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3 Rashmal, der Weihnachtswichtel aus Bangladesch
ОглавлениеUnter dem hellen Außenlicht stand ein dunkelhäutiger Mann, der ein gutes Stück kleiner war als ich, obwohl er wie mindestens dreißig aussah. Es war ein Inder, da war ich mir ganz sicher. Er hatte ein längliches, kaffeebraunes Gesicht, die Augen lagen tief unter dem Stirnknochen und wurden von rabenschwarzen, dicken Augenbrauen beschattet, die im Licht glänzten, als ob Gel drin wäre. Auf dem Kopf hatte er eine knallrote gestrickte Pudelmütze, der Mund wurde von einem dunkelblauen Schal bedeckt, den er sicher zweimal um den Hals gewickelt hatte. Seine Hände steckten in den Taschen eines dicken grauen Mantels mit großem, schwarzem Persianerkragen. Er wäre sicher ganz prima in der Antarktis zurechtgekommen, aber er sah so aus, als würde er erfrieren, obwohl es draußen nur plus minus null war. Er starrte mich durchdringend an und sah ein wenig erstaunt aus – ich allerdings nicht minder.
„D-d-do you speak english?“ brachte er stotternd hervor, mit diesem typisch indischem Akzent, gleichzeitig zog er den Schal vom Mund.
„Quite well in fact“, sagte ich angeberisch.
„Is Linda there?“ fragte er dann mit einem kleinen, aufgesetzten Lächeln und entblößte eine Reihe enormer Pferdezähne, die waagrecht aus dem Oberkiefer ragten.
Linda? dachte ich. Linda?
„There is no one by that name living here“, sagte ich munter.
„Pleasch“, sagte er. „Very important. I must see her. My name ist Rashmal, Rashmal Bakshi. I am friend. I have had a very long journey. When are she back?“
Ich fragte ihn, ob er möglicherweise Lena meinte, aber er schüttelte nur heftig den Kopf, so daß die Bommel der Pudelmütze von einer Schulter zur anderen hüpfte.
„I must see Linda, soon as possible. Very important.“
Ich wiederholte, daß hier niemand mit Namen Linda wohnte.
„Don’t try with me!“ sagte er und wurde plötzlich wütend. Er holte die Hände aus den Taschen und boxte mich mit solcher Kraft gegen die Brust, daß ich rückwärts durch den Flur flog und direkt in einem Stapel Bilder landete. Ich rutschte auf dem Teppichende aus, und die beiden viel zu großen Pantoffeln sausten davon. Ich fiel der Länge lang auf den Boden und stieß mir den rechten Ellenbogen an dieser bestimmten Stelle, und so ein widerlicher elektrischer Schlag fuhr mir durch den ganzen Körper.
Der Inder kam herein und zog die Tür mit einem Knall hinter sich zu. „I know she is here! I must see her, they are after me and I am running for my life and ...“ stieß er in wahnsinnigem Tempo hervor und ließ alle R’s rollen.
„Aber, aber!“ wollte ich ihn unterbrechen.
„Was zum Teufel macht ihr denn da unten?“ rief Schröder aus der Küche, und ehe ich antworten konnte, kam Chandler die Treppe heruntergesaust.
Der kleine, steifgefrorene Inder hatte keine Chance. Chandler sprang ihm direkt an die Brust und warf ihn mit lautem Krachen gegen die Tür, die er natürlich nicht ordentlich hatte zumachen können. Sie sprang auf, der Inder torkelte hinaus und fiel mit einem Platsch in den Matsch da draußen, rücklings, er konnte sich nicht einmal mit den Händen abstützen, aber das war auch sein Glück, denn sonst hätte er sich bestimmt die Arme gebrochen. Er schrie etwas, das vermutlich indisch war, und verstummte dann plötzlich. Chandler bellte und knurrte abwechselnd, und Schröder kam mit klappernden Schritten die Treppe runtergerannt.
„Aber was zum Teufel?!“ schrie er und blieb auf der untersten Treppenstufe stehen. In der rechten Hand hatte er einen hölzernen Kochlöffel und starrte wild zuerst mich an – ich versuchte gerade, wieder aufzustehen –, dann den Inder, der ganz still draußen vor der Haustür lag, und schließlich Chandler, der knurrend seine Pfoten auf den Brustkorb des Inders gesetzt hatte und sich zu überlegen schien, ob er ihm in die Nase beißen sollte.
„Chandler!!“ brüllte Schröder und scheuchte ihn nach drinnen. Er ging hinaus und beugte sich über den Inder. „Was ist das denn für ein Weihnachtswichtel aus Bangladesch?!“ schrie er. „Was für Hauer“, sagte er dann erstaunt und mit leiser Stimme. „So was habe ich wirklich noch nie gesehen. Wie kommt der Zahnarzt bloß in seinen Mund rein?“
„Wie geht es ihm?“ fragte ich und erhob mich auf meine wackeligen Beine. Ich lehnte mich an den Stapel Bilder, richtete mich aber gleich wieder auf, weil die Rahmen verdächtig knackten.
Schröder drehte sich auf dem Absatz um und schaute mich wütend an. „700 Flis das Stück!“ schrie er. „Faß sie bloß nicht an!“ „Flis?“
„Dann eben Rupis! Peanuts, Mäuse, Moos, Möpse, was du willst. 700 Kastagnetten! Und da habe ich noch nicht einmal angefangen, darauf zu malen!“ Er drehte sich wieder um und starrte das merkwürdige Wesen mit knallroter Mütze und blauem Schal an, das vor seiner Haustür lag. Er beugte sich hinab und horchte. „Was für ein Glück“, seufzte er dann. „Verdammtes Glück, daß er nicht tot ist, das hätte richtig ärgerlich werden können. Ich meine mit der Versicherung und der Polizei und allem.“
„Kennst du ihn?“ fragte ich und ging auch nach draußen.
Schröder schüttelte den Kopf.
„Er sagte, er heißt Rashmal, und fragte nach einer Linda“, sagte ich. „Sollten wir ihn nicht lieber reinziehen, damit er nicht an Lungenentzündung stirbt?“
„Rashmal? Linda? Was für eine verfluchte Linda denn? Hör mir zu!“ schrie Schröder und schlug zweimal fest mit den Holzlöffel auf die Pudelmütze. „Hörst du! Wach auf! Hinein mit dir, habe ich gesagt!“ Er scheuchte Chandler wieder ins Haus, der jetzt auch nicht mehr knurrte, sondern ganz vergnügt zu sein schien – er glaubte bestimmt, daß er gelobt würde, weil er so ein guter Wachhund war.
Schröder schlug dem Inder noch zweimal mit dem Holzlöffel auf den Kopf.
„Schläft wie ein Stock!“ konstatierte er, schob Rashmals Bein mit dem Fuß beiseite und wollte die Tür zumachen.
„Aber wir müssen ihn doch hereinholen“, protestierte ich.
„Und warum?“
„Damit er nicht erfriert.“
„Herein zu mir? Du spinnst wohl! Es könnte doch verdammt noch mal so ein psychopathischer Irrsinniger sein, der aus New Delhi abgehauen ist! Nee, nee, er ...“
„Er sieht nicht besonders gefährlich aus. Und wenn er vielleicht ein Kollege von Lena ist?“ sagte ich.
Schröder schaute ihn nachdenklich an. „Ähm, da hast natürlich recht, das wäre nicht so gut ...“ Er holte tief Luft. „Okay. Ja, ist schon gut, okay – nimm du ihn bei den Füßen.“
Ich hob die Füße des Inders an. Er hatte nur ein paar dünne Wildlederslipper an, die völlig durchweicht waren, und die weißen Baumwollsocken waren genauso naß. Die Hosen sahen aus, als ob sie zu einem Nadelstreifenanzug gehören würden, mit Aufschlägen, die voller matschigem Schnee waren. Ich glaubte, daß Schröder ihn an den Armen fassen würde und wir ihn zusammen anheben und hineintragen würden, aber das tat er keineswegs, er zeigte nur militärisch mit dem Holzlöffel in den Flur und schrie: „Zieh ihn rein!“
„Aber müssen wir ihn denn nicht tragen?“ fragte ich.
„Warum denn?“
„Weil er sich sonst den Kopf an der Schwelle anschlägt.“
„Ja und, das kann ihm nur guttun. Dann wacht er vielleicht wieder auf.“
Ich holte tief Luft und zog den Inder Rashmal so vorsichtig wie möglich über die Schwelle. Die rote Pudelmütze blieb am Fußabstreifer hängen, und Schröder hob sie auf. „I’ll give you a hand“, sagte er grinsend und zog die Tür mit einem Ruck zu, so daß sie mit einem Knall ins Schloß fiel.
Chandler lief die ganze Zeit schwanzwedelnd um uns herum und schmatzte mit seiner langen Zunge, während ich versuchte, ihn wegzuscheuchen.
„Warum kann es denn nicht einmal gut sein?“ stöhnte Schröder und lehnte sich schwerfällig gegen die Tür. „Was? Verstehst du das? Immer ist irgend etwas. Ich bin allmählich überzeugt davon, daß es eine höhere Macht gibt, die nichts anderes im Sinn hat, als mich zu ärgern.“
„Was?“ keuchte ich und fragte mich, wieso ein so kleiner, magerer Kerl so schwer sein konnte.
„Ja, wie soll man sich denn sonst erklären, daß alles, aber wirklich alles immer genau zum falschen Zeitpunkt zum Teufel geht? Entweder werden verrückte Weihnachtswichtel aus Bangladesch ohnmächtig, wenn ich gerade koche und einen gemütlichen Abend mit meinen Lieben verbringen will, oder die Waschmaschine explodiert ausgerechnet dann, wenn ich nach Japan will und unbedingt meine Unterhosen waschen müßte. Und wo ist verdammt noch mal Lena – Pst!“ unterbrach er sich plötzlich, legte den Kopf schräg und lauschte intensiv.
„Was ist ...“ fing ich an.
„Pst!! Verdammt! Das Wakame!“ sagte er und warf die Pudelmütze auf den Inder. Sie traf ihn direkt im Gesicht. Schröder drehte sich um und rannte die Treppe hoch.
Chandler schaute ihm nach, dann schaute er auf den leblosen Inder und die rote Mütze, die langsam über den Pelzkragen auf den Boden rutschte. Er schüttelte sich tüchtig und entschied, daß es wohl am besten war, dem Herrchen zu folgen.
Ich wußte nicht, was ich machen sollte. Ich hatte keine große Lust, da unten bei dem ohnmächtigen indischen Weihnachtswichtel Rashmal zu bleiben. Ich schaute ihn noch einmal an, hob die Mütze auf und legte sie ihm auf die Stirn.
Hatte er Lena gemeint, als er Linda sagte? Oder war es ein verwirrter Inder, der sich verlaufen hatte? Sollte ich versuchen, ihn wach zu kriegen? Ich zuckte mit den Schultern. Schon besser, wenn Schröder dabei ist, wenn er aufwacht, dachte ich ängstlich und ging die Treppe hoch.
„Schläft der Kerl immer noch?“ rief Schröder aus der Küche.
„Wir sollten vielleicht einen Kaffee oder so was für ihn machen. Damit er was Warmes bekommt, er sieht völlig erfroren aus“, sagte ich, und es klang sehr besorgt.
„Ach was, zum Teufel, immer mit der Ruhe“, sagte Schröder. Als ich in die Küche kam, löffelte er gerade etwas Braunes und Schleimiges aus einem Topf in eine Schüssel. „Ich werde gleich runtergehen und diesen Bramaputrazwerg aufwecken. Lena und Norling können jeden Moment hiersein. Du sollst dir nicht immer so viele Sorgen machen. Das Leben ist so kurz, eh man sich’s versieht hastet la vistet man weiter, und wozu war es dann gut, daß man sich solche Sorgen gemacht hat, über alles mögliche – wie zum Beispiel ohnmächtige Inder? Pst! Hast du gehört? Ist er jetzt aufgewacht?“
Von unten hörte man merkwürdige kratzende Geräusche und dann eine brummige Suada – indische Flüche, wie ich vermutete. Dann wurde es ganz still. Schröder schaute mich fragend an, und ich hob die Schultern. Chandler lag unter dem Küchentisch und knurrte.
„Geh runter und schau nach, was er vorhat“, sagte Schröder.
„Ich? Wieso ich?“
„Verdammter Feigling. Die Jugend ist heutzutage so was von verweichlicht. Also, als ich in deinem – Okay, gehen wir zusammen.“
Er zog eine Schublade auf und holte eine riesige, schreckeinjagende Axt mit breitem, fast schwarzem Blatt mit einer Kerbe in der Schneide und einem Loch in der anderen Ecke heraus. Der Schaft war aus dunklem Holz und hatte drei große Nieten.
„Was ist das?“ fragte ich und schaute mit großen Augen.
„Eine Fleischeraxt, das sieht man doch. Tja, man kann ja nie wissen“, sagte er entschuldigend und schlich zur Treppe. „Hallo, da unten“, rief er dann.
„Er kann bloß englisch“, sagte ich.
„Willst du damit sagen, daß er nicht indisch kann?“ sagte Schröder und kratzte sich die Stoppeln unterm Kinn. „Verdammt, wie still es ist.“
Er hielt sich mit der linken Hand am Geländer fest und ging Schritt für Schritt hinunter bis zum Treppenabsatz, da blieb er stehen und schaute um die Ecke.
„Er ist gegangen“, sagte er mit einem erleichterten Seufzer und ließ die Fleischeraxt sinken.
Ich beugte mich auch vor und schaute. Im Flur war niemand, aber die Tür war angelehnt und ließ einen kühlen, feuchten Luftzug herein.
„Er hat wohl Hunger auf ein Rogan Josh Curry bekommen. Komm!“ sagte er und stieß mich in die Seite, damit ich vorausging.
„Geh du zuerst“, sagte ich und bekam als Antwort nur einem wütenden Blick.
Mit der hoch erhobenen Fleischaxt ging er voraus und trat heftig die Tür auf. Vor der Tür war niemand. Schröder drehte sich langsam und machte das Licht draußen aus.
„Kein Bein“, sagte er. „Aber sicherheitshalber sollten wir im Heizkeller nachsehen. Mach du das“, sagte er und zeigte in die Richtung.
Widerwillig drehte ich mich um und ging in einen kohlschwarzen kleinen Raum am anderen Ende des Flurs. „Der Lichtschalter ist links!“ sagte Schröder und blieb an der Haustür stehen. Ich tastete mit der Hand die Wand entlang und fand einen Lichtschalter, den ich drehte. Eine Deckenlampe in einem weiteren kleinen Flur ging an, es gab drei Türen, eine zur Linken, die offenstand, eine zur Rechten, die angelehnt war, und eine geradeaus, die geschlossen war.
„Wieder links!“ flüsterte Schröder und stand plötzlich direkt hinter mir. Ich faßte mit der Hand um die Ecke, fand einen Schalter und machte Licht.
Abgesehen von dem dreckigsten Heizkessel, den ich je gesehen habe, gab es da drinnen bloß große Wollmäuse auf dem rußigen Boden.
„Banzai!“ brüllte Schröder hinter mir und riß die rechte Tür auf, die angelehnt gewesen war. Ich drehte mich erschrocken um, und ich wäre fast umgefallen, weil ich über eine Werkzeugkiste stolperte, die neben der Tür stand.
„Mußt du mich denn so erschrecken?“ schimpfte ich.
Schröder grinste breit. „Auch in der Garage nicht der kleinste Bramaputrawichtel. Er scheint einfach davonspaziert zu sein. Was für eine Type! Das ist also der Dank dafür, daß man ihm das Leben gerettet hat, ihn sogar hat auftauen lassen in der teuer erkauften Wärme des eigenen Hauses. Also, wenn du wüßtest, was der Strom heutzutage kostet!“ Er seufzte und machte die dritte Tür auf, streckte die Hand aus und knipste eine Deckenlampe an. „Mein Weinkeller“, sagte er zufrieden, aber gerade als ich hineinschauen wollte, machte er schnell wieder das Licht aus und trat die Tür mit dem Fuß zu.
Er drehte sich um, blieb dann mit einem Ruck auf der Schwelle stehen und starrte mit großen Augen das Chaos auf dem Fußboden an. „Aber was zum Teufel!!“ keuchte er dann, und es klang richtig schockiert.
„Was ist denn?“ fragte ich.
„Meine neuen Mountaineers!“ schrie er, kniete sich auf den Boden und warf dann mit alten Holzschuhen und Turnschlappen um sich und suchte überall.
„Deine was?“
„Mountaineers. Sie heißen so. Rocky Rangers Mountainieer. Meine neuen Winterschuhe!! Sie sind weg!“
Da erinnerte ich mich an die ochsenblutfarbenen, frischgeputzten Schuhe, die ich beim Hereinkommen gesehen hatte. Sie standen auf jeden Fall nicht mehr da, wo sie gestanden hatten, da standen statt dessen eine Paar durchweichte Wildlederslipper.
„Gehören die dir?“ fragte ich und deutete auf die Schuhe.
Schröder hörte sofort mit dem Suchen auf und starrte sie an.
„Mir! Spinnst du? Die sind ja höchstens Größe 35. Ich habe gedacht, die gehören dir.“
„Nein, meine stehen da drüben.“
„Dann sind es ...“
Und es gab gar keinen Zweifel. Es waren Rashmals durchnäßte Wildlederslipper.
„Das darf doch wohl nicht wahr sein“, jaulte Schröder und hieb die Fleischeraxt mit großer Kraft in den Fußboden, wo sie mit einem unangenehmen Geräusch steckenblieb. „Zum Teufel auch“, brummte er bekümmert und versuchte, sie wieder herauszuziehen. „Was ist nur mit den Leuten los? Einfach hereinkommen und Schuhe klauen! Und die alten dalassen. Was? Ich werde sofort den Einwanderungsminister anrufen! Das geht doch einfach nicht ...Uuupps!! Verfluchte Hacke!!“ brüllte er, weil die Schneide der Fleischeraxt sich gelöst hatte und er wie eine Kanonenkugel nach hinten fuhr. Er wurde sehr wirkungsvoll vom gleichen Stapel mit Bildern aufgehalten wie ich. Die Rahmen knackten und man hörte ein ritschendes Geräusch. Er lehnte sich an die Wand und schaute traurig herab.
„Meinst du, daß er Lena kennt?“ fragte ich, um ihn auf andere Gedanken zu bringen. „Ich meine Rashmal. Wir können sie ja fragen, wenn sie kommt.
„Rashmal? Pah! Ich wette, daß er nicht mal Rashmal heißt. Das hat er bestimmt nur erfunden“, sagte er und inspizierte den Rahmen des obersten Bildes. „Schau, was du gemacht hast“, sagte er. „Ich habe genau gesehen, daß du dich daran festgehalten hast.“
„Das wollte ich nicht“, sagte ich.
„Das will ich hoffen. Lernt ihr denn in der Schule nicht mehr, ein bißchen achtsamer zu sein. Verdammt, alles kostet doch Geld!“
„Mopeds beispielsweise“, sagte ich säuerlich, aber ich glaube nicht, daß er die Spitze verstand, denn er zuckte nur mit den Schultern und seufzte.
„Hast du gesagt, daß er nach einer gewissen Linda gefragt hat?“
„Ja, aber es könnte ja auch Lena gewesen sein, das ist ja ziemlich ähnlich.“
„Ziemlich ähnlich? Lena und Linda? Das ist ja wohl nicht ähnlicher als Leningrad und Lidköping. Dieser verdammte Curryknilch! Hat der meine Schuhe geklaut! Die waren scheißteuer! Extra bestellt, nach Maß von Hand genäht. Direktimport aus den Rocky Mountains. Was für ein Tag, kann ich nur sagen!“
„Wann wollten Lena und Norling denn kommen?“
„Psst!“ zischte Schröder plötzlich.
„Aber wollte sie nicht bloß ...“
„Halt die Klappe, Kevin“, knurrte er.
Da wurde ich ärgerlich, weil ich nicht fand, daß es nötig war, so grob mit mir umzugehen. Ich protestierte lautstark, aber Schröder warf sich auf mich und hielt mich mit festem Griff am einen Oberarm fest. Als ich versuchte, mich zu befreien, drückte er so fest zu, daß es richtig weh tat.
„Psst!“ zischte er noch einmal und schaute mich durchdringend an. „Hörst du es nicht?“
Und da hörte ich es auch – schleichende Schritte vor der Haustür.