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I. Zivilrecht

Verf.: Tobias Scheel

1. Grundsätzliches zum Zivilrecht

1.1 Lernziele und Kompetenzen

Die nachfolgenden Ausführungen haben zum Ziel, angehenden „Geprüften Betriebswirten/-innen nach der Handwerksordnung“ ein Grundwissen im Zivilrecht zu vermitteln. Der Prüfling soll dadurch in die Lage versetzt werden, privatrechtliche Sachverhalte für das unternehmerische Handeln bewerten und ihre Konsequenzen in die unternehmerische Entscheidungsfindung mit einbeziehen zu können.

Die maßgeblichen theoretischen Qualifikationsinhalte bestehen im Schwerpunkt aus dem Bürgerlichen Recht (Allgemeiner Teil des BGB, vertragliche und gesetzliche Schuldverhältnisse, Sachenrecht), daneben dem Familien- und Erbrecht, dem Handels- und Gesellschaftsrecht sowie dem Zivilprozessrecht (einschließlich der Insolvenz des Schuldners). Diese Qualifikationsinhalte werden durch zahlreiche Handlungssituationen (Fallbeispiele) veranschaulicht, in denen die häufig abstrakten Darstellungen auf konkrete Lebenssachverhalte zugeschnitten sind. Hierdurch wird der Praxisbezug rechtlicher Rahmenbedingungen für das unternehmerische Handeln deutlich.

1.2 Juristische Falllösungstechnik

Bevor die Ausführungen zu den rechtlichen Qualifikationsinhalten beginnen können, bedarf es zunächst einer Einführung in die juristische Falllösungsmethode. Denn die Aufgabe des Prüfungskandidaten besteht nicht darin, theoretisches Wissen auswendig zu lernen, sondern vielmehr, konkrete Fälle zu lösen. Hierfür ist das Gesetz aber das notwendige „Handwerkzeug“, weshalb die Lektüre der angegebenen Rechtsvorschriften zwingend ist.

Juristische Falllösungsmethode bedeutet, dass ein Lebenssachverhalt nicht vom Resultat her, sondern zunächst ergebnisoffen geprüft wird. Hierbei wird der sog. Gutachtenstil angewandt. Bei diesem nähert man sich dem Ergebnis einer Falllösung durch eine im Fragenstil gehaltene Formulierungstechnik („Fraglich ist, ob …“, „Problematisch ist, inwieweit …“).

Bei der Lösung zivilrechtlicher Fälle geht es inhaltlich i. d. R. um Anspruchsverhältnisse, also um die Frage, ob eine Person von einer anderen ein bestimmtes Tun oder Unterlassen verlangen kann (vgl. § 194 Abs. 1 BGB). Die Lösung eines Falles beginnt mit der Formulierung des Obersatzes, an dessen Ende eine Rechtsnorm steht, die die gewünschte Rechtsfolge in einer abstrakten Formulierung enthält (sog. Anspruchsgrundlage).

Beispiel: Zu prüfen ist der Anspruch des A gegen B auf Zahlung des Kaufpreises gemäß § 433 Abs. 2 BGB.

Kurzformel

Wer (Anspruchssteller) von wem (Anspruchsgegner) was (Rechtsfolge) woraus (Anspruchsgrundlage)?

Für eine juristische Falllösung bietet sich damit folgende Vorgehensweise an:

 Ermitteln der gewünschten Rechtsfolge und Auffinden der Rechtsnorm, die sie anordnet (Obersatzbildung)

 Herausarbeiten der Voraussetzungen der Rechtsnorm (ggf. mit Definitionen)

 Subsumtion (= Unterordnung) des Sachverhalts unter die Voraussetzungen der Rechtsnorm.

Diese juristische Falllösungstechnik wird nachfolgend bei den Lösungen der verschiedenen Handlungssituationen verdeutlicht.

1.3 Methodische Grundlagen für den Umgang mit Gesetzen

Ein Problem beim Umgang mit Rechtsnormen ist der hohe Abstraktionsgrad vieler Gesetze und die zum Teil veraltete Rechtssprache (das BGB ist in seiner Ursprungsfassung bereits im Jahre 1900 in Kraft getreten). Die vom Gesetzgeber verwendeten Rechtsbegriffe erschließen sich deshalb häufig nicht auf Anhieb. Sie sind vielmehr auslegungsfähig und auslegungsbedürftig. Dies führt oft zu einer gewissen Ergebnisunsicherheit bei der Rechtsanwendung.

Beispiel

 „Treu und Glauben“ (§ 242 BGB); „gute Sitten“ (§ 138 BGB).

Bei der Auslegung von Gesetzesbegriffen helfen vereinzelt sog. Legaldefinitionen weiter. Hierbei handelt es sich um besonders wichtige Rechtsbegriffe, die der Gesetzgeber selbst definiert hat. Zu erkennen sind Legaldefinitionen daran, dass der maßgebliche Gesetzesbegriff in Klammern steht. Die Worte vor der Klammer sind dann seine Definition.

Beispiel

 „Unverzüglich“ (§ 121 Abs. 1 S. 1 BGB) bedeutet in der Rechtssprache „ohne schuldhaftes Zögern“ (und nicht „sofort“).

Ferner ist bei der Gesetzanwendung die sog. Klammertechnik zu beachten. Dies bedeutet, dass generelle Bestimmungen „vor die Klammer“ gezogen und damit allgemein verbindlich geregelt werden. So erspart sich der Gesetzgeber unnötige Mehrfachregelungen (Gesetzesökonomie). Dies ist der Grund dafür, dass die klassischen Gesetze des deutschen Privatrechts (BGB, HGB) – gemessen an ihrem Inhalt – eher kurz sind.

Beispiel

 Die Vorschriften über das Zustandekommen von Verträgen im 1. Buch des BGB gelten auch für Verträge im Familien-, Erb- und Gesellschaftsrecht.

Des Weiteren verwendet der Gesetzgeber oftmals die Verweisungstechnik, indem er in einer Rechtsvorschrift auf die Voraussetzungen bzw. Rechtsfolgen einer anderen Norm verweist. Dies dient ebenfalls der Gesetzesökonomie.

Beispiel

 § 437 BGB (bitte lesen – wenngleich bei erster Lektüre kaum verständlich). Die Rechte des Käufers bei Mängeln der Kaufsache (Nacherfüllung, Rücktritt, Minderung, Schadensersatz, Aufwendungsersatz) ergeben sich also nicht aus der Anspruchsgrundlage des § 437 BGB selbst, sondern aus den zahlreichen Normen, auf die verwiesen wird (§§ 439, 440, 323, 326 Abs. 5, 441, 280, 281, 283, 311a, 284 BGB).

1.4 Stellung des Privatrechts in der Gesamtrechtsordnung

Das Privatrecht ist nur ein Teil der Gesamtrechtsordnung in Deutschland. Es ist derjenige Teil, der die Rechtsbeziehungen von gleichgeordneten Rechtssubjekten zueinander regelt. Es bestimmt also darüber, wie und in welchem Verhältnis privatrechtliche Personen zueinander stehen und welche Rechte und Pflichten ihnen gegenseitig zugewiesen sind.

Beispiel

 Abschluss eines Kaufvertrags zwischen zwei Privatleuten.

Das öffentliche Recht behandelt hingegen die Rechtsverhältnisse staatlicher Einrichtungen untereinander bzw. die Rechtsbeziehungen des Staates zum Bürger. Es wird also i. d. R. von einem Über-/Unterordnungsverhältnis geprägt.

Beispiel

 Erteilung einer Baugenehmigung durch die Baubehörde.

1.5 Prinzipien des Privatrechts

Das Privatrecht basiert auf dem Grundsatz der Privatautonomie. Diese bedeutet die Freiheit des Einzelnen, seine Rechtsverhältnisse nach eigenem Willen gestalten zu können. Hierzu zählt die prinzipielle Freiheit, Verträge abzuschließen (Vertragsfreiheit) – und zwar mit wem man will (Abschlussfreiheit) und worüber man will (Inhaltsfreiheit).

Nur ausnahmsweise beschränkt der Gesetzgeber die vertragliche Abschlussfreiheit. So gibt es vereinzelt bei marktbeherrschenden Anbietern im Bereich der Daseinsvorsorge einen sog. Kontrahierungszwang, durch den ein Unternehmen gesetzlich verpflichtet wird, mit potenziellen Kunden einen Vertrag abzuschließen.

Beispiel

 § 36 Energiewirtschaftsgesetz für die Elektrizitäts- und Gasversorgung der Bevölkerung.

Häufiger wird hingegen die Inhaltsfreiheit vom Gesetzgeber beschränkt. Insbesondere wird solchen Verträgen die Rechtsgültigkeit versagt, die gegen gesetzliche Verbote (§ 134 BGB) oder die guten Sitten verstoßen (§ 138 BGB).

Beispiele

 Drogenkauf, Wucherzinsen.

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