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6. Ein wirklich guter Makler
ОглавлениеEs war Samstag. Heute sollte die Suche nach einer Eigentumswohnung aber wirklich beginnen. Daran würde mich auch heute nichts und niemand hindern. Mama hatte zwar heute früh angerufen und gesagt, dass bei Onkel Heinrich nun wirklich mit dem Ableben zu rechnen sei, aber das war noch lange kein Grund die Sache abzublasen. Onkel Heinrich lag immerhin schon seit acht Jahren im Sterben.
Im Immobilienteil unserer Tageszeitung durchforstete ich die Kleinanzeigen. Mettbrötchen kauend las ich Britta die Anzeigen vor. Aber mit Britta würde es nicht einfach werden, etwas Passendes zu finden. „Lichtdurchflutetes Drei-Zimmer-Appartement, 75 qm, in gepflegter Parkanlage; Souterrain”, las ich ihr gerade vor. Während Britta ihr Müsli wegpickte, fuhr sie mich an: „75 qm! Hartmut, ist das dein Ernst? Da kannst du uns ja gleich einen Baucontainer besorgen! Und wo soll die Lichtflut im Souterrain herkommen? Etwa durch den Gully? Wahrscheinlich wird die Bude wegen akuter Überflutungsgefahr verhökert.”
So ähnlich ging es weiter. Irgendwann war sie mit ihrer Geduld am Ende und riss mir die Zeitung aus den Händen.
Es war schon eigenartig: Frauen wurden immer fündig! Ich konnte stundenlang durch die Stadt gehen ohne auch nur einen Cent auszugeben. Britta hätte mühelos einen mittelprächtigen Sechser im Lotto innerhalb eines Vormittages verjubeln können.
„Schau mal, Hartmut”, sagte sie jetzt, „120 qm, vier Zimmer, in bester Lage, frei zum 1.3., 110.000 Euro Verhandlungsbasis, Billstein-Immobilien.”
„Na”, entgegnete ich, „da steckt doch ein ganz dicker Pferdefuß dahinter! Bei dem Text höre ich ja jetzt schon eine ganze Pferdekoppel wiehern!”
Billstein kannte ich bestens vom Finanzamt. Er war einer der treusten Kunden der Vollstreckungsstelle und hatte ein Abo auf demTourenplan unserer Vollziehungsbeamten. Aber Britta hatte den Angelhaken bereits verschluckt. Und ich wusste ganz genau, je mehr ich jetzt an dem Haken ziehen würde, desto tiefer hätte er sich ins Fleisch gebohrt und der Samstagmorgen hätte überaus ungemütlich geendet. Deshalb rief ich brav bei Billstein an. Noch lachte Billstein am Telefon. Billstein ahnte noch nicht, dass ich ihn durchschaut hatte.
Ja, es wäre „zufällig” noch ein Termin um 12:00 Uhr frei. Ob er uns denn abholen könnte, fragte er. Das fehlte noch! Womöglich sah mich noch einer von den Kollegen in seinem Zuhälterschlitten.
Das Haus lag in der Gartenstraße. Vor dem Haus stand ein grauer Lieferwagen. Es war ein von der Straße etwas abgelegenes Zweifamilienhaus, zugewachsen mit wildem Wein. Wirklich romantisch. Vielleicht hatte ich mich ja doch getäuscht.
Britta war sofort ganz aus dem Häuschen: „Haben wir ein Schwein, Hartmut!”, rief sie begeistert. „Hoffentlich ist die Wohnung noch nicht weg!” Ich blieb skeptisch. „Wollen sehen, welche Sauerei sich Billstein ausgedacht hat”, murmelte ich pessimistisch.
Die Gartenstraße war eine gemütliche Wohn- und Spielstraße, überwiegend mit Einfamilien- und Reihenhäusern bebaut. Das Straßenpflaster war in kurzen, regelmäßigen Abständen mit Bodenwellen durchzogen, um die Autofahrer zum Langsamfahren zu nötigen. In einer solchen Umgebung sollten mal unsere Kinder aufwachsen.
Warum war ich nur immer so argwöhnisch? Doch, ich muss mir eingestehen, mein Beruf hatte mich mit den Jahren verändert. Früher hatte ich noch an Tugenden wie Aufrichtigkeit und Rechtschaffenheit geglaubt. Doch mit jeder Steuererklärung, die durch meine Hände ging, verstärkten sich die Zweifel, schwand der Glaube an das Gute im Menschen. Und wenn ich glaubte, endlich eine ehrliche Haut vor mir zu haben und mein Lineal nahm, um auf dem Stadtplan routinemäßig die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte abzugleichen, musste ich immer wieder traurig feststellen: Auch dieser Steuerpflichtige – dazu noch ein Pastor – war schwach geworden und hatte um ganze zwei Kilometer aufgerundet! Das hätte ich von einem Gottesmann nicht erwartet! Heute waren es zwei Kilometer – und morgen? Wie viele waren es morgen, wenn die Sache unentdeckt blieb?
Ich betrachtete das Haus mit den heimeligen Gauben und den Fensterläden. Der wilde Naturgarten mit den terrassenförmigen Beetanlagen aus gelben Natursteinen passte zu dem Haus. Doch, das hatte was! Und 110.000 Euro war wirklich ein guter Preis, da konnte man nicht meckern. Während wir auf Billstein warteten dozierte ich: „Wenn man ein wirklich gutes Objekt sucht, muss man eben auch zu einem wirklich guten Makler gehen.”
12:15 Uhr – nichts tat sich. Wir warteten eine weitere Viertelstunde. Britta sah mich vorwurfsvoll an, als wenn es meine Schuld gewesen wäre, dass er nicht kam. So schnell wie mein Zutrauen zu Billstein gewachsen war, schmolz es von Sekunde zu Sekunde dahin. Ich hätte doch lieber auf mein Gefühl hören sollen. Warum war ich überhaupt auf die blöde Idee gekommen, mir ein Haus von Billstein anzusehen? Wir wollten gerade wieder wegfahren, da bog plötzlich ein weißer VW Polo in die Straße ein. Er fuhr etwas zu schnell auf die erste Bodenwelle zu. Der Spoiler kam auf dem Pflaster auf und es knirschte hässlich. Dann schepperte es noch einmal, als die Hinterachse in die Kuhle hüpfte. Jetzt hatte es vermutlich den Auspuff erwischt, denn der Polo röhrte nun wie ein Panzer. Die Baufirma, die diese Spielstraße angelegt hatte, verstand wirklich etwas von ihrem Handwerk.
Billstein war eine Frau, Anfang 20. Sie steckte in einem hautengen, samtigen Kostüm und bewegte sich wie eine Gepardin vorwärts. Eigentlich hatte ich mir vorgenommen, Billstein wegen seiner Unpünktlichkeit eine beachtliche Szene zu machen. Doch dieser Anblick hätte mich auch für eine zweistündige Verspätung entschädigt. Bei jedem Atemzug wurde ihr üppiger Busen wie von einer Luftpumpe aufgeblasen. Für das Kleid war es eine Gnade, dass es über einen hohen Stretchanteil verfügte.
Bemerkenswert, wie sie auf den an ihrem VW Polo entstandenen Schaden reagierte. Wenn ich an ihrer Stelle gewesen wäre, hätte ich mich zur Bestandsaufnahme erst einmal wütend unter den Wagen geschmissen und anschließend den Oberstadtdirektor und das zuständige Bauamt angezeigt.
Sie schaute nur kurz auf den verbogenen Auspuffstummel, zuckte mit den Achseln, lachte schrill auf und flötete: „Die Autos sollten alle ein bisschen höher gelegt werden.” Das war bei ihr bereits geschehen. Ihr prachtvoller Oberbau wurde von nicht enden wollenden Schenkeln getragen. Britta warf ihr einen eifersüchtigen Blick zu.
Fräulein Bremer gab uns beiden die Hand. Keine Papphand, sondern ein angenehmer kurzer, fester Händedruck, der etwas sympathisch Verbindliches an sich hatte, eben ganz nach meinem Geschmack. Sie sagte, sie freue sich, im Namen von Billstein-Immobilien uns dieses Objekt präsentieren zu dürfen. Sie hätten gerade erst den Auftrag für dieses wirklich einmalige Objekt angenommen. Ja, wir freuten uns auch ganz riesig, bekundete ich eifrig. Fräulein Bremer machte wirklich einen ausgesprochen kompetenten Eindruck! Britta sagte fordernd und mit einem aggressiven Unterton: „Nun lassen Sie uns schon hineingehen.”
„Wenn Sie noch einen ganz kleinen Augenblick warten würden”, entgegnete Fräulein Bremer. „Ich muss uns nur eben bei dem Mieter anmelden.” Sie verschwand hinter der Hecke.
Am Zaun hing ein Warnschild, auf dem eine wolfsähnliche Bestie die Zähne fletschte. Über einem Knochenhaufen stand in roter Schrift: „Leichen säumen meinen Weg!” Ich zeigte Britta das Schild und wir mussten beide lachen. Gleich würde ein niedlicher, verspielter Dackel Schwanz wedelnd auftauchen und unsere Schuhe ablecken.
Kein Dackel, stattdessen ertönte ein spitzer Schrei! Fräulein Bremer kam mit langen Sätzen auf das Gartentor zugelaufen, direkt gefolgt von einer Bestie in der Größe eines Schäferhundes. Es war eine bemerkenswert hässliche Abart: lange, dünne Beine,ein wurstartiger Körper mit grauem Fell fußmattenartiger Konsistenz. Seine kleinen stechenden Augen fixierten Fräulein Bremers wohlgeformte Waden. Bei seinem starken Kiefer würde es nur einmal kurz „Knack” machen – als wenn man einen Hähnchenflügel durchbeißt.
Ich hielt Fräulein Bremer das rettende Gartentor auf. Noch konnte sie es schaffen. Aber Angst macht dumm. Sie lief genau in die entgegengesetzte Richtung auf eine undurchdringliche Dornenhecke zu. Mit dem Mut der Verzweiflung warf sie sich über die Hecke. Das blutrünstige Monster schaffte es im letzten Moment, sie in ihre Wade zu zwacken. Sie schrie gellend auf und landete unsanft auf dem Bürgersteig. Wir liefen schnell zu ihr und halfen ihr wieder auf die Beine. Sie blutete zwar nicht, aber ihre Wade schwoll bedrohlich an. Das Hascherl hinkte mit schmerzverzerrtem Gesicht zu ihrem Wagen und rief über Handy ihren Chef an. Obwohl wir einige Meter entfernt standen, hörten wir, wie Billstein cholerisch in den Hörer schrie. Fräulein Bremer setzte sich ins Auto und stöhnte leise vor sich hin. Natürlich wollte ich ihr hilfreich zur Seite stehen, witterte die Chance, diese unglaublichen endlosen Schenkel einmal aus nächster Nähe betrachten oder vielleicht sogar massieren zu dürfen, aber Brittas Blicke sagten mir: „Das lass lieber schön bleiben…” Also warteten wir wieder.
Erst hörten wir ihn – nach dem Auspuff zu urteilen war er schon mehrfach in der Bodenwelle hängen geblieben – dann katapultierte ein Ungeheuer von Chevrolet die Gartenstraße entlang. Was jetzt kam kannten wir schon: In der Senke schlug der Spoiler auf und brach auseinander. Die großkotzige Angeberschnauze des Chevrolets wirkte jetzt wie eine schmerzverzerrte Fratze. Bei dem anschließenden dumpfen Aufprall beim Durchfahren der Bodenwelle mochte so dieses und jenes gebrochen sein.
Der Original-Billstein war da, er trug eine Camel-Lederjacke und eine dicke Havanna im Maul. Sein Chevrolet gehörte zu den Gliedmaßen, mit denen er sich überwiegend fortbewegte. Er stieg nuraus, um einem armen Idioten eine Immobilie aufzuschwatzen oder den Geschlechtsakt zu vollziehen.
Als er den Schaden sah, war er wie von Sinnen, schmiss sich unter den Wagen, um das ganze Ausmaß der Bescherung zu begutachten. Dabei tunkte er seine Lederjacke in eine Öllache, die sich unter dem Wagen gebildet hatte.
Er tauchte unter dem Ungeheuer wieder auf, sah den Fleck und fluchte: „… ich murkse sie ab, diesmal murkse ich sie ab!”
Wen oder was er abmurksen wollte, blieb dabei bedrohlich unklar. Dann holte er aus dem Auto einen langen, schwarzen Schirm mit eisenbeschlagenen Schaft.
„Der Mieter macht manchmal ein bisschen Zoff, muss natürlich raus, sobald der Kaufvertrag unterschrieben ist”, sagte er grimmig. „Aber ich habe jetzt alles geklärt. Wir können uns die Wohnung ohne Probleme ansehen.” Er warf Fräulein Bremer einen verächtlichen Blick zu.
Auch Billstein hinkte ein bisschen. Er hinkte uns voran, wir gingen zögernd und mit einem gehörigen Sicherheitsabstand hinterher, jederzeit zur Flucht bereit.
Die Wohnung lag im Obergeschoss. Während wir die Treppen hinaufstiegen, erwähnte Billstein: „Ich muss gestehen, dass ich die Wohnung noch gar nicht von innen gesehen habe. Sie könnte möglicherweise leicht renovierungsbedürftig sein.” Eine ähnliche Formulierung hat der Makler, der die total verwohnte Grotte in dem Haus meiner Eltern an den Mann bringen wollte, auch immer gebraucht – selbst beim 22. Interessenten. Mir schwante daher das Schlimmste!
Im Treppenhaus hauchte ein Usambara-Veilchen sein Leben aus. Am Fenster strickten sich die Spinnen ihre Hintern wund und verendete Fliegen säumten das Fensterbrett.
Billstein klingelte an der Wohnungstür. Man sah noch die verblasste Stelle, an der mal ein Türschild geklebt hatte. Billstein zupfte an seinem Oberlippenbärtchen und war sichtlich nervös.
War die Bestie etwa in dieser Wohnung? Manche Mieter werden ja richtig ungezogen, wenn sie eine Kündigung erhalten. Manchmal schlachten sie sogar den Makler ab – so stand es jedenfalls gestern in der Zeitung. Warum soll so etwas immer ganz weit weg passieren? Man weiß ja nie, welche Flöhe gerade in den Gehirnwindungen der Leute herumkrabbeln und so mancher Spätfilm im Fernsehen gibt wertvolle Anregungen über geeignete Vollstreckungsmethoden.
Die Tür öffnete sich einen Spalt breit. „Morgen, Herr Kowallick!”, bemühte sich Billstein um einen freundlichen Tonfall.
„Sie schon wieder!”, knurrte Kowallick, drehte sich um und ließ uns ohne weitere Beachtung stehen.
Kowallick war eine von Weinbrand und Zigarren ausgelutschte Gestalt mit brauner Cordhose, die nur von einem Gürtel an dem ausgemergelten Leib gehalten wurde. In einer Ecke des Wohnzimmers lag die Bestie. Mit tückischem Blick beobachtete sie jede unserer Bewegungen.
Plötzlich sprang sie auf und jagte durch den Raum. Ich versuchte mich, so gut es ging, hinter Brittas breitem Rücken zu verstecken. Erleichtert stellte ich jedoch fest, dass wir für die blutrünstige Fressmaschine uninteressant waren. Sie stürzte in eine Ecke des Flures und schlug mit der Tatze auf etwas ein, was ich von meinem Platz aus nicht erkennen konnte. Kowallick, der im Wohnzimmer in einem Sessel Platz genommen hatte und in einer Tabakdunstglocke saß, blickte auf und rief dem Monster anerkennend zu: „Na, Highlander, hast du wieder eine erlegt? Zeig doch mal her!” Der Highlander hörte aufs Wort und kam zu ihm. Er trug vorsichtig etwas im Maul und spuckte es vor Kowallicks Füßen aus. Kowallick nahm es in die Hand.
„Ein Prachtexemplar!”, strahlte er. „Du bist doch ein Goldjunge!” Der Highlander wedelte stolz mit dem Stummelschwanz.
„Schauen Sie doch mal!”, forderte er uns auf und winkte uns zu sich herüber. Da war jedoch Billstein zur Stelle. Erbost ging er auf Kowallick zu und versperrte uns den Weg.
„Kowallick, jetzt ist Schluss!”, knurrte er und streckte ihm bedrohlich die Stahlspitze des Schirms entgegen.
Kowallick aber ließ sich nicht beirren. „Die Herrschaften können ruhig wissen, was hier los ist!”, sagte er, hob schnell die Hand und streckte uns einen kleinen, braunen Insektenkörper entgegen. „Alles verseucht mit Kakerlaken und anderem Ungeziefer!”
Jetzt war es aber um Billsteins Beherrschung geschehen. Er baute sich drohend vor Kowallick auf, setzte ihm die Stahlspitze des Schirms an den Hals und zischte: „Kowallick, ich glaube wir müssen uns jetzt mal ernsthaft unterhalten! Wenn ich eines nicht liebe, dann sind es Subjekte, die meinen, sie könnten mir in meine Geschäfte hineinpfuschen!”
Kowallick ließ sich davon jedoch nicht beeindrucken, lachte nur belustigt auf, schnippte die Kakerlake mit dem Finger weg und wandte sich uns wieder zu: „Die verdammten Viecher sind ganz schön schwer zu fangen. Aber der Highländer ist flink. Dem entwischt so schnell keine.” Dabei streichelte er den Kopf der Bestie. Der Stummelschwanz des Highlanders wedelte im Akkord und bei dem Stichwort „Kakerlake” sabberte er aus dem Maul wie ein Springbrunnen. „Solange die Viecher mich nicht auffressen ist mir das egal.” Kowallick nahm einen Schluck aus seiner Wodka-Flasche und rülpste unanständig.
Billstein trat vor Wut gegen einen Hocker, der zufällig in seiner Nähe stand. Sein Gesicht war knallrot verfärbt und eine dick angelaufene Ader auf seiner Stirn schien einen Kurzschluss anzukündigen. Doch dann besann er sich und kehrte von einer auf die andere Sekunde zu seiner lässig coolen Art zurück: „Alles halb so wild”, sagte er in einem betont gelassenen Tonfall, „hier muss nur einmal ein Kammerjäger kurzen Prozess mit den Viechern machen, dann krabbelt die nächsten zehn Jahre kein Silberfischchen mehr herum.” – und wir vermutlich auch nicht mehr – wollte ich ergänzen. „Für den Preis finden Sie in dieser Gegend jedenfalls keine Wohnung! Und schauen sie sich nur diesen Zuschnitt an!”, bemühte er sich weiter.
Da musste ich ihm wirklich recht geben: Die Wohnung war ansonsten nicht schlecht. Und wenn erst einmal eine neue Tapete an den Wänden klebte, sah alles bestimmt schon ganz anders aus.
Aber Kowallick war für Billstein eine harte Nuss. Er sah uns an und fragte mit einem zynischen Unterton: „Sind sie Pilzfreunde?”
„Wieso?”, fragte Britta irritiert zurück.
„Auch Pilzliebhaber kommen hier nämlich voll auf ihre Kosten: Im Badezimmer und der Küche können sie nämlich ganzjährig ernten…”, grinste Kowallick.
Ich wollte eigentlich noch einen Blick ins Bad werfen, aber Britta zog mich unnachgiebig aus der Wohnung. „Komm Hartmut, ich will nur noch raus!”, zischte sie mir zu. Wir stolperten aus der Wohnung. Billstein fing wieder an, mit Kowallick zu streiten und der Highlander stürzte sich auf ein neues Opfer.
Als wir die Treppe hinuntergingen, kam uns eine Gestalt in einem grauen Gummianzug und Gasmaske entgegen. Ich erinnerte mich plötzlich wieder an den grauen Lieferwagen vor der Tür. Der Froschmann streifte die Gasmaske ab und fragte erstaunt: „Wie kommen Sie denn hier herein? Heute ist doch alles abgesperrt! Wir spritzen nämlich FDS 2000.”
„Was ist denn das?”, fragte ich interessiert zurück.
„Ein hochwirksames Nervengift gegen Ungeziefer und aggressive Bakterien. Unsere Hausmarke. Ich bin ganz begeistert! Einmal sprühen, schon kippt alles um – einfach genial! Hätten wir FDS schon 1938 gehabt, hätten wir den Krieg bestimmt gewonnen!”
Wieder im Freien rangen wir nach Luft.
„Das eine will ich dir sagen, Hartmut”, giftete Britta, „ich komme jedenfalls nicht mehr mit, wenn du dir eine Eigentumswohnung anguckst!”
Langsam begriff ich, dass unsere Ehe auf dem Weg zum Teileigentum noch auf eine harte Probe gestellt werden sollte.