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2.2 Palästina als Teil des Ptolemäerreiches
(301–200 v. Chr.)

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Die grundlegenden Umwälzungen unter Alexander dem Großen hatten für Juda und Jerusalem politisch zunächst keine nennenswerten Veränderungen mit sich gebracht. Die Einteilung des Reiches in Satrapien war von Alexander als einer der Grundpfeiler der persischen Reichsorganisation übernommen worden. Juda blieb als eigenständige Verwaltungseinheit ein Teil der Satrapie Transeuphrat-Syrien. Als in Babylon nach dem Tod Alexanders eine vorläufige Aufteilung des Reiches an seine Generäle erfolgte, war diese Satrapie an Laomedon gefallen. Vermutlich begnügte er sich wie Alexander mit der Anerkennung seiner Herrschaft durch den Hohenpriester und ließ die bewährte organisatorische Struktur des Tempelstaates unangetastet. Bald machten sich die veränderten weltpolitischen Konstellationen auch für Palästina bemerkbar, das nun in den Strudel der Diadochenkriege geriet.

Diadochenkriege

Alexanders ebenso früher wie plötzlicher Tod hatte das Reich völlig unvorbereitet getroffen und ohne Erben zurückgelassen. Die Reichsordnung, wie sie 323 von der Heeresversammlung in Babylon verabschiedet worden war, erwies sich bald als brüchig. Es setzten über zwei Jahrzehnte währende gewalttätige Auseinandersetzungen um die Nachfolge Alexanders ein, in denen sich seine bedeutendsten Generäle gegenüberstanden. Nach dem zweiten Diadochenkrieg entstand eine neue Konstellation, die sich bald verfestigte. Die auf die Sicherung ihrer Kerngebiete bedachten Diadochen Lysimachos, Seleukos, Ptolemaios und Kassandros schlossen sich zu einer Allianz gegen Antigonos Monophtalmos zusammen, der mit allen Mitteln die Herrschaft über das gesamte Alexanderreich anstrebte und seit 315 auch Palästina unter seiner Kontrolle hatte. In der Schlacht von Ipsos (301) wurde Antigonos von den alliierten Truppen des Lysimachos und Seleukos vernichtend geschlagen und getötet. Mit Antigonos wurde auch die Idee einer Wiedervereinigung des riesigen Alexanderreiches in einer Hand zu Grabe getragen. Es zerfiel unwiderruflich in mehrere eigenständige Staatsgebilde. Die Sieger von Ipsos teilten im Osten die Beute unter sich auf. Seleukos erhielt Vorderasien und Syrien, an Lysimachos fiel die Mehrzahl der kleinasiatischen Gebiete. Ptolemaios wurde als Herrscher über Ägypten bestätigt. Nach dem Tod des Lysimachos (281) gelang es Antigonos Gonatas, einem Enkel des Antigonos Monophtalmos, das Makedonien, Thrakien, Thessalien und Teile Griechenlands umfassende Antigonidenreich als dritte hellenistische Großmacht neben dem Ptolemäerreich und dem Seleukidenreich zu etablieren.

Ptolemaios I.

Ptolemaios zählte zu den talentiertesten Generälen Alexanders. Er stammte aus einer alten makedonischen Adelsfamilie und hatte an den Eroberungsfeldzügen Alexanders von Anfang an teilgenommen. Auf der Heeresversammlung in Babylon war ihm 323 die Satrapie Ägypten zugeteilt worden. An den Kampfhandlungen in Ipsos war Ptolemaios nicht beteiligt gewesen, sondern von Ägypten aus lediglich bis nach Syrophönizien vorgerückt. Dort hatte er aus fadenscheinigen Gründen seine Offensive gestoppt und das Risiko der Entscheidungsschlacht den Verbündeten überlassen. Für Ägypten war die syrophönizische und palästinische Küste von elementarem sicherheitspolitischem Interesse. Die Kontrolle über die Küstenstädte mit ihren Flottenverbänden bildete die Voraussetzung für die Seeherrschaft im östlichen Mittelmeerraum. Die gesamte Küstenebene zwischen Syrien und Ägypten stellte strategisch eine bedeutsame Pufferzone gegenüber Angreifern aus dem Norden dar. Zudem war Ägypten aus wirtschaftlichen Gründen auf den Zugang zum Libanon angewiesen, um von dort das für den Schiffsbau notwendige Holz importieren zu können. Deshalb war Ptolemaios seit Beginn der Diadochenkriege mehrfach in die Region einmarschiert und in kriegerische Auseinandersetzungen um die Küstenstädte verwickelt. Jerusalem hatte er um 302 v. Chr. gegen den erbitterten Widerstand der überwiegend auf der Seite des Antigonos stehenden Bevölkerung gewaltsam erobert. Obwohl Koilesyrien und Phönizien mit Judäa im Abkommen von Ipsos an Seleukos gefallen waren, weigerte sich Ptolemaios, das von ihm besetzte Territorium zu räumen. Seleukos wollte nicht mit Waffengewalt gegen den langjährigen Bundesgenossen vorgehen, gab aber seine Rechtsansprüche auf das Land nicht auf. Damit war eine Streitfrage entstanden, die das Verhältnis beider Diadochenreiche dauerhaft belasten sollte. Zwischen 274 und 200 v. Chr. kam es zu fünf syrisch-ägyptischen Kriegen um die Vorherrschaft im östlichen Mittelmeerraum, bis diese schließlich von den Seleukiden errungen wurde. Die Provinz Syrien und Phönizien, wie ihr offizieller Name lautete, mit dem jüdischen Kernland lag als Zankapfel mitten zwischen den rivalisierenden Großmächten.

Das Ptolemäerreich

Indem das jüdische Territorium nach dem Zerfall des Alexanderreichs in die Hand der Ptolemäer fiel, wurde es Teil desjenigen Diadochenstaates, der über das am besten organisierte Verwaltungssystem und den größten Reichtum verfügte. Ptolemaios, der Begründer der Dynastie, schuf mit politischem und organisatorischem Geschick aus der Satrapie Ägypten ein unabhängiges Königreich, das bald zu einer führenden Macht in der Weltpolitik wurde. Zur ideologischen Untermauerung seiner Herrschaft legte sich Ptolemaios den kultischen Titel Soter (Retter) zu und unternahm alles, um Alexanders Charisma auf sich überströmen zu lassen. Zu diesem Zweck bemächtigte er sich auch des einbalsamierten Leichnams Alexanders, um ihn prestigeträchtig in Memphis beisetzen zu lassen. Kulturpolitisch machte sich Ptolemaios I. Soter die umfassende Etablierung des Hellenismus als Geistesmacht zur Aufgabe und gründete die berühmte Bibliothek im Museion in Alexandria, die mit ihren mehreren hunderttausend Schriftrollen bald zum geistigen Zentrum der damaligen Welt wurde. Unter seinen Nachfolgern Ptolemaios II. Philadelphos (283–246), der umsichtig auf sein Amt vorbereitet wurde und bereits an der Seite seines Vaters Regierungserfahrung hatte sammeln können, und Ptolemaios III. Euergetes (246–221) erlebte das Ptolemäerreich seine Blütezeit. Ägypten wurde systematisch zu einem wohlhabenden Land mit einer zentral gelenkten und straff organisierten politischen, steuerlichen und militärischen Verwaltung ausgebaut.

Verwaltungsstruktur in den Provinzen

Auch in den Provinzen des Ptolemäerreichs wurden wesentliche Teile der Verwaltungsstrukturen Ägyptens eingeführt, um die Außenbesitzungen effizient regieren und den wirtschaftlichen Ertrag steigern zu können. An der Spitze wohl aller Provinzen standen Strategen, die über die politische und militärische Befehlsgewalt verfügten. In der Provinz Syrien und Phönizien stand dem Strategen ein als Dioiketes bezeichneter Beamter zur Seite, in dessen Aufgabenbereich sämtliche Ressorts der zivilen Verwaltung fielen. Er trug nicht zuletzt die Verantwortung für alle mit der Wirtschaft und den Finanzen zusammenhängenden Angelegenheiten. Die Provinz Syrien und Phönizien, deren strategisch bedeutsame Verkehrswege durch Militärsiedlungen und Wachposten umfassend gesichert wurden, war in kleinere Verwaltungseinheiten wie Judäa, Idumäa oder Samaria untergliedert. Diese Hyparchien wurden von einem mit umfassenden Vollmachten betrauten Statthalter (hyparchos) und einem Finanzfachmann (oikonomos) zur Überwachung der Staatseinkünfte verwaltet. In Judäa, das für die Ptolemäer eher von untergeordneter Bedeutung war, scheint der Hohepriester als höchster Würdenträger die Funktion des Hyparchen ausgeübt zu haben. Vermutlich war ihm nach dem Vorbild der übrigen Hyparchien ein von den Ptolemäern bestätigter Oikonomos zur Seite gestellt, der für die Finanzen des Tempels und die Steuern verantwortlich war. Zusätzlich eingeschränkt wurde die Macht des Hohenpriesters durch die Gerusia, einen aristokratischen Ältestenrat als Vorläufer des späteren Synhedrions. In religiösen Angelegenheiten blieb Judäa autonom, unterlag aber wie alle Hyparchien der Tributpflicht. Für Land und Bevölkerung musste der Hohepriester jährlich eine wohl aus dem Tempelschatz entnommene Steuer von zwanzig Silbertalenten an den ägyptischen König entrichten. In den übrigen Hyparchien der Provinz wurde nach griechischem Vorbild ein ausgeklügeltes System der Steuerverpachtung eingeführt. Die Steuerpächter überwiesen die vereinbarte Pachtsumme im Voraus an die königliche Kasse und trieben dann mit Hilfe der örtlichen Verwaltung von der Bevölkerung Steuern ein, wobei sie immense Gewinne machten. Die Kehrseite der Medaille war eine Verschärfung der allgemeinen Verschuldung und eine zunehmende Versklavung palästinischer Bauern infolge fiskaler Insolvenz.

Die Tobiaden

Bei diesem Prozess spielten die im Ostjordanland in der Hyparchie Ammanitis beheimateten und später auch in Jerusalem ansässigen Tobiaden eine zentrale Rolle. Das Familienoberhaupt, der mit dem Hohenpriester in Jerusalem verschwägerte Feudalherr Tobias, war durch seinen Großgrundbesitz und seine von wirtschaftlichen Interessen geleiteten Beziehungen zum Ptolemäerhof einer der mächtigsten Männer im Land. Vermutlich handelte es sich um einen Nachkommen von jenem Tobia, der in der Perserzeit als hoher ammonitischer Beamter gemeinsam mit Teilen der jüdischen und samarischen Aristokratie die Reformbestrebungen Nehemias zu verhindern suchte (Neh 6). Noch einflussreicher als Tobias war sein Sohn Joseph. Als der offenkundig proseleukidische Hohepriester Onias II. in Erwartung eines Machtwechsels die Tributzahlungen gegenüber Ptolemaios III. verweigerte und damit einen schwerwiegenden Konflikt heraufbeschwor, übernahm Joseph die steuerlichen Verpflichtungen für Judäa. Er gewann damit auch an politischer Macht, indem er von den Ptolemäern zum Vertreter des jüdischen Volkes gegenüber der königlichen Verwaltung bestimmt wurde. Gleichzeitig gelang es ihm, durch eine Verdoppelung des Pachtangebots für mehr als zwei Jahrzehnte von den Ptolemäern die Generalsteuerpacht für die gesamte Provinz Syrien und Phönizien zu erwerben. Zur Eintreibung der mit samarischen Krediten vorfinanzierten Pacht unterhielt Joseph eine eigene Streitmacht und ließ sich den Steuerforderungen widersetzende Angehörige der städtischen Magistrate hinrichten. Mit diesen Entwicklungen trugen die Tobiaden entscheidend zur weiteren Verarmung der Bauern und zur Verschärfung der sozialen Gegensätze in Palästina bei.

Hellenisierung Palästinas

Für die Zeit der Ptolemäerherrschaft lässt sich eine zunehmende Hellenisierung Palästinas beobachten. Die Kenntnis der griechischen Sprache und Bildung war weit verbreitet. Vor allem in der jüdischen Oberschicht wurde der Hellenismus zu einer zentralen kulturellen Größe. Die Tobiaden sind besonders hervorstechende Repräsentanten jener liberalen Kreise der jüdischen Aristokratie, die aus wirtschaftlichen und politischen Gründen eine Annäherung des Judentums an die hellenistische Umwelt propagierten. Trotz der verwandtschaftlichen Beziehungen zur hohenpriesterlichen Familie wurde dabei der kulturelle Fortschritt klar über die Einhaltung der Tora gestellt und eine sehr freizügige Haltung gegenüber den religiösen Traditionen eingenommen. Ein eindrucksvolles Bild von den geistigen und sozialen Gegebenheiten für die Epoche der Ptolemäerherrschaft über Palästina liefern uns die Zenon-Papyri. Es handelt sich um ein umfängliches Papyrus-Archiv mit der Korrespondenz und weiteren Unterlagen des Zenon, der zur Regierungszeit von Ptolemaios II. eine Art Privatsekretär des obersten ptolemäischen Verwaltungsbeamten Apollonios war. Etwa vierzig dieser Papyri beziehen sich auf ptolemäische Besitzungen im Ausland. Im Jahr 259 v. Chr. unternahm Zenon im Auftrag des Apollonios, der neben seinen Amtsgeschäften ausgedehnte eigene Wirtschaftsinteressen verfolgte, eine Inspektionsreise nach Palästina. Dabei besuchte er neben den Besitzungen des Tobias im Ostjordanland auch ein Landgut des Apollonios in Beth-Anath in Galiläa. Der diesen Besitz betreffende Papyrus dokumentiert anschaulich um die Höhe der Pacht kreisende Konflikte zwischen Großgrundbesitzern und abhängigen Bauern. Zugleich wirft er Licht auf die sozialen Verhältnisse, wie sie im späteren Gleichnis von den bösen Weingärtnern (Mk 12,1–12) vorausgesetzt sind.

Das ägyptische Judentum

Im Diasporajudentum Ägyptens kam es zu einer besonders tiefen Durchdringung jüdischen Denkens durch den Hellenismus. Ptolemaios I. hatte nach der kriegerischen Eroberung Palästinas eine große Zahl von Juden und Samaritanern zwangsweise in Ägypten angesiedelt, das sich in der Folgezeit zu einem bevorzugten jüdischen Einwandererziel entwickelte. Auf dem flachen Land wurden die Juden zur wirtschaftlich, sozial und politisch privilegierten Klasse der weit über den einheimischen Ägyptern stehenden Hellenen gerechnet, in Alexandria bildeten sie ein mit bestimmten Selbstverwaltungsrechten ausgestattetes Politeuma, wobei eine Minderheit auch das Bürgerecht besaß und in hohe gesellschaftliche Positionen aufrückte. Von hellenistisch-jüdischen Schriftstellern wurde das Ptolemäerreich ausgesprochen positiv betrachtet. Auf den wohl aus Alexandria stammenden Artapanos (um 100 v. Chr.) machte die staatliche Ordnung Ägyptens einen derart vorbildhaften Eindruck, dass er sie als jüdisches Verdienst betrachtete. Joseph wird als oberster Verwaltungsbeamter Ägyptens und Begründer der Landwirtschaft porträtiert. Mose habe dann den Ägyptern nicht nur technische Entwicklungen wie Schiffbau, Steinhebevorrichtungen oder Bewässerungssysteme beschert, sondern auch die Staatsverwaltung eingerichtet und kulturelle Errungenschaften wie die Philosophie oder die Schreibkunst hervorgebracht. Artapanos erkennt die Leistungen Ägyptens mit Bewunderung an, um im selben Atemzug voller Selbstbewusstsein die geistige Bedeutung des Judentums hervorzuheben.

Aristeasbrief und Septuaginta

Ein geradezu ideales Bild von den Ptolemäern zeichnet der Aristeasbrief, in dem die Entstehung der griechischen Bibel, der Septuaginta, erzählt wird. Der Verfasser Aristeas gibt sich als hoher Hofbeamter von Ptolemaios II. aus. Dem Brief zufolge will Demetrios von Phaleron, der Vorsteher der königlichen Bibliothek von Alexandria, eine griechische Fassung der jüdischen Gesetze für seine Bestände erwerben. Da eine solche Übersetzung noch nicht existiert, entsendet Ptolemaios II. eine Delegation mit Geschenken zum Jerusalemer Hohenpriester Eleazar. Die Gesandtschaft kehrt mit kostbaren hebräischen Schriftrollen und zweiundsiebzig des Griechischen kundigen Juden zurück. Die Gelehrten werden vom ägyptischen König auf der Insel Pharos einquartiert und bringen innerhalb von zweiundsiebzig Tagen die Übersetzung des Pentateuchs zum Abschluss. Da in einem Teil der Überlieferung die Zahl der Gelehrten auf siebzig abgerundet wird, bezeichnet man die griechische Bibel als Septuaginta.

In vielerlei Hinsicht ist der Aristeasbrief unglaubwürdig. Nicht ein heidnischer Hofbeamter des zweiten Ptolemäers hat ihn geschrieben, sondern ein Jude, der etwa hundert Jahre nach Ptolemaios II. gelebt hat und das Gesetz seines Volkes durch den Mund des ägyptischen Königs verherrlichen lässt. Der angebliche Bibliotheksvorsteher von Ptolemaios II., Demetrios von Phaleron, stand in Wirklichkeit in Diensten von Ptolemaios I. Gegen die Thronbesteigung von Ptolemaios II. hatte er offen Partei ergriffen und musste sich bei dessen Regierungsantritt ins Exil begeben. Allerdings dürfte Demetrios den Boden dafür bereitet haben, dass sich die alexandrinische Bibliothek für das jüdische Gesetz interessierte. Er war ein herausragender Vertreter des Peripatos, der Schule des Aristoteles, die das ehrgeizige Projekt einer Sammlung von Staatsverfassungen verfolgte. Die Behauptung des Aristeasbriefes, dass die Übersetzung der Tora auf Wunsch eines königlichen Förderers der Wissenschaften erfolgte, kann damit nicht völlig in das Reich der Fabel verwiesen werden, zumal sicher auch die ptolemäische Verwaltung darüber informiert sein wollte, nach welchen Bestimmungen die Judenschaft Alexandrias ihre inneren Angelegenheiten regelte. Die Tora wurde demnach in Alexandria nicht nur deshalb übersetzt, weil die des Hebräischen nicht mehr mächtigen Juden Ägyptens auf eine solche Übersetzung angewiesen waren, sondern auch weil der ptolemäische Staat ein kulturelles und politisches Interesse daran hatte.

Schwächung des Ptolemäerreiches

Gegen Ende des 3. Jh. v. Chr. kam es zu einem schleichenden Machtverlust der Ptolemäer, während das Seleukidenreich unter Antiochos III. (223–187) erstarkte. Dieser versuchte an die Glanzzeiten des Reiches unter Seleukos I. anzuknüpfen und betrieb mit immenser Energie eine von Expansionsbestrebungen gekennzeichnete Machtpolitik. Im Horizont des Abkommens von Ipsos sahen sich die Seleukiden nach wie vor als die rechtmäßigen Besitzer der ägyptischen Provinz Syrien und Phönizien. Wenige Monate nach der Machtübernahme von Ptolemaios IV. Philopator (221–204) marschierte Antiochos III. nach Palästina ein, um diese Machtansprüche durchzusetzen. Er eröffnete damit den vierten syrisch-ägyptischen Krieg, der allerdings 217 in der Nähe von Raphia mit einer unerwarteten Niederlage des seleukidischen Heeres endete. Ptolemaios IV. und seine Schwestergemahlin Arsinoe III. blieben danach noch mehrere Monate in der zurückeroberten Provinz Syrien und Phönizien, um die Verhältnisse wieder zu ordnen und sich der Loyalität der Bevölkerung zu vergewissern. Dabei kamen sie vermutlich auch nach Jerusalem.

Trotz des Sieges von Raphia war die Zurückdrängung des Ptolemäerreiches nicht mehr aufzuhalten, zumal das Land von Aufständen politisch und wirtschaftlich schwer in Mitleidenschaft gezogen wurde. Nach dem mysteriösen Tod von Ptolemaios IV. und der Inthronisation des erst fünfjährigen Ptolemaios V. wendete sich das Blatt endgültig zugunsten der Seleukiden. Antiochos III. schloss 203 ein Geheimabkommen mit dem Makedonenkönig Philipp V., in dem beide Herrscher die Außenbesitzungen des durch Vormundschaftsregierung geschwächten Ptolemäerreichs unter sich aufteilten und einander militärische Unterstützung zusicherten. Danach überschritt Antiochos III. erneut die Grenze nach Palästina, wo der ptolemäische Gouverneur der Provinz auf die Seite der Seleukiden umschwenkte. Der ägyptische General Skopas konnte zwar große Teile des von den Seleukiden besetzten Territoriums einschließlich Jerusalems nochmals zurückerobern, doch wurde sein Heer im Jahr 200 v. Chr. nahe Paneion an den Jordanquellen, dem späteren Caesarea Philippi, von Antiochos III. vernichtend geschlagen. Palästina geriet damit unter die Herrschaft der Seleukiden, während das durch innere Krisen und äußere Bedrohung erschütterte Ptolemäerreich seine Weltgeltung einzubüßen begann.

Einführung in die Neutestamentliche Zeitgeschichte

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