Читать книгу Homestory - Die Enthüllung - Beth MacLean - Страница 5

Kapitel 1

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Jake starrte auf den überdimensionalen Bildschirm, der vor den Laufbändern an der Wand hing, und behielt seinen Rhythmus bei, spürte, wie die Beinmuskeln arbeiteten. Seit fast zwei Stunden nutzte er den Fitnessbereich des Hotels und während der ganzen Zeit wurden auf dem ausgewählten Kanal aktuelle Clips aus den Charts gezeigt. Normalerweise half ihm die Musik, Termindruck, Stress und die Übungen, die sein Trainer Will ihm jeden Vormittag aufbrummte, besser zu ertragen und zumindest für die Dauer der Einheiten abzuschalten.

Heute jedoch funktionierte das nicht. Heute war der Tag, an dem Toms Enthüllungsartikel veröffentlicht worden war. Eben jener skandalöse Artikel, über den er vor gut einer Woche im Cottage gesprochen und den er anschließend tatsächlich geschrieben hatte. Seine Assistentin Janine hatte Jake gleich am Morgen ein Exemplar per Bote zustellen lassen und dann mit ihm telefoniert, um ihrem Ärger Luft zu machen, weil er sie nicht eingeweiht hatte. Ab diesem Zeitpunkt kreisten seine Gedanken um nichts anderes als um die durch Erpressung entstandene Homestory. Wie mochte es wohl erst Tom ergehen?

Es war real geworden. Tom hatte sich mit einer führenden Vertreterin der Medienwelt angelegt. Vielleicht hätte Jake der Tatsache, dass sein Freund sich in ein Haifischbecken gewagt hatte, gar nicht über die Maßen Beachtung geschenkt, da er Tom durch seinen Anwalt Leland Harrison gut vertreten wusste – wenn nicht Jake selbst eine der Hauptrollen in diesem Thriller innehätte. Die Aufmerksamkeit, die Jake schon unter normalen Umständen zuteilwurde, konnte bisweilen sehr anstrengend sein. Jetzt allerdings würde die Jagd auf ihn vermutlich ungeahnte Ausmaße annehmen und ihn umso mehr zum Rückzug und Schutz seiner Privatsphäre zwingen – dabei war das pikanteste Detail, nämlich dass Tom und er ein Paar waren, noch nicht einmal bekannt.

Keuchend tippte er beim Laufen auf den Geschwindigkeitsregler und sah zu, wie die Leiste mit den blinkenden Lichtern kürzer wurde. Das Motorengeräusch veränderte sich und ging schließlich in ein Brummen über, ehe es verstummte und Jake auf dem Band stehen bleiben konnte. Sein Herz schlug kräftig, der Schweiß trat ihm aus allen Poren und bildete dunkle Flecken auf seinem Shirt. Jake griff nach dem Handtuch, das er über einen der Haltegriffe gehängt hatte, wischte sich damit übers Gesicht und stieg vom Gerät. Nach einem Schluck aus einer Wasserflasche sah er sich um und entdeckte Will schließlich an einer Maschine, mit der er die Brustmuskeln trainierte. Jake hatte nichts dagegen, dass Will während der gebuchten Zeit seine eigenen Übungen absolvierte. Er würde nie auf die Idee kommen, zu verlangen, dass er die ganzen fünfundvierzig Minuten tatenlos neben dem Laufband ausharrte, um ihm beim Schwitzen und Rennen zuzusehen. Jake durchquerte den Raum und lockerte beim Gehen seine Beinmuskulatur. Ohne, wie manch anderer, einen Blick in die Spiegel an den Wänden zu werfen, legte er das Frottee auf eine Hantelbank in Wills Nähe und setzte sich. Der bleckte die Zähne, stieß zischend seinen Atem aus und vollendete mit letzter Kraftanstrengung die Wiederholung, ehe er die Gewichte herab sacken ließ.

»Du hast dein Kardiotraining nicht ordentlich mit einer Auslaufphase beendet«, kritisierte er Jake sofort mit überraschend fester Stimme, obwohl er sichtlich um Atem rang und seine Arme kraftlos auf seinen Schenkeln lagen.

»Echt jetzt? Ich war die ganze Zeit am anderen Ende des Raums – trotzdem hast du das mitbekommen?«

Will zuckte mit den Schultern. »Hey, du bezahlst mich dafür.« Seine Augen wurden schmal. »Eigentlich sollte ich dich die Übung auf dem Laufband zur Strafe wiederholen lassen.«

»Wenn du das verlangst, dann muss ich dich rauswerfen«, drohte Jake im Scherz.

»Das würdest du übers Herz bringen?«

Er lachte auf. »Nein … oder ich würde dich spätestens morgen wieder einstellen.«

»Ich glaube, wir sind für heute durch, oder?«, fragte Jake hoffnungsvoll nach einem Blick auf seine Uhr, wollte sich aber nicht zu früh freuen. Will konnte immer für eine Überraschung gut sein.

Doch er nickte und entließ Jake mit einem Rat. »Tu deinem Körper noch etwas Gutes … eine Massage … oder ein, zwei Durchgänge in der Sauna.«

»Werd’s mir überlegen.«

Jake zog die Tür seiner Umkleidekabine hinter sich zu und blieb unschlüssig in dem kleinen Raum stehen. Sollte er sich nur schnell seine Sweatjacke überziehen und nach oben fahren, um ungestört in seinem Appartement zu duschen? Oder war es besser, doch noch ein wenig Ablenkung und Entspannung im Spabereich zu suchen, wie Will ihm geraten hatte? Der Gedanke an blubberndes Wasser oder duftendes Massageöl war zwar äußerst verführerisch, aber die Aussicht auf neugierige Blicke und Tuscheleien schreckte ihn ab. Kurz entschlossen stopfte Jake sein Handtuch in die Sporttasche, schlüpfte in die Jacke und zog die Kapuze über seine verschwitzten Haare.

Wenig später zeigten die beleuchtete Nummer im Fahrstuhl und eine leise Melodie an, dass er das gewünschte Stockwerk erreicht hatte. Mit gesenktem Kopf bog er in den Etagenflur ab, in dem sein Appartement lag. Nur noch wenige Meter und er würde sein Ziel erreicht haben, ohne einem anderen Hotelgast über den Weg gelaufen zu sein. Jake kramte die Schlüsselkarte aus dem Seitenfach der Sporttasche und blieb irritiert stehen. Die Tür war nur angelehnt. Seltsam. Ein rascher Blick über den Flur bestätigte ihm, dass er nichts übersehen hatte – kein Wäsche- oder Geschirrwagen des Servicepersonals. Er hatte nichts bestellt und weit und breit war keine Putzkolonne unterwegs. Verunsichert überprüfte er den Metallbeschlag mit der Nummer. Es war definitiv sein Zimmer.

»Was zum Teufel …?« Jake stupste die Tür mit dem Finger einen Spalt auf. »Hallo?« Das Kribbeln in seinem Nacken verstärkte sich. »Ist da jemand?« Was erwartete Jake? Wer sollte schon Antwort geben? Sein Team gewiss nicht. Nach dem Ende der offiziellen Termine hatte er sich ein paar Tage freigenommen und war in ein kleineres Appartement umgezogen, das er allein bewohnte.

Und jemand, der sich unbefugt Zutritt verschafft hatte, würde sich bestimmt nicht zu Wort melden. Aber war so etwas überhaupt möglich – in einem gut bewachten Haus wie diesem? Eine absurde Vorstellung. Dennoch hielt das komische Gefühl sich beharrlich.

Jake trat vorsichtig ein und lauschte. Nichts. Der Wohnbereich schien unverändert zu sein. Erst als er seinen Rundgang im Schlafzimmer beendete, offenbarte sich das Ausmaß des unerwünschten Besuchs. Die Schränke und auch einige der Schubladen standen offen. Ein Teil des Inhalts lag verstreut auf dem Boden.

»Daingead!«, fluchte Jake und ging zurück zum Schreibtisch, um jemanden vom Hotelmanagement zu informieren. Hastig drückte Jake die entsprechende Taste und presste den Hörer ans Ohr. »Ja, Crawford hier. In mein Appartement wurde eingebrochen.« Jake nickte, obwohl der Mann am anderen Ende der Leitung ihn nicht sehen konnte. »Nein. Machen Sie sich keine Sorgen. Es ist niemand hier. Außerdem wird ja wohl in wenigen Augenblicken ihr Sicherheitspersonal da sein. … Nein. ... Ich möchte mir erst einen Überblick verschaffen, um festzustellen, was gestohlen wurde.« Jake legte auf und atmete tief durch. Dann kramte er sein Handy aus der Tasche und rief seine Assistentin an. »Jan? Hier wurde eingebrochen«, informierte er sie knapp, als sie sich meldete. »Na, hier … in mein Appartement«, setzte er gereizt nach. »Nein, mir geht es gut. Ich habe eben mit dem Management gesprochen. Wahrscheinlich wimmelt es in Kürze von Polizisten. Könntest du Leland anrufen und ihn bitten, herzukommen?« Sein Blick fiel auf das Magazin, das sie ihm morgens geschickt hatte. In großen Lettern prangte die skandalträchtige Überschrift auf dem Cover. Der Artikel, in dem Tom gnadenlos mit seiner ehemaligen Chefin abrechnete und ihre Machenschaften aufdeckte, erstreckte sich über zwei Seiten. Jake hatte ihn mehrmals gelesen. Er war gut – und gefährlich. »Okay, Janine. Bis dann.« Jake beendete das Gespräch. »Der Tag fing gut an und geht noch grandioser weiter«, murmelte er voller Sarkasmus. Die Anspannung der letzten Zeit gipfelte in diesem Einbruch und er musste sich eingestehen, dass ihm langsam alles zu viel wurde. Jake lehnte sich seufzend gegen die Wand und hatte das Gefühl, etwas hindere ihn am Atmen. Er wünschte sich sehnsüchtig an irgendeinen anderen Ort. Nein, nicht irgendeinen – an den Ort, an dem Tom sich aufhielt.

Jake hörte Fußgetrappel und Stimmen auf dem Flur. Er begab sich nach draußen, wo ihn kurz darauf mehrere Männer in Uniformen umringten.

Jake verschränkte die Arme vor der Brust und lief unruhig unter den Augen des Hotelmanagers in dessen Besprechungszimmer auf und ab. »Wir bitten, die Unannehmlichkeiten zu entschuldigen«, wandte der sich an seinen prominenten Gast, nachdem das Servicepersonal diverse Getränke und Snacks aufgefahren hatte. Es fiel Jake schwer, sich auf das unablässige Gerede zu konzentrieren. Seit man ihn vor einer halben Stunde in die Räumlichkeiten der Verwaltung geführt hatte, war der Hotelchef nicht müde geworden, sich bei Jake nach dessen Befinden und Wünschen zu erkundigen. »Seien Sie versichert, dass wir mit der Polizei zusammenarbeiten werden, um den Sachverhalt vollumfänglich aufzuklären.«

Jake hatte zwar mit ihm telefoniert, als er die Straftat meldete, musste jedoch seine Gedächtnislücke kompensieren, indem er sich zum Schreibtisch wandte, um einen Blick auf das Namensschild zu werfen. »Davon gehe ich aus … Mister Morris«, erwiderte er abwesend. Er fühlte sich unwohl, verbarg dies jedoch, indem er den Verantwortlichen mit einem Lächeln bedachte. Der Endfünfziger hatte schwarze, vermutlich gefärbte Haare, trug einen Maßanzug in dunklem Blau und so wie er da stand, hätte man vermuten können, dass er einen Stock verschluckt hatte. Jake unterdrückte ein Seufzen. Wenigstens war er mit einem Bademantel versorgt worden und hatte das feuchte Shirt ausziehen können.

Die Minuten zogen sich wie Kaugummi und Jake konnte die Spannung beinahe mit den Händen greifen, während sie schweigend auf die Ermittler warteten. Bereits ungezählte Male hatte Jake die Uhr an der Wand mit einem Blick gestreift. Der Sekundenzeiger schien sich in Zeitlupe zu bewegen. Niemand sagte ihm, was genau nun passierte und wie lange das dauerte. Das Klingeln des Telefons riss ihn aus seinen Gedanken.

Der Manager reagierte sofort und nahm den Hörer ab. »Ja?« Mit gerunzelter Stirn sah er Jake an. »Sie soll reinkommen.«

Einen Augenblick später betrat Janine das Büro und steuerte sofort auf Jake zu, als sie ihn entdeckte. »Jake, du meine Güte! Wie geht es dir?« Sie sah ihn besorgt an, doch einen Moment später änderte sich ihre Mimik und sie war wieder die organisierte Mitarbeiterin, die er so schätzte. Laut genug, sodass es Morris hören konnte, informierte sie Jake. »Die Kanzlei Harrison & Clark wurde bereits benachrichtigt. Ich vermute, dass Mister Harrison demnächst hier eintreffen wird.« Jake sah aus dem Augenwinkel, wie der Manager einen Tick bleicher wurde. Vermutlich malte er sich gerade aus, wie ihm wegen mangelnder Sicherheitsvorkehrungen die Hölle heißgemacht wurde.

«Gut«, antwortete Jake in ähnlicher Lautstärke, um dann gemäßigter fortzufahren. »Ich durfte nichts aus dem Appartement mitnehmen. Alle meine Sachen sind noch dort … ich konnte mich nicht mal umziehen. Tu was, Jan! Besorg mir irgendwas … ich müffele wie ein altes Bärenfell.«

Erst jetzt schien sie den Bademantel und seine Sportschuhe wahrzunehmen. Sie nickte und legte besänftigend eine Hand auf seinen Arm. »Wird sofort erledigt. Kein Problem. Ich bring dir ein paar neue Klamotten. Sportlich und elegant.« Kaum hatte sie das letzte Wort gesprochen, vergrößerte sich die Zahl der Anwesenden. Zwei Männer betraten den Raum, nannten ihre Namen und wiesen sich als zuständige Ermittler aus. Ihre Dienstkleidung hielt Janine nicht davon ab, eine spitze Bemerkung loszuwerden, obwohl seit Jakes Anruf nicht einmal eine Stunde vergangen war. »Das wurde aber auch Zeit.«

»Mister Crawford?«, wandte sich der größere der beiden Herren an Jake, ohne auf ihren schnippischen Tonfall einzugehen. »Wir haben uns Ihr Appartement angesehen. Die Spurensicherung ist noch oben und während die Daten des Schließsystems ausgewertet und die Aufnahmen der Überwachungskameras gesichtet werden, muss ich ein paar Fakten zum Tathergang abklären.«

»Bevor Sie mit der Befragung beginnen, möchte ich meinem Mandanten unter vier Augen sprechen.« Alle Anwesenden richteten ihre Aufmerksamkeit auf den Mann, der soeben zu ihnen gestoßen war, seinen Mantel der Sekretärin reichte und eine unscheinbare Aktentasche auf dem Tisch ablegte. Leland Harrison bedachte die Ermittler mit einem dünnen Lächeln. Er hatte eine Bitte formuliert, es war jedoch eindeutig, dass er keinen Widerspruch duldete. »Dürften wir Ihre Räumlichkeiten für eine kurze Unterredung nutzen?« Damit hatte er sich an den Hotelmanager gewandt, der ohne Zögern einwilligte.

Jakes Anwalt wartete, bis die Tür geschlossen wurde. »Alles in Ordnung?« Kaum war er mit Jake allein, fiel die arrogante Fassade von ihm ab.

»Jetzt schon«, antwortete Jake und fühlte, wie ihn Erleichterung durchströmte.

Leland nickte ihm ermutigend zu. »Erzähl mir, was passiert ist. Alles, was dir einfällt. Jede Kleinigkeit.« Er unterbrach den Blickkontakt mit Jake nur, um ein paar lose Blätter, die das Wasserzeichen der Kanzlei trugen, aus seiner Tasche zu nehmen und einen edlen Füllfederhalter bereitzulegen.

Jake fasste den Morgen kurz zusammen. »Ich habe zusammen mit Will ein paar Trainingseinheiten absolviert. Heute bin ich danach ausnahmsweise gleich zurück zum Appartement. Als ich die Schlüsselkarte einstecken wollte, habe ich bemerkt, dass die Tür nur angelehnt war. Ich bin reingegangen, habe mich umgesehen und …«

Lelands strenger Blick ließ Jake verstummen. »Das war äußerst leichtsinnig von dir.«

Jake fuhr sich durch das Haar. »Es ist ja nichts passiert«, wiegelte er ab, gab seinem langjährigen Freund jedoch insgeheim recht. Die Vorstellung, was hätte geschehen können, verdrängte er.

Leland erhob sich und schritt durch den Besprechungsraum. Er hatte einen Finger an die Lippen gelegt und überlegte. »Was denkst du, wer es war?«, murmelte er und Jake beschlich das Gefühl, dass sein Gegenüber bereits eine genaue Vorstellung davon hatte, wer für dieses Chaos verantwortlich war.

Jake konnte sich keinen Reim darauf machen und war nahe dran, aufmüpfig zu fragen, ob das Lösen dieses Rätsels nicht Aufgabe der Polizei war. »Wer es war?«, echote er und zuckte die Schultern. »Das weiß ich doch nicht.«

Lelands Augen verengten sich. »Vielleicht hilft dir die Frage weiter, warum das gerade jetzt passiert ist.«

Mit einem Mal durchzuckte es Jake siedend heiß. »Du denkst doch nicht etwa …« Er ließ den Satz unvollendet. Dieser Gedanke war im Grunde so absurd, dass es Jake die Sprache verschlug.

»Ich brauche wohl nicht erwähnen, wem ich das alles zutraue.« Leland zog eine Augenbraue hoch. »Sharon Prescott«, offenbarte er seine Gedanken nach einer kurzen Pause. Beschwichtigend hob er gleich darauf die Hand. »Natürlich warten wir die Ermittlungen ab. Du weißt schon … immerhin gibt es da den Grundsatz, dass jemand so lange als unschuldig gilt, bis seine Schuld … und so weiter und so fort«, leierte er herunter. »Aber … überleg doch … nichts liegt näher. Es gibt einen sachlichen und einen zeitlichen Zusammenhang. Den übrigens auch die Polizei schon bald auf dem Radar haben wird.«

Jake stöhnte auf. Er ließ sich auf einen Stuhl fallen und fühlte sich wie ein Boxer, der im Bademantel in der Kabine saß, nachdem er ausgeknockt worden war.

Leland räusperte sich. »Tom hat mir alles über euch erzählt.« Erschrocken fuhr Jake hoch und spürte, wie Schamesröte sein Gesicht überzog. Leland war ein sehr guter Freund – aber er war hetero und zudem gehörte er einer anderen Generation an. Jake konnte sich trotz ihres guten Verhältnisses nicht vorstellen, alle Erfahrungen mit ihm zu teilen.

Jakes Reaktion schien ihm nicht verborgen zu bleiben. »Nun ja … vermutlich nicht alles … keine Sorge. Aber ich fürchte, ihr müsst eure Pläne überdenken. Hast du wirklich geglaubt, Tom und du, ihr kommt da durch, ohne anzuecken? Sie … oder wer immer es gewesen ist … hat mit dieser Aktion auf jeden Fall verhindert, dass du dich, wir ihr es geplant hattet, im Hintergrund halten kannst.« Er machte eine weitschweifende Armbewegung durch die Luft. »Wegen Toms Enthüllungsartikels hättest du vermutlich sowieso aussagen müssen … aber eben erst in ein paar Wochen oder gar Monaten. Bis dann wäre genug Zeit vergangen, um euch mit eurem Outing als Paar auseinanderzusetzen. Jetzt ist das nicht mehr … oder zumindest nur noch bedingt möglich. Deine Befragung wird schon um einiges früher durchgeführt werden … und höchstwahrscheinlich expliziter ausfallen. Die werden tiefer bohren. Darauf kannst du dich verlassen.« Er nickte vielsagend mit dem Kopf. »Die werden ihre Hausaufgaben machen und dann genau wissen, was aktuell bei dir läuft. Sie versuchen sicher, eine Verbindung zum Enthüllungsartikel herzustellen. Es ist nur eine Frage der Zeit, wann deine Beziehung zu Tom rauskommt – vielleicht Stunden, höchstens Tage.«

»Und wenn ich nichts von Tom und mir erwähne? Oder einfach sage, dass wir nur miteinander bekannt sind? So, wie wir es vorhatten? Dann gibt es nur die Verbindung, die durch Prescotts Erpressung entstanden ist und Tom gilt weiterhin als Alleingänger.«

»Du weißt nicht, was Tom aussagt, wenn sie ihn befragen. Lügen fallen auf dich zurück. Mit einer Falschaussage machst du alles nur noch schlimmer. Was willst du denn antworten, wenn du gefragt wirst, in welcher Beziehung du zu ihm stehst? Die Zurückhaltung von Informationen kann als Behinderung der Ermittlungen angesehen werden.«

Jakes Unsicherheit entlud sich. »Das war ein Einbruch, Herrgott, niemand ist zu Schaden gekommen. So groß wird das schon nicht aufgerollt werden, oder? Was soll ich denn jetzt tun?«, platzte er heraus. »Du kannst mich doch nicht dermaßen demotivieren, sondern musst mich bestmöglich beraten, verdammt!«

Leland ließ sich durch Jakes Ausbruch nicht aus der Fassung bringen. »Ich möchte dich nur auf die Befragung vorbereiten. Wenn ich gleich zu Beginn anmerke, dass du deine Aussage verweigerst, dann beißen die sich umso mehr fest. Der Artikel ist heute erschienen. Denkst du vielleicht, dass die nicht eins und eins zusammenzählen können? Ein Anruf bei den Kollegen, die die Erpressung bearbeiten, genügt.«

Jake lachte hart auf. »Dann ist es also so, dass Sharon Prescott uns, sogar ohne zu wissen, dass wir zusammen sind, schon wieder eins ausgewischt hat.«

»Wenn sie es war«, warf Leland ein und hob mahnend den Zeigefinger.

Jakes Gedanken überschlugen sich. Wie viel sollte er der Polizei preisgeben beziehungsweise verschweigen, um Toms und sein Geheimnis zu bewahren? Und wenn er gezwungen war, ihr Verhältnis zuzugeben? Würde Tom ihm verzeihen können?

Jake stöhnte auf, als ihm ein weiterer Gedanke durch den Kopf schoss.

»Hey, wenn sogar hier im Hotel in mein Appartement eingebrochen wurde … quasi mit hohem Risiko. Was ist dann mit Toms Wohnung? Sollte die Polizei nicht auch dort mal nachsehen? Und was wollte der … oder die … Einbrecher überhaupt bei mir? Was hoffte er, zu finden?«

»Vielleicht Hinweise, dass du Tom angestiftet hast. Das würde dir auf jeden Fall schaden und Toms Artikel in ein schlechtes Licht rücken. Er wäre dann nur noch ein Handlanger und nicht mehr der investigative Journalist.«

Jake fühlte Übelkeit aufsteigen. Diese Sache schien völlig aus dem Ruder zu laufen. Die Möglichkeit, dass Sharon Prescott ihre Krallen ausfuhr, um sie mit in die Tiefe zu reißen, hatten Tom und er offenbar nicht ausreichend bedacht.

»Bereit?« Leland legt eine Hand auf Jakes Arm und ging zur Tür, als der nickte. »Wir können mit der Befragung beginnen«, informierte er die Polizisten, die im Vorzimmer gewartet hatten und Jake wenige Augenblicke später gegenübersaßen. Der Schmächtige zog eine Zeitschrift hervor, die er unter den Arm geklemmt hatte, und legte sie auf den Tisch, sodass das Cover sichtbar war. Sofort fiel Jakes Blick auf die Schlagzeile und er vermutete, dass der Polizist das Magazin bei der Besichtigung des Appartements an sich genommen und mitgebracht hatte. Das Herz schlug ihm bis zum Hals. Dabei war er doch das Opfer und nicht der Angeklagte. Zum Glück setzte Leland sich neben ihn. Ein beruhigendes Gefühl. Sie hatten alles abgesprochen und im Notfall würde Jake einfach den Mund halten und seinen Anwalt sprechen lassen.

»Nun, Mister Crawford«, begann der ältere der beiden Polizisten, der von Beginn an das Wort geführt hatte. Er überragte seinen Kollegen um einen ganzen Kopf und sein Augenbrauenwulst trug dazu bei, dass er entfernt an einen Höhlenmenschen erinnerte. Alles in allem blickte er ziemlich grimmig drein und Jake fand, dass er dadurch für die Besetzung eines Filmbösewichts prädestiniert war. »Wie bereits eingangs erwähnt, müssen wir uns ein Gesamtbild des Tathergangs verschaffen und ihre Informationen können erheblich dazu beitragen.« Er räusperte sich und sah auf die Uhr, da er in der Niederschrift bestimmt den genauen Zeitpunkt der Befragung vermerken musste. »Schildern Sie uns zunächst die Situation, die Sie vorfanden, als sie zum Appartement zurückkehrten.«

Jake wiederholte alles, was er auch schon Leland erzählt hatte, und wurde nur ab und an durch Zwischenfragen unterbrochen.

»Haben Sie eine Vorstellung, wer es gewesen sein könnte? Gibt es jemanden, der einen Grund hätte, bei Ihnen einzubrechen – einmal davon abgesehen, dass ein durchgeknallter Fan auf Trophäenjagd war und es irgendwie geschafft hat, sich Zugang zu verschaffen?« Er wartete Jakes Antwort nicht ab, sondern sprach weiter. »Wobei uns Mister Morris mehrfach versichert hat, dass seine Belegschaft äußerst loyal sei.« Der Ermittler sah Jake erwartungsvoll an. »Nun?«

»Die Antwort wäre rein spekulativ«, antwortete Leland stellvertretend und Jake schloss seinen Mund wieder. »Wir sind hier nicht bei einem Quiz. Es ist ihre Aufgabe, Tatsachen ans Licht zu bringen.«

»Natürlich. Aus diesem Grund bitten wir darum, erkennungsdienstliche Maßnahmen durchführen zu dürfen, damit Mister Crawfords Fingerabdrücke ausgeschlossen werden können.«

»Das ist in diesem Stadium der Ermittlungen nicht nötig. Mein Mandant ist kein Verdächtiger und wird zuerst alle anderen Auswertungen abwarten. Sollten Sie danach noch weitere Fragen haben, können Sie sich zu gegebener Zeit selbstverständlich an mich wenden.« Leland zeigte deutlich, dass das Gespräch aus seiner Sicht beendet war, und räumte demonstrativ Papier und Füllfederhalter in seine Tasche. »Dürfte ich um Ihre Kontaktdaten bitten?« Der Ermittler wechselte einen Blick mit seinem Kollegen, fummelte nach einigem Zögern doch in seiner Jackentasche und schob eine Visitenkarte über den Tisch. »Heute Nachmittag geht Ihnen ein Akteneinsichtsgesuch zu, dem Sie baldmöglichst nachkommen sollten.« Jake stutzte. Kein ›Bitte‹. Leland hatte einen schärferen Ton angeschlagen.

»Akteneinsicht? Die Berichte wurden noch nicht einmal geschrieben«, tönte es spöttisch von der anderen Seite des Tisches.

In Lelands Mimik zeichnete sich keine Regung ab. Kühl hielt er dem Blick des Ermittlers stand. »Dann wissen Sie ja, was zu erledigen ist«, ging er unverfroren zur nächsten verbalen Attacke über. Jake war nahe daran, in Deckung zu gehen, auch wenn er an dem Wortgefecht nicht unmittelbar beteiligt war. »Wann kann Mister Crawford den Tatort wieder betreten? Alle seine Sachen befinden sich dort«, wechselte Leland bereits zum nächsten Punkt.

»Das kann dauern. Die Ermittlungen sollen doch nicht gestört werden, oder?« Offenbar war der Polizist nicht bereit, zu schnell klein beizugeben.

»Stören? Das war nicht unsere Absicht«, säuselte Jakes juristischer Vertreter zuckersüß. »Im Gegenteil. Ich gehe doch recht in der Annahme, dass Sie schnellstmöglich Angaben darüber erwarten, ob etwas … und wenn ja … was entwendet wurde. Wie sollen wir Sie dahingehend unterstützen, wenn mein Mandant die Räume nicht betreten darf?«, gab der Rechtsanwalt herablassend zu bedenken.

Die Lippen des Polizisten wurden zu schmalen Linien. »Wir geben Bescheid«, maulte er unfreundlich und bei Jake entstand der Eindruck, als hätte er einen Hofhund vor sich, der nach Fremden schnappte.

Erleichtert atmete Jake auf, nachdem die beiden Männer von dannen gezogen waren. »Das ging ja einfacher, als ich dachte.«

Die Falte auf Lelands Stirn blieb bestehen. »Nun, zumindest ein wenig Zeit konnte ich dir verschaffen.« Er sah auf die Uhr und griff nach seiner Aktentasche. »Ich muss mich um ein paar Dinge kümmern. Denkst du, dass du ab jetzt allein zurechtkommst? Mister Morris wird dir sicher jeden Wunsch von den Augen ablesen.«

Jake nickte, obwohl er Leland gern das Gegenteil gesagt hätte. »Nur noch eins.« Jake gab sich einen Ruck und hielt ihn zurück. »Das was ich vorhin gesagt habe … wegen Toms Wohnung …«, druckste er herum. Keinesfalls wollte er ihm noch mehr Arbeit aufhalsen, schaffte es jedoch auch nicht, die Bedenken zu ignorieren.

Der Anwalt schien sofort verstanden zu haben, worauf Jake hinauswollte. »Natürlich, Jake. Ich werde herauszufinden, ob bei Tom ebenfalls eingebrochen wurde, und gebe dir dann Bescheid.« Er war im Begriff, sich auf den Weg zu machen, als er sich nochmal an Jake wandte. »Ich bereite im Büro eine umfassende Niederschrift deiner Aussage vor. Die können wir bei Bedarf vorlegen. Das zeigt unseren guten Willen, dürfte dein persönliches Erscheinen in den Diensträumen aber vorerst überflüssig machen.«

Jake nahm die Tüte entgegen, die Janine ihm brachte. Sie hatte sich beeilt und war rasch wieder aufgetaucht. »Hier … das sind ein paar Dinge, die ich auf die Schnelle besorgt habe.« Er schaute hinein und sah auf den ersten Blick nur ein Kapuzenshirt. Jake vermutete jedoch, dass sie außerdem Jeans, Socken und Unterwäsche beschafft hatte. »Für den Moment wird es gehen. Sobald dein Zimmer und deine Sachen freigegeben sind –«

»Ich kann nicht im Hotel bleiben«, stieß Jake hervor und unterbrach Janines Redefluss.

»Du bekommst natürlich ein anderes Appartement. Mister Morris war wirklich sehr bemüht.«

»Darum geht es doch gar nicht, Jan. Wie stellst du dir das vor? Selbst wenn ich umziehe … ich fühle mich hier nicht sicher. Wenn einmal die Tür geknackt wurde, dann geht das auch ein zweites Mal. Und die wissen noch nicht einmal, wer mit drin- beziehungsweise dahintersteckt. Denkst du, ich will mich bei jedem, der mir auf dem Flur über den Weg läuft, fragen, ob er was damit zu tun hat?«

»Travis und Rodney könnten sich abwechseln –«

»Nein«, fiel Jake ihr gereizt ins Wort und stöhnte auf.

»Ich verstehe. Du möchtest weg. Ich werde sofort bei einem anderen Hotel anfragen.« Geschäftig wischte sie über das Display ihres Handys.

»Das ist nicht das, was ich will.« Die Erklärung dazu blieb ihm im Hals stecken. Jake brachte es nicht fertig, endgültig mit der Sprache rauszurücken. Er war sich nahezu sicher, dass sie ihn für nicht zurechnungsfähig hielt, wenn er seine Pläne offenlegte, die sich aus einem flüchtigen Gedanken entwickelt und manifestiert hatten.

Trotz regte sich in ihm. Im Grunde war er ihr keine Rechenschaft schuldig, selbst wenn sie ahnen sollte, dass er etwas verbarg und nicht mit der ganzen Wahrheit herauszückte. Sein Verhältnis zu Tom musste vorerst geheim bleiben.

Erstaunt sah sie auf. »Wie meinst du das? Willst du England verlassen? Kehren wir in die Staaten zurück? Soll ich uns einen Flug buchen?«

»Nein. Keinen Flug – ein Auto. Und auch nicht für uns – nur für mich.«

»Wie bitte?«

»Bitte besorge mir einen Mietwagen«, wiederholte Jake seinen Wunsch.

»Ähm, und dann?« Irritiert sah sie ihn an.

»Ich werde wegfahren. Für eine Weile untertauchen und … jemanden besuchen.«

»Und wen?« Janine lächelte angestrengt. Es schien ihre Nerven zu strapazieren, dass sie Jake alles aus der Nase ziehen musste.

»Tom.« Ihm wurde heiß. Genauso gut hätte er ›meinen Lover‹ sagen können.

Ihr Blick flog zu dem Magazin, das immer noch auf dem Tisch lag. »Diesen Tom?« Fassungslos keuchte sie. »Das muss ich jetzt nicht verstehen, oder? Wann ist dir denn die Idee gekommen?«

Jake zuckte mit den Schultern. Er würde einen Teufel tun, ihr zu erzählen, dass er Tom in jeder Sekunde vermisste und dieser Zwischenfall nur den letzten Anstoß gegeben hatte, die Zelte hier abzubrechen, um bei ihm sein zu können. »Das geht nicht. Und überhaupt … was willst du bei ihm? Erklär mir das bitte!« Jake wusste, dass sein Plan, sich ihrem Zugriff zu entziehen, großes Unbehagen bei ihr auslöste. Wenn er von der Bildfläche verschwand, verlor sie ein Stück weit die Kontrolle – und Janine hasste das. Der Hauch eines wissenden Lächelns stahl sich auf ihre Lippen. »Ich soll also diesen Kurztrip für dich organisieren? Hast du bedacht, dass er nach dem Staub, den er aufgewirbelt hat, vielleicht untergetaucht ist? Ich weiß gar nicht, wo er sich momentan aufhält«, setzte sie nach und hoffte damit wohl, dass sein Vorhaben sich in Luft auflöste.

»Du nicht, Leland schon«, konterte er und ihm wurde im selben Atemzug bewusst, dass er sie damit herabsetzte und gleichzeitig seinen Anwalt aufwertete.

»Ach? Den kann er sich leisten?« Pikiert zuckte sie mit der Augenbraue. »Denkst du etwa, er bricht seine Schweigepflicht und verrät es dir?« Sie schloss für einen Moment die Augen und seufzte. Offenbar wollte sie Streit vermeiden und fuhr zunächst gemäßigter fort. »Aber … warum gerade Mister Finley? Das ist doch Blödsinn!«, brach es aus ihr heraus. »Es gab Zeiten, da hast du ihn auf den Mond gewünscht. Wenn du schon eine Auszeit brauchst … kannst du nicht jemanden aus dem Team besuchen? Er gehört doch gar nicht dazu.«

»Und genau das ist das Beste daran. Niemand wird auf die Idee kommen, mich gerade dort zu suchen. Ich lasse alles hinter mir und mache etwas total Unerwartetes«, log Jake.

»Woher weißt du, dass er nicht wieder umschwenkt, dich benutzt und danach noch ein Artikel erscheint? Jake Crawford – die Zeit nach den Enthüllungen … oder so ähnlich.« Jake schwieg. Für den Bruchteil einer Sekunde versetzte ihm die Vision, die sie mit ihren Worten erschaffen hatte, einen Stich. Wenn er kühl und sachlich darüber nachdachte, waren ihre Einwände durchaus berechtigt – aber das Herz folgte nun mal keiner Logik.

Janine atmete tief durch. »Dir ist schon klar, dass du mir damit schlaflose Nächte bescherst, oder? Wie stellst du dir das vor?« Sie versuchte, strukturiert an die Sache ranzugehen, sah sich aber offenbar auf verlorenem Posten.

»Ich fahre zu der Adresse, die Leland mir hoffentlich gibt … mit einem unauffälligen Mietwagen, den du mir noch besorgen wirst.« Jake sah sie treuherzig an.

»Darfst du das denn – London verlassen? Es laufen doch Ermittlungen.«

»Leland hat mir versichert, dass es keine Probleme geben wird. Der Polizei können wir alles vorlegen und im Notfall weiß er, wo ich mich aufhalte. Außerdem kann ich im Nu wieder hier sein, ich verlasse ja nicht das Land. Es ist doch kein Weltuntergang, dass ich mich für ein paar Tage ausklinken möchte. Wo ich mich dann in der Zeit aufhalte, dürfte niemanden etwas angehen.«

»Genau darum geht es, Jake. Niemanden geht es etwas an, aber trotzdem provozierst du durch diese Aktion, dass es alle erfahren«, begehrte sie auf. »Denn was ist, wenn du erkannt wirst? Dort – wo immer du dich dann rumtreibst – hast du wahrscheinlich denkbar schlechte Chancen, einer Belagerung durch die Presse zu entgehen. Travis und Rodney wirst du ja wohl kaum mitnehmen.« Hoffnung erhellte für einen Moment ihr Gesicht, ehe sie misstrauisch nachhakte. »Oder?«

»Nein. Ich werde alleine fahren.« Jake stellte die Tüte ab und ergriff Janines Hände. »Hey, mach dir keine Sorgen. Es wird schon alles gut gehen.« Ganz sicher war er allerdings nicht.

Jake schnupperte unauffällig am Ärmel des Kapuzenshirts, das Janine ihm gekauft hatte. Der Geruch erinnerte schwach an Holz und Farbe. Da alles, was er trug, nagelneu war, musste er wohl oder übel auf den frischen Duft von Waschmittel verzichten. Nach der Befragung durch die Polizei hatte er in dem zur Verfügung gestellten Zimmer geduscht, sich umgezogen und zumindest Ausweis und Checkkarte wieder an sich nehmen dürfen.

Jetzt durchstreifte er einen Bereich, der an die Hotellobby angrenzte. Hier hatten sich Ableger diverser Modelabels, Beautysalons und exquisite Läden angesiedelt, um den verwöhnten Gästen sämtliche luxuriösen Wünsche zu erfüllen. Ungeduldig wartete er darauf, den Mietwagen, um den Janine sich kümmern wollte, in Empfang zu nehmen. Ob sie beim hoteleigenen Limousinenverleih fündig werden würde, bezweifelte Jake. Was er brauchte, war ein unauffälliges Fahrzeug.

Es war bereits Nachmittag und sein Magen knurrte. Vielleicht wäre es eine gute Idee, vor der langen Fahrt noch etwas zu essen, überlegte Jake. Dann musste er zwischendurch nicht anhalten und die Chancen, unerkannt ans Ziel zu kommen, erhöhten sich.

Er ließ die Schaufenster des Coiffeurs und der Boutique hinter sich und schlenderte an einer beleuchteten Marmorwand entlang, auf der mit klaren Linien die übergroßen Lettern eines Juweliers prangten. In der Fassade eingelassen waren Schaukästchen mit äußerst wertvollen Uhren, Ketten und Armbändern hinter Panzerglas. Eine alte Dame in Kostüm und Hut begutachtete interessiert die Auslage und war offenbar nicht abgeneigt, die Schmucksammlung aus goldumrahmten roten Steinen, die sie trug, um ein wertvolles Stück zu erweitern. Jake ging weiter, um einen Blick in das letzte der Schaufenster zu werfen. Es enthielt nur eine Handvoll Ringmodelle, die paarweise auf runden Kissen angeordnet waren und sich langsam um sich selbst drehten. Trauringe. Als hätte der Anblick etwas in ihm ausgelöst, dachte Jake genau in diesem Moment an Tom – so intensiv, dass sich ein Kribbeln über seinen Nacken zog. Jake schluckte und wurde wie magisch von dem Anblick angezogen. Fasziniert trat er näher an die Scheibe und betrachtete die Schmuckstücke aus Edelmetall. Je nach Lichteinfall wirkten die geschliffenen Diamanten recht unscheinbar oder aber funkelten wie helle Sterne. Seine Aufmerksamkeit erregten jedoch nicht die ausgefallenen Stücke, die mit Steinen und aufwendigem Schnickschnack aufwarteten. Jake wusste, so etwas würde Tom nie tragen. Am Rand war ein unscheinbares Paar Ringe ausgestellt, schmal gearbeitet, mit matter Oberfläche. Wer keinen Protz mochte, aber trotzdem ein sichtbares Symbol der Verbundenheit tragen wollte, war mit diesen Schmuckstücken perfekt ausgestattet. Sein Herz setzte einen Moment aus und schlug danach umso schneller. Der Wunsch, einen Ring, diesen Ring, an Toms Finger zu sehen, beherrschte plötzlich Jakes Denken und Fühlen. Ohne Zögern steuerte er den Eingang an, um diese irrwitzige Eingebung in die Tat umzusetzen.

Ehe er jedoch seine Hand um den goldfarbenen Griff legen konnte, öffnete ein Portier von innen die Tür und begrüßte ihn mit einem dünnen Lächeln. Jake streifte ihn mit einem Blick und nickte ihm dabei zu. Er war sicher, dass seine Hauptaufgabe nicht darin bestand, täglich unzählige Male ,Sesam öffne dich‘ zu spielen und die Kunden zuvorkommend zu behandeln, sondern dafür zu sorgen, dass die edlen Schmuckstücke keine Sekunde unbeaufsichtigt blieben.

Kaum hatte Jake den Raum betreten, steuerte eine Dame mittleren Alters in einem exquisiten Kostüm auf ihn zu und strahlte ihn an. Ihr Auftreten ließ ihn einen Moment darüber nachdenken, ob er nicht sogar die Geschäftsführerin vor sich hatte.

»Herzlich willkommen chez Camille«, flötete sie und wechselte für die zweite Satzhälfte ins Französische. In gebührendem Abstand blieb sie stehen und sah Jake erwartungsvoll an. »Welchen Ihrer Wünsche darf ich erfüllen? Sind Sie auf der Suche nach einem Geschenk? Selbstverständlich dürfen Sie sich ungestört umsehen und mir dann –«

Jake verlor keine Zeit. Er platzte mit seinem Anliegen heraus und deutete über seine Schulter. »Ich möchte mir zwei Ringe näher ansehen, die ich dort hinten im Schaufenster entdeckt habe.«

»Sehr gern.« Sie nickte huldvoll. Falls sie sich daran störte, dass Jake ihr ins Wort gefallen war, ließ sie sich das nicht anmerken. Elegant umrundete sie eine beleuchtete Vitrine aus Panzerglas und hielt, gefolgt von Jake, auf die Auslage zu, die er angesprochen hatte. Wenig später hatte sie die elektronische Sicherung mit einem Code entsperrt und präsentierte die Schmuckstücke auf einem hüfthohen Tischchen. Jake hatte es abgelehnt, sich in eine der Sitzecken zurückzuziehen, wo die Kundschaft diskret und in gemütlichem Ambiente zum Ausgeben eines kleinen Vermögens animiert werden sollte. Außer ihm war ohnehin niemand im Verkaufsraum, vor dem es die beiden Ringe zu verbergen galt, damit nicht wieder irgendein Gerücht die Runde machte. Er schaltete seine Ohren auf Durchzug, als sie gekonnte begann, die Qualität des Materials, das handwerkliche Können des Goldschmieds und die optischen Vorzüge anzupreisen. Gebannt sah er auf die Ringe, die auf schwarzem Samt gebettet vor ihm lagen. Er war einem Impuls gefolgt, als er das Juweliergeschäft betreten hatte. Würde er nun auch den Mut aufbringen, sie zu kaufen?

Jake spürte, wie seine Hände unangenehm feucht wurden. Hoffentlich kam die Verkäuferin oder Geschäftsführerin oder wer auch immer sie war, jetzt nicht auf die Idee, seine Hand zu ergreifen, um ihm eines der Schmuckstücke probeweise überzustreifen.

Die Stille, die mit einem Mal herrschte, brachte ihn dazu, sich von seinen Gedanken loszureißen und sich wieder auf sein Gegenüber zu konzentrieren. Die Dame hatte ihren Vortrag beendet und wartete offenbar auf Jakes Entscheidung, doch ihm wollte kein einziges Wort über die Lippen kommen. Sie waren da, aber er konnte sie nicht aussprechen. Was zum Teufel machte er hier? Nun, offensichtlich war er kurz davor, Trauringe für sich und einen Mann zu kaufen, den er erst wenige Tage kannte. Crazy!

»Wie viel kosten die?«, würgte Jake hervor, um Zeit zu gewinnen, denn der Preis war nun wirklich das Unwichtigste an der ganzen Geschichte.

Mit ihren perfekt manikürten Fingern griff sie wortlos nach dem Kissen, auf dem die Ringe ausgestellt worden waren, drehte es um und zeigte Jake die fünfstellige Zahl.

»Vielen Dank … ähm … ich überlege es mir.« Er verabschiedete sich knapp und eilte hinaus.

Nach ein paar Schritten blieb Jake stehen und unterdrückte ein Stöhnen. Sein Herzschlag hatte sich in ein unangenehmes Pochen verwandelt. Die Zweifel, die ihn in die Flucht geschlagen hatten, zerstreuten sich. Aber nicht nur das. Er fiel von einem Extrem ins andere. Jetzt hatte er das Gefühl einen fatalen Fehler begangen, eine einmalige Chance verpasst zu haben. Es war zum Verrücktwerden!

Jake sog die Luft tief in seine Lungen ein und kehrte um. Den Gedanken daran, wie seine Unentschlossenheit wohl auf den muskulösen Türsteher und die Dame, die ihn beraten hatte, wirken mochte, schob Jake beinahe trotzig beiseite. Selbst wenn er dutzendmal rein- und rausgehen würde, hatte es den beiden egal zu sein.

Innerhalb weniger Augenblicke wiederholte sich alles wie in einer Zeitschleife – das Betreten des Geschäfts und auch die zuckersüße Begrüßung durch die Verkäuferin. Sie stand in der Nähe des Schaufensters, hatte soeben die Ringe zurückgelegt und das Schließsystem aktiviert. Jake ging ihr ein paar Schritte entgegen und konnte nicht verhindern, dass er in ihrer Miene nach Anzeichen suchte, dass sie sich wegen seines Sinneswandels insgeheim köstlich über ihn amüsierte. Nichts. Kein verräterisches Zucken der Mundwinkel oder der Augenbrauen verriet ihre Gedanken.

Eifrig bemühte sie sich, ihn diesmal länger aufzuhalten und das Gespräch erfolgreich mit einem Verkauf abzuschließen. »Wie schön, Sie wieder in unseren Räumen willkommen heißen zu dürfen. Wie kann ich diesmal behilflich sein? Mit Vergnügen zeige ich Ihnen auch andere Stücke aus der Kollektion. Wir hätten da noch sehr schöne –«

»Nein, das ist nicht nötig«, unterbrach Jake sie und deutete wieder auf die Schaufensterauslage. »Ich habe mich bereits entschieden – für die zwei Ringe.« Na, das war doch gar nicht so schwer, redete Jake sich zu, hielt jedoch gleichzeitig den Atem an und wartete, ob sich wieder ein Gefühl von Panik einstellte.

Ohne ein weiteres Wort, nur mit einem smarten Lächeln auf den Lippen, drehte sie sich um und öffnete die Vitrine ein zweites Mal für Jake. »Eine sehr gute Wahl.« Mit diesen Worten hätte sie vermutlich jeden Kauf abgesegnet, schoss es Jake durch den Kopf, als er ihr folgte und schließlich in dem indirekt beleuchteten Empfangsbereich stehen blieb. Während die Verkäuferin die Ringe mit einem weißen Tuch polierte und verpackte, ließ Jake den Blick schweifen. Eine langstielige Blume steckte in einer schlichten Glasvase und unterstrich die schnörkellose Einrichtung. Wirken sollten hier wohl lediglich die edlen Schmuckstücke. »Wünschen Sie eine hübsche Geschenkverpackung?« Beinahe wäre Jake die Frage herausgerutscht, ob es denn auch hässliche gäbe. Das Lachen, das in seinem Hals kitzelte, konnte er gerade noch rechtzeitig unterdrücken.

»Nicht nötig. Das Etui genügt. Setzen Sie es bitte auf meine Hotelrechnung, ja?«

»Natürlich, Mister Crawford.«

Jake griff zufrieden nach dem kleinen Tütchen, das ihm die Dame überreichte, und verließ das Juweliergeschäft. Nach wenigen Schritten ließ ihn ein Gedanke innehalten. Das Geschenk für Tom war noch nicht perfekt. Auch wenn die Situation inzwischen etwas von dem Film hatte, für dessen Titel ein putziges Nagetier hatte herhalten müssen, wandte Jake sich entschlossen um, passierte erneut den Türsteher und blieb kurz darauf vor der Dame im Verkaufsraum stehen. Er stellte fest, dass er beinahe schon eine Routine entwickelte und es ihm immer leichter fiel, je öfter er das Prozedere wiederholte. Jake setzte ein gewinnendes Lächeln auf. »Eine Gravur würde das Ganze abrunden.«

»Bitte, Leland. Tom hat dir doch nicht ausdrücklich untersagt, mir die Adresse seiner Schwester zu nennen«, flehte Jake, während er den samtbezogenen Würfel betrachtete.

»Du hast recht. Verboten hat er es nicht. Was wahrscheinlich daran liegt, dass er es überhaupt nicht für möglich gehalten hat, dass du ihn besuchen willst. Denkst du wirklich, das ist eine gute Idee?«, fragte Leland skeptisch. »Außerdem könnte er meine Loyalität infrage stellen, falls er nicht damit einverstanden ist, dass ich seine Daten weitergebe – auch wenn du es bist, der sie bekommt … und er bestimmt überglücklich ist, wenn du vor ihm stehst.« Er räusperte sich. »Ich denke, ich sollte mich rückversichern.«

»Nein!«, rief Jake aus, ehe er leise fortfuhr. »Sag ihm bitte nichts. Es ist … ich muss zu ihm … unbedingt … und ich könnte nicht ertragen, wenn er mich nicht sehen will«, flüsterte Jake und bemerkte nicht einmal, dass er sein Handy vor Anspannung krampfhaft umklammerte. Er hatte Angst davor, dass Tom ablehnte und alles zum Scheitern verurteilt war, noch bevor Jake sich überhaupt zu ihm auf den Weg machen konnte. Zugegeben, er setzte sich über alle vernünftigen Argumente hinweg, aber gegen seine Gefühle war er einfach machtlos. Verdammt nochmal, er wollte zu Tom! Er wollte ihn in seine Arme schließen, mit ihm reden, einfach bei ihm sein.

Nervös sah er sich in der Lobby um. Von Janine war noch nichts zu sehen. Wenn er den Tatendrang seiner Assistentin allerdings richtig einschätzte, blieben ihm bestenfalls noch wenige Minuten. Bis dahin musste er seinen Anwalt überzeugt haben, Toms Aufenthaltsort preiszugeben. »Es ist wichtig. Bestimmt finde ich die Anschrift selbst heraus … aber ohne dich dauert’s länger. Leland, ich kann nicht hierbleiben. Ich fahre zu ihm und verschanze mich ein paar Tage. Niemand erfährt etwas. Und selbst wenn ich bei ihm bin und das ganze Haus belagert wird … das kann mir hier nach dem Einbruch auch passieren, sobald die Presse Wind bekommt.«

»Jake, ich verstehe dich. Ihr seid jung, verliebt und alles ist rosa … aber dort ziehst du Tom mit rein … ungefragt! Willst du ihm das antun? Wenn du dort auftauchst, wird jeder fragen, warum du ausgerechnet zu ihm geflüchtet bist.«

»Das kommt dir jetzt nur deshalb komisch vor, weil du weißt, dass mehr zwischen uns ist«, verteidigte Jake sein Vorhaben und schusterte eine Erklärung zusammen. »Für alle anderen wird es so aussehen, als würde ich zu irgendeinem Journalisten fahren, der ein paar Artikel über mich geschrieben hat … und der Grund … da gab es eben einfach noch ein paar Dinge zu klären. Niemand wird Verdacht schöpfen.« Kaum hatte Jake seine Gedanken ausgesprochen, wurde ihm klar, wie abwegig das Ganze klang, machte jedoch keinen Rückzieher. Jake hörte, wie Leland ins Telefon atmete und wartete gespannt auf eine Antwort, während die Sekunden verstrichen.

»Machst du dir da nicht etwas vor?«, begann er schließlich. »Ich denke, bewusst oder unbewusst willst du es darauf anlegen, dass ans Licht kommt, wie ihr zueinandersteht. Du wirst ungeduldig, setzt Tom unter Druck und stellst ihn vor vollendete Tatsachen, wenn du plötzlich bei ihm auftauchst. Ist das fair? Telefoniere doch einfach vorher mit ihm und hör dir an, was er dazu sagt.«

»Wie wäre es mit einem Kompromiss? Ich rufe von unterwegs an. Okay?« Leland seufzte ergeben und Jake ahnte, dass er gewonnen hatte.

Jake hüstelte. Der Geruch des Cockpitsprays reizte seinen Hals. Er ließ seinen Blick über das Armaturenbrett des Nissan Micra schweifen, schob den Sitz bis zum Anschlag zurück, damit seine langen Beine Platz fanden, und veränderte die Einstellungen an Lüftung und Heizung. Janine hatte neben dem Auto Aufstellung genommen und beugte sich ins Wageninnere, nachdem Jake das Fenster auf der Beifahrerseite heruntergelassen hatte. Zum Geruch des Pflegemittels kam jetzt noch eine dezente Mischung aus Abgasen und Janines Parfüm hinzu, die durch die Öffnung hereinwehte. Auf den anderen Stellplätzen standen die Luxuskarossen der Hotelgäste und am anderen Ende des Parkdecks schlug jemand eine Autotür zu.

»Unauffällig genug?«, säuselte Janine und lächelte Jake unschuldig an. Für einen Moment sah er auf und musste feststellen, dass es ihm nicht gelang, das Grinsen vollständig zu unterdrücken. Er durchschaute Janine. Wenn sie dachte, dass er einknickte, nur weil sie ihm irgendeinen Touristenmietwagen beschafft hatte, ob nun absichtlich, weil sie ihm eins auswischen wollte, oder unabsichtlich, weil wirklich kein anderes Auto zu bekommen gewesen war, dann hatte sie sich geschnitten. Notfalls würde er auch mit einem Roller zu Tom fahren.

»Passt perfekt. Du hast meine Kampagne verinnerlicht. Ich bin stolz auf dich.« Lässig entfernte er das Schild, das am Rückspiegel baumelte und Fahrer, die nicht an den Linksverkehr gewöhnt waren, daran erinnerte, die richtige Straßenseite zu benutzen.

»Alle notwendigen Papiere sind im Handschuhfach … der Tank ist voll … und mit der Schlüsselkarte für deine Suite kannst du das Rolltor der Tiefgarage bedienen«, zählte sie alles auf, was vor Antritt der Fahrt wichtig war. »Brauchst du sonst noch was?« Sie deutete auf die prall gefüllte Sporttasche auf dem Beifahrersitz.

»Nein. Das Warten hat sich gelohnt.« Jake klopfte mit einer Hand demonstrativ auf sein Reisegepäck. Die Ermittler hatten Jake schließlich doch seine privaten Dinge aus dem Appartement überlassen – zwar mit einiger Verspätung, aber immerhin.

»Dann bleibt mir nur noch, dir ein paar schöne Tage zu wünschen«, seufzte Janine und warf wie zufällig einen Blick auf das Navigationsgerät, in das Jake wohlweislich noch keine Daten eingegeben hatte. »Erhol dich und …« Mahnend hob sie den Zeigefinger. »… ich möchte nichts über dich hören … oder lesen. Verstanden?«

»Ich werde mich bemühen.« Er schnallte sich an und startete den Motor, um Janine zu zeigen, dass er losfahren wollte. Sie trat zurück, Jake betätigte den Fensterheber und winkte zum Abschied, während der Wagen langsam aus der Parklücke rollte. Er verspürte gleichzeitig Anspannung und Vorfreude. Endlich machte er sich auf den Weg zu Tom! Jake trat hart auf die Bremse, als ihn das plötzliche Klopfen aus seinen Gedanken riss. Janine stand wieder neben dem Wagen und signalisierte ihm wie ein Pantomime, dass er seine Kapuze überziehen und die Sonnenbrille aufsetzen solle.

»Ja, ja«, murmelte Jake und tat, was sie verlangte. Sofort verschwand ihr strenger Blick. Jake legte den Gang ein und fuhr los. Im Rückspiegel konnte er Janine erkennen. Sie stand mitten auf der Fahrspur, hatte die Arme vor der Brust verschränkt und sah ihm nach.

»Was tue ich da eigentlich?«, flüsterte er, während er am Rolltor die Karte in den Automaten steckte und darauf wartete, dass er freie Fahrt hatte. Die Erinnerung an die Gespräche, die er zuvor mit Janine und Leland geführt hatte, drängte in sein Bewusstsein, doch Jake schob sie rigoros beiseite. Neben der Vorfreude auf Tom hatten die Zweifel keinen Platz mehr.

Er tastete in seiner Jackentasche nach dem Etui mit den beiden Ringen. Sein Herz schlug schneller und er gab Gas.

Homestory - Die Enthüllung

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