den Würgemalen erkennen kann. An Händen und Füßen hatte das Opfer Fesselspuren. Wahrscheinlich wurde sie an die Bettpfosten gebunden. Ihre beiden Brüste wiesen starke Quetschungen auf, die auf ein brutales schlagen darauf, sowie reißen daran herführten. Ihre Brustwarzen wurden durch hineinbeißen, stark verletzt. Die Wunden hat der Täter mit einem Verband abgedeckt. An den Armen hat sie Einstiche, die auf das legen eines Zuganges hindeuten. Durch diese wurden ihr dann Medikamente verabreicht, die sie über einen Zeitraum von 36 – 48 Stunden sedierte. Als Sedativum haben wir Liquid Axtesie gefunden.“ Jetzt deckte Julia den Unterleib des Opfers auf. Der sonst übliche Y- Schnitt endete nicht wie sonst üblich am Unterbauch, sondern ging diese Mal bis zum Schambein. Julia fuhr fort: „Wie ihr seht, mussten wir den Schnitt bis ans Schambein machen, um alle Fremdkörper zu entfernen.“ Jetzt zog Julia einen kleinen Beistelltisch heran. Auf ihm lag etwas, das die Größe eines Basketballs hatte. Julia entfernte das Tuch mit dem das Objekt abgedeckt war. Es war ein grausamer Anblick. Etwas undefinierbar Gelbliches kam zum Vorschein. Julia deutete auf die beiden Objekte und erklärte: „Das haben wir aus dem Unterleib des Opfers entfernt. Es handelt sich dabei um den erstarrten Bauschaum. Der Täter hat ihr, über Anus und Vagina, Bauschaum eingefüllt. Die Öffnungen hat er nach dem einfüllen, mit den Abschlusskappen des Bauschaums und einer anderen Flasche wieder verschlossen. So konnte der Schaum, nicht nach außen entweichen und dehnte sich nach innen, in den Bauchraum aus. Dabei zerstörte er nicht nur die Gedärme, sondern auch die inneren Geschlechtsorgane, wie Gebärmutter und Eierstöcke. Beim aushärten des Schaumes, schloss der Schaum, Reste des Darmes und der Geschlechtsorgane mit ein. Wie man hier sieht, ist alles zu einem großen Klumpen zusammengeklebt. Eventuelle Spuren von Sperma und DNA sind nicht mehr zu finden, weil die chemische Reaktion von den zwei Komponenten Schaumes, alles vernichtet hat. Wir haben aber auch Spuren eines Bleichmittels in ihrem Mund- und Rachenraumes, sowie am ganzen Körper gefunden. Der Täter hat das Opfer getötet und anschließend mit Bleichmittel gewaschen. Danach hat er sie abgetrocknet und sie aufs Bett gelegt. Erst dann hat er ihr den Bauschaum verabreicht.“ Der Schock saß tief bei Leni und Micki. „Pervers“ war das erste was Leni hervorbrachte. Julia: „Das ist nicht nur pervers, sondern auch menschenverachtend. Der Täter hat Spaß am quälen. Hier wütete der blanke Hass.“ Micki: „Wie viel Mal wurde sie vergewaltigt?“ Julia: „An Hand der Wunden im Anus und der Vagina, würde ich auf ein duzend Mal tippen. Er muss immer und immer wieder in sie eingedrungen sein.“ Julia reichte ihnen den Bericht der SpuSi. Auf ihm wurde alles aufgeführt was sie in den Mülleimern und Papierkörben gefunden hatten. Julia: „Wie ihr seht, wurden keine Rückstände von Pflastern oder ähnlichen Verbandsmaterial gefunden. Das einzige was sie fanden, war ein kleiner Tropfen Blut. Das Opfer hatte die Blutgruppe A negativ, das gefundene Blut die Blutgruppe 0 positiv.“ Leni: „Dann ist es das Blut vom Täter?“ Julia: „Das glaube ich nicht. Wir haben uns das Blut noch einmal angeschaut. Es war schon älter. Aber nicht weil es schon lange am Tatort gewesen ist, sondern weil es schon alt war, als es auf den Tatort abgelegt wurde. Der Täter muss das Blut bewusst dort abgelegt haben, um eine falsche Spur zu legen. Das Blut wurde bestimmt schon vor drei bis vier Wochen entnommen und dann erst am Tatort hinterlegt.“ Leni: „Hatte das Opfer noch etwas im Magen?“ Julia: „Nein. Sie hatte bestimmt seit 48 Stunden nichts mehr gegessen. Auch ihre Blase, soweit wir das noch bestimmen konnten, war leer. Sie hatte kein Alkohol im Blut. Wir fanden bei der Haaranalyse keinerlei Rückstände von Drogen. Es lag auch keine Schwangerschaft vor.“ Julia drückte den beiden den Obduktionsbericht und eine Mappe mit Fotos in die Hand. Sie bedankten sich und fuhren zurück ins K1. Während der Fahrt sprachen sie kein Wort miteinander, so tief saß der Schock, über das was sie gerade gehört und gesehen hatten. Leni stellte in ihrem Büro erst einmal zwei Flipcharts auf. Auf dem einen schrieb sie oben Opfer „Jana Hoffmann“. Auf dem anderen „Verdächtige und Zeugen“. Micki hatte in der Zwischenzeit die Berichte kopiert und eine Fall Akte zusammengestellt. Sie wollten gerade anfangen, als Lenis Handy klingelte. Sie nahm das Gespräch an und am anderen Ende war Frau Hohner: „Hier ist Ulrike Hohner. Ich wollte nur Bescheid geben, dass soeben die Kollegen vom WKD und Zoll eingetroffen sind. Ich habe den leitenden Beamten, Herr König gefragt, ob ich ihm, oder ihnen Frau Herbst, die Fotos geben soll. Er war der Meinung, dass sie bei ihnen im Augenblick dringender gebraucht werden, da sie in einem Mordfall ermitteln. Da ich jetzt sowieso Feierabend habe, wollte ich sie ihnen gern persönlich vorbeibringen. Ist das in Ordnung, oder passt es ihnen jetzt gerade nicht?“ Leni: „Es passt schon. Aber gehen sie doch gleich zu meinem Kollegen Langer, der hilft ihnen dann dabei. Dankeschön noch einmal für ihren Einsatz.“ Micki fragte: „Sag nur die war bis jetzt am Pizza Express?“ Leni: „Ja klar, sie ist doch eine Gewissenhafte Politesse. Vielleicht hat sie ja ein paar interessante Fotos für die Kollegen des Betrugsdezernates, oder der Steuerfahndung.“ Micki: „Und wir haben keinen Schreibkram wegen des Falsch Parkens.“ Leni: „So ist es. Also fassen wir zusammen, was wir wissen.“ An der Tür klopfte es und Kriminalrat Wulf trat herein. Er fragte: „Gibt es etwas Neues im Fall Hoffmann? Micki: „Wir sind gerade bei der Analyse.“ Wulf setzte sich und meinte: „Fangen sie an, ich höre ihnen zu.“ Leni fing an: „Über Jana Hoffmann wissen wir, das sie 29 Jahre alt war und in Karlsruhe geboren ist. Sie ist Mitgesellschafterin der CSC GmbH und hat noch zwei Mitgesellschafter. Jana Hoffmann war nicht verheiratet und hatte auch keine Kinder. Zurzeit hatte sie keinen Freund. Es gab einige Beziehungen in der Vergangenheit, die mehr oder weniger friedlich beendet wurden. In der Herrmannstraße wohnte sie schon einige Jahre.“ Dies schrieb sie unter den Titel „Jana Hoffmann“ des einen Flipcharts. Dann wechselte sie zu dem anderen Flipchart. Sie erzählte weiter: „Ihre Freundin Sarah Klimm, hat sie gefunden. Sie war mit ihr bis am Samstagmorgen 2:00 unterwegs, ehe sie beide mit dem Taxi nach Haus fuhren. Zuerst waren sie im Club „Noble House“ und gingen anschließend in die Disco „Big Apple“. Den Taxifahrer ermittelt gerade Biene. Von den Hausbewohnern Haberle und Jukitsch haben wir erfahren, dass aus ihrer Wohnung gegen 19:00 am Sonntagabend laute klassische Musik kam und sie eine Pizza am Samstag gegen 22:00 Uhr geliefert bekam. Das bestätigte auch der Pizzabote, aber nicht sie hat die Pizza entgegen genommen, sondern sie musste vor der Tür deponiert werden. Ein Mann hatte dies durch die geschlossene Tür veranlasst. Aller Wahrscheinlichkeit nach, war es ihr Mörder. In der Wohnung haben wir keine verwertbaren Spuren gefunden. Wie es scheint, hat der Täter, alles was ihn belasten könnte, in zwei schwarze Mülltüten gepackt und mitgenommen. Damit er vom Kioskbesitzer Jukitsch, nicht überrascht wurde, spritzte er in den Schließzylinder seiner Haustür, Sekundenkleber hinein.“ Nach einem klopfen, trat Biene herein und sagte: „Entschuldigung, ihr habt Besuch. In der eins sitzt Frau Klimm und bei mir wartet Frau Hohner auf euch. Und hier ist der Name und die Adresse des Taxifahrers vom Samstagabend.“ Kriminalrat Wulf hörte den Namen Hohner, wurde stutzig und fragte: „Was will die hier? Sucht sie einen neuen Job?“ Micki klärte ihn auf, warum sie hier war. Dann meinte Wulf: „Und nun soll ich mich noch für eure Schlitzohrigkeit bei ihr bedanken? Bringen die Fotos überhaupt etwas?“ Leni: „Für die Ermittlung der Schwarzarbeit bestimmt. Auch für das Betrugsdezernat dürften sie hilfreich sein.“ Wulf meinte dann mürrisch: „Also gut ich mache es. Aber das ist das letzte Mal, dass ich für euch den Kopf hinhalte.“ Er stand auf und Micki ging mit ihm mit. Schon von weiten hörte man ihn sagen: „So trifft man sich wieder, Frau Hohner. Wie ich hörte, haben sie meinen beiden Kommissarinnen tatkräftig bei ihren Ermittlungen geholfen. Dafür möchte ich ihnen meinen herzlichsten Dank aussprechen.“ Ulrike Hohner antwortete ihm schnippisch: „Brechen sich nur keinen ab. Wenn ich helfen kann, tue ich das gerne. Aber glauben sie ja nicht, das ich sie das nächste Mal nicht aufschreibe, wenn sie wieder einmal falsch Parken. Ich mache keine Unterschiede, auch nicht bei ihnen. So und jetzt entschuldigen sie mich, denn ich habe Feierabend und möchte jetzt nach Hause.“ Dann drehte sie sich um und ließ ihn einfach stehen. Micki sah Wulf nur an und rollte mit den Augen. Wulf meinte: „Wie man es macht, macht man es verkehrt. Falls ihr wieder einmal falsch parkt, dann aber nicht bei dieser Hexe.“ Er ging leicht gefrustet zurück in sein Büro. Leise und etwas undeutlich stieß er noch einen Fluch aus, bevor er hinter seiner Bürotür verschwand. Micki ging zu Leni und meinte: „Die beiden werden auch kein Paar.“ Leni: „Schade, die Versöhnungen wären bestimmt heftig geworden.“ Beide lachten und liefen zum Vernehmungsraum 1. Dort saß bereits Frau Sarah Klimm und wartete auf sie. „Schön das gekommen sind Frau Klimm. Haben sie sich vom ersten Schock schon etwas erholt?“ fragte Leni. Sarah nickte und antwortete: „Es geht schon wieder. Aber die innere Leere und die Traurigkeit sind geblieben. Haben sie schon etwas herausgefunden, wer das getan hat?“ Leni: „Wir haben gerade erst mit den Ermittlungen angefangen. Die forensischen Untersuchungen sind noch nicht abgeschlossen, dass braucht nun einmal seine Zeit. Aber wir brauchen mehr Informationen über ihr privates Umfeld von Frau Hoffmann. Und dazu brauchen wir ihre Mithilfe. Wir wissen einfach zu wenig über ihre Freundin.“ Sarah: „Ich helfe ihnen gerne. Was wollen sie denn wissen?“ Leni: „Hat sie noch nahe Verwandte? Also Vater, Mutter Brüder oder Schwestern? War sie schon einmal verheiratet, wenn ja mit wem?“ Sarah: „Ihre Eltern sind früh verstorben. Soviel ich weiß, hatte sie nur noch eine Tante, die Schwester ihrer Mutter. Sie lebt aber seit Jahren in der Schweiz, hatte aber keinen Kontakt mehr mit ihr. Geschwister hatte sie keine, sie war ein Einzelkind. Sie war auch nicht verheiratet. Jana hatte schon immer Bindungsängste gehabt. Deshalb hat sie auch immer, wenn es ernst wurde, mit ihren Freunden Schluss gemacht. Aus heiterem Himmel hat sie mit ihnen die Beziehung beendet. Sie hatte Angst sich fest zu binden. Spaß ja, aber keine feste Bindung. Kinder wollte sie sowieso keine. Ich kann mich noch genau an ihren letzten Freund erinnern. Heiko war echt ein toller Mann. Als er nach einem Jahr, ihr einen Antrag gemacht machte, hat sie ihn am nächsten Tag verlassen. Sie hat es immer so gemacht. Ob es Jens oder Uwe war, immer das gleiche. Unser eins wäre froh gewesen, nur einen von ihnen abzubekommen. Sie hat sie aber am laufendem Band abserviert.“ Leni: „Sie hatte also einen großen Verschleiß an Männern?“ Sarah: „Nein das nicht. Die Beziehungen hielten immer länger. Für einen Quickie hatte sie nichts übrig. Sie wollte schon etwas regelmäßiges, aber eben ohne Trauschein. Die Männer wollten sie halt heiraten. Ehrlich gesagt, habe ich sie in diesem Punkt nicht verstanden.“ Leni: „Hatte sie einen großen Freundeskreis?“ Sarah: „Soviel ich weiß nicht. Sie arbeitete sehr viel und das oft bis in die späte Nacht hinein. Da bleibt keine Zeit für Freunde. Sie hatte nur ihre beiden Geschäftspartner und noch zwei oder drei Freundinnen aus ihrer Firma.“ Leni: „Haben sie eine Ahnung wo ihr Wagen ist? Laut Zulassungsstelle besitzt sie einen BMW Mini. Aber wir haben konnten ihn nicht im Umkreis ihrer Wohnung finden.“ Sarah: „Der steht doch in der Tiefgarage gegenüber, in Herrmannstraße 184. Wenn wir um die Häuser zogen, hat sie den Wagen immer zu Hause gelassen und wir sind mit dem Taxi gefahren.“ Leni: „Sind sie öfters mit ihr um die Häuser gezogen, und wo sind sie dann gewesen?“ Wir sind zweimal im Monat auf Tour gegangen. Immer zuerst ins „Noble House“ und anschließend ins „Big Apple“. Im „Noble House“ waren wir von 20:00 Uhr bis so gegen 23:00 – 23:30 Uhr, dann sind wir ins Big Apple. Meistens sind wir dort bis 2:00 Uhr geblieben. Es ist aber auch schon Mal 5:00 Uhr geworden, je nach dem ob noch jemand aus Janas Firma dort war.“ Leni: „Hatten sie sich dort mit jemanden verabredet?“ Sarah: „Nein. Wir haben uns nie dort mit jemand verabredet. Wir wollten einfach nur tanzen und Musik hören.“ Leni: „Welche Hobbys hatte Jana?“ Sarah: „Sie hatte nur ein Hobby und das war ihre Arbeit. Dauernd hat sie mir neue Geschäftsideen präsentiert. Manche fand ich gut, andere wieder nicht.“ Leni: „Wissen sie ob Jana irgendwelche Feinde hatte? Wurde sie von jemanden bedroht, vielleicht von einem Ex Freund zum Beispiel?“ Sarah: „Im Callcenter kamen jeden Tag telefonische Drohungen herein. Aber das war ihr egal, weil die Mitarbeiter dort sowieso unter falschen Namen arbeiteten. Keiner sagt seinen richtigen Namen, schon allein um seine Privatsphäre zu schützen.“ Leni: „Und ihre Ex Freunde, hat es mit ihnen nie Probleme gegeben, zum Beispiel Telefonterror?“ Sarah: „Wenn es ihr zu viel wurde, hat sie einfach eine neue Karte gekauft und die alte vernichtet.“ Die Befragung war zu Ende und Sarah unterschrieb noch ihre Aussage. Leni verabschiedete sie und gab ihr noch ihre Karte, falls ihr noch etwas einfallen würde. Micki war am telefonieren. Sie hatte inzwischen mit der Taxizentrale gesprochen und den Dienstplan des Fahrers geben lassen, welcher Jana und Sarah am Samstagmorgen nach Hause gebracht hatte. Vorher hatte sie noch die jeweiligen Besitzer des Noble House und des Big Apple auf Vorstrafen überprüft. Leni stellte inzwischen eine Liste mit Personen zusammen, welche sie in den nächsten Tagen befragen mussten. Aber für heute war Feierabend. Es schneite inzwischen wieder und der Schnee blieb sogar liegen. Leni mochte Schnee. Sie liebte es, über frisch gefallenen Schnee zu laufen. Das knirschen dabei unter den Füßen, hörte sie einfach zu gerne. Micki hatte den Mantel schon angezogen und stand an der Tür zu Lenis Büro. „Na, machst du wieder Beobachtungen?“ Leni drehte sich vom Fenster weg und sagte: „Nein nur geträumt. So, lass uns endlich nach Hause gehen.“ Micki: „Ich warte nur auf dich. Nimmst du mich mit? Mein Wagen hat Jupp zur Inspektion, den bekomme ich erst Morgen wieder.“ Leni: „Nur wenn du fährst, dann kann ich mir bei Karlchen, ein Bier gönnen.“