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Wie ein leises Berühren
ОглавлениеIn einer Spezialklinik für Frühgeborene. Die Babys sind so winzig klein und zart und zerbrechlich – sie haben oft nur 700 bis 800 Gramm –, dass sie im Brutkasten besonders geschützt werden müssen. Eine Krankenschwester erzählt mir von der kleinen Barbara, entbunden im siebten Schwangerschaftsmonat. Und ihre Mutter liegt mit einer schweren Vergiftung auf der Intensivstation. Die Situation ist äußerst kritisch. Wird sie überleben? Der Vater kommt mit dieser Situation nicht mehr zurande, verfällt in eine schwere Depression: Seine so geliebte Frau sterbenskrank, auch beim neugeborenen Baby die bange Frage: Kommt es durch? Er war nicht einmal fähig, sein Kind zu besuchen. Er hat das einfach nicht geschafft. Die Schwestern sorgten sich sehr um das Kleine. Trotz allem Bemühen, ihm Nähe zu schenken, spürten sie, wie sehr die kleine Barbara gerade jetzt die Geborgenheit der Eltern gebraucht hätte. Dann endlich, nach ein paar Tagen, kam Licht ins Dunkel. Es ging wieder aufwärts. Der Vater schaffte es wieder, seine Tochter und seine Frau zu besuchen. Die schlimmste Krise war überstanden. Beiden ging es schon wieder etwas besser. Und als die Eltern das Kleine in den Arm genommen haben, es an sich drückten, wie es die Nähe und Wärme seiner Eltern gespürt hat, da hat es gelächelt. Es ist aufgeblüht wie eine Blume.
Nur ein leises Berühren hat das Kind zum Blühen gebracht. Das leise, zärtliche Berühren – durch andere Menschen, durch Gott – bringt uns Menschen zum Blühen, zur Entfaltung.
Die Glücksforschung und die Ergebnisse der modernen Gehirnforschung belegen es wissenschaftlich: Zum Glück gehört ganz wesentlich das Gefühl des Dazugehörens. Zuwendung, Liebe sind ganz wichtige „Lebens-Mittel“ für uns Menschen. Sie sind wie das Grundwasser für unsere Seele.
Die Texte dieses Buches möchten ein klein wenig dabei helfen, dem leisen Berühren Gottes in unserem Leben und in unserem Alltag nachzuspüren. Die meisten Beiträge sind im Laufe vieler Jahre als „Gedanken zum Sonntag“ in den Vorarlberger Nachrichten erschienen und wurden für die Veröffentlichung leicht überarbeitet. Die Meditationen laden ein zum Innehalten, zum Hinhorchen auf das Zusammenklingen von Leben und Gottes Wort in der Bibel und zum Atemholen für die Seele.
Ich wünsche Ihnen beim Lesen, dass es Ihnen gelingt, die Ermunterung von Papst Franziskus ernst zu nehmen: „Habt keine Angst vor der zärtlichen Liebe Gottes.“1 Auch in seinem Schreiben „Evangelii Gaudium“ spricht der Papst vom Revolutionären der Zärtlichkeit und der Liebe. Demut und Zärtlichkeit sind nicht Tugenden der Schwachen, sondern der Starken.2 Die zärtliche Liebe Gottes ist es, die die Menschen zum Aufblühen bringt.