Читать книгу Was ich im Osten sah - Bernhard Hoeft - Страница 4
Vorwort
ОглавлениеMein alter Lehrer Herrmann mag über mich so oder so gedacht haben, — eins weiß ich gewiss, Hab‘ es mit scharfem Jungenohr aus seinem eigenen Munde gehört, wie er‘s zu einem andern gesagt: „In der Geschichte weiß er was!“ Später, als der Jüngling mancherlei Erfreuliches und Lästiges lernen musste, war ihm Geschichte doch immer das Fesselndste, und als gar der junge Mann sich selber die Frage vorlegen durfte: „Welche beiden Fächer willst Du Dir zum besonderen Studium wählen?“ — da war‘s außer der Literatur auch wieder das Lieblingsfach, die Geschichte, und so ist's geblieben bis auf den heutigen Tag.
Ein anderes. Ich gedenke noch der Zeit, da allein der Sonntag mein Ferientag, dazu der Geldbeutel sehr dünn und schmal war, — immerhin gab‘s schon damals ein Großbeeren und Dennewitz als Wanderziel; später, in wirklichen Ferienzeiten und bei etwas vollerem Beutel, kam‘s sogar zu Studienreisen nach Fehrbellin und Zorndorf, Leipzig und Alsen, und als dann vier, fünf Ferienwochen einsetzten, da lagen mir auch andere Schlachtfelder nicht zu fern, die von Nachod und Skalitz, von Sedan und Orleans, und so manche Schlacht Hab‘ ich dort im Geiste — nachgeschlagen.
Ist‘s da ein Wunder, dass mich‘s in diesem Jahre hinauszog zu den Gefilden des Ostens, die einst Deutschlands größte Siegesfelder sein werden, auf denen Schlachten geschlagen wurden die ich nicht nachzuerleben brauche, in denen ich zwar nicht mehr mitstreiten kann, die ich aber miterleben darf — mit heißem Herzen und feuriger Seele? Drum bin ich nach dem Osten gezogen. Freilich, mich hat keine Hoheit empfangen, kein Feldmarschall zur Tafel geladen, kein Automobil stand für mich bereit, oder doch nur, wenn‘s einmal der Zufall gefügt, ein freundlicher Wink mich eingeladen hatte, — mit Rucksack und Wanderstab bin ich hinausgegangen. Jenes soll kein Vorwurf sein, beileibe nicht, und dieses kein Ruhm; aber es lehrt die Grenzen verstehen, die mein Erleben einschließt.
Gewaltig wird einst das Völkerschlachtdenkmal der Geschichte dieser Zeit werden. Könige werden daran bauen und Kärrner zu tun haben. Jene werden herrliche Bildwerke meißeln, diese mächtige Bausteine herbeischleppen; aber auch jene dürfen nicht fehlen, die den Mörtel bereiten, ihn zum Bau tragen. Ein solcher nur will ich sein, und wenn dieses Büchlein für das zukünftige Denkmal ein Mörtelkorn sein kann, — so ist‘s genug.
Berlin, im Juli 1915.
Der Verfasser.