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Kapitel 2 – Böser Verdacht

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Hans hatte viel zu tun am Wochenende. Er wertete die Aufnahmen aus, die er mit seinem Smartphone am Stammtisch gemacht hatte. Die Aufnahmen waren zwar nicht ganz legal, aber das kümmerte ihn wenig. Und da der Speicher, nach über eine Stunde voll war, musste Lindas Smartphone weiter aufnehmen. So hatte er das ganze Gespräch vom Freitagabend Digital erfasst. Hans notierte akribisch, Namen und Adressen und sonstige Ungereimtheiten, die die Stammtischbrüder und Schwestern von sich gaben. Zum Schluss zog er Bilanz. Sieben Todesfälle in den Häusern von Henning und das in den letzten drei Monaten. Vier davon konnte er aller Wahrscheinlichkeit nach wieder streichen. Sie verstarben nach langer Krankheit, wie Krebs oder an Altersschwäche. Im Wohnzimmer hängte er die Bilder ab und tat das was er im Präsidium auch immer machte, wenn er einen Mordfall aufklären musste. Name um Name schrieb er auf die Tapete und dazu alle Infos die er hatte darunter. Und damit kein Fremder diese Infos sah, wurde alles mit einem Wandteppich verhangen. Linda kam erst am späten Samstagnachmittag dazu, weil sie noch arbeiten musste. Sie läutete und brachte ein Sixpack mit. Linda fragte: „Sind die Aufnahmen was geworden? Versteht man alles?“ Hans: „Es geht gerade so. Anfangs sprachen alle noch leise, aber je mehr Bier und Schnaps sie intus hatten, um so lauter wurden sie. Deshalb hat auch Jupp alles mitbekommen.“ Linda sah nun, was Hans auf die Wand geschrieben hatte. Linda: „Das sind eine Menge Informationen. Wie willst du jetzt herausbekommen, dass da wirklich etwas nicht stimmt? Du kannst doch nicht hingehen und zu den Hinterbliebenen sagen: „Hey, ich vermute einen Mord, erzähle mir alles.“ Hans: „So scheiße das auch ist, aber ich nehme Henriettes ableben als Türöffner.“ Linda: „Du machst einen auf Mitleid? Wie schräg ist das denn?“ Hans: „Aber nein, ich erzähle den Hinterbliebenen nur, dass meine Tante vor ihrem Tod, viel über der oder die Verstorbenen gesprochen hat. Und da noch niemand weiß, dass es Mord war, versuche ich eben so viel wie möglich über meine Tante in Erfahrung zu bringen. Das ist ganz legal und nicht verwerflich. Es geht schlicht und einfach darum, Henriettes Tod aufzuklären. Das, und nichts anderes, hätte ich auch als Bulle getan. Überprüfen und nachforschen, Beweise und Indizien zusammentragen. Stein für Stein, bis es ein Gesamtbild ergibt.“ Linda: „Wie bekommst du heraus, wo die Hinterbliebenen der Toten wohnen? In den Wohnungen der Verstorbenen wohnt bestimmt niemand mehr, die sind entmietet.“ Hans: „Irgendjemand aus der angrenzenden Nachbarschaft wird das wissen. Wenn nicht suche ich die Firma, die die Entrümpelung der Wohnung vorgenommen hat. Jemand muss ja den Auftrag erteilt und die Rechnung bezahlt haben. Und wer zahlt schon freiwillig ein paar tausend Euro, wenn nicht die liebe Verwandtschaft. Schwieriger wird es erst, wenn es um sensible Daten geht, wie Kontoauszüge, Telefonverbindungen und Testamente.“ Linda: „Wieso Testamente?“ Hans: „Die meisten Morde wird von Verwandten ausgeführt, Mutter, Vater, Bruder, Schwester und so weiter. Meist ist da viel Kohle im Spiel. Geld ist nun einmal die Triebfeder vieler Verbrechen und Morde. Du glaubst nicht, was für Abgründe sich da auftun. Das war auch mit einer der Gründe dafür, dass ich den Dienst quittiert habe. Jeden Tag nur noch Mord und Totschlag, verstümmelte und entstellte Leichen. Grausame Anblicke, die mich teilweise noch nachts verfolgt haben. Und weil das noch nicht genug ist, der Gestank. Menschen haben nun einmal die dumme Angewohnheit, nach einer bestimmten Zeit zu verwesen. Da machen sich kleine Bakterien daran den Körper von innen her aufzufressen. Das lockt Fliegen und anderes Getier an. Alle wollen mitessen und die Brut in diesen Festtagsschmaus ablegen, damit der Nachwuchs auch genügend zu fressen hat, wenn er schlüpft. Und das stinkt bestialisch. Ich habe mehr als einmal gekotzt. An diesen Gestank werde ich mich wohl nie gewöhnen.“ Linda: „Da hätte ich mich auch übergeben. Na ja, das ist ja jetzt vorbei. Geht es dir, in deinem neuen Job besser?“ Hans: „Schon, aber mir fehlen manchmal die Kollegen. Wenn man alles alleine machen muss und keinen hat, mit dem man sich während der Arbeit unterhalten kann, das ist nicht schön. Auch die ganzen Reisen ins Ausland, man ist immer auf sich alleine gestellt.“ Linda: „Dann fange ich bei dir an. Aber mein Gehalt ist nicht verhandelbar. Ich verdiene im Augenblick 1580.- Euro Netto und die möchte ich auch weiterhin haben.“ Hans lachte und erwiderte: „Für so wenig Geld würde ich morgens nicht einmal aufstehen. Mein Tagessatz beträgt von Fall zu Fall zwischen 1000.- und 3000.- Euro. Spesen extra.“ Linda bekam große Augen und sagte entsetzt: „So viel Kohle? Das kann doch keiner bezahlen.“ Hans: „Wenn ich eine Firma davor bewahre, dass ihnen Patente oder geheime Formeln gestohlen werden, dann lassen die noch viel mehr springen. Und wenn ich denen noch den Übeltäter auf einem silbernen Tablett serviere, dann gibt es obendrauf noch eine satte Prämie. Ich arbeite in den meisten Fällen auf Erfolgsbasis. Finde ich das was sie suchen, bekomme ich die vereinbarte Summe, wenn nicht 500,- Euro am Tag als Aufwandsentschädigung. Ich habe in den letzten Jahren sehr gut verdient und hätte nicht bei Tantchen wohnen müssen.“ Linda: „Braucht du wirklich keine Sekretärin oder ein Mädchen für alles? Ich würde sofort kündigen und bei dir anfangen.“ Hans: „Vorsicht, sonst nehme ich dich noch beim Wort.“ Zu diesem Zeitpunkt ahnte Hans noch nicht, dass Linda bald ein fester Bestandteil seiner Arbeit werden würde. Aber dazu später mehr. Sie half ihm, soweit dies möglich war, die Adressen und Telefonnummern von den nächsten Angehörigen herauszufinden. Hans versuchte derweil, mehr über Michael Henning im Internet herauszubekommen. Aber viel mehr als den Firmensitz, Inhaber und Familienchronik war nichts über ihn zu finden. Er war ein unbeschriebenes Blatt, zumindest was seine Präsenz im Internet betraf. Hans musste andere Wege finden, um mehr über ihn in Erfahrung zu bringen.

Wagner betrat den Konferenzraum, wie gerade KOK Steiner über die Ermittlungsergebnisse der letzten Woche berichtete. Viel war es nicht, außer dass er und sein Kollege Strobel, die Heizungsfirma ausfindig gemacht hatten, die für Wartung der Heizung zuständig waren. Der dafür zuständige Monteur Heinz Funke, war trotz Vorladung, nicht auf dem Präsidium erschienen. Darum fuhren Steiner und Strobel zu ihm nach Hause. Nach mehrfachen klingeln, öffnete Heinz Funke im Schlafanzug. Er ließ sie herein und wie unschwer zu erkennen war ging es ihm nicht gut. Funke: „Entschuldigen sie, dass es hier so unordentlich ist, aber mir geht es im wahrsten Sinne des Wortes beschissen. Ich habe mir einen Magen- Darm Virus eingefangen und verbringe den halben Tag auf der Toilette. Was wollen sie von mir? Ist irgendwas nicht in Ordnung? Vom Morddezernat sind sie?“ Mehr sagte der junge Mann nicht, denn da war er schon wieder auf dem Weg zur Toilette. Wenige Minuten später kam er wieder zurück. Bleich und schmerzverzerrt war sein Gesicht, als er sich bei den beiden entschuldigte. Steiner: „Wir wollen es kurz und schmerzlos machen, damit sie sich wieder hinlegen können. Wir haben lediglich ein paar Fragen, was die Wartung der Heizkörper in der Görlitzer Strasse betreffen. Die Görlitzer Strasse ist doch ihr Bezirk?“ Funke: „Ja, warum?“ Steiner: „Und wann waren sie im Haus Nummer 36 ?“ Funke: „Gar nicht. Ich sollte am Mittwochmorgen dort anfangen, aber da hatte ich schon Beschwerden, so dass ich gegen 9:00 Uhr meinen Arzt aufsuchte. Um 11:00 Uhr war ich dann wieder zu Hause. Seitdem habe ich die Wohnung nicht mehr verlassen.“ Strobel: „Und sie haben in der ganzen Strasse, kein einziges Röhrchen ausgewechselt?“ Funke: „Nein, wenn ich es doch sage. Aber warum fragen sie mich das alles?“ Steiner: „Wechseln die Farben der Röhrchen jährlich?“ Funke: „Na klar, sonst könnte man betrügen ohne Ende. Der Monteur würde ein paar Euro einsacken, wenn er dem Mieter ein paar alte Röhrchen zum nachfüllen da lassen würde. Letztes Jahr waren sie gelb und die neuen sind rot. Aber warum wollen sie das alles wissen?“ Steiner: „Kennen sie eine Frau Berger?“ Funke: „Nein, kenne ich nicht.“ Strobel: „Wie könnte ich an die alten Röhrchen gelangen, wenn ich unbedingt welche bräuchte?“ Funke: „Da müssten sie in einer Heizungsbaufirma arbeiten, oder einen guten Freund dort haben, der ihnen die Röhrchen besorgt.“ Steiner: „Was geschieht eigentlich mit den alten Röhrchen, die sie ausgetauscht haben? Da sind ja immerhin noch Reste von der Flüssigkeit drin.“ Funke: „Die Flüssigkeit wird gesammelt und bei einer Firma entsorgt. Die Röhrchen werden gewaschen, neu befüllt und kommen wieder zum Einsatz. Es wird alles recycelt. Aber was ist denn los, warum Entschuldigung.“ Und wieder sprang Funke auf und rannte zur Toilette. Steiner meinte zu Strobel: „Der war es bestimmt nicht, denn bei seinem Durchfall, hätte er bestimmt die Bude vollgeschissen. Lass uns gehen, wenn er wieder kommt.“ Strobel: „Und wenn er uns etwas vorspielt?“ Steiner: „Hörst du das? So viele Fürze kannst du nicht vortäuschen. Und vor allem, dieser frische Duft, der an das Landleben im Kuhstall erinnert.“ Funke kam wieder und trank einen Schluck Tee. Steiner: „Sie sollten es einmal mit Cola und Salzstangen probieren. Also mir hat das geholfen. So, Herr Funke, das war‘s auch schon. Wir wünschen ihnen eine gute Besserung. Auf Wiedersehen.“ So in etwa berichtete Steiner den Sachverhalt bevor er sich wieder setzte. Martina kam nun dazu und sagte: „Darf ich schnell?“ Wagner nickte und Martina fuhr fort: „Gerade war der Schornsteinfeger Harald Bäumler hier. Er ist der zuständige Kaminfeger für die Görlitzer Strasse. Er gab zu Protokoll, dass er am Mittwochnachmittag, gegen 16:00 Uhr dort war und den Kamin gereinigt hat. Anschließend hat er noch nach dem Brenner für die Heizung geschaut. Gegen 17:00 Uhr hat er dann beim Hausmeister das Protokoll abgeben wollen, doch der war nicht da. Da hat er das Protokoll einfach in den Briefkasten gesteckt. So lange er im Hause war, ist ihm niemand begegnet.“ Martina war fertig und setzte sich. Wagner: „Hat die Befragung mit der Nachbarschaft neue Erkenntnisse gebracht?“ Strobel sagte schüchtern: „Bei uns nicht. Das ist auch kein Wunder, denn die meisten die dort wohnen sind älter und gehen nur noch selten aus dem Haus. Einige sind Pflegefälle und können fast oder gar nicht mehr laufen. Sie sind regelrecht in ihren Wohnungen gefangen. Und den typischen Fenstergucker gibt es in der Görlitzer Strasse eben nicht. Der Einzige der so richtig auf dem laufendem ist, das ist Hausmeister Willy Bongartz. Der versorgt auch die Nachbarschaft mit den neusten Nachrichten und Gerüchten. Einige Mietparteien treffen sich zum Kaffeekränzchen. Aber auch da ist nichts dabei herausgekommen.“ Wagner: „Das sieht ja nicht gut aus. Verdammt, irgendjemand muss doch etwas gesehen haben. Der oder die Mörder müssen doch ins Haus gekommen sein und es wieder verlassen haben. Ich gebe uns noch zwei Tage, dann müssen wir an die Öffentlichkeit gehen.“ Danach berichtete er vom Treffen mit Michael Henning. Die Besprechung war zu Ende. Wagner kam gerade wieder in sein Büro, da läutete sein Telefon. Er nahm ab, hörte einen Augenblick zu und antwortete nur knapp: „Ich komme, Danke Herrmann.“ Er wandte sich zu Martina Weber und sprach: „Heute ist ein schöner Tag um zu ermitteln. Martina kommen sie mit, wir machen einen kleinen Ausflug.“ Noch bevor sie das Dezernat verließen, vergewisserte sich Wagner, dass alle seine Leute sich mit dem Fall Berger beschäftigten. Martina wusste nicht wohin Wagner wollte und fragte: „Wo gehen wir hin?“ Wagner: „Zur KTU, Herrmann Boll hat sehr interessante Neuigkeiten für uns. Das ist ein Zeichen dafür, dass etwas übersehen, oder falsch ermittelt wurde. Je nachdem was es ist, reiß ich den Jungs vom Verkehrsdienst den Arsch auf. Wenn ich eines hasse, dann ist es schlampige Arbeit.“ Als sie in der großen Halle von der KTU ankamen, sahen sie gleich den Unfallwagen von Herrn Kimmig. Herrmann Boll war gerade dabei Fotos zu machen. Wagner und Martina begrüßten ihn und Wagner fragte: „Herrmann, mach es nicht so spannend, was hast du konkretes für uns?“ Boll: „Also, das war nicht auf den ersten Blick zu erkennen. Wie du auf diesem Foto siehst, sah der Unfallwagen so aus.“ Auf dem Foto erkannte man das der Wagen durch den mehrfachen Überschlag, vollkommen verdreckt war. Das kam durch den schlammigen Boden in dem sich der Wagen regelrecht gewälzt hatte. Boll fuhr fort: „Und so sieht er aus wenn er mit klaren Wasser abgespült wurde. Wie ihr seht, kann man alle Beulen und Dellen klar erkennen. Wir sind davon ausgegangen, dass der Wagen in einem einwandfreien Zustand war, auch ohne Beulen. Wie man hier erkennen kann, sind die meisten Beulen von den Überschlägen. Aber da vorne auf der linken Seite, sieht man deutlich, dass da Lackspuren von einem anderen Wagen sind. Das heißt, dieser Wagen wurde durch eine starke Berührung, vermutlich beim Überholen, regelrecht von der Fahrbahn geschossen. Wenn dich so jemand schneidet, hast du keine Chance mehr zu reagieren und du landest unweigerlich im Graben. Wir haben die Farbpartikel analysiert und festgestellt, dass sie von einem Diamantblauen Jeep stammen. Dieser Jeep muss hinten rechts, stark beschädigt sein. Farbnummer und Typ kannst du im Protokoll nachlesen. Und nun zum zweiten Corpus Delicti, dem Rollstuhl von Herrn Linde.“ Er lief von der Halle zurück in sein Labor wo der Rollstuhl stand. Wieder nahm er ein Foto zur Hand und zeigte es ihnen. Dann erklärte er: „So hat der Rollstuhl ausgesehen, nachdem er aus der Spree geborgen wurde. Wie ihr seht, hingen überall Pflanzenreste, an den Achsen und Rädern. Der Rest war verschlammt. Und hier seht ihr ihn nach der Vollwäsche.“ Boll drehte ihn um, deutete auf ein bestimmtes Teil und fuhr fort: „Jeder Rollstuhl hat eine Bremse, die vom Fahrer per Hand ausgelöst werden kann. Entweder als Feststellbremse, oder um Geschwindigkeiten zu verringern. Wie ihr auf dem Foto erkennen könnt, ist dieser kleine Teil der Bremse durch die Pflanzenreste verdeckt. Aber wenn man den Dreck entfernt, kann man ganz deutlich erkennen, dass die Mechanik der Bremse mit einer Zange oder Seitenschneider manipuliert wurde. Wie ich in den Akten gelesen habe, wurde bei dem Toten 2,2 Promille festgestellt. Gehen wir nun einmal davon aus, dass das Opfer betrunken war, liegt der Schluss nahe, dass er geschlafen hat. Und da ist es ein leichtes, jemanden einen Stoß zu geben und der Rollstuhl fährt auf einem abschüssigen Gelände von alleine weiter. Das Opfer hat so keine Möglichkeit mehr rechtzeitig zu bremsen. Das könnt ihr auf diesem Foto erkennen, das ist nämlich der Fundort des Rollstuhls. Kein Rollstuhlfahrer würde sich ohne Bremse auf eine öffentliche Strasse begeben. Meiner Meinung nach, hat da jemand nachgeholfen.“ Wagner nahm die Lupe und meinte: „Mach mir bitte eine Nahaufnahme davon. Der Rollstuhl kommt in die Asservatenkammer. Das Aktenzeichen schicke ich dir noch. Der Wagen kommt in die Verwahrung. Bitte deckt ihn ab, damit der Regen nichts abwaschen kann.“ Boll: „Wird erledigt. Die Nahaufnahme habe ich schon gemacht. Ich habe auch die Ergebnisse zu dem Fall Berger von der SpuSi hier. Den bearbeitet ihr doch auch?“ Wagner nickte. Boll zog eine Kiste mit Gläsern und Weinflaschen aus einem Regal, dann meinte er: „Hier ist der Bericht, An den Weinflaschen und auf den Gläsern wurden keine neuen Fingerspuren gefunden. Nur die von dem Opfer und einer Frau Hoffmann.“ Wagner: „Hätte mich auch gewundert, wenn da noch andere Abdrücke drauf wären.“ Boll: „Aber an der Weinflasche die im Kühlschrank stand, haben wir DNA Spuren gefunden, die aber nicht vom Opfer stammen. Die DNA ist männlich und nicht in unserem System. Wenn du mir Vergleichsproben bringst, dann kann ich dir zeigen wer aus der Flasche genuckelt hat. So, dann habt ihr ja was zu tun.“ Wagner: „Mehr als mir lieb ist. Wir haben es, aller Wahrscheinlichkeit nach, mit einem Serienmörder zu tun.“ Boll: „Ach du dickes Ei. Rollstuhl, Auto und der vorgetäuschte Selbstmord haben denselben Mörder?“ Wagner: „Herrmann, so ist es wahrscheinlich. Wir danken dir.“ Martina nahm die Berichte und Fotos an sich und sagte beim Verlassen der KTU: „Das ist der Hammer. Hatte Kramer wieder den richtigen Riecher.“ Wagner: „Sie sagen es. Er ist eben immer noch ein verdammt guter Bulle. Ich fürchte, wenn er das erfährt, wird er auf eigene Faust ermitteln. Er wird die anderen Opfer auch gekannt haben, denn schließlich wohnten sie in der gleichen Strasse. Hoffentlich gibt es nicht noch mehr Opfer, nicht auszudenken. Die Presse wird uns sowieso in der Luft zerreißen, weil wir die Morde nicht schon früher erkannt haben. Ich glaube, ich muss jetzt erst einmal zum Verkehrsdienst. Gehen sie schon einmal ins Büro und tragen die Daten auf unserer Wand ein. Und geben sie den anderen Bescheid, dass um 14:00 Uhr eine Lagebesprechung ist.“ Martina: „Fassen sie die Jungs vom Verkehrsdienst nicht zu hart an, man weiß nie, ob man sie noch einmal braucht.“ Wagner: „Habe ich sie um einen Rat gefragt? Ich bin schon alt genug, um alleine zu entscheiden. Zuerst muss ich aber unserem Obermufti Bescheid geben.“ Martina: „Viel Spaß dabei.“ Sie sagte das nicht ohne Grund, denn der Obermufti war niemand anderes als Oberstaatsanwalt Richard Klausen. Der 52 jährige war quasi der oberste Dienstherr aller Beamten der Mordkommission. Wagner hatte kein gutes Verhältnis zu ihm, weil Klausen ihn für alles verantwortlich machte, wenn es nicht so lief, wie er sich das vorstellte. Noch vor Jahren war es immer Hans Kramer der sein Fett abbekam und deswegen lagen sich die beiden, immer wieder in den Haaren. Hans nannte ihn einmal einen inkompetenten Sesselfurzer, was ihm eine Abmahnung einbrachte. Und Wagner war auch kurz davor, ihn so zu titulieren.

Hans erhielt von der Staatsanwaltschaft die Freigabe seiner Tante. Nun konnte er Henriette in aller Stille beerdigen lassen. Bereits am Freitag hatte er einen Sarg ausgesucht und die Modalitäten für die Beerdigung, im Sinne von Henriette geregelt. Sie hatte öfters über ihren letzten Willen gesprochen, denn schließlich hatte sie, wie sie sagte, ihr Leben gelebt. Gegen Abend rief er Wagner an, der darauf ziemlich genervt reagierte. Wagner: „Ich darf und kann dir nichts sagen.“ Hans: „Was ist los mit dir, macht dir der Obermufti wieder Druck?“ Wagner: „Ich kann jetzt nicht reden und schon gar nicht am Telefon. Treffen wir uns in unserer alten Kneipe, du weißt schon wo.“ Hans: „OK, wie immer um 20:00 Uhr?“ Wagner: „Um 20:00 Uhr. Und komme alleine.“ Wagner legte gerade noch rechtzeitig auf, weil Steiner in sein Büro kam. Wagner setzte Steiner über die neuen Fakten ins Bild. Steiner hörte sich die Fakten an und sagte dann kleinlaut: „Dann hattest du und Kramer doch Recht. Entschuldige mein unmögliches Benehmen. Aber ich konnte mir einfach nicht vorstellen, dass die Unfälle in Wirklichkeit Morde waren. Ich dachte einfach, es seien Hirngespinste von Kramer, weil er emotional unter dem Verlust seiner Tante litt.“ Wagner: „Wir müssen jetzt, bevor die Presse davon Wind bekommt, alle Fakten zusammentragen. Noch ist nicht bewiesen, dass es die Taten eines Einzelnen war. Du kannst dir aussuchen welchen Fall du bearbeiten möchtest. Entweder den Fall Kimmig, oder Linde.“ Steiner: „Dann ermittle ich im Fall Linde.“ Wagner: „Gut. Hier sind die Bilder die ich von der KTU bekommen habe. Den Rollstuhl habe ich inzwischen in die Asservatenkammer bringen lassen. Nimm Strobel mit und zeig dem Frischling, wie man richtig ermittelt. Binde ihn gedanklich ein, damit er etwas lernt.“ Steiner: „Muss das sein?“ Wagner: „Das muss sein. Denk daran, dass du auch einmal so angefangen hast. Und da warst du auch froh, wie dir andere Kollegen geholfen haben. Strobel hat viel Potenzial. Gib ihm die Akten zu lesen, damit er voll im Bilde ist. Hör dir an was er zu sagen hat, vielleicht hat er neue Ansatzpunkte, die wir noch gar nicht gesehen haben. Aber behalte immer das Ganze im Auge, weil wir nicht ausschließen können, dass alle drei Fälle miteinander verknüpft sind. Und bitte nimmt die Formulierung, ungeklärter Unfall. Wenn erst einmal die Presse von der Sache erfährt, haben wir keine Ruhe mehr.“ Steiner nahm die Akten mit und ging in sein Büro, wo bereits Ulrich Strobel wartete. Steiner sagte ihm nur kurz und knapp: „Hier ist deine Bettlektüre. Alles genau durchlesen, morgen früh geht es los.“ Gegen 20:00 Uhr traf Hans zum vereinbarten Treffpunkt ein. Es war eine kleine Kneipe in Kreuzberg die „Bei Eddy“ hieß. Den ursprünglichen Besitzer Eddy Kasulke gab es schon lange nicht mehr. Jetzt war Maximiliane Junker die Chefin, eine ehemalige Bardame, die vor Jahren aus Hamburg an die Spree wechselte. Man munkelte, dass sie in Hamburg nicht nur hinter dem Tresen stand, sondern sich auch prostituierte. Hans war schon über ein Jahr nicht mehr hier gewesen, aber trotzdem erkannte ihn Maxi sofort. Maxi: „Ich glaub es nicht, Hans Kramer, der Ex Bulle. Was verschlägt dich hierher?“ Hans begrüßte sie mit den Worten: „Ich hatte eben Sehnsucht nach dir.“ Maxi lachte und antwortete: „Du alter Charmeur, du hast auch schon besser gelogen. Wo ist denn deine bessere Hälfte?“ Und mit „bessere Hälfte“ war keine Frau gemeint, sondern Klaus Wagner. Hier trafen sich die beiden früher, wenn sie ungestört sein wollten. Und heute sollte das nicht anders sein. Maxi: „Wie immer?“ Hans: „Wie immer, es hat sich nichts geändert.“ Maxi: „Dann richte ich euch beiden schon einmal das Nebenzimmer, da seid ihr ungestört.“ Maxi hatte nie gefragt, worüber die beiden sprachen, Diskretion war angesagt. Fünf Minuten später kam Klaus Wagner. Nach der Begrüßung, verschwanden die beiden im Nebenzimmer. Wie sie ihre Getränke hatten und alleine waren, fing Hans an zu fragen: „Was ist so geheimnisvoll, dass du nicht am Telefon mit mir reden kannst?“ Wagner: „Was ich dir jetzt zeige und erzähle, bleibt wie immer, unter uns.“ Er öffnete seine Aktenmappe und zog die drei Akten heraus, die er bereits seinen Mitarbeitern im Kommissariat zum Lesen gab. Hans überflog die Dokumente und kam zu dem Schluss: „Dann hatten der Stammtisch, mit seinem Verdacht doch Recht gehabt. Nur muss man jetzt vorsichtig an die Sache herangehen. Fall eins: Henriette, ist ganz klar ein Mord. Fall zwei: Kimmig, mit der Fahrerflucht. Da kann es sich tatsächlich um einen tragischen Unfall handeln. Der Fahrer des Unfallverursachers könnte besoffen gewesen sein, oder keinen Führerschein, oder ein gestohlenes Auto gehabt haben. Da gibt es mehrere Möglichkeiten. Aber Fakt ist, das auch er aus seiner Wohnung sollte. Und im dritten Fall, bei Erwin Linde, würde ich eindeutig von Mord reden. Warum zum Teufel, sollte Linde seine Bremsen an seinem Rollstuhl manipulieren? Und damit stellt sich die Frage, mit wie vielen Tätern haben wir es zu tun? Einen einzelnen Täter, der alle drei Taten begann, oder waren es zwei? Es könnten aber auch drei sein, für jede Tat einen. Im Fall meiner Tante würde ich auf jeden Fall an die Öffentlichkeit gehen. Meine Nachforschungen haben nicht die kleinste Spur erbracht, wenn man einmal von der DNA an der Weinflasche und den ausgewechselten Verdunstungsröhrchen absieht. Und wie ich hier lese, hat jemand wahrscheinlich Zugriff auf die alten Röhrchen gehabt, um sich so, als Heizungsmonteur getarnt, Zugang in Henriettes Wohnung zu verschaffen.“ Wagner: „Wir ermitteln bereits in der Richtung.“ Hans: „In meinen Gesprächen mit den Anwohnern, sind viele der Meinung, dass dieser Henning seine Finger mit im Spiel hat. Er muss ja nicht selbst die Drecksarbeit machen, sondern kann einen dafür engagiert haben. Henning spielt für mich persönlich eine zentrale Rolle. Um dir das zu verdeutlichen, habe ich dir ein Bild mitgebracht, wie in Zukunft die Görlitzer Strasse aussieht, bzw. aussehen soll.“ Hans zog sein Handy heraus und lud das Bild aufs Display und sendete es ihm. Als Wagner es sah, meinte er: „Dann muss er ja alle Wohnungen leer bekommen, um das wirklich umzusetzen. Wie will er das bezahlen? Mir gegenüber sprach er nur von Sanierungsarbeiten. Die Wohnungen sollten neue Bäder, Heizungen und Küchen bekommen.“ Hans: „Deshalb solltet ihr euch seine Finanzen ansehen. Wie viel Bares hat er, mit welchen Investoren ist er in Kontakt. Hat er Geld im Ausland, welche Handwerker arbeiten für ihn und woher kommen sie. Wenn er sauber ist, kannst du ihn von deiner Liste streichen. Am Mittwoch versuche ich mit seinem Verwalter, diesem Herrn Ralf Gebhard ins Gespräch zu kommen. Mal sehen, ob ich von ihm etwas erfahre.“ Wagner: „Gebe mir bitte Bescheid, wenn du was Wichtiges heraus bekommst. Hoffentlich kommen da nicht noch mehr Verbrechen auf uns zu. Nicht auszudenken, wenn noch jemand zu Tode kommt.“ Hans: „Sobald ihr alle befragt habt, müsst ihr an die Öffentlichkeit gehen. Oder als Alternative, alle Anwohner von Hennings Wohnungen eindringlich davor warnen, Fremde in ihre Wohnungen zu lassen. Alles deutet daraufhin, dass jemand versucht, unbequeme oder arglose Mieter loszuwerden. Ich bin gespannt, wann jemand bei mir aufkreuzt, um irgendetwas zu reparieren oder zu sanieren.“ Wagner: „Das hat Henning schon angekündigt, als ich bei ihm war. Er will in den nächsten zwei Wochen damit anfangen, im Haus 36 zu sanieren. Ich habe ihn fürsorglich vor dir gewarnt. Der Arme wusste scheinbar überhaupt nicht, dass du bei deiner Tante wohnst.“ Hans: „Danke für die Info. Ich freue mich schon darauf, wenn er oder seine Truppe zu mir kommt. Ich werde die Hausgemeinschaft entsprechend darauf vorbereiten. Wenn er von mir nichts gewusst hat, dann weiß er auch nicht, dass ich ein ehemaliger Bulle bin.“ Wagner: „Aber übertreibe es nicht. Nicht dass du ihn verprügelst und er dich belangen kann.“ Hans: „Alles im gesetzlichen Rahmen.“ Wagner: „Wann ist denn die Beerdigung von deiner Tante?“ Hans: „Am Mittwochmorgen um 10:00 Uhr, auf dem alten Friedhof. Henriette hat schon vor Jahren das Grab, neben ihrem verstorbenen Mann Johann gekauft. Es werden viele Nachbarn und Freunde kommen, da bin ich mir sicher.“

Henning kam in sein Wohnzimmer und lief aufgeregt hin und her. Ralf Gebhard und Willy Bongartz saßen still auf dem Sofa und harrten der Dinge. Sie ahnten beide, dass gleich ein Donnerwetter über sie kommen würde. Hennings Frau Sylvia, brachte Kaffee für beide. Sie stellte die Tassen auf den Tisch und verabschiedete sich gleich wieder. Henning atmete tief durch bevor er laut rief: „Warum weiß ich nichts davon, dass noch der Neffe im Mietvertrag von dieser Berger steht?“ Ralf Gebhard stellte seine Kaffeetasse ab und antwortete unterwürfig: „Die Erweiterung des Mietvertrages wurde in der Zeit vorgenommen, in der sie und ihre Frau in Frankreich vor etwas mehr als drei Jahren, in Urlaub waren. Scheinbar haben sie es dann nach ihrer Rückkehr übersehen.“ Henning: „Quatschen sie keinen Müll Gebhard. Sehen sie irgendwo meine Unterschrift? Sie haben die Änderung vorgenommen und gegengezeichnet. Und da sie offiziell mein Verwalter sind, ist der Vertrag rechtskräftig. Sie hätten damit warten müssen bis ich wieder zurück war, oder mir zumindest Bescheid geben müssen. Wenn die Polizei mir nicht erzählt hätte, dass Frau Berger noch einen Neffen in ihrer Wohnung hatte, wüsste ich es heute noch nicht. Sorgen sie dafür, dass der so schnell wie möglich aus der Görlitzer Strasse verschwindet.“ Willy meinte zaghaft: „Das dürfte schwierig werden. Wie sie schon sagten, hat er einen gültigen Mietvertrag. Und Hans Kramer, so heißt der Neffe, wird sich nicht so leicht einschüchtern lassen. Der kennt sich in den Gesetzen aus und ist nicht so leicht zu beeindrucken.“ Henning: „Dann müssen wir eben Druck aufbauen. Wir ziehen eben die Baumaßnahmen in der Görlitzer Strasse 36 vor. Wann kommen die Polen wieder aus dem Urlaub zurück?“ Gebhard: „Im Laufe des Mittwochnachmittags.“ Henning: „Dann ist doch alles in Ordnung. Bongartz, sie schließen den Polen die Wohnung auf und die können gleich mit der Demontage des Bades und der Küche anfangen. Und damit alle im Haus merken dass wir Ernst machen, reißen wir jeden Tag eine andere Wohnung ein. Spätestens in zwei Wochen, werden sie sich um eine Ersatzwohnung reißen und ausziehen. Ich war einfach zu nachsichtig.“ Bongartz: „Ich fürchte, da gibt es ein kleines Problem. Hans hat nämlich ein neues Türschloss eingebaut und ich habe keinen Schlüssel von ihm bekommen.“ Henning: „Und, wo liegt das Problem? Die Polen klingeln und der Neffe lässt sie rein. Das sind doch drei kräftige Jungs, die werden sich schon durchsetzen. Und zudem muss er ihnen einen Schlüssel aushändigen, so steht es im Mietvertrag.“ Bongartz: „Das habe ich ihm auch gesagt, aber Hans hat gemeint, dass dies gesetzeswidrig ist und er niemanden einen Hausschlüssel aushändigen müsse. Wenn jemand zu ihm will, dann müsste derjenige, eben einen Termin mit ihm vereinbaren.“ Henning: „So, sagt er das? Was bildet der sich ein, wer er ist? Dem werde ich zeigen was Gesetz, in meinem Haus ist. Und falls es doch Schwierigkeiten gibt, fangen sie eben in der Wohnung Hoffmann an.“ Willy ahnte jetzt schon, dass es in nächster Zeit viel Ärger auf ihn und Herrn Henning zukommen würde. Willy: „Vielleicht sollten sie die ganze Angelegenheit noch einmal überdenken. Fangen sie mit den Sanierungsarbeiten in einem anderen Haus an. In Nummer 42 stehen doch sieben Wohnungen leer, da könnten doch die Polen sofort anfangen, ohne das es Ärger gibt.“ Gebhard und Henning sahen sich an. Henning: „Habe ich sie um einen Rat gebeten? Noch bin ich ihr Chef und sie tun genau das, was ich ihnen sage. Wenn ich ihre Meinung hören will, gebe ich ihnen Bescheid. Ich hoffe, ich habe mich klar genug ausgedrückt. Nun gehen sie wieder an ihre Arbeit.“ Willy verabschiedete sich unterwürfig und wie er wieder auf der Strasse war, sagte er leise: „Du Gott verdammtes Arschloch. Hans wird dir zeigen, wo es lang geht.“ In der Villa herrschte immer noch dicke Luft. Gebhard sagte: „Wir sollten alles vermeiden, was Aufsehen erregt. Noch ist es zu früh, es könnte das ganze Projekt gefährden.“ Henning: „Vor allem wenn die Öffentlichkeit erfährt, das die Berger ermordet wurde. Haben sie etwas damit zu tun?“ Gebhard sprang auf und sagte entsetzt: „Ich muss doch sehr bitten. So weit geht mein Geschäftsinteresse doch nicht. Ich geh doch nicht lebenslänglich für sie in den Knast.“ Henning: „Was regen sie sich so auf, es war doch nur eine Frage.“ Gebhard: „Ach ja? Ich habe nichts von dem Tod von Frau Berger. „Cui bono“ wem nützt es, würde jetzt der Lateiner fragen. Mir ganz bestimmt nicht.“ Henning ging langsam auf Gebhard zu und sagte leicht erregt: „Gebhard, sie spielen mit ihrem Job. Noch so eine Unverschämtheit und ich kündige ihnen fristlos.“ Gebhard stand ganz nah bei ihm und erwiderte: „Dann hören sie auf mit ihren Unterstellungen. Ich habe mit dem Tod dieser Frau nichts zu tun. Und nun sollten wir überlegen, wie wir den Zeitplan einhalten können. Kümmern sie sich um die Ersatzwohnungen, damit ich etwas anbieten kann.“ Henning: „Wir müssen langsam aber sicher, härtere Maßnahmen ergreifen.“ Gebhard: „Mein Reden. An was haben sie da gedacht?“ Henning: „Wir fangen systematisch mit allen Bädern an. Wenn die Leute nicht mehr duschen oder baden können, oder der Toilettengang eingeschränkt ist, dann werden sie bestimmt vernünftiger und einsichtiger.“ Gebhard: „Dann werden sie ihnen dankbar sein, wenn sie ihnen eine Ersatzwohnung zur Verfügung stellen. Mit Speck fängt man Mäuse.“ Henning: „Vergessen sie nicht zu erwähnen, dass ich auch die Umzugskosten übernehme. Aber bleiben sie dabei, dass Alleinstehende mit großen Wohnungen, nur zwei Zimmer bekommen. Bei Familien müssen wir für adäquaten Ersatz sorgen.“ Gebhard: „Dann werde ich schon einmal ein Schreiben aufsetzen, der die Mieter über die umfassenden Sanierungsarbeiten informiert. Umbau Beginn noch in dieser Woche?“ Henning: „Unbedingt, noch diese Woche. Je schneller sie draußen sind, umso besser ist es. Morgen muss ich wieder bei Carsten Wolter antreten und sie gehen mit.“ Gebhard: „Oh nein, da müssen sie auf mich verzichten. Ich habe morgen den ganzen Tag Termine.“ Henning: „Dann müssen sie eben ein oder zwei verschieben.“

Hans kam gegen 22:30 Uhr wieder zurück von seinem Treffen mit Wagner. Er sah beim hinaufgehen in seine Wohnung, dass bei Linda noch Licht brannte. Kurzentschlossen läutete er bei ihr. Linda öffnete im Morgenmantel und ließ ihn herein. Hans: „Störe ich?“ Linda: „Aber nein, mein Liebhaber ist schon weg, falls du dass meinst.“ Hans lächelte und antwortete: „Das habe ich nicht gemeint. Es hätte ja sein können, dass du gerade ins Bett gehen wolltest.“ Linda: „Wieso, würdest du mir dann noch eine Geschichte vorlesen und einen Gutenachtkuss geben?“ Hans: „Sei nicht albern. Willst du nicht wissen welche Neuigkeiten es gibt? Aber ich denke, das können wir auch noch morgen besprechen.“ Hans wusste, dass Linda äußerst neugierig war. Linda: „Nun mach es nicht so spannend. Was hat dir Wagner erzählt?“ Und Hans berichtete ihr in groben Zügen, was er von Wagner erfahren hatte. Linda: „Das ist ja krass. Drei Morde, wie abgefahren ist das denn.“ Hans: „Bewiesen ist nur der an Henriette. Der Autounfall, von Herrn Kimmig, kann auch ein ganz normaler Unfall gewesen sein, dann wäre es fahrlässige Tötung. Und bei Erwin Linde könnte es sich tatsächlich um vorsätzliche Tötung handeln. Und um das zu beweisen, müssen wir herausbekommen, mit wem Herr Linde zuletzt zusammen war.“ Linda: „Das ist gut, denn ich war auch nicht untätig. Ich habe nämlich die Nachbarschaft angerufen und herausgefunden, dass Herr Linde noch eine Mutter und eine Schwester hat. Die Mutter ist im Pflegeheim und hat Demenz. Die Schwester ist ein paar Jahre jünger, verheiratet und hat zwei Kinder. Herr Linde war Bauarbeiter und ist vor vier Jahren vom Gerüst gestürzt. Seitdem ist er querschnittsgelähmt.“ Hans: „Hast du auch die Adresse der Schwester herausbekommen?“ Linda: „Ja, habe ich. Auch die von den Verwandten von Herrn Kimmig und Herrn Memminger. Bei den anderen Frauen, sagtest du doch, das sie Krebs hatten.“ Hans: „Gut, dann muss ich die Verwandtschaft morgen anrufen und einen Termin mit ihnen vereinbaren. Übrigens geht am Mittwoch, die Pressemitteilung über den Mord an Henriette heraus. Wir haben leider keine andere Wahl, weil auch Wagner nichts Neues herausgefunden hat.“ Linda: „Und bei Linde und Kimmig?“ Hans: „Ich habe ihn gebeten, in beiden Fällen zu warten, bis er alle Zeugen und Nachbarn befragt hat. Und dann ist immer noch Zeit dafür mit der Presse zu sprechen. Immerhin sind die beiden Todesfälle schon einige Monate her.“ Linda: „Ach ja, ich habe für den Rest der Woche Urlaub genommen. Falls du weibliche Unterstützung brauchst, stehe ich dir gerne zur Verfügung. Wann soll es morgen losgehen?“ Hans überlegte kurz. Sollte er sie zu den Befragungen mitnehmen? Es sprach eigentlich nichts dagegen. Eine Frau würde bei weiblichen Zeitzeugen/innen bestimmt vertrauenswürdiger sein, als ein ehemaliger Bulle. Und zudem kannte sie alle Opfer, was ein weiterer Vorteil war. Hans: „Ich weiß nicht so Recht, ob das eine so gute Idee ist.“ Linda: „Ach so, jetzt kommt wieder der Spruch: Lindalein, das ist zu gefährlich, du bist eine Frau und Frauen sind nicht so belastbar.“ Hans: „Ist ja schon gut. Und wie belastbar du bist, kannst du beweisen, wenn ab Mittwoch, spätestens Donnerstag, die Bauarbeiter anrücken. Wagner hat so etwas verlauten lassen, das Henning in Kürze mit den Sanierungsarbeiten anfangen möchte. Ich muss den anderen Hausbewohnern noch Bescheid geben, dass sie niemanden hereinlassen sollen. Erstens, muss Henning das rechtzeitig ankündigen und zweitens, die Baumaßnahmen zügig fertigstellen. Und da er nicht vorhat, irgendetwas zu renovieren noch zu modernisieren, wird er diese Auflage nicht erfüllen können. Ich werde vorsorglich noch die Schlösser austauschen, nicht das Willy den Arbeitern mit seinen Zweitschlüsseln aufschließt.“ Linda: „Das würde Willy nie tun.“ Hans: „Wenn es Henning verlangt, macht er das, oder glaubst du, er will seinen Job verlieren? Er ist bei Henning angestellt und da gilt immer noch der Grundsatz, wer bezahlt, der bestimmt die Musik. Da fällt mir gerade ein, dass du mit dem Farbwechsel der Röhrchen recht hattest. Letztes Jahr waren sie gelb und dieses Jahr sind sie rot. Wagner war bei dem zuständigen Monteur gewesen und hat ihn befragt. Der hatte zwar den Auftrag ab Mittwoch letzter Woche die Heizungen abzulesen und die Röhrchen auszutauschen, aber der Monteur wurde krank. Der Arme hat einen Magen- Darm Virus und konnte wegen akuten Durchfalls nicht arbeiten. Die zuständige Firma hat aber keinen Ersatz geschickt, der seine Strasse machen sollte. Also muss sich jemand als falscher Heizungsmonteur, bei Henriette eingeschlichen haben. Und wenn wir den finden, haben wir auch mit Sicherheit, den Mörder.“ Linda: „Wer auch immer bei Henriette war, er muss gewusst haben, das die Heizung gewartet wird.“ Hans: „Der Mörder bekam die Infos entweder aus erster Hand, oder er hat es zufällig unten am schwarzen Brett gelesen. Wie du siehst, gibt es immer noch zwei Möglichkeiten. Und solange das so ist, solange läuft dieses Schwein frei herum.“

Am Dienstagmorgen, betraten Henning und sein Verwalter, die heiligen Hallen des Geldes. Sie waren in den Büros des Hedge Fonds „Global City Life“, kurz GCL. Es war zwar nur die Niederlassung, aber die war nicht weniger pompös, wie der Firmensitz in Frankfurt am Main. Sie residierten, wie nicht anders erwartet, in der obersten Etage, mit Blick zum Reichstag. Eine freundliche Sekretärin erwartete Henning bereits. Sie begleitete die beiden Herren bis zum Büro von Herrn Carsten Wolter, dem Chef der Niederlassung. Wolter war ein typischer Vertreter von Raffgier und Geschäft um jeden Preis. Ihm ist das einzelne Schicksal ganz egal, wenn nur der Profit stimmt. Ein Yuppie der übelsten Sorte nur noch übertroffen, von seinem Chef in Frankfurt, Jason Peeters. Nach außen sind beide sehr freundlich, zuvorkommend und rücksichtsvoll. Aber sobald die Kameras aus sind und die Türen verschlossen, ändert sich das schlagartig. Diese Erfahrung musste auch Michael Henning machen. Er hatte sich das Ganze anders vorgestellt. Die GCL ist damals auf ihn zugekommen und hat ihm ein lukratives Angebot unterbreitet, dem Henning nicht widerstehen konnte. Und nun, sechs Monate nach Vertragsunterzeichnung, steht Henning das Wasser bis zum Hals. Henning und Gebhard betraten das Büro. Wolter war gerade mit einem Telefonat fertig und stand hinter seinem Schreibtisch auf. Er lief den beiden entgegen und zeigte auf eine Sitzgruppe, die mitten im Raum stand. Wolter: „Guten Tag die Herren, bitte nehmen sie Platz. Haben sie sich Verstärkung mitgebracht, Herr Henning?“ Henning: „Das ist mein Verwalter und er kümmert sich um meine Häuser und deren Mieter. Ich dachte, wenn sie diesbezüglich Fragen haben, könnte er sie am besten beantworten.“ Sie nahmen Platz und Wolter kam gleich zur Sache: „Sind sie im Plan?“ Und damit war nichts anderes gemeint, dass Henning jeden Monat, zehn Wohnungen entmietet. Henning: „Von den 80 Wohnungen haben wir inzwischen 26 entmietet. Drei weitere werden in den nächsten Tagen frei.“ Wolter: „Laut Plan müssten es aber 50 sein. Fünf Monate, 50 Wohnungen, oder habe ich mich verrechnet?“ Gebhard: „Das ist nicht ganz so einfach, wie sie sich das vorstellen. Manche Mieter wohnen schon 30 und mehr Jahre in ihren Wohnungen, die können sie nicht so einfach auf die Strasse setzen. Teilweise sind sie bettlägerig oder Pflegefälle, die von sozialen Diensten versorgt werden.“ Wolter stand nun auf und sagte freundlich: „Danke, Herr Gebhard. Ich danke ihnen für ihre detailreichen Ausführungen. Wenn sie jetzt bitte draußen warten würden?“ Fragend sah Gebhard seinen Chef an, doch der nickte nur. Gebhard: „Ich hätte meine Zeit auch sinnvoller nutzen können. Wenn sie nichts dagegen haben, nehme ich jetzt meine Termine war. Ich empfehle mich.“ Er gab Wolter nicht die Hand zum Abschied, als Zeichen für seine persönliche Abneigung ihm gegenüber. Wie Gebhard den Raum verlassen hatte, meinte Wolter: „Sie sollten bei der Auswahl ihres Personals, mehr Sorgfalt walten lassen. Wäre es mein Angestellter, hätte er schon die fristlose Kündigung. Der Mann wird ihnen noch viel Ärger machen. Aber das ist ihre Sache. So, und nun reden wir Tacheles. Sie sind mit zwanzig Wohnungen im Verzug, es wird Zeit, dass sie bei den Entmietungen einen Zahn zulegen. Ich will sie nur noch einmal an unseren Vertrag erinnern. Baubeginn unseres Objektes ist der 1. 10. Für jeden Monat Verzögerung müssen sie 100.000.- Euro Vertragsstrafe bezahlen und nach Ablauf von drei weiteren Monaten, sind 50.000.- Euro Schadensersatz pro Monat, für entgangene Gewinne zu entrichten. Man braucht kein Prophet sein um zu wissen, dass sie in diesem Tempo ihre Vorgaben nicht erreichen. Entweder sie lenken ein, oder sie sind nächstes Jahr ein armer und mittelloser Mann. Das wollen wir doch beide nicht. Warum lassen sie uns nicht die Entmietungen vornehmen? Glauben sie mir, wenn sich jemand mit Entmietungen auskennt, dann sind wir das.“ Henning: „Sie entmieten und ich stehe hinterher als Monster da. Wie ich sie einschätze, gehen sie über Leichen, wenn es sein muss. Da spiele ich nicht mit. Es gibt auch eine Zeit nach dem Bauprojekt „Görlitzer Park“. Ich will weiter in Berlin bleiben, arbeiten und wohnen.“ Wolter: „Für Gefühle ist das der falsche Augenblick. Was zählt sind Fakten. Und Fakt ist, dass sie im Verzug sind.“ Henning: „Ich werde das schon irgendwie geregelt bekommen. Spätestens wenn die Mieter erfahren, dass ihre Häuser abgerissen werden, werden sie den Widerstand aufgeben. Ich bin nach wie vor der Meinung, dass man den Mietern hätte sagen müssen, das ab 1.10. abgerissen wird.“ Wolter: „Dann hätten sie jetzt eine Mieter Initiative am Hals, der sie mit Gerichtsbeschlüssen und einstweiligen Verfügungen überschüttet hätte. Wenn wir dann Glück haben, könnten wir in zwei Jahren endlich bauen. Und wenn es ganz dumm gelaufen wäre, hätte der Senat seine Baugenehmigung zurückgezogen. Nein Herr Henning, stillschweigen bis zum Schluss.“ Henning: „Und wenn doch etwas an die Öffentlichkeit kommt?“ Wolter: „Dann lügen sie was das Zeug hält. In diesem Fall, ist das nicht einmal strafbar. Wie viel Ersatzwohnungen können sie bereitstellen?“ Henning: „Insgesamt 39 Stück. Aber ich habe noch die Option kurzfristig 12 Wohnungen in einem Neubauprojekt am Rande Berlins anzumieten. Ich habe also für alle Mieter Ersatz.“ Wolter: „Und können die das auch bezahlen?“ Henning: „Der größte Teil schon. Bei den sozialschwächeren, muss eben das Amt einspringen.“ Wolter: „So gefallen sie mir. Ich gebe ihnen noch zwei Wochen Zeit, dann will ich Erfolge sehen. Wenn nicht, übernehmen wir das entmieten. Dass sie dann für die Kosten aufkommen müssen, ist ihnen schon klar?“ Henning: „Ich werde mein Möglichstes tun.“

Hans und Linda waren unterwegs nach Zehlendorf, zur Schwester von Erwin Linde. Sie war verheiratet, hatte zwei Kinder und ist fünf Jahre jünger wie ihr verstorbener Bruder. Familie Weber wohnte in einem bescheidenen Einfamilienhaus, das sie vor 10 Jahren gebaut hatten. Noch fünf Jahre würden sie brauchen, bis es abbezahlt wäre. Unterwegs sah Linda ihre Post durch, die zusammen mit der Tageszeitung im Briefkasten lag. Das meiste war wie immer Werbung, bis auf einen Brief von Henning. Sie öffnete ihn sofort, las ihn durch und fragte Hans: „Hast du von Henning auch diesen Wisch bekommen?“ Hans: „Ich habe meine Post noch nicht nachgesehen. Was schreibt er denn Schönes?“ Linda: „Er teilt allen Hausbewohnern mit, dass die Sanierungsarbeiten am Mittwoch beginnen. Zuerst kommt deine Wohnung dran, dann meine. Wie rücksichtsvoll von ihm, uns das zwei Tage vorher zu schreiben.“ Hans: „Das finde ich auch. Stell dir vor, er hätte gar nichts gesagt und plötzlich stehen die Handwerker vor der Tür.“ Linda: „Und du willst das wirklich durchziehen?“ Hans: „Was meinst du?“ Linda: „Na, dass du die Handwerker nicht rein lässt. Hast du keine Angst?“ Hans: „Vor was? Das Gesetz ist auf meiner Seite. Er muss das mindestens sechs Wochen vorher ankündigen. Und dabei muss er erklären, warum er den Umbau macht. Und dagegen kann ich dann wieder Einspruch einlegen. Das mache ich solange, bis er keinen Bock mehr hat, oder mit der Wahrheit herausrückt.“ Linda: „Könnten wir denn Bau des Hotels und dem ganzen Drumherum verhindern?“ Hans: „Das weiß ich nicht. Aber auf jeden Fall können wir ihm mächtig Ärger machen. Vielleicht bezahlt er dann eine höhere Abfindung, als bisher. Tantchen hat er 5000.- Euro geboten, inklusive ihrer drei Monatsmieten Kaution. Ziehst du die Kaution und Zinsen davon ab, bleiben unter dem Strich nur 2000.- Euro hängen. Das ist nicht viel, wenn man bedenkt, wie lange Henriette schon hier gewohnt hat. Und dann kommen noch die Umzugskosten. Ich habe keine Lust umzuziehen.“ Linda: „Glaubst du, alle Mieter machen mit und lassen keinen Handwerker herein?“ Hans: „Sie müssen, sonst haben sie innerhalb drei Stunden keine Küche und kein Bad mehr. Wasser ade. Schon der Gedanke daran reicht aus, um die Tür nicht zu öffnen. Im Übrigen habe ich allen einen Widerspruch ausgedruckt, den sie innerhalb der nächsten Tage an Henning schicken müssen. Dann ist er wieder am Zug. Er weiß noch gar nicht, mit wem er sich da angelegt hat. Nicht mit uns.“ Das Navi meldete sich: „Noch 100 Meter bis zum Ziel.“ Hans schaltete es aus und meinte: „Sie haben ihr Ziel erreicht.“ Sie stiegen aus und läuteten an der Haustür der Familie Weber. Uschi Weber begrüßte sie und bat sie ins Wohnzimmer und kondolierte den beiden als erstes: „Es tut mir leid, mit dem Verlust ihrer Tante. Es muss unfassbar sein, wenn man einen lieben Menschen verliert. Wenn jemand unheilbar krank ist, dann kann man in aller Ruhe Abschied nehmen. Aber bei Unfall oder Freitod kommt es aus heiterem Himmel. Ich habe das Gleiche erlebt wie sie. Nur war es ein Unfall, den mein Bruder aus dem Leben gerissen hat.“ Hans: „Danke für ihr Mitgefühl, auch uns tut es leid, dass sie ihren Bruder verloren haben.“ Hans wusste im ersten Moment nicht, wie er Frau Weber sagen sollte, das Tantchen ermordet und ihr Bruder keinen natürlichen Tod gefunden hat. Linda sprang in die Presche: „Henriette kannte ihren Bruder. Sie trafen sich oft, als sie gesundheitlich noch auf der Höhe war. Sie tranken Kaffee, oder trafen sich im „Scharfem Eck“, bei Jupp. Es war für alle ein Schock, als wir von dem Unfall erfahren haben. Man hat ja viel darüber gelesen, aber man hat nie erfahren, wie das mit dem Unfall wirklich war.“ Sie hörte auf mit sprechen und sah Uschi nur fragend an, als wollte sie ihr damit signalisieren: Erzähl wie es passiert ist. Uschi reagierte wie erwartet und begann zu berichten, was sich tatsächlich zugetragen hatte: „Das ist gleich erzählt. Ich war noch am Unglückstag bei Erwin und habe wie jeden Mittwoch, für ihn eingekauft und seinen Lottoschein abgegeben. Gegen 14:00 Uhr habe ich ihn noch nach unten begleitet, er wollte wie jeden Tag in den kleinen Park an der Spree gehen, um Schach zu spielen. Das war dann das letzte Mal, dass ich ihn lebend gesehen habe. Normalerweise hätten wir wieder am Freitag miteinander telefoniert, um den Einkauf fürs Wochenende zu besprechen. Aber ich habe ihn weder auf dem Festnetz, noch am Handy erreicht. Ich habe da schon geahnt, dass ihm etwas zugestoßen ist. Zuerst dachte ich, er hätte gesundheitliche Probleme, dass er nicht mehr telefonieren konnte. Gegen 22:00 Uhr bin ich dann in seine Wohnung in die Görlitzer Strasse gefahren. Auf klingeln hat er nicht reagiert, so dass ich mit dem Ersatzschlüssel aufgeschlossen habe. Mir ist aber gleich aufgefallen, dass er seine Zeitung und die Post nicht geholt hatte. In seiner Wohnung habe ich festgestellt, dass sein Bett nicht benutzt und alles war so, wie wir es am Mittwoch verlassen hatten. Am selben Abend bin ich noch zur Polizei gegangen und habe eine Vermisstenanzeige aufgegeben. Die hat gleich Fahndung nach einer hilflosen Person eingeleitet, weil er im Rollstuhl saß. Am Sonntagnachmittag wurde ich dann angerufen, dass man ihn gefunden hätte. Ich musste ihn in der Gerichtsmedizin identifizieren. Das war alles so schrecklich.“ Tränen standen in ihren Augen, so dass ihr Linda ein Taschentuch reichte. Linda: „Das ist wirklich schlimm. Und was hat die Polizei gesagt, woran er verstorben ist?“ Uschi putzte sich die Nase und wischte ihre Tränen ab. Sie fuhr fort: „Die Polizei hat gesagt, dass Erwin ertrunken wäre. Sie würden von einem Unfall ausgehen, weil keine Fremdeinwirkung festgestellt wurde und er über zwei Promille im Blut hatte. Tod durch Ertrinken, wegen betrinken hatte der Beamte noch spöttisch gemeint. Erst eine Woche später hat man den Rollstuhl gefunden, weil die Spree Niedrigwasser hatte. Und das war an einer abschüssigen Stelle, unweit des Parks, wo er immer Schach gespielt hatte. Ich verstehe bis heute nicht, warum er so betrunken war. Er trank sonst nie Alkohol und wenn, nur ein Bier oder ein kleines Glas Wein.“ Hans: „Und hat die Polizei einen Schaden am Rollstuhl festgestellt?“ Uschi: „Der war doch total mit Pflanzen überwuchert. Mit dem konnte man nichts mehr anfangen. Ich soll den übrigens noch abholen, weil er Erwin gehört hat und ich die Erbin bin.“ Hans: „Das hat bestimmt viel Arbeit gemacht, die Wohnung auflösen, die Entrümpelung und alles.“ Uschi: „Nicht einmal, weil Herr Henning, bzw. Herr Gebhard hat sich um alles gekümmert. Er hat mir sogar noch die Kaution in voller Höhe ausbezahlt. So hatte ich wenigstens keine zusätzlichen Kosten. Wann ist eigentlich die Beerdigung ihrer Tante, ich würde nämlich gerne kommen?“ Hans: „Morgen um 10:00 Uhr auf dem alten Friedhof. Haben sie noch ein aktuelles Bild von ihrem Bruder? Ich würde mich gerne in dem kleinen Park umhören, vielleicht finde ich heraus, mit wem ihr Bruder so viel getrunken hat.“ Uschi stand auf und holte ein Bild von der Kommode und gab es ihm. Sie meinte: „Das können sie behalten, ich habe noch mehr davon. Könnten sie mir Bescheid geben, falls sie etwas herausfinden? Mich würde auch interessieren, warum er so viel getrunken hatte. Erwin muss deswegen die Kontrolle über den Rollstuhl verloren haben. Vielleicht ist er aber einfach nur eingeschlafen und auf der abschüssigen Strecke herunter gerollt und in die Spree gestürzt.“ An der Haustür läutete es. Uschi entschuldigte sich und öffnete die Tür. Hans hörte sofort wer es war und sagte zu Linda: „Lass uns sofort gehen, es ist Steiner. Ich habe keine Lust auf Diskussionen mit ihm.“ Beide standen auf und gingen zur Haustür. Hans: „Wir wollen nicht länger stören. Wir sehen uns Morgen bei der Beerdigung. Auf Wiedersehen Frau Weber.“ Linda verabschiedete sich auch und beide verließen die Wohnung. Steiner sah die beiden verdutzt an und noch bevor er etwas fragen konnte, waren sie schon verschwunden. Hans: „Hast du Steiners Gesicht gesehen? Wie ein Hase vor der Schlange hat er geschaut. Das ist ein richtiger Vollidiot. Wie er die Prüfung zum Oberkommissar geschafft hat, ist mir heute noch ein Rätsel. Wahrscheinlich war er mit dem Prüfer einen saufen und der hat ihm gesagt, was alles abgefragt wird.“ Linda: „Das darfst du ihm aber nicht sagen, der hat doch auch Gefühle. So was tut ihm bestimmt auch weh.“ Hans: „Dem würde ich noch ganz andere Sachen sagen. Er weiß was ich von ihm halte. Er ist ein versoffener Arsch, sonst nichts. Jede Banane hat mehr IQ als er.“

Am Mittwochmorgen um 10:00 Uhr fing die Beerdigung an. Es waren um die 30 Trauernde gekommen, die Henriette auf den letzten Weg begleiten wollten. Inzwischen hatte sich herumgesprochen, dass sie ermordet wurde und entsprechend war das Entsetzen aller. Die meisten der Trauergemeinde, kamen aus der Görlitzer Strasse. Kein Wunder, war das Henriettes Lebensmittelpunkt der letzten 30 Jahre. Sie kam praktisch nicht mehr großartig aus ihrem Viertel heraus. Nach der Beerdigung, hatte Hans alle zum „Leichenschmaus“, ins „Scharfe Eck“ eingeladen. Es gab einen kleinen Imbiss und jede Menge zu trinken. Und wie alle an den Tischen saßen, wollte jemand zur Tür herein. Jupp sagte aber laut: „Geschlossene Gesellschaft, ab 16:00 Uhr ist wieder geöffnet.“ Doch die beiden Herren kamen trotzdem herein. Es waren Gebhard und Henning. Hans und Linda saßen mit dem Rücken zur Tür und sahen die zwei nicht gleich, deshalb war Hans auch sehr erstaunt, wie ein Herr ihm auf die Schulter klopfte und meinte: „Entschuldigen sie, sind sie Herr Kramer?“ Hans nickte mit dem Kopf und fragte warum. Der Fremde sagte: „Ich bin Michael Henning und wollte ihnen meine Anteilnahme ausdrücken. Schrecklich was ihrer Tante angetan wurde. Es tut mir wirklich leid. Ich weiß wie schmerzlich es ist, wenn man einen geliebten Menschen verliert und dann noch auf so grausame Art und Weise.“ Hans wollte nicht unhöflich sein und bedankte sich. Danach kam Gebhard an die Reihe und sagte sein Sprüchlein auf. Hans sah beide zum ersten Mal und wollte die Gelegenheit nutzen, um mit den beiden über die Modernisierungsarbeiten zu sprechen. Hans: „Darf ich sie einladen? Vielleicht ein Glas Wein oder Sekt? Mit Champagner kann ich leider nicht dienen.“ Henning: „Vielen Dank für die Einladung, aber wir müssen gleich wieder weg. Sie verstehen, Termine.“ Hans: „Schon klar, also man sieht sich bestimmt noch einmal, bei anderer Gelegenheit.“ Die anderen Gäste bemerkten erst jetzt, dass ihr Vermieter und sein Sklave bei Hans und Linda standen. Und da kamen auch schon die ersten lauten Rufe, die wenig freundlich waren: „Miethaie, Seelenverkäufer, Kaputtsanierer und Abzocker“, waren noch die harmlosesten Worte die fielen. Hans meinte nur zu Henning: „Ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich völlig ungeniert.“ Henning und Gebhard machten auf der Stelle kehrt und verließen fluchtartig das „Scharfe Eck“. Der Applaus und das Gegröle waren nun groß und erlosch erst wieder, wie beide die Tür hinter sich geschlossen hatten. Ab sofort hatte die Gesellschaft ein neues Thema. Sie ließen an Henning und Gebhard kein gutes Haar. Sie hatten auch allen Grund dazu, denn jeder von ihnen hatte am Morgen das gleiche Schreiben im Briefkasten, das auch Hans und Linda bekommen hatten. Alle wollten ab sofort den Aufstand proben. Sie wollten nicht widerstandlos ihre Wohnungen verlassen. Hans und Linda blieben noch bis 15:00 Uhr und gingen dann nach Hause. Wie sie in Hans seiner Wohnung waren, hängte er den Teppich von der Wand und setzte sich davor. Linda öffnete ein Bier und sagte: „Ganz schön voll geworden. Aber im Endeffekt bringt das alles nicht viel.“ Hans: „Da hast du recht. Aber jeder hat einmal klein angefangen. Morgen gehen wir in den Park und spielen Schach. Du kannst doch Schach?“ Linda: „Schach nicht, aber Skat, Halma, Uno, Mau-Mau und 66.“ Hans: „Na, dann wollen wir hoffen, dass du dafür einen Spielkammerden findest. Nein, im Ernst. Du kannst dich ja ganz nebenbei nach Erwin Linde erkundigen. Sag einfach, du warst eine Freundin von ihm.“ Sie saßen noch eine Weile da und sprachen über alles Mögliche, da klingelte das Telefon. Hans meldete sich und auf der anderen Seite meldete sich eine Frau Steinmann: „Sind sie der Neffe von Henriette?“ Hans: „Ja, der bin ich. Warum fragen sie?“ Frau Steinmann: „Ich habe gehört, dass sie Privatermittlungen anstellen, ich bräuchte jemand der mir bei einer sehr delikaten Angelegenheit hilft.“ Hans: „Frau Steinmann, ich bin kein Privatdetektiv im üblichen Sinn. Ich schnüffle keine kleinen Leute hinterher, sondern arbeite nur für die Industrie und für Banken. Aber ich kann ihnen einen anderen kompetenten Kollegen empfehlen.“ Frau Steinmann hielt inne und sagte nach einer Weile: „Ich weiß mir nicht mehr zu helfen. Die Polizei tut nichts und sie wollen nicht. Mein Gott, was soll ich nur tun, dass mir wenigstens einer zuhört.“ Hans spürte die Verzweiflung die in Frau Steinmanns Stimme lag. Hans: „Wo drückt denn der Schuh, Frau Steinmann?“ Frau Steinmann: „Das müssen sie selbst sehen, dann erst verstehen sie mich. Bitte schenken sie mir eine halbe Stunde ihrer kostbaren Zeit. Wenn sie dann noch nichts für mich machen können, dann war‘s das eben. Ich bezahle ihnen auch die halbe Stunde. Reichen 200.- Euro?“ Hans: „Ich sagte ihnen bereits, dass ich keine privaten Aufträge annehme. Aber wenn es so akut ist, bin ich bereit mir ihr Anliegen anzuhören. Kommen sie Morgenabend bei mir vorbei und dann sehen wir weiter. Ich verspreche ihnen nichts. Sagen wir 20:00 Uhr? Sie wissen wo ich wohne?“ Frau Steinmann: „In der Görlitzer Strasse 36. Ich werde pünktlich da sein. Danke Herr Kramer, vielen Dank.“ Sie legte auf. Linda: „Wer war das denn?“ Hans: „Eine Frau Steinmann. Sie hat ein Problem, hat aber nicht gesagt welches. Scheinbar hat sie die Polizei auch schon abgewiesen. So, und nun gehen wir ins „Scharfe Eck“, Gebhard abklopfen.“ Linda: „Ich hole nur noch die Widersprüche der Nachbarn und eine Jacke, dann können wir los.“ Wenige Minuten später, waren sie schon unterwegs zum „Scharfen Eck“. Einige Meter von der Gaststätte weg befand sich ein Briefkasten, in den Linda die Briefe mit den Widersprüchen einwarf. Hans sah beim betreten der Wirtschaft, dass Jupp zwei Plätze frei gehalten hatte, genau neben Ralf Gebhard. Hans klopfte auf die Theke und begrüßte damit alle. Linda tat das Gleiche und Gebhard meinte nur: „Jo.“ Dann griff er zu seinem Whiskyglas und trank einen Schluck. Hans sah ihm zu und sagte zu Jupp: „Hast du einen anständigen Single Malt da?“ Jupp: „Frag den Herrn, der trinkt ihn gerade.“ Und Gebhard wies sich als Whiskykenner aus und erklärte: „Vorzüglich. Etwas herb, spritzig mit leichten Marillen Geschmack.“ Hans: „Klingt vielversprechend. Bring mir bitte auch so einen und der hübschen Dame ein Piccolo.“ Linda: „Vielen Dank für das Kompliment.“ Hans: „Das war kein Kompliment, sondern eine subjektive Feststellung eines Mannes.“ Auf einmal meldete sich Gebhard: „Ich schließe mich vorbehaltlos dieser Feststellung an und füge, besonders hübsch hinzu. Ehre, wem Ehre gebührt.“ Linda bedankte sich noch einmal und Jupp stellte den Whisky und den Piccolo hin. Während er den Sekt einschenkte, sagte Jupp: „Zum wohl sein. Und, gibt es etwas Neues von Henriette?“ Hans: „Leider nicht, aber die Polizei hofft das aus der Bevölkerung einige Hinweise kommen. Irgendjemand muss doch dieses Schwein gesehen haben.“ Gebhard mischte sich wieder ein: „Ich wünsche es ihnen. Der gehört eingesperrt und nicht wieder herausgelassen. Wer einem anderen das Leben nimmt, hat nur eine Strafe verdient, lebenslänglich.“ Hans: „Oder Rübe ab. Im Mittelalter wäre derjenige aufgehängt worden.“ Gebhard: „Da stimme ich ihnen zu. Aber auch nur, wenn die Schuld zweifelfrei erwiesen ist. In Amerika werden jedes Jahr Menschen hingerichtet, die völlig unschuldig sind. Da ist eine Hinrichtung fatal, das kann man nicht mehr rückgängig machen.“ Hans: „Auch das ist schon vorgekommen. Pech gehabt.“ Linda: „Haben die Herren kein anderes Thema, als die Todesstrafe?“ Hans: „Reden wir doch über die Sanierungsarbeiten der Görlitzer Strasse. Wir haben ja jemanden hier, der uns bestimmt sagen kann wie lange die gehen sollen. Also Herr Gebhard, wie lange dauern die Arbeiten?“ Gebhard war die Frage sichtlich unangenehm. Gebhard: „Es dauert eben so lange, bis die Handwerker fertig sind. Es sind Altbauwohnungen und da sind Überraschungen nicht ausgeschlossen. Aber mit ein paar Monaten müssen sie schon rechnen.“ Hans: „Na, das ist doch erfreulich und ich dachte schon, sie würden alles einreißen und neu hochziehen. Aber den Wisch den sie uns zugeschickt haben, hat einen kleinen Fehler. Bevor sie damit anfangen alles einzureißen, müssen sie die Frist einhalten und die beträgt im Augenblick sechs Wochen. In der Zeit können alle Parteien ihre Einwände vortragen und wenn es sein muss, vom Gericht abklären lassen. Also sagen sie das ihrem Chef, dass in den nächsten sechs Wochen niemand etwas in meiner oder in irgendeiner anderen Wohnung in der Görlitzer Strasse 36 einreißt.“ Gebhard wurde ganz grün im Gesicht und erwiderte: „Aber bedenken sie doch, je früher wir mit dem Umbau anfangen, desto schneller haben sie eine neue Wohnung. Noch besser wäre natürlich, wenn sie sich für eine Ersatzwohnung entscheiden würden. Die würde ihnen Herr Henning für die gleiche Miete überlassen. Wenn sie wollen zeige ich sie ihnen Morgen. Und für sie Frau Hoffmann, hätte ich auch eine. Die Kosten für den Umzug, würde Herr Henning übernehmen. Klingt das nicht gut?“ Hans: „Eigentlich wollen wir nicht ausziehen, uns gefällt es hier. Sie wissen ja, der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Wir haben tolle Nachbarn, sind mitten in der Stadt und die Kneipe ist auch OK. Na ja, die Gläser könnten manchmal etwas voller sein.“ Jupp fühlte sich angesprochen und konterte: „Dann musst du eben schneller trinken, dann verdunstet nicht so viel.“ Hans nahm sein Glas, trank es leer und bestellte noch einen Whisky. Gebhard: „Herr Altmeier, lassen sie die Luft aus meinem Glas. Und wenn sie einen Moment Zeit hätten, ich habe Post für sie mitgebracht.“ Gebhard übergab ihm einen Umschlag und Jupp legte ihn zur Seite. Er wusste was drin stand. Es würde sicher ein neues, höheres Angebot von Henning sein.

Am Donnerstagmorgen um 9:00 Uhr läutete Hans Handy. Es klingelte lang, sehr lang, weil Hans eine Weile brauchte bis er wach wurde. Die vielen Whiskys waren schuld daran, welche er mit Gebhard getrunken hatte. Er nahm sein Handy und las auf dem Display „Klaus Wagner“. Hans nahm das Gespräch an und Wagner fing gleich an zu schimpfen: „Habe ich dir nicht gesagt, du sollst die Füße still halten? Aber nein, du musst auf eigene Faust ermitteln. Jetzt haben wir den Salat. Wie Steiner gestern zurück ins Büro kam, hat er gleich lautstark von deinem Auftritt bei Frau Weber gesprochen. Und wie es der Teufel will, war gerade Oberstaatsanwalt Klausen und Oberkriminalrat Brandt bei mir. Das ist natürlich ein gefundenes Fressen für die beiden. Ich soll dir einen schönen Gruß von Klausen ausrichten und du möchtest im Laufe des Nachmittags bei ihm vorbeischauen. Und glaube mir, er war alles andere als gut auf dich zu sprechen.“ Hans: „Ich weiß nicht was dieser Vollidiot von mir will. Der Besuch bei Frau Weber, war privater Natur. Es ging rein um die Beerdigung meiner Tante, wenn du mir nicht glaubst, frage Frau Hoffmann, die war nämlich mit dabei. Richte dem Obermufti aus, dass ich heute keine Zeit habe. Am Montag könnte ich vorbeischauen, wenn es da seine Zeit zulässt.“ Wagner: „Ich an deiner Stelle, würde heute noch vorbeischauen. Wer weiß was er sich sonst wieder für eine Gemeinheit einfallen lässt. Du kennst ihn ja, mit Beschuldigungen ist er ja gleich zur Hand. Nicht dass du noch Schwierigkeiten mit deiner Lizenz als Privatermittler bekommst.“ Hans: „Lass das Mal meine Sorge sein. Es gibt absolut nichts, weshalb er mich in die Pfanne hauen könnte. Ich habe gestern Abend mit dem Hausverwalter von Henning gesoffen. Dieser Gebhard verträgt leider eine ganze Menge. Im Rausch hat er dauernd von einer „Global City Life“ gesprochen. Der Inhaber ist ein Jason Peeters aus Frankfurt und einem Carsten Wolter von der Niederlassung hier in Berlin. Er war gar nicht gut auf die beiden zu sprechen, sie sollen zwei ganz schlimme Finger sein. Überprüfe doch die beiden, vielleicht ergibt sich da ein neuer Ansatz.“ Wagner: „Ich fasse es nicht. Was habe ich dir gerade gesagt? Halt die Füße still!“ Hans: „Wenn ich zufällig den Verwalter in einer Wirtschaft treffe und mich mit ihm unterhalte, so ist das reiner Zufall. Ich hatte ja keinen Termin mit ihm gemacht. Und nun überprüfe die beiden, das ist doch nicht zu viel verlangt. Du weißt genau, dass ich meistens ein gutes Näschen habe.“ Wagner: „Irgendwann kostet mich das noch meinen Job.“ Hans: „Dann fängst du eben bei mir an. So, lass mich jetzt weiter schlafen. Ich habe einen dicken Kopf und einen riesigen Brand. Tschüss.“ Hans legte auf und holte sich eine Aspirin Tablette aus dem Bad und löste sie in einem Glas Wasser auf. Nach der Tablette trank er noch eine halbe Flasche Mineralwasser, bevor er sich wieder ins Bett legte. Kaum lag er, klingelte es an der Haustür. Da er keine Lust verspürte aufzustehen, zog er sich die Decke über den Kopf und hoffte, dass das Klingeln bald aufhörte. Aber es hörte nicht auf, so dass er wütend zur Tür ging und sie mürrisch öffnete. Vor ihm stand Linda. Sie sagte fröhlich: „Na, schon wach? Duschen, rasieren, anziehen und einen schönen starken Kaffee trinken. Schon vergessen, wir haben einen Termin bei Gebhard. Der möchte uns doch unsere neuen Wohnungen zeigen.“ Hans: „Du kannst mich Mal, ich gehe nirgendwo hin. Ich will nur schlafen.“ Linda: „OK, dann lege ich mich zu dir und spiele so lange an dir rum, bis du aufstehst.“ Linda zog sich die Jacke aus und knöpfte sich ihre Jeans langsam auf. Hans sah das mit Entsetzen und meinte: „Lass das, ich geh ja schon duschen.“ Linda: „Wenn du Hilfe brauchst, einfach rufen. Ich wasche dir den Rücken und den Knackarsch. Und falls du zu schwach bist, auch den Rest.“ Hans: „Danke, ich komme schon klar.“ Linda: „Wir haben heute noch ein großes Programm zu bewältigen. Wir müssen Wohnungen anschauen, Schach spielen und ermitteln. Um 13:00 Uhr kommen die Handwerker und wollen bei dir mit dem Umbau anfangen. Gegen 20:00 Uhr hast du noch einen Termin mit Frau Steinmann.“ Hans: „Ich geh duschen und du kannst derweil Kaffee machen.“ Nach zwanzig Minuten war Hans fertig, gerade rechtzeitig zum Frühstück. Hans: „Saure Heringe oder Wurstsalat mit Pommes wären jetzt das Richtige. Auf Marmelade und Nutella habe ich wirklich keinen Appetit.“ Linda: „Tut mir leid, aber das gibt dein Kühlschrank nicht her. Ein paar alte, saure Gurken sind noch da. Die sind zwar schon seit zwei Jahren abgelaufen, aber du kannst das schon ab. Wann bist du eigentlich nach Hause gegangen?“ Hans: „Früh, sehr früh. So gegen 2:00 Uhr hat uns Jupp hinausgeworfen. Gebhard verträgt auch einen ganz schönen Stiefel. Hätte ich ihm gar nicht zugetraut.“ Linda: „Hast du wenigstens etwas in Erfahrung gebracht?“ Hans: „Wie Gebhard mir erzählte, macht man Henning mächtig Druck. Die Umbaumaßnahmen werden nur vorgeschoben, in Wirklichkeit will Henning alle seine Häuser abreißen lassen. Das hatte mir bereits Jupp erzählt. Aber jetzt weiß ich, wer da dahinter steckt. Es ist ein Investor aus Frankfurt, welcher auch in Berlin eine Niederlassung hat. Es ist ein Hedge Font, die „Global City Life“, kurz GCL. Boss in Frankfurt ist ein Jason Peeters und hier regiert Carsten Wolter. Das soll so ein junger Yuppie Schnösel sein, der über Leichen geht, wenn nur die Rendite stimmt. Der will um jeden Preis, alle Wohnungen bis in zwei Monaten entmietet haben.“ Linda: „Aber das schafft er doch nicht. Henning muss doch gesetzliche Fristen einhalten. Was will er machen, wenn wir alle zusammenstehen und nicht aus unseren Wohnungen gehen? Will er uns mit Gewalt heraustragen?“ Hans: „Ich habe Wagner schon Bescheid gegeben, er soll sich einmal die beiden Herren näher ansehen.“ Linda: „Apropos ansehen, wir sollten uns so langsam fertig machen, sonst verpassen wir noch den Termin mit Gebhard und wir stehen in zwei Monaten auf der Strasse.“ Hans: „Ich glaube nicht, dass er pünktlich ist, bei dem was der alles getrunken hat, wird er sicherlich erst seinen Rausch ausschlafen.“

Wagner war schon kurz nach 7:00 Uhr in seinem Büro, musste er doch noch den Bericht über die letzten Ermittlungsergebnisse in den Fällen Berger/Linde und Kimmig, bei Oberkriminalrat Brandt und Oberstaatsanwalt Klausen abgeben. Gestern war er ja nicht mehr dazu gekommen, weil er überstürzt das Büro verlassen hatte. Wie es dazu kam? Alles hatte damit angefangen, das Brandt und Klausen unangemeldet in seinem Büro erschienen. Sie wollten, so kurz vor 16:00 Uhr wissen, ob es schon neue Hinweise in den Fällen Berger/Linde und Kimmig gäbe. Hatten doch beide am frühen Vormittag eine Pressekonferenz gegeben und darin die Bevölkerung um Mithilfe gebeten. Oberkriminalrat Brandt: „Wagner, gibt es schon konkrete Hinweise?“ Wagner: „Wir haben viele Anrufe bekommen, aber deren Inhalte müssen erst überprüft werden. Es ist noch zu früh etwas Konkretes zu sagen.“ Oberstaatsanwalt Klausen: „Wir brauchen so schnell wie möglich Ergebnisse.“ Wagner: „Dann geben sie uns mehr Personal. Wir haben auch nur zwei Hände und hexen können wir auch nicht.“ Klausen: „Wenden sie sich an ihren Chef, der ist für die Personalplanung zuständig. Wenn sie mehr Leute brauchen, einfach den Bedarf anmelden.“ Mitten in dieser Diskussion, platzte Oberkommissar Steiner mit Strobel herein. Steiner polterte: „Was hat dieser Kramer bei Frau Weber zu suchen? Der ermittelt doch schon wieder auf eigene Faust. Dem Typen gehört die Lizenz zum Schnüffeln entzogen.“ Wagner hatte keine Ahnung was Steiner meinte und fragte nach: „Hans war bei Frau Weber? Hast du ihn gefragt, was er dort wollte?“ Klausen: „Was wird er wohl bei der Schwester eines Opfers gewollt haben? Na, Auskünfte. Seit wann mischt der sich in die Ermittlungsarbeit von der Polizei ein? Woher weiß er denn, dass Linde getötet wurde? Wagner, haben sie einen Maulwurf in ihren Reihen?“ Wagner stand auf, schlug auf den Tisch und rief laut: „Wenn sie beide die Ermittlungsakten gelesen hätten, würden sie mich das nicht fragen. Und merken sie sich eins, ich bin nicht ihr Fußabstreifer oder Idiot, an dem sie Ihre Befindlichkeiten austoben können. So, und nun mache ich Feierabend, denn ich muss noch zum Arzt. Auf Wiedersehen meine Herren.“ Klausen: „Gehen sie nur, aber das wird Konsequenzen für sie haben. Und richten sie ihrem Freund Kramer aus, er soll Morgen Nachmittag bei mir erscheinen. Wenn er nicht kommt, werde ich gegen ihn ein Verfahren einleiten, das ihm seine Lizenz kosten wird.“ Wagner meinte nur beim Verlassen des Büros: „Das können sie ihm selbst sagen, seine Nummer steht im Telefonbuch.“ So der Stand am gestrigen Abend. Wagner hatte Hans nicht mehr erreicht, weil dieser sein Handy ausgeschaltet hatte. Er hatte den Bericht fertig und gab ihn persönlich bei den beiden ab. Brandt war nicht in seinem Büro, was Wagner sehr recht war. Er hatte nämlich keine Lust auf Vorhaltungen und eine unendliche Diskussion über laufende Polizeiarbeit. Anders war es bei Klausen, der war in seinem Büro. Wagner: „Hier ist der Bericht den sie haben wollten. Neue Erkenntnisse haben wir noch nicht, weil wir die Hinweise noch überprüfen müssen.“ Er drehte sich um und wollte das Büro verlassen, da sagte Klausen: „Ich erwarte sie und Kramer heute Mittag in meinem Büro. Wann ist mir egal, ich bin den ganzen Tag hier. Ich denke, sie haben seine Handynummer.“ Wagner sagte nichts, sondern ging wortlos. Danach rief er Kramer an und das Gespräch kennen sie ja schon. Gegen 14:00 Uhr rief Hans, Wagner an und gab ihm Bescheid, dass er auf dem Weg zu Klausen war. Die beiden sprachen sich noch einmal kurz ab, bevor es zum Obermufti ging. Sie traten ein und nahmen vor dem Schreibtisch des Oberstaatsanwaltes Platz. Hans hatte es eilig, wollte er doch noch mit Linda in den kleinen Park, um Schach zu spielen. Hans: „Können wir nun zur Sache kommen, ich habe noch Termine.“ Klausen: „Sie sind immer noch so impertinent wie früher. Sie haben sich kein bisschen geändert.“ Hans: „Und sie? Sie sind wahrscheinlich immer noch der gleiche Kotzbrocken der sie schon immer waren. Kommen sie endlich zur Sache, oder ich gehe.“ Klausen: „Keine Beleidigungen, wenn ich bitten darf. Nun zur Sache. Wie mir berichtet wurde, ermitteln sie in verschiedenen Todesfällen, darunter auch den von ihrer Tante, sowie bei Herrn Linde. Ich könnte sie wegen Behinderung der Polizeiarbeit belangen. Außerdem wegen zurückhalten von Beweisen. Mir würde noch mehr einfallen, wenn ich nur wollte. Wenn sie ihre privaten Ermittlungen nicht Augenblicklich einstellen, lasse ich ihre Lizenz als Privatermittler einziehen, dann können sie irgendwo als Nachtwächter oder Ladendetektiv arbeiten.“ Hans: „Ich weiß genau was ich tun darf und was nicht. Von ihnen muss ich mir Gott sei Dank, nichts mehr sagen lassen. Meine Arbeit behindert auf keinen Fall die Polizei, im Gegenteil. Wenn ich etwas Wichtiges in Erfahrung bringe, melde ich es sofort.“ Wagner: „Das kann ich nur bestätigen. Herr Kramer hat uns viele Hinweise gegeben, die äußerst nützlich waren.“ Klausen: „Dann ist das doch ein Armutszeugnis für ihre Abteilung, wenn ein Hobbydetektiv ihnen Hinweise liefert.“ Hans: „Ich verstehe immer noch nicht, warum sie meinen Ex Kollegen Wagner, nicht mehr unterstützen. Normalerweise arbeitet die Staatsanwaltschaft mit der Kripo doch Hand in Hand. Haben sie Angst, dass ein anderer den Ruhm einsackt?“ Klausen: „Ich tue das, was das Gesetz vorschreibt. Im Gegensatz zu ihnen, halte ich mich daran.“ Wagner: „Dann legen sie bei Oberkriminalrat Brandt ein gutes Wort für mich ein, damit er uns vier Leute mehr gibt. Wir sind sowieso unterbesetzt und bräuchten dringend Verstärkung.“ Und so ging das Gespräch noch weitere zehn Minuten, bis Klausen die Unterredung beendete. Wie beide das Büro verlassen wollten, sagte Klausen zu Hans: „Ach Kramer, auf ein Wort.“ Wagner verließ das Büro und Hans fragte: „Was ist?“ Klausen lief zu ihm und meinte: „Es tut mir wirklich leid, was damals mit ihrer Frau geschehen ist. Glauben sie mir, wir haben alles Menschenmögliche getan um den Mörder zu finden. Ich habe persönlich nichts gegen sie, im Gegenteil. Sie waren ein sehr guter Kriminalbeamter, wenn nicht sogar der Beste, der mir je untergekommen ist. Warum kommen sie nicht wieder zurück zur alten Truppe? Ich würde mich sogar für sie stark machen.“ Hans antwortete: „Tut mir leid, aber mein derzeitiger Verdienst ist um einiges höher, als ich vorher hatte. Und wenn ich bedenke, dass ich mich dann wieder mit ihnen herumärgern müsste, schreckt mich doch ab. Und mit der Abteilung Mord und Totschlag, möchte ich schon gar nichts mehr zu tun haben. Industriespionage ist bei weitem spannender, als Klinkenputzen bei der Kripo. Wenn sie nichts dagegen haben, möchte ich jetzt gehen, denn ich habe wirklich einen Termin. Da draußen läuft mindestens ein Mörder frei herum und den will ich so schnell wie möglich hinter Gitter wissen. Und da kann mich keiner davon abhalten, nicht einmal sie. Auf Wiedersehen.“ Klausen: „Wenn sie was erfahren, geben sie wenigstens Wagner Bescheid.“ Hans: „Das habe ich die ganze Zeit getan und werde es weiter tun.“ Er öffnete die Tür und verließ das Büro. Ein paar Meter weiter wartete Wagner, der ihn gleich fragte: „Hat er dich zum Essen eingeladen oder dir seine Briefmarken gezeigt?“ Hans: „Nein, aber er wollte dass ich in euern Laden wieder anfange. Aber dazu habe ich keinen Bock. Sei mir nicht böse, aber mit solchen Luschen wie Steiner und dem Oberstaatsanwalt, möchte ich nicht mehr zusammenarbeiten.“ Dann berichtete er ihm noch kurz was er von Gebhard erfahren hatte und fragte ihn noch: „Habt ihr schon den Jeep ausfindig gemacht, der Kimmig von der Fahrbahn gedrängt hat?“ Wagner: „Wir sind dran. Es gibt in und um Berlin über vierzig Stück davon. Ich habe noch einmal die Unfallstelle umpflügen lassen und da haben wir noch kleine Teile eines Rücklichts gefunden. Aber wie ich die Sache einschätze, ist der Wagen entweder schon längst im Ostblock, oder in der Presse gelandet. Ach ja, ein Jeep wurde zwei Tage vor dem Unfall als gestohlen gemeldet. Er steht in der Fahndung, ist aber bis jetzt noch nicht aufgefunden worden.“ Hans: „Ich könnte wetten, dass ist euer Unfallwagen. Hat eigentlich die Pressekonferenz was gebracht?“ Wagner: „Bisher nichts. Wir müssen erst alle Spuren nachgehen. Wenn ich etwas weiß, lass ich es dich wissen. Ich würde sagen, wir treffen uns nächsten Mittwoch wieder, sagen wir um 20:00 Uhr?“ Hans: „Geht klar, bis dann.“ Beide verließen die Staatsanwaltschaft wieder. Eine halbe Stunde später war er zu Hause. Kaum dass er die Haustür aufschloss, hörte er schon laute Diskussionen im Hausflur. Es war Linda die fürchterlich laut schrie: „Schert euch zum Teufel, hier kommt ihr nicht herein. Ich rufe jetzt die Polizei, was ihr macht ist Hausfriedenbruch, ihr Bastarde.“ Hans eilte die Treppe hoch und sah, wie sich Linda gegen drei Typen wehrte, die verzweifelt versuchten in ihre Wohnung zu gelangen. Neben der Tür lagen zwei Werkzeugkisten und mehrere große Vorschlaghämmer. Einer der Typen griff sich einen der Hämmer und sagte laut in gebrochenen deutsch mit slawischen Akzent: „Wenn du uns nicht reinlassen, dann schlagen wir Tür ein. Mach Platz oder dir passiert was.“ Linda warf die Tür zu und schrie: „Nur über meine Leiche. Ich rufe jetzt die Polizei.“ Der Typ holte mit dem Hammer aus und rief zurück: „Du hast nix anders gewollt, ich schlage jetzt Tür ein.“ Hans stand nun hinter ihm und sagte ruhig: „Das würde ich an deiner Stelle lassen, oder ich nehme dir dein Spielzeug ab. Ihr habt gehört was die Dame gesagt hat, also verschwindet von hier.“ Der Typ drehte sich um und fragte: „Was du wolle? Verschwinde, sonst auf Maul bekomme.“ Für Hans war es das Zeichen, dass es gleich Ärger geben würde. Keiner könnte nachher sagen, dass er jemanden provoziert hätte, deshalb antwortete er: „Seien sie doch vernünftig, niemand in diesem Haus wird sie in die Wohnung lassen. Sie müssen ein anderes Mal wiederkommen.“ Der Schmächtigste der drein meinte: „Wir werden nicht für reden bezahlt, sondern pro Wohnung, so steht in Vertrag. Und jetzt gehen weiter, weil nix gesund für dich. Geh Bier trinken, oder liege auf Frau, wenn du verstehen was ich meine.“ Hans: „OK dann liege ich jetzt auf Frau, aber bitte leise sein, sonst du nix höre wie sie schreien bei Bunga-Bunga. Darf ich?“ Der größte antwortete: „Vielleicht hat Frau noch Freundin, dann ich mache mit Bunga-Bunga.“ Hans: „Hat leider nix Freundin, müsse mit Hand selber machen.“ Dann schob er den Typen mit dem Hammer in der Hand zur Seite, klopfte an Lindas Tür und rief: „Linda Schatz mach die Tür bitte auf, ich will Bunga-Bunga mit dir machen.“ Linda riss die Tür auf und sagte entzückt: „Aber immer, mein Tiger.“ Mit einem großen Schritt verschwand Hans in der Wohnung und Linda schloss die Tür.“ Die drei Typen sahen sich an und merkten erst jetzt, dass Hans sie gewaltig verarscht hatte. Wütend schrie der Kleine: „Mache sofort die Tür auf oder ich schlagen Tür ein.“ Hans fragte Linda: „Hast du schon die Polizei gerufen?“ Linda: „Die Polizei hat mitgehört und muss gleich da sein. Halte sie noch einen Moment auf, bevor sie die Tür einschlagen.“ Hans rief laut: „Moment, Frau muss erst noch anziehen, hat blanken Busen und nackten Arsch. Ist gleich fertig. Ausziehen gehen schneller, wie anziehen.“ Linda: „Du Lüstling, mit wem habe ich mich da nur eingelassen.“ Hans: „Augenblick, Brüste wieder zu, nur noch Arsch offen.“ Draußen vor der Tür schrie der Schmächtige: „Beeilen dich, Frau kann auch nackt herauskommen.“ Hans: „Ich bekomme meine Hose nicht zu, weil ich noch haben großen Hammer. Nix will verklemmen, in Reißverschluss, sonst Hammer kaputt.“ Es läutete an der Tür und Linda betätigte den Türöffner. Hans öffnete die Wohnungstür und sagte: „Da kommen noch ein paar Herren, die würden sich gerne mit ihnen unterhalten.“ Er deutete hinten auf die Treppe und vier Polizisten standen auf einmal auf dem Treppenabsatz. Einer der Polizisten meinte: „Sie legen sofort den Hammer hin und kommen mit aufs Präsidium. Sie alle sind verhaftet.“ Schmächtiger: „Warum, haben doch nix getan?“ Polizist: „Bedrohung, Nötigung und Hausfriedensbruch, reicht das? Abführen. Alles Weitere auf dem Präsidium.“ Hans und Linda bedankten sich bei den Beamten und versprachen, am nächsten Morgen vorbeizukommen, um die Anzeigen zu unterschreiben. Der Sachverhalt war klar, hatten sie doch die Unterhaltung am Telefon mitgehört. Wie die Polizei weg war, meinte Hans: „Das wäre erledigt, die kommen so schnell nicht wieder. Ich sag den anderen Hausbewohnern Bescheid, dass die Gefahr vorüber ist. Und nun zieh dich um, wir gehen joggen.“ Linda: „Schade, ich dachte wir machen erst Bunga-Bunga.“ Hans: „Du sollst nicht denken, sondern dich umziehen, es sei denn du willst so zum joggen gehen.“ Er gab ihr einen Kuss auf die Wange und verließ ihre Wohnung. Wie er auf dem Treppenabsatz war, rief er laut: „Na, alles mitbekommen, Willy? Du bist mir so ein Held.“ Willy öffnete seine Tür und rief hoch: „Ich habe gesehen, dass du kommst und da wollte ich dir nicht die Show stehlen. Im Übrigen bin ich Hausmeister und kein Bodyguard.“

Gebhard kam mit den drei Polen von der Polizeiwache zurück. Er musste eine Kaution von 1500.- Euro, pro Person hinterlegen, sonst wären sie nicht frei gekommen. Sein Weg führte direkt zu Hennings Villa, der dort schon ungeduldig wartete. Schon beim betreten des Arbeitszimmers wussten die polnischen Arbeiter, dass sie Ärger am Hals hatten. Henning: „Habt ihr drei noch alle Latten am Zaun? Was habe ich euch gesagt? Ihr sollt ohne großes Aufsehen die Küchen und Bäder plattmachen. Und, was macht ihr? Ihr legt euch gleich mit der ersten Mieterin an und bedroht sie mir nichts dir nichts. Fingerspitzengefühl habe ich verlangt. Weil das noch nicht genug ist, macht ihr noch den Kramer an. Ausgerechnet der Kramer. Wisst ihr überhaupt, wer er ist?“ Stanis Kowalski, der Schmächtige: „Chef wir wussten doch nix, dass der Bulle ist. Haben gedacht ist nur Wichtigtuer und will Frau imponieren. Haben dann erst gemerkt, dass es seine Schatzi ist. Aber wir haben nix geschlagen.“ Henning: „Das wäre ja noch schöner, dass ihr meine Mieter verprügelt. Da kann ich ja gleich einen Schlägertrupp von Wolter engagieren. Ihr seid so was von bescheuert. Ihr solltet nur hingehen und klingeln, in die Wohnung gehen und unter dem Vorwand der Sanierungsarbeiten, zuerst das Bad einreißen und dann die Küche plattmachen.“ Kraftprotz Marek Kaczmarek: „Wir wollen das auch, nur Weib hat geschrien wie auf Grill. Wollten in andere Wohnung gehen, doch da war nix da.“ Der Bildungsfernste der drein, Josef Nowak: „Ich haben überall geklingelt und an Tür geklopft und gesagt das wir in Wohnung wolle, aber niemand war da.“ Henning: „Da wohnen nur alte Leute, die nur ganz selten ihre Wohnung verlassen. Sie waren alle da, die haben nur so getan, als wenn niemand zu Hause wäre.“ Josef: „Das war aber nix gut. Haben alte Leute gelogen. Nächste Mal ich sagen, ich komme von Gaswerk, dann machen bestimmt auf.“ Henning schlug die Hände vor sein Gesicht und schrie: „Nein, nein, nein. Gebhard, erklären sie es diesem Schwachkopf.“ Gebhard: „In der Görlitzer Strasse 36 gibt es keinen Gasanschluss. Die haben in den Bädern Elektroboiler für Warmwasser.“ Die drei Bauarbeiter sahen sich nur ratlos an, sagten kein Wort mehr. Gebhard: „In die 36 können wir jetzt nicht mehr rein, wäre es nicht geschickter, wenn wir in der 44 weitermachen würden?“ Henning: „Wie blauäugig sind sie denn, Gebhard? Der Vorfall hat sich doch schon in der ganzen Strasse herumgesprochen. Dafür hat doch bestimmt Bongartz gesorgt, dieses Tratschweib. Der kann doch nichts für sich behalten. Nein, wir müssen ganz aus der Schusslinie und wieder Ruhe einkehren lassen. Wir warten ein paar Tage und fangen dann wieder mit den Abrissen an. Am besten wenn es die Mieter nicht erwarten.“ Gebhard: „Und, wann wäre das?“ Henning: „Am Samstagnachmittag. Derweil geht ihr drei in die Stralsunder Allee und malert dort weiter. Die Wohnungen müssen ja auch fertig werden. Und wehe ihr baut dort auch wieder Scheiße, dann könnt ihr was erleben. Abmarsch, oder auf wartet ihr noch?“ Nowak: „Vielleicht können uns Chef noch einen kleinen Schuss geben.“ Henning: „Schuss? Was für einen Schuss? Habt ihr schon was gearbeitet?“ Kowalski: „Nein, noch nicht, aber fangen doch jetzt an.“ Gebhard: „Ihr habt doch schon einen Vorschuss bekommen.“ Novak: „Wase Chefe, haben noch nix bekommen, Taschen noch immer leer.“ Henning: „Und was ist mit den 1500.- Euro Kaution für jeden, die ich bei der Polizei hinterlegen musste? Haut endlich ab und arbeitet, bevor ich euch hochkantig rausschmeiße. Gebhard bringen sie sie zu ihrem Wagen und treten den drein richtig in den Hintern, wenn sie nicht sofort mit der Arbeit anfangen. Und jetzt alle raus.“ Henning stützte seinen Kopf mit den Händen auf dem Schreibtisch. Er wusste, dass er das Problem mit der Entmietung nicht alleine schaffen würde. Er brauchte Hilfe, oder ein kleines Wunder. Und da es Wunder nur äußerst selten gibt, grauste ihm die Vorstellung, das Wolter die Sache in die Hand nehmen würde. Ausgerechnet Wolter, dem jedes Mittel recht ist, nur um Gewinne zu machen. Henning stand auf und schenkte sich einen Cognac ein und trank ihn in einem Zug aus. Danach setzte er sich wieder und griff zum Telefon. Als er die Nummer wählte, murmelte er: „So leid es mir tut, aber es muss sein. Ihr lasst mir keine andere Wahl. Wie heißt das Sprichwort: Wer nicht hören will, muss fühlen.“

Willy müsste nicht Willy sein, wenn er die neusten Nachrichten nicht gleich verbreiten würde. Und wie immer geschah dass, wie sollte es auch anders sein, im „Scharfen Eck“. Er setzte sich an den Stammtisch und erzählte alles brühwarm, was sich gerade in der 36 ereignet hatte. So ging die Nachricht, von der Verhaftung des Henningschen Bautrupps, in Windeseile durch die ganze Straße. Und wer bettlägerig oder fußlahm war, wurde per Telefon oder WhatsApp informiert. In dieser Strasse blieb nichts geheim, außer dem Mörder von Henriette. Hans und Linda waren bei dem kleinen Park angekommen. Sie diskutierten immer noch über die Wohnungen, die ihnen Gebhard gezeigt hatte. Hans fragte: „Und für welche Wohnung hast du dich entschieden?“ Linda: „Ich kann mich nicht entscheiden, sie sind alle so, wie soll ich sagen, speziell.“ Hans: „Na hör mal, jede ist ein Prunkstück für Nachkriegsarchitektur. Kleine Zimmer, kaputte Fenster, desolate Isolierung und niedrige Zimmerdecken. Aber sie liegen alle Verkehrsgünstig. Die meisten direkt an der S-Bahn Linie und die anderen direkt am Zubringer. Was willst du denn mehr? Bist gleich in der Stadt und brauchst nicht einmal umsteigen. Das nenne ich Komfort.“ Linda: „An den Lärm könnte ich mich nie gewöhnen. Nicht einmal Schallschutzfenster sind drin.“ Hans: „Aber dafür sind die Heizungen spitze. In jedem Zimmer ist ein Öl- oder Kohleofen. Du kannst immer individuell heizen.“ Linda: „Schon Scheiße, wenn die Heiz- und Nebenkosten teurer sind, wie die Miete. Na ja, wem es gefällt. Man muss niemand zu seinem Glück zwingen.“ Beide hatten Jogging Kleidung an und sahen so aus, als wenn sie gerade von der Körperertüchtigung kamen. Von weitem sahen sie schon einige Männer, die Freilandschach mit großen Figuren spielten. Hans: „Ich glaube, hier sind wir richtig. Na, dann wollen wir einmal.“ Sie liefen zu den Schachspielern und stellten sich zu den restlichen Zuschauern, die bereits da standen. Linda hatte keine Ahnung vom Schach und ging hinüber zum Tisch, an dem auch andere saßen. Linda fragte: „Ist da noch frei?“ Ein älterer Herr meinte: „Bis jetzt noch, aber wenn du dich setzt, nicht mehr.“ Er lachte, als wenn es besonders witzig wäre. Er zog einen kleinen Flachmann aus der Tasche und reichte ihn Linda. Da die Flasche verschlossen war, nahm sie das Geschenk dankend an. Sie drehte am Schraubverschluss und entfernte den Deckel. Der ältere Herr fragte: „Auf was trinken wir?“ Linda überlegte und sagte ganz spontan: „Auf Erwin Linde, möge er in Frieden ruhen. Prost.“ Älterer Herr: „Auf Erwin, den Pechvogel.“ Linda merkte sofort, dass der Mann ihn kannte. Älterer Herr: „Ich bin der Max und lege keinen Wert auf das gesieze. Wir sind alle nackt gekommen und werden alle nackt wieder gehen, denn das letzte Hemd hat bekanntlich keine Taschen.“ Linda: „Wie recht du hast, aber manche meinen sie können sich den Himmel auch noch kaufen. Ich bin Linda. Erwin ist bestimmt im Himmel, oder was meinst du?“ Max: „Wenn einer den Himmel verdient hat, dann er. Bist du heute das erste Mal hier?“ Linda: „Nein, ich war bis vor einem Jahr, öfter mit einer älteren Dame hier. Vielleicht hast du sie gekannt, sie hieß Henriette. Sie war immer mit ihrem Rollator unterwegs.“ Max: „Tut mir leid, ich kenne die Frau nicht, man kann ja nicht alle kennen.“ Linda brachte die Unterhaltung wieder auf Erwin. Und mit Max hatte sie eine wahre Plaudertasche erwischt. Er erzählte ihr alles, was sie wissen wollte. Hin und wieder stieß man mit dem Flachmann an und trank einen Schluck. Nach einer Stunde musste Max gehen und Linda ging zu Hans. Der saß inzwischen auf einer Bank und unterhielt sich mit einem älteren Pärchen. Hans sah nicht aus, als ob er Freude an der Unterhaltung hatte. Das Gegenteil war der Fall, er langweilte sich zu Tode. Thema der Unterhaltung war fischen. Hans hatte keine Ahnung vom Angeln, hörte aber geduldig zu, wie ihm das Pärchen den Unterschied von Grund- und Fliegenfischen erklärte. Wie er Linda sah, sagte er plötzlich: „Da kommt mein Schatz. Müssen wir wieder nach Hause?“ Linda: „Leider, denn es ist so schön hier. Aber du weißt doch wie Onkel Willy ist. Pünktlichkeit ist oberstes Gebot und gerade dann wenn er kocht.“ Hans stand auf und verabschiedete sich höflich und vertröstete das Paar auf ein anderes Mal. Sie verließen den Park leicht joggend, schließlich sollte es so aussehen, als hätten sie nur eine kleine Verschnaufpause eingelegt. Wie sie außer Sichtweite waren, meinte Hans: „Gott sei Dank bist du gekommen, sonst wäre ich vor Langweile gestorben. Ich habe aber trotz allem ein paar interessante Neuigkeiten herausgefunden.“ Linda: „Nicht nur du, ich auch. Lass uns zu Hause darüber sprechen.“ Nachdem sich Linda umgezogen hatte, ging sie zu Hans. Der hatte derweil den Pizzaservice angerufen und zwei Pizzen bestellt. Wie Linda kam, staunte sie nicht schlecht. Der Tisch war gedeckt, Kerzen, zwei Teller, zwei Weingläser, eine Flasche Rotwein, Servietten und Besteck. Linda: „Hast du Geburtstag, oder soll das ein romantisches Dinner werden?“ Hans: „Weder noch, sondern ein einfaches Arbeitsessen. Die Pizzen kommen gleich. Ich habe zweimal mit allem bestellt, ist dir doch recht?“ Linda: „Egal was auf der Pizza ist, ich habe Hunger.“ An der Tür klingelte der Pizzabote und fünf Minuten später fielen beide über die Pizzen her. Wie sie fertig mit essen waren, fragte Hans: „Möchtest du anfangen?“ Linda: „Nein, du zuerst.“ Und Hans berichtete, was er von den Schachspielern und dem älteren Angler-Paar erfahren hatte. Hans: „Ich fasse zusammen. Erwin ist am Mittwoch wie jeden Tag gegen 14:30 Uhr gekommen. Zuerst hat er warten müssen, weil sein sonstiger Partner, noch eine Partie zu Ende spielen musste. Danach hat er zwei Partien mit ihm gespielt, bis dieser nach Hause ging. Er spielte danach noch ein Spiel mit einem anderen Herrn, doch die spielte er nicht zu Ende, weil ein ehemaliger Arbeitskollege von Erwin auftauchte. Scheinbar kannten sie sich ganz gut und hatten sich, allem Anschein nach, lange nicht gesehen. Erwin hat ihn mit „Socke“ oder so ähnlich angesprochen. Die beiden setzten sich auf eine freie Bank und unterhielten sich. Sie haben sich gut verstanden und viel gelacht. Der Typ hatte scheinbar Bier mit gehabt und ist einmal mit dem Rad weggefahren und hat Nachschub geholt. Dieser „Socke“ war etwa 35 – 40 Jahre alt, 175 groß und trug Arbeitsklamotten. Außer den dunkelbraunen Haaren und einem Kapuzenshirt, gibt es keine weiteren Einzelheiten zur Person. Wie die anderen Schachspieler gegen 20:00 Uhr gegangen sind, saßen beide immer noch auf der Bank. Nun rate einmal, bei welcher Baufirma Erwin vor seinem Unfall gearbeitet hat?“ Linda: „Bei der Firma Walter?“ Hans stutzte und antwortete: „Das hast du jetzt nicht geraten?“ Linda: „Nein, das hat mir Max erzählt. Aber sprich weiter.“ Hans: „Die Firma Walter ist ein Multi Konzern. Er hat nicht nur eine Heizung und Sanitär Abteilung, sondern auch Maler, Trockenbau, Gipser und Hochbau Abteilungen. Erwin war Polier und hat immer mehrere Baustellen gleichzeitig betreut. Die Firma hat über 100 Beschäftigte die fest angestellt sind. Wie viele Mitarbeiter sie mit den Subunternehmern hat, konnte niemand sagen. Und noch ein wichtiges Detail. Erwin war verheiratet und hat sich kurz vor dem Unfall scheiden lassen. Scheinbar gab es einmal Probleme mit einem Vaterschaftstest, weil ihm seine Ex ein Kuckuckskind unterjubeln wollte. Weitere Probleme hat keiner genannt oder gekannt. Das war so weit alles, was ich in Erfahrung gebracht habe. Wie es scheint, war dieser „Socke“ der letzte der ihn lebend gesehen hat. Und wenn ich daran denke, dass auch ein Bauarbeiter die Röhrchen bei Henriette ausgetauscht hat, kommt mir das ziemlich verdächtig vor. Vielleicht haben wir es da, mit ein und demselben Täter zu tun. Nur wer hat ihm den Auftrag dafür gegeben, wenn es so sein sollte? Steckt tatsächlich Henning oder Gebhard dahinter? Ich kann es mir einfach nicht vorstellen, dass man Menschen tötet, nur um ihn aus seiner Wohnung zu bekommen.“ Linda: „Oder es gibt zwei Täter, die unabhängig voneinander gemordet haben. Bei Erwin könnte es auch einen ganz anderen Grund, als seine Entmietung geben. Wie du bereits gesagt hast, war Erwin einmal verheiratet. Und das mit dem Kuckuckskind stimmt, das hat mir nämlich Max auch erzählt. Aber Max hat auch erwähnt, dass Erwin ein leidenschaftlicher Münzsammler war. Er hat über dreißig Jahre Münzen gesammelt und jeden übrigen Cent in seine Sammlung gesteckt. Und die muss eine ganze Menge Wert gewesen sein. Max hat gesagt, dass sich kurz nach Erwins Tod, zwei Frauen darum geschlagen haben, wer die rechtmäßige Erbin von Erwins Hinterlassenschaft ist. Und rate einmal wer die Frauen waren?“ Hans: „Seine Ex und die Schwester Uschi Weber.“ Linda: „Richtig. Die müssen sich in Erwins Wohnung regelrecht geprügelt haben. Da sind richtig die Fetzen geflogen. Das Nachlassgericht hat letztlich Uschi Weber zur Alleinerbin erklärt. Warum hat sie uns das nicht gesagt, dass sie Zoff mit Erwins Ex hatte? Und sie hat auch mit keinem Wort erwähnt, dass ihr Bruder ein vermögender Mann war.“ Hans: „Das wird sie erklären müssen, wenn nicht uns, dann der Kripo. Ich werde Wagner darüber informieren, soll er sich doch die Hacken ablaufen. Erst wenn er nichts herausfindet, dann werden wir der Dame auf den Zahn fühlen.“ Linda: „Aber das ist noch nicht alles. Linde hat seine Firma angezeigt und diese auf sehr hohe finanzielle Forderungen verklagt. Nächsten Monat wäre die Entscheidung vor dem Oberlandesgericht gefallen. Es soll sich um einen hohen sechsstelligen Betrag handeln, auf den Erwin geklagt hat. Die genaue Höhe des Schmerzensgeldes hat Linde nie erwähnt. Das könnte doch dein Kumpel Wagner auch herausfinden.“ Hans: „Und plötzlich haben wir vier Hauptverdächtige. Sein Ex Chef, seine Ex, seine Schwester und zu guter Letzt den Arbeitskollegen im Auftrag von Henning. So langsam wird es kompliziert. Ich notiere alles auf meiner Wand, dann ist es übersichtlicher.“ Er notierte eifrig und die Wand wurde immer voller, was den Fall Linde betraf. Bei Henriette und Kimmig hingegen kamen keine neuen Erkenntnisse hinzu. Hans hoffte aber, dass durch die Pressekonferenz doch noch einige Hinweise hinzukamen. Wie er damit fertig war, meinte er: „Vier potenzielle Verdächtige im Fall Linde. Bei Henriette gibt es nur den Verdacht, des imaginären Heizungsmonteurs. Ich verstehe nicht, warum ihn niemand gesehen hat. Es kann nicht sein, das ein Mann mit einem Werkzeugkoffer nicht gesehen wird.“ Linda: „Immerhin war es spät am Abend. Du weißt ja nicht, wann er die Wohnung verlassen hat. Es kann um 22:00 Uhr oder um 3:00 Uhr gewesen sein.“ Hans: „Du hast recht, er kann auch erst Stunden nach dem Mord die Wohnung verlassen haben. Und im Fall Kimmig, haben sie den Jeep auch noch nicht gefunden. Wenn Wagner Pech hat, ist der schon irgendwo in Russland oder Afrika und der Fall bleibt für immer ungeklärt.“ Linda: „Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass alle drei von einem einzigen Täter umgebracht wurden?“ Hans: „Alle Todesfälle haben eines gemeinsam, sie wohnten in Wohnungen von Henning und sollten alle ausziehen. Linda, das ist kein Zufall.“

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