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ОглавлениеDas muss doch auch anders gehen
Die Zeit ist reif für Veränderung
„ What the world needs is people who have come alive.“1
Howard Thurman
Eigentlich geht es uns gut.
Wir leben in einem der reichsten Länder der Welt. Wir haben ein Dach über dem Kopf, Anspruch auf Bildung, immer genug zu essen und fließend Wasser. Wir fahren ein- bis zweimal im Jahr in den Urlaub (manche sogar öfter), wir haben eine Menge Freizeit, und wir leben im Frieden.
Und dennoch sind viele von uns unzufrieden, gestresst, einsam, unglücklich und krank.
Wir hetzen in unserem Hamsterrad, trotz aller Erfindungen, die unser Leben komfortabler machen sollen. Wir haben Verpflichtungen ohne Ende. Wir fallen von einer Herausforderung in die nächste, haben eine Menge Konflikte zu bewältigen und können nachts oft vor lauter Sorgen nicht schlafen.
Selbst wenn es uns gut geht, machen wir uns Sorgen, dass wir alles verlieren könnten, dass etwas Schlimmes passieren könnte. Gefühlt leben wir immer mit einem Fuß in der nächsten Katastrophe.
Wir arbeiten auf das Wochenende, auf den Urlaub oder auf die Rente zu. Doch statt den Urlaub zu genießen, hetzen wir von einer Sehenswürdigkeit zur nächsten, immer voller Angst, irgendetwas zu verpassen. Die Rente erleben viele von uns gar nicht erst, oder sie sind dann bereits so krank und ausgebrannt, dass sie auch den Ruhestand nicht mehr genießen können.
Oder wir erzählen, dass wir unseren Job lieben, und gehen ganz darin auf, verausgaben uns, geben alles, bis wir irgendwann massiv Kraft aufwenden müssen, um morgens noch aus dem Bett zu kommen.
Hinzu kommen unsere kollektiven Probleme. Gewalt, Klimawandel, politische Begebenheiten und vieles andere machen uns Angst und lassen uns die Welt dunkel und bedrohlich erscheinen. Viele alte Systeme sind in sich brüchig, und das spüren wir. Wir blicken auf den Wahnsinn, der um uns herum tobt, und schütteln darüber die Köpfe. Besorgt. Doch oft wissen wir keinen Ausweg, und fühlen uns ausgeliefert und machtlos.
Wir spüren, dass sich etwas verändern muss, doch wir wissen nicht, was.
Wir fühlen diese Sehnsucht in uns, doch wir verstehen sie nicht, und was immer wir versuchen – ein neuer Job, ein neuer Partner, ein neuer Wohnort – all das kann die Sehnsucht nur kurzfristig stillen, doch niemals wirklich erfüllen.
Wir lenken uns ab, durch neue Mode, schicke Handtaschen oder Schmuck. Wir füllen unsere Freizeit mit teuren Urlauben in fernen Ländern, Handyspielen oder Netflix. Wir gönnen uns was, und fühlen uns doch nicht glücklicher.
Wir leben das Leben, wie wir es leben sollten, und doch erfüllt es uns nicht. Wir fühlen, dass uns etwas fehlt. Wir kaufen und kaufen, in der Hoffnung, die Lücke zu füllen, doch vergeblich. Die Lücke wird nicht kleiner. Und damit wir sie nicht mehr fühlen, greifen viele von uns zu Suchtmitteln.
Doch Veränderung ist nicht nur notwendig, sie scheint auch Teil des größeren Plans zu sein.
Denn im Dezember 2012 ist die Erde in ein neues Zeitalter eingetreten, das sogenannte Goldene Zeitalter. Wir befinden uns in einer Zeit des Aufbruchs und des Umbruchs, und die Veränderungen auf der Erde werden durch Planetenstellungen und Sonneneinstrahlungen auf faszinierende Weise unterstützt. Die Frequenz unseres Planeten erhöht sich stetig, das besagen viele wissenschaftliche Messungen.
Wir fühlen diese Sehnsucht nach einem leichteren Leben nicht ohne Grund. Wenn wir uns ihr mutig stellen, ohne uns mit Konsum und Videospielen abzulenken, dann können wir jetzt innerhalb kürzester Zeit unser Leben komplett um 180° wenden.
Diese Wende kann jedoch ganz anders aussehen als man es herkömmlicherweise erwartet. Denn diese Veränderung passiert immer zuerst im Innen, und erst dann im Außen, und dadurch fühlen sie sich oft ganz leicht und beinahe natürlich an, oder sie geschehen ganz von selbst.
Das ist ein großer Unterschied zu Veränderungen, die wir willentlich herbeiführen.
Als ich vor drei Jahren am Ende war, hatte ich viele Male den Impuls, alles hinzuschmeißen. Nochmal ganz neu anzufangen. Letztlich fehlten mir der Mut und die Perspektiven.
Heute bin ich froh darüber. Wir brauchen nichts gewaltsam verändern, wenn wir i. uns anfangen, statt außerhalb von uns. Es dauert zwar länger und es ist manchmal auch etwas schmerzhafter, dafür ergeben sich schon währenddessen und vor allem danach alle Veränderungen zum Guten wie von selbst.
Während wir uns vorher lange mit Entscheidungen quälen, werden neue Wege für uns offensichtlich. Neue Chancen erscheinen auf unserer Bildfläche, mit denen wir nie gerechnet hätten. Wir bekommen Eingebungen und Impulse, die uns auf völlig neue Wege führen. Auf Wege, die sich leicht anfühlen, die nichts mehr mit dem alten Weg zu tun haben, der so kraftraubend und anstrengend war.
Veränderungen beginnen mit „Aha“
„ Wir können nur das wirken,
was wir in uns selbst verwirklicht haben.“
Ina Seidel
Zu der Zeit, als mir aufging, dass mein Leben mich nicht erfüllte, und dass ich so auf keinen Fall bis zu meinem Lebensende weitermachen wollte, kam mir immer wieder der Gedanke, alles hinzuschmeißen. Ich bin ihm zum Glück nie gefolgt.
Vielleicht wäre ich es, wenn ich mehr Mut gehabt hätte. Wenn ich nicht so stark eingebunden gewesen wäre in familiären und finanziellen Arrangements und Verpflichtungen. Aber damals erschien mir die Idee, aus allem auszubrechen, noch beängstigender, als in der Situation zu bleiben.
Und das war gut so.
Denn inzwischen weiß ich, dass Veränderungen viel leichter sind, wenn sie schrittweise erfolgen. Wenn wir uns auf den Weg einlassen, statt mit dem Kopf durch die Wand zu gehen, stellen sich Veränderungen sogar beinahe natürlich ein.
Wenn wir in einer Situation gefangen sind, die ausweglos erscheint, oder die uns endlos frustriert, ist die Idee, alle Brücken abzubrechen, es allen zu zeigen, oder nochmal ganz von vorn anzufangen, oftmals sehr verlockend. Doch wir übersehen dabei, dass die eigentliche Ursache unserer Misere immer wir selbst sind. Wir selbst sind die einzige Variable in unserem Leben, von der alle Veränderungen ausgehen.
Deshalb sind Veränderungen im Außen, wenn sie auf Frust, Ungeduld oder Wut basieren, selten fruchtbar und bringen meist keine Erfüllung.
Was wir brauchen, ist ein Blick nach innen. Dass wir uns mit uns selbst beschäftigen, uns selbst wieder näher kommen, uns anschauen, wie wir da hin gelangt sind, wo wir heute stehen. Denn alles, was wir uns erschaffen haben, basiert auf den Entscheidungen, die wir aus irgendeinem Grund einmal für uns getroffen haben. Erst wenn wir verstehen, was dahinter steckt, können Veränderungen in unserem Leben wirklich nachhaltig sein. Erst wenn wir unsere unbewussten Muster aufgedeckt haben, und sie verändern, werden wir nicht wieder in dieselben Fallen tappen.
Auf den ersten Blick erscheint das mühseliger. Aber das ist ein Trugschluss. Denn Veränderungen im Außen kosten massiv Kraft, und wenn sie dann nicht bewirken, was wir uns erhofft haben, kann uns das in noch tiefere Verzweiflung stürzen. Wenn wir in uns selbst beginnen – und die Anregungen dazu findest du ja in diesem Buch – dann werden Veränderungen nicht nur leichter, sondern ganz oft sogar überflüssig.
Als ich mit meinem Mann in der tiefsten Krise steckte, war ich mir sicher: Wir passen nicht zusammen. Ich hatte den bequemen – aber falschen – Weg gewählt, oder ich hatte mich verändert, und er nicht. Was auch immer, ich war fest davon überzeugt, dass ich es ohne ihn leichter hätte, und dass er mich unglücklich macht.
Doch eine Trennung war aus mehreren Gründen sehr, sehr schwierig. Ich hätte auf verschiedene Annehmlichkeiten verzichten müssen, was mir nicht leicht fiel, und so traf ich glücklicherweise keine übereilte Entscheidung.
Und in guten Momenten spürte ich (wenn ich ganz ehrlich war), dass da etwas in mir war, das meinen Mann über alles liebte, das ihn auf keinen Fall verlassen wollte. Da drin war eine tiefe Zuneigung und Verbindung, nur schien mir dieses Gefühl im Alltag immer wieder verloren zu gehen.
Unsere Beziehung zu verbessern war ein langer Weg, mit vielen Tiefs, aber immer wieder auch Hochs, die mir Hoffnung gaben. Zeitweise schienen wir in einer Sackgasse zu stecken, egal, was wir versuchten, nichts schien zu fruchten. Es gab Momente, da wollte ich einfach nur ein gutes Miteinander, ohne Ansprüche, aber selbst das funktionierte nicht.
Erst als ich begann, wirklich zu verstehen, wie das Leben funktioniert – dass mein Mann nicht für mein Glück verantwortlich ist, dass es gut ist, wenn zwei Menschen nicht völlig identische Meinungen haben, dass ein Streit keine Ehekrise ist und einiges mehr – konnte ich mich soweit entspannen, dass unsere Beziehung sich augenscheinlich von allein, und innerhalb einer sehr kurzen Zeitspanne, extrem verbesserte.
Nicht nur, dass wir uns heute kaum noch streiten, wir vertrauen uns auch zutiefst und sind miteinander so innig verbunden, wie nie zuvor. Wir lachen zusammen, wir trösten und stärken uns, wir necken uns, kurzum – wir sind nach über 20 Jahren Beziehung beinahe wie ein frisch verliebtes Paar (nur ohne die Nebenwirkungen).
Ich bin mir sicher – hätten wir uns getrennt, wäre ich mit hoher Wahrscheinlichkeit in die nächste Beziehung mit denselben oder ähnlichen Problemen geschlittert.
Und so geht es uns immer, egal wovor wir fliehen. Ob wir unseren Wohnort hassen, die Nachbarn nicht leiden können, unseren Job oder Chef verachten – von etwas weg zu wollen ist keine gute Motivation.
Ich sage nicht, dass Veränderungen im Außen immer schlecht sind. Aber sie sind immer nur dann eine gute Idee, wenn wir nicht von etwas weg, sondern zu etwas hin wollen. Wenn wir unseren Job kündigen, weil wir spüren, dass wir uns selbstständig machen wollen. Wenn wir unser Haus verkaufen, weil wir wissen, dass wir woanders wohnen möchten.
Wenn wir die Veränderung zum Guten hin – statt weg vom augenscheinlich Schlechten – machen, dann können Veränderungen eine gute Idee sein.
Dieses Gefühl für das, was wir wollen, stellt sich ein und wächst, wenn wir beginnen, unserem Gefühl zu folgen, uns selbst ernst zu nehmen, uns gut zu tun und selbst für unser Glück zu sorgen. Dann werden die nächsten Schritte offensichtlich, und sie wirken nicht wie eine Flucht, sondern wie ein Aufbruch.
Leid ist nich. Sinn deines Lebens
„May you be at peace in your heart,
healthy, happy and free.“2
Blake D. Bauer
Im Frühling 2017 kaufte ich mir in London ein Buch mit dem Titel „You were not born to suffer“ - „Du bist nicht geboren, um zu leiden“. Wohin ich kam, prangte es auf Werbeplakaten, und obwohl ich damals nicht wusste, was das Wort „suffer“ bedeutete, und obwohl ich bezweifelte, dass ich in der Lage war, so ein dickes, englisches Buch zu lesen, spürte ich, dass dieses Buch von mir gekauft werden wollte.
Ich spürte, dass ich darin erste Hinweise für meine Suche erhalten würde. Meine Suche begann mit diesem Buch. Denn ja, ich litt. Die Sehnsucht, gepaart mit der Verzweiflung, weil ich nicht wusste, wonach ich mich sehnte, und den Schuldgefühlen, weil ich mir undankbar vorkam, machte mich fertig.
Ich kannte ja nur dieses Leben. Ich spürte, dass ich mich nach mehr Leichtigkeit und Freude und Sinn und Lebendigkeit sehnte, aber ich hatte keinen Plan, ob es sie wirklich gab. Geschweige denn, wo ich suchen sollte.
Doch Leichtigkeit, Lebendigkeit und Freude sind nicht nur wenigen ausgesuchten Menschen vorbehalten, wie ich lange glaubte. Sie sind unser aller Geburtsrecht. Sie stehen uns von Anfang an zu, und wir können sie jederzeit wieder in unserem Leben aktivieren.
Dazu bedarf es im Grunde nur deiner bewussten Entscheidung.
Doch hier habe ich ein großes Missverständnis entdeckt: Viele Menschen meinen, sie brauchen sich nur für Freude entscheiden, und das Leid verschwände dann von allein. Dem ist nicht so. Der Weg aus dem Leid führt durch das Leid hindurch.
Oder anders: Wer versucht, Leid loszuwerden, wird Leid erst recht anziehen.
Damit wir Freude spüren können, müssen wir lernen, auch alles Schmerzhafte in uns anzunehmen und ganz zu fühlen. Denn es hat immer eine Botschaft für uns.
Wir alle spüren, dass Angst, Stress, Wut, Hass, Scham und Schuld uns nicht gut tun und nicht unser gesunder Zustand sind. Instinktiv versuchen wir dann, diese Gefühle weg zu bekommen. Wir versuchen alles, um sie auszuschalten. Wir wollen uns besser fühlen.
Das führt dazu, dass negative Gefühle verdrängt werden. Wir drücken sie weg, lenken uns ab, oder leben sie aus – doch all das hilft nicht, sie wirklich nachhaltig aufzulösen.
Tatsächlich gibt es negative und positive Gefühle gar nicht. Es gibt nur Gefühle, die kommen und gehen. Trauer, Wut und Scham gehören zu unserem natürlichen Repertoire, und sie abschalten zu wollen, bedeutet, dass wir uns vom Leben abtrennen müssten.
Was sich aber oft so schmerzhaft anfühlt, und nicht selten unser Leben bestimmt, sind keine Gefühle, die ganz natürlich aus der jeweiligen Situation entstehen, aufflammen und wieder vergehen, wie wir es bei Kindern beobachten können. Es sind alte, hartnäckige Emotionen, die wir einfach nicht loslassen können und die uns immer wieder quälen. Die mit der auslösenden Situation an sich wenig zu tun haben – auch wenn es uns auf den ersten Blick so erscheint.
So kommt es, dass wir bei Kleinigkeiten an die Decke gehen, auf Bemerkungen überreagieren oder gereizt und dünnhäutig sind. In meiner stressigsten Zeit brach ich einmal mitten auf dem Parkplatz in Tränen aus, weil ich das Auto nicht in die Parklücke manövriert bekam. Ich fühlte mich völlig hilflos und wusste nicht, was ich tun sollte. Erst als ich mich einigermaßen beruhigt hatte, war ich in der Lage, das Auto in die höhere Etage des Parkhauses zu fahren, wo reichlich Platz war.
Meine Reaktion war viel zu heftig für die Situation (und hatte ja im Grunde auch nichts mit ihr zu tun). Und das ist noch ein harmloses Beispiel dafür, wie alte Emotionen uns nicht nur belasten, sondern auch unsere Entscheidungen und somit unser Leben beeinflussen.
Lerne, deinen Schmerz anzunehmen. Du stirbst daran nicht, es fühlt sich nur so an. Annahme ist immer der erste Weg zur Veränderung. Lange Zeit dachte ich, das wichtigste sei das Fühlen. Ich habe den Schmerz gefühlt, wenn er kam, und voller Pein darauf gewartet, dass er weg geht. Bis mir eines Tages bewusst wurde, dass das Fühlen, damit er weg geht, immernoch keine wirkliche Annahme ist. Es war etwas, das ich tat, um ihn wieder loszuwerden.
Interessanterweise hat mir dann Erlaubnis am meisten geholfen. Ich habe mir erlaubt, mich schlecht zu fühlen. Traurig zu sein. Wütend zu sein. Mir war bis dahin gar nicht bewusst gewesen, dass ich mich oft schlecht fühlte, wei. ich mich schlecht fühlte. Weil ich glaubte, ich dürfe das nicht.
Je weniger du versuchst, die schlechten Gefühle aus deinem Leben zu verbannen, desto weniger werden sie dein Leben bestimmen.
Ich habe außerdem gelernt, dass Gefühle immer von Gedanken ausgelöst werden. Nachdem ich meine Gefühle akzeptiert hatte, begann ich, den auslösenden Gedanken nachzuspüren. Das ist besonders hilfreich, wenn du genau weißt, dass du überreagiert hat. Die Gedanken-Gefühle-Abfolge geschieht meist so schnell, dass wir den Gedanken am Anfang meist nicht bewusst wahrnehmen. Doch wenn wir uns auf die Suche danach machen, finden wir rasch Anhaltspunkte, wo unser Blick auf das Leben noch verstellt ist, oder wo etwas in unserem Leben nicht stimmt.
Meist stecken tiefsitzende Gedanken dahinter, mit denen wir uns klein oder die Welt schlecht machen, die sehr generalisierend sind, und die wir in vielen Situationen unseres Lebens immer wieder antreffen. Wir fühlen uns dann z. B. ungeliebt, allein gelassen, alles müssen wir alleine machen oder wir fühlen uns wie totale Versager.
Diesen Gedanken auf die Spur zu kommen, ist die wirksamste Methode, das Leben wirklich zu verändern. Es steckt so viel Kraft darin, dass du entdeckst, womit du dir selbst Schmerzen bereitest, mit welchen Gedanken du dir das Leben madig machst. Es sind immer nur Gedanken, diese Gedanken sind niemals wahr. Sie fühlen sich für dich nur so an.
Der Schmerz hat die Funktion, uns darauf hinzuweisen. Wie wenn wir Schmerz fühlen, wenn wir auf eine heiße Herdplatte fassen, so fühlen wir auch Schmerz, wenn wir ungesunde Gedanken denken, einen verstellten Blick auf das Leben haben, uns etwas nicht erlauben, uns Schuld geben, uns Bedürfnisse versagen usw. Kurzum – wenn wir uns das Leben durch falsche Gedanken schwer machen.
Ohne meinen Schmerz hätte ich mich niemals auf die Suche gemacht. Mein Leben wäre heute noch immer so gestresst, voller Probleme und Sorgen, wie damals.
Hab den Mut, deinen Schmerz anzunehmen und anzusehen. Er ist nur dazu da, dich in die richtige Richtung zu navigieren. In ein Leben in wahrer Freiheit.
Stress ist keine Folge von Erfolg
„The trouble with being in the rat race is
that even if you win, you're still a rat.“3
Lily Tomlin
Ich habe lange geglaubt, Stress sei normal, wenn man ein erfolgreiches Leben führen will.
Stress ist einer meiner treuesten Lebensbegleiter. Lange war mir das gar nicht bewusst, und als das Leben es mir schmerzhaft bewusst machte, versuchte ich, ihn auf allen möglichen Wegen loszuwerden. Es wollte mir einfach nicht gelingen.
Nach meinem Studium habe ich mich direkt selbstständig gemacht, weil sich die Gelegenheit bot, und meine berufliche und familiäre Situation mir keine Wahl ließen.
Ich habe Wirtschaftsinformatik studiert und während des Studiums meine Tochter geboren. Spätestens ab da habe ich mein Leben voll durchgetaktet, um mein Studium trotz Schwangerschaft und kleinem Kind nahezu in der Regelstudienzeit zum Abschluss zu bringen. Nach dem Studium versuchte ich, einen Job in der IT-Branche zu bekommen, der sich mit meiner kleinen Familie und meinem Wunsch nach weiterem Familienzuwachs vereinbaren ließ. Doch es gab nur Jobs mit Reisetätigkeit, jede Woche irgendwo in ganz Deutschland unterwegs. Das kam für mich nicht in Frage.
Gleichzeitig gab es die Möglichkeit, an meiner Fachhochschule ein Stipendium für die Gründung zu erhalten, mit dem ich zumindest vier Monate lang ein kleines, aber gesichertes Einkommen hatte. So machte ich mich direkt selbstständig, auch wenn ich keinen Plan hatte, womit.
Von Anfang an setzte ich mich stark unter Druck. Mein Mann hatte vor mir studiert, und selbstredend nicht nur das Studium in Regelzeit absolviert, sondern auch noch dual studiert (also Studium und bezahltes Praktikum im Wechsel) und nebenbei auch noch gejobbt, so dass er die ganze Zeit einen finanziellen Beitrag zu unserem Familieneinkommen geleistet hatte.
Bei mir war das anders. Seit der Geburt meiner Tochter hatte ich keinen Werkstudentenjob mehr angenommen, weil ich es einfach zeitlich nicht hinbekam. Ich fühlte mich stark in der Schuld, endlich etwas Geld in die Familienkasse zu spülen. Das setzte mich enorm unter Erfolgsdruck. Ich litt unter starken Versagensängsten und Perfektionismus, noch bevor ich überhaupt mein Gewerbe angemeldet hatte.
Während der Gründung wurde ich erneut schwanger, und mein Sohn kam zur Welt, als ich ein halbes Jahr selbstständig war. Damals zeichnete sich bereits ab, dass meine ursprüngliche Geschäftsidee nicht aufging, und ich hielt mich mit kleineren Webentwicklungsaufträgen „über Wasser“. Ich schreibe das hier in Anführungszeichen, weil es eigentlich für mich keine Veranlassung gab, Geld zu verdienen. Mein Mann hatte einen gut bezahlten, sicheren Job.
Ich hätte mich ausruhen und meine junge Mutterschaft genießen können.
Doch das erlaubte ich mir nicht.
Und dann passierte das, wovor ich am meisten Angst hatte: Mein Sohn erkrankte an Neurodermitis. Es begann mit kleinen Pickelchen, doch weil ich solche Panik hatte, sah ich sie sofort als erste Symptome. Die Hebamme vermutete eine Lebensmittelallergie, und ordnete an, Weizen wegzulassen. Ich folgte gehorsam und begann, mein Brot selbst zu backen. Die Pickelchen verschwanden nicht.
Nach einer Woche ordnete die Hebamme an, auch auf Eier, Nüsse, Fisch und Kuhmilch zu verzichten. Ich hinterfragte es nicht, sondern machte einfach. Ich war jung und unerfahren, sie die Autorität.
Und so war ich nun also eine selbstständige Mutter von zwei kleinen Kindern, die voll stillte und fast nichts mehr essen durfte. Ich bereitete alles selbst zu, studierte Zutatenlisten und hatte irgendwie ständig Hunger. Selbstredend war ich alles andere als entspannt.
Und die Neurodermitis wurde schlimmer.
Es dauerte noch über 18 Monate, bis ich aus den selbst auferlegten Regeln ausbrach und durchschaute, dass jegliche Lebensmitteldiät nur eins bringt: Noch mehr Stress. Und dass Stress der eigentliche Auslöser der Neurodermitis war.
Ich hörte auf, Lebensmitteln so viel Macht über mich zu geben, und mich und meine Familie nach fremden Vorgaben zu beschränken.
Das alleine half aber nicht, die Stressspirale zu durchbrechen. Im Gegenteil. Denn je mehr ich begriff, dass Stress der Auslöser war, desto größer wurden meine Schuldgefühle. Ich schämte mich, dass ich mich während der Schwangerschaft und danach so gegängelt hatte, dass ich mich nicht geschont hatte, dass ich mich so antrieb, dass ich mich zur Lebensmitteldiät hatte überreden lassen. Und dann gab ich mir die Schuld, dass ich nicht aus dem Stress heraus kam.
Ich habe über 10 Jahre nach einem Ausweg aus dem Stress gesucht. Habe es mit Yoga probiert, damit, weniger zu arbeiten oder länger zu schlafen. Nichts hat wirklich funktioniert.
Stress ist eine Reaktion auf eine Situation, die eine besondere körperliche oder mentale Herausforderung für uns darstellt. Stress bedeutet, dass unser Körper sich auf Flucht oder Kampf vorbereitet.
Viele Menschen sind im permanenten Flucht-oder-Kampf-Modus, und zwar so sehr, dass sie es selbst gar nicht mehr merken, weil es so normal für sie ist. Sie spüren es lediglich daran, dass sie abends nicht einschlafen können oder mitten in der Nacht aufwachen und nicht mehr zur Ruhe kommen. Oder daran, dass sie bei Kleinigkeiten an die Decke gehen. Oder an stressbedingten Krankheiten, wie z. B. Hautausschlägen.
Vor Kurzem habe ich einen sehr erfolgreichen amerikanischen Coach, der sogenannte „High Performer“ begleitet, sagen hören, dass Stress zu einem gewissen Level normal ist, wenn wir ein bewegtes Leben haben.
Er ist ein sehr erfolgreicher Coach. Er muss es ja wissen. Oder?
Ich sehe, dass viele Menschen derselben Meinung sind. Manche glauben gar, Stress sei ein Ausdruck eines erfolgreichen Lebens, eine Art notwendiges Symptom, an dem sie erkennen können, dass sie es „geschafft“ haben. Sie sind stolz auf ihr Stresslevel, und darauf, dass sie „Stress-Management“ betreiben.
Stress ist normal – und gesellschaftsfähig – geworden. Jeder hat ihn. Er lässt sich schließlich nicht vermeiden.
Ich bin da komplett anderer Meinung. Stress gehört nicht zwangsläufig zu einem erfolgreichen Leben dazu4. Und Stress kann und braucht man auch nicht managen.
Stress macht krank, mindestens 90% aller Krankheiten sind vorrangig stressbedingt. Mehr noch: Wer gestresst ist, trifft schlechtere Entscheidungen, macht mehr Fehler, ist weniger aufmerksam und weniger liebevoll seinen Mitmenschen gegenüber.
In einem Buch über „Stress-Management“ fand ich eine Aussage darüber, dass ein gewisses Maß an Stress uns am Leben erhält. Ohne diesen Stress würden wir kraftlos zusammensacken und keinerlei Ambitionen mehr haben. Diesem Buch zufolge müssten wir einfach nur „unser“ Maß an Stress finden, mit dem wir uns wohl fühlen.
Ich halte das für absoluten Unsinn. Es gibt keinen positiven Stress. Es gibt keinen „guten“ Stress, der uns am Leben erhält und performen lässt.
An Stress gibt es nichts Gutes – es sei denn, du befindest dich wirklich in einer Situation, in der es auf schnelle Reaktionen ankommt, ohne viel Denken. Denn dafür hat das Leben den Stress erfunden. Wenn dir im Wald ein Wildschwein mit Jungen begegnet, dann willst du nicht lange Pro und Kontra abwägen, dann willst du, dass dein Körper funktioniert – und zwar ohne dein bewusstes Zutun.
Egal wie erfolgreich du bist, mit wie viel Geld du agierst, wie viele Mitarbeiter du führst, für welche Geschäfte du verantwortlich bist – Stress ist kein notwendiges Übel. Mehr noch, ich behaupte, er ist es nicht, der dich erfolgreich werden ließ. Du bist trotz Stress erfolgreich geworden, nicht wegen ihm.
Ich glaube, dass es da ein großes Missverständnis gibt, das dafür sorgt, dass viele Menschen Stress für normal und schick halten.
Ich vermute, wenn Wissenschaftler vom sogenannten positiven Stress sprechen, meinen sie eigentlich die Freude. Oberflächlich betrachtet sind manche körperlichen Symptome ähnlich. Doch Freude hat im Körper völlig andere Auswirkungen, macht uns gesund statt krank, lässt uns vor Energie vibrieren, regt unsere Kreativität an.
Freude lässt uns den Hintern von ganz allein aus dem Sofa hieven, und enorme Anstrengungen auf uns nehmen, meist sogar, ohne dass wir sie wirklich spüren. Denke an die Menschen, die freiwillig Wüsten durchqueren, Tiefseetauchen oder den Himalaya besteigen. Sie tun das nicht, weil sie es müssen, sondern weil sie Freude daran haben. Weil sie Erfüllung darin finden. Freude aktiviert große innere Reserven und schenkt uns manchmal sogar übermenschliche Kräfte.
Leider kennen viele Menschen wahre Freude gar nicht. Sie wird oft mit Spaß verwechselt. Doch Spaß ist oberflächlich und kurzfristig, während Freude tief geht und uns lange mit Energie versorgt.
Freude entsteht, wenn wir ohne Druck Neues ausprobieren, experimentieren, kreieren, wenn wir tun, wohin der Tag uns treibt. Wir erlauben uns das nicht, schließlich ist das Leben eine ernsthafte Angelegenheit! Das sorglose Sich-Treiben-Lassen ist nach Ansicht der meisten Menschen den Kindern (und vielleicht noch den Rentnern) vorbehalten.
Doch Freude ist nicht nur gesund, sie macht das Leben erst richtig lebenswert. Und wie bereits gesagt, sie steht dem Erfolg nicht im Weg, wie oftmals angenommen wird, im Gegenteil. Ich glaube, wenn wir die Freude in uns finden und aktivieren und ihr wieder mehr vertrauen und folgen, werden wir eine ganz neue, leichte Art von Erfolg finden.
Erkenne Stress und lass ihn los
„The mind works further ike a projector than like a camera. “5
Michael Neill
Schon lange trug ich diese Vermutung in mir: Was mich stresst, ist nahezu nie das, was um mich herum geschieht, sondern fast immer nur ich selbst. All mein Stress ist sozusagen „hausgemacht“.
Doch ich konnte das nie so richtig fassen. Was genau bedeutete das denn, und wie konnte ich es ändern? Ich hatte es erkannt, und fühlte mich dennoch gestresst.
Als ich auf das Inner-Game Prinzip von Timothy W. Gallwey stieß, verstand ich erstmals wirklich, wie Stress entsteht. Es sind unsere Gedanken, die uns unter Druck setzen, uns Stress machen, uns antreiben, klein halten und vieles mehr. Mehr noch: Diese Gedanken machen uns nicht nur Stress, sie verhindern auch, dass wir unsere wertvollste innere Ressource voll nutzen – unsere innere Weisheit6.
Gallwey schreibt dazu: „Das Problem beim Tennis – und, wie ich bald erkannte, im Leben – war, dass Selbst 1 wie ein Billigcomputer war, aber bestimmen wollte, was geschah, und dabei einen milliardenteuren Zentralrechner, Selbst 2, behinderte.“.
Selbst 1 ist dabei unser innerer Antreiber, unser Stressmacher, die Gedanken, die uns pausenlos erzählen, dass wir noch nicht gut genug sind, während Selbst 2 unsere innere Weisheit ist.
Wenn wir unseren Stressmacher zur Ruhe bringen, haben wir also nicht nur weniger Stress. Wir erhalten auch Zugriff auf eine unendliche Quelle von Genialität, Kreativität und Klarheit.
Wenn du Stress spürst, ist das immer ein sehr sicheres Zeichen dafür, dass du stressige Gedanken denkst. Stress entsteht so gut wie nie im Außen (es sei denn, es steht wirklich gerade ein Wildschwein mit Jungen vor dir), sondern fast immer in uns selbst.
Er entsteht aus der Angst oder den Schuldgefühlen, die mit unseren Gedanken einher gehen.
Wenn du z. B. sehr viele Akten auf deinem Schreibtisch liegen hast, die bis heute Abend durchgearbeitet sein müssen, wirst du vielleicht gestresst sein. Dein Puls rast, auf deiner Stirn sind Schweißperlen, deine Hände schwitzen, deine Gedanken rasen. Auf den ersten Blick ist das normal. Aber ist es das wirklich?
Wird etwas normal, nur weil 99% der Bevölkerung es so leben? Oder anders gefragt: Ist das, was wir als normal bezeichnen, wirklich gut und richtig? Entspricht es unserer wahren Natur?
Schauen wir es einmal genauer an. Da liegen die Akten auf dem Tisch. Sie tun dir nichts, sie sind kein Wildschwein. Sie können nicht die Verursacher deiner Schweißausbrüche sein. Auch dein Chef ist gerade nicht da – er ist ebenfalls nicht der unmittelbare Verursacher deines Stresses.
Anders als es auf den ersten Blick scheint, liegt dein Stressor nicht außerhalb deiner selbst.
Lass uns einen Blick nach innen werfen. Wie sieht es in dir aus? Vielleicht so:
„Oh Gott, ich muss diese Akten bis heute Abend durcharbeiten, dabei wollte ich doch heute endlich mal pünktlich nach Hause kommen. Mein Schatz hat die letzten Tage immer mit dem Essen auf mich gewartet, und ich weiß nicht, wie lange sie (er) das noch mitmacht. Mein Chef ist wirklich ein rücksichtsloser A… Der muss doch sehen, dass ich das gar nicht schaffen kann. Aber typisch, und Frau Müller ist mal wieder krank. Die ist ja andauernd krank, und ich bin dann hier der Depp, der die ganze Arbeit erledigen soll. Und nun wollen sie auch noch Stellen abbauen. Vielleicht sollte ich freiwillig gehen. Wenn ich bleibe, dann bleibt ja noch mehr an mir hängen. Aber wo soll ich denn hin? Wer stellt mich denn noch ein, ich bin ja schon über 50! Bei dem Arbeitsmarkt! Wie soll ich die Akten hier bloß in einer ordentlichen Qualität einarbeiten, wo ich mich so beeilen muss? Hoffentlich mach ich jetzt nicht auch noch Fehler. Letztens ist der Chef bei der Meier ja vor Wut geplatzt, als sie die Akte bei dem falschen Kunden eingepflegt hat. Ich sollte mich jetzt wirklich mal beeilen, oh Gott, wo fange ich bloß an…“.
Ich könnte das endlos weiterführen. Deine Gedanken laufen Amok. Mittendrin immer wieder Szenarien für die Zukunft, die Angst und Panik verbreiten.
Glaubst du, mit solchen Gedanken kommt Freude an der Arbeit auf? Glaubst du, die Arbeit erledigt sich schneller? Glaubst du, das weniger Fehler geschehen? Ich glaube das nicht. Wohl eher im Gegenteil.
Dabei sind all diese Gedanken nur Illusionen. Sie gaukeln eine Zukunft vor, die nur eine Projektion ist, die noch gar nicht eingetreten ist, und so vielleicht (sehr wahrscheinlich) auch nie eintreten wird. All diese Gedanken sind schädlich, und vollkommen überflüssig.
Sie lassen dich nicht in Ruhe arbeiten, und sie lassen auch keine Freude aufkommen.
Wie immer ist der erste Schritt, es einfach nur zu beobachten. Die meisten Gedanken sind uns nicht bewusst, sie kommen und gehen so schnell, dass wir sie gar nicht wirklich bemerken. Wir fühlen sie nur als Stress. Stress ist der Indikator dafür, dass wir ungesunde Gedanken denken.
Versuche nicht, sie zu verdrängen oder durch neue Gedanken zu ersetzen. Das schafft nur noch mehr Stress. Lass sie einfach da sein, aber lass dich von ihnen nicht mehr vereinnahmen. Lass sie reden wie ein Radio, das im Hintergrund läuft, und achte nicht auf sie. Das braucht etwas Übung, weil Gedanken eine nahezu hypnotische Wirkung haben können (und je negativer sie sind, desto realer erscheinen sie uns). Doch je häufiger es dir gelingt, sie zu enttarnen, sie als stressende Gedanken zu erkennen, und ihnen einfach nicht mehr Beachtung zu schenken, sondern einfach mit deiner Arbeit fortzufahren, desto schneller werden sie von selbst leiser.
Ich habe einige Übungen für dich, die mir gerade am Anfang dabei geholfen haben, meine Gedanken als Gedanken wahrzunehmen, und nicht als die Realität.
Sei so oft wie möglich im Hier und Jetzt.
Die Gegenwart ist deine Verbindung zum Leben und zu deinem Unterbewusstsein. Wenn du mit deinen Gedanken irgendwo in der Zukunft oder Vergangenheit bist, bist du abgelenkt von dem, was gerade jetzt vor sich geht. Außerdem bist du immer in einer Illusion, weil weder Vergangenheit noch Zukunft wirklich existieren. Sie sind nur von uns erdachte Konstrukte.
Komme immer wieder ganz bewusst hier in der Gegenwart an. Ich werde dir später noch konkrete Übungen vorstellen, die du dazu für dich nutzen kannst. Konzentriere dich jetzt einfach nur auf deinen Atem. Wenn du ihn wahrnimmst, bist du automatisch im Jetzt.
Warum fühlst du dich gerade schlecht?
Wenn du an deine unbewussten Gedanken herankommen willst, achte auf deine Gefühle. Jedem Gefühl ging ein Gedanke voraus. Ich habe mir angewöhnt, wann immer ich mich schlecht fühle, also Ärger, Angst, Stress, Druck oder Wut spüre, zurückzugehen und genau hinzuschauen, welches der auslösende Gedanke war.
Anfangs wird dir das nicht immer gelingen. Gefühle kommen so schnell, dass wir den dahinter liegenden Gedanken gar nicht richtig wahrnehmen. Oftmals ziehen negative Gedanken auch weitere negative Gedanken an, so dass daraus sehr schnell ein ganzes Bündel entsteht. Zudem ist uns ja oft nicht bewusst, dass es nur ein Gedanke ist – er erscheint uns real.
Aber mit der Zeit wirst du Übung entwickeln. Wenn du Macht über deine Gedanken bekommst, entwickelst du auch Macht über deine Gefühle, deine Reaktionen und dein Leben.
Mein Tipp: Schreibe dir diese Gedanken auf. Erkenntnis ist immer der erste Weg zur Veränderung, und schriftlich ist die Erkenntnis immer noch ein bißchen wirksamer.
Frage dich: Ist das wahr?
Eine weitere sehr machtvolle Übung ist es, alle Gedanken, die in dir aufsteigen, zu hinterfragen. Das schult dich darin, deine eigenen Gedanken als solche wahrzunehmen, aber auch deinen inneren Kritiker, wenn es darum geht, ob du einem Gedanken glauben solltest oder nicht.
Mach das auch immer mal wieder zwischendurch. Was denke ich gerade? Und ist das wahr?
Insbesondere bewertende Gedanken eignen sich besonders gut. Gerade wenn wir versuchen, ganz im Hier und Jetzt zu sein, werden immer wieder bewertende Gedanken auftauchen. Wir sehen etwas und treffen sofort eine Entscheidung, ob es gut oder schlecht ist und warum.
Nutze diese Gewohnheit, um dir anzuschauen, warum du welche Bewertung triffst, welche Gedanken dahinter stecken und frage dich, ob sie wirklich wahr sind.
Natürlich werden sie dir anfangs sehr oft wahr erscheinen. Das ist normal, sonst würdest du sie ja nicht denken! Hinterfrage sie spielerisch und bewerte dich selbst nicht, wenn es mal besser und mal schlechter (und mal gar nicht) klappt.
Alles ist gut, so wie es ist.
Glaube nicht alles, was du denkst
„Es gibt nur relative Wahrheit.“
Protagoras aus Abdera
Ich habe lange versucht, meinen Stress mit Meditation, mehr Hobbies, weniger Arbeiten und anderen Dingen „in den Griff“ zu kriegen. Es hat nicht funktioniert. Jetzt weiß ich auch, warum. Ich habe all diese Maßnahmen missverstanden. Ich dachte, ich bräuchte sie nur anwenden, und mein Stress würde verschwinden. Doch so ist es nicht gedacht.
Wenn du weniger Stress haben willst, dann bringe deine Gedanken zur Ruhe. Hobbies und Meditation sind ursprünglich genau dafür gedacht. Doch wenn man sie wie ich in einen ohnehin schon übervollen Alltag quetscht, abarbeitet wie einen weiteren Punkt auf der endlosen Todo-Liste, und sich dann auch noch Schuldgefühle macht, wenn man es doch mal wieder nicht geschafft hat, weil die Zeit – oder die Kraft – fehlte, dann dienen sie nicht dem Stress-Abbau, sondern sind nur ein weiterer Stressfaktor.
Dasselbe gilt, wenn man ehrgeizige Ziele damit verbindet – auch dafür bin ich Spezialistin. Immer wieder habe ich aus allem in meinem Leben einen Wettbewerb gemacht, in dem ich gegen mich selbst antrat, und das Ziel war, mich immer weiter zu verbessern bis zur Perfektion.
Als ich nach meiner Krise ernsthaft zu meditieren begann, war mein Ziel, meine Gedanken abzustellen, meinen Gedankenstrom zuzudrehen wie einen Wasserhahn. Auch das gelang mir meistens nicht. Was dann wieder zu Versagensgefühlen führte …
Irgendwann begriff ich, dass die Lösung nicht ist, die Gedanken abzustellen. Die Lösung ist nicht, mehr Kontrolle zu bekommen. Die Lösung ist, loszulassen. Die Lösung ist es, die Gedanken da sein zu lassen, ohne sie zu verfolgen. Wir müssen nicht alles glauben, was wir denken. Wir müssen ihm nicht nachhängen. Wir haben jederzeit die Wahl.
Es beginnt immer damit, dass wir unsere Gedanken bewusst wahrnehmen.
Glaubenssätze sind tief unbewusste Gedanken, die wir über uns, andere und die Welt haben und von dort aus beeinflussen, wie wir die Welt erleben. Wir hinterfragen sie nicht, denn sie gehören zu uns. Das Leben ist so. Die Erde ist rund, morgens geht die Sonne auf, abends geht sie unter, Wasser ist nass, und Erfolg ist stressig.
Wenn wir glauben, die Welt sei schlecht, werden wir vorzugsweise all das wahrnehmen, was uns diesen Glaubenssatz bestätigt. Wenn wir glauben, die Welt ist voller hilfsbereiter, liebenswerter Menschen, wird das Leben uns auch das beweisen.
Dummerweise können wir uns erstmal nicht aussuchen, was wir über uns, die anderen und das Leben denken. Unsere Prägung beginnt frühzeitig und verläuft gründlich. Unsere Überzeugungen sind so tief in unser Unterbewusstsein eingebrannt, dass wir nichtmal auf die Idee kommen, es könnten „nur“ Gedanken sein – es sind Tatsachen für uns.
Aber es sind keine Tatsachen. Es sind tatsächlich „nur“ Gedanken, und du brauchst nichts weiter tun, als ihnen nicht zu glauben. Lange dachte ich, ich müsse anders denken lernen, meine Gedanken verändern, doch das ist nicht wahr. Gedanken verlieren in dem Augenblick die Macht über uns, in dem wir erkennen, dass sie einfach nur Gedanken sind. Projektionen. Nicht real.
Die größte Veränderung kann in dem Moment entstehen, wenn dir ein Gedanke bewusst wird, den du vielleicht schon sehr lange und sehr häufig denkst. In dem Moment, in dem du erkennst, dass er nur ein Gedanke ist, der deinen Blick auf die Welt filtert und trübt, kann ein Schleier fallen, der dir einen neuen Blick ermöglicht.
Einer meiner fiesesten Glaubenssätze war (und ist es manchmal noch): Alles muss ich selbst machen, wenn es ordentlich werden soll.
Ich fühlte mich nicht unterstützt, dadurch natürlich total überfordert. Ich war von anderen Menschen genervt, übertrug ihnen weniger Verantwortung, weil ich ohnehin davon ausging, dass es nicht gut werden würde. Und hatte so wiederum selbst viel zu viel um die Ohren, was mich sehr belastete.
Als ich erkannte, dass es nur ein Gedanke war – ein sehr hartnäckiger, der sich sehr wahr für mich anfühlte, weil ich ja immer wieder die „Beweise“ in meinem Umfeld beobachten konnte – begann die Veränderung.
Von dem Moment an nahm ich zwar weiterhin wahr, dass andere Menschen, denen ich Aufgaben übertrug, immer wieder Fehler machten. Und ich bemerkte dann, dass sofort der Gedanke bei mir auftauchte: Siehste, es ist doch Realität, kein Glaubenssatz!
Doch plötzlich nahm ich auch das Gegenteil wahr. Ich sah, wenn die Menschen Aufgaben gut erledigten. Ja, manchmal erledigten sie sie sogar besser, als ich es gekonnt hätte. Ich nahm wahr, dass ich ebenfalls Fehler machte, und merkte, dass ich oft einen zu hohen Anspruch an Fehlerlosigkeit hatte – sowohl bei anderen als auch bei mir selbst.
Heute fühle ich mich von meinem Team bestens unterstützt. Ich bin sehr dankbar, dass ich sie habe. Sie machen Dinge, die ich nicht so gut kann – und oft bin ich mit dem Ergebnis nicht nur zufrieden, sondern begeistert. Weil sie an Dinge denken, die ich nicht auf dem Schirm hatte.
Es sind dieselben Menschen. Nur mein Denken hat sich geändert.
Auch „The Work“ von Byron Katie eignet sich wunderbar zum Aufdecken und Loslassen falscher Gedanken. Es ist eine schnell zu erlernende Methode, die sehr interessante Erkenntnisse ermöglicht. Ich zeige dir hier die Kurzform.
Es eignet sich besonders, wenn du dich sehr ärgerst, über etwas aufregst, oder in einer Situation nicht weißt, was du tun sollst.
Schreibe auf, was du denkst – wie etwas oder jemand sein sollte oder nicht sein sollte. Was er tun oder lassen sollte.
Dann stelle dir zu jedem deiner Sätze die folgenden Fragen und beantworte sie, am besten schriftlich. Das Schreiben ist bei solchen Übungen ein wichtiger Verstärker und führt dazu, dass du schneller das Wesentliche erkennst.
• Ist das wahr?
• Kann ich wirklich zu 100% sicher sein, dass das wahr ist?
• Was macht das mit mir, wenn ich glaube, dass das wahr ist?
• Wer wäre ich ohne diesen Gedanken?
Anschließend drehst du es um und spürst nach, was die Umkehrung mit dir macht.
Wenn du also z. B. glaubst „Alles muss ich selbst machen, wenn es ordentlich werden soll.“ könnte eine Umkehrung lauten: „Nichts muss ich selbst machen, wenn es ordentlich werden soll.“
Die Umkehrung darf spielerisch und intuitiv erfolgen, es gibt keine Regeln dafür. Sie soll unseren Geist dafür öffnen, dass es noch andere Möglichkeiten gibt, die Welt zu sehen. Oft sind wir mit unseren Überzeugungen so verbohrt, dass uns Umkehrungen schwer fallen. Die Formulierungen wirken auf uns so abstrus, dass wir sie von vornherein ablehnen. Spiele mit den Formulierungen. Nimm die Übung nicht so ernst.
Das Leben nicht so ernst zu nehmen, ist ein wichtiger Schritt zu einem wirklich erfüllten Leben.
Was bedeutet Erfolg für dich?
„Auf dem lärmenden Marktplatz der Welt ruhig herauszuhören,
was du wirklich-wirklich willst, ist eine Kunst.“
Veit Lindau
Jetzt habe ich schon so oft von Erfolg gesprochen, ohne genau geklärt zu haben, was ist Erfolg überhaupt? Diese Frage ist eine der wichtigsten deines Lebens. Die ehrliche Antwort kann dein ganzes Leben auf den Kopf stellen.
Vielleicht hast du bisher kein gutes Verhältnis zu Erfolg. Dann ist dieses Kapitel genau richtig für dich. Denn Erfolg ist für mich heute nicht mehr das, was es früher einmal für mich war. Was es nach meinen Beobachtungen auch für die meisten Leute heute noch zu sein scheint.
Für die meisten Leute bedeutet Erfolg, etwas im Außen zu erreichen, z. B. Geld, Macht oder Anerkennung.
So verbindest du Erfolg vielleicht damit, dass dein Unternehmen wächst und richtig Geld macht. Du willst Marktführer werden. Du willst die Karriereleiter erklimmen. Du willst, dass dein Buch ein Bestseller wird. Du willst, dass dein Schatz den Heiratsantrag annimmt (oder ihn dir macht). Du willst, dass dein Kind sein Studium durchzieht …
Du willst ein Haus, ein Auto, ein Boot kaufen. Du willst reisen, vielleicht ein paar Jahre um die Welt. Du willst woanders leben. Frei und unabhängig arbeiten, am liebsten in einer Hängematte am Meer.
Erfolg ist hier immer mit etwas verbunden, das du erreicht hast, also einem Ziel. Das ist nicht falsch, doch sehr gefährlich. Aus mehreren Gründen. Wir laufen Gefahr, den falschen Zielen hinterherzurennen. Wir merken das oft erst, wenn wir sie erreicht haben – und uns nicht so erfüllt und glücklich fühlen, wie wir gehofft hatten. Wir laufen Gefahr, zu scheitern, und uns als erfolglos wahrzunehmen.
Ich habe festgestellt, dass mein Fokus sehr lange ausschließlich auf dem lag, was ich noch erreichen wollte, und ich all das, was ich bereits hatte, gar nicht wahr nahm. Ich war viel erfolgreicher als ich dachte, ich konnte es nur nicht sehen. Meine Linse war auf die Zukunft eingestellt, wo die noch unerreichten Ziele lagen. Ziele, die noch nichtmal dem entsprachen, was ich wirklich wollte.
Ziele in der Zukunft sorgen dafür, dass wir an unserem Leben vorbei rennen.
Oft verfolgen wir Ziele, weil wir uns etwas anderes davon versprechen. Auch das ist wieder etwas, das ganz unbewusst in uns abläuft, solange wir es nicht hinterfragen. Welches Ziel willst du erreichen, und warum? Überlege mal, was dann für dich in Erfüllung gehen würde.
Du könntest dir dann alles kaufen, was du willst. Du wärst endlich frei. Du wärst endlich glücklich. Du wärst endlich wer, und dein Vater (deine Mutter) wäre endlich stolz auf dich …
Immer wenn sich etwas scheinbar erfüllt, wenn wir etwas erreichen, handelt es sich um ein ungesundes Ziel. Um ein „um zu“ Ziel. Erst wenn du etwas erreichen willst, einfach weil du sehen willst, was möglich ist, weil du Lust hast, es zu kreieren, oder weil es in dir eine Flut unendlicher Freude auslöst, ist es ein Ziel, das aus dem Herzen kommt.
Ganz oft suchen wir unser Glück, Anerkennung, Sicherheit oder einen Ausweg aus unseren Sorgen und Ängsten (und Stress) in den Zielen, die wir uns im Außen setzen.
Doch diese Art von Erfolg wird uns nie wirklich befriedigen. Wir können noch so „erfolgreich“ sein, wir werden es nicht spüren. Wir brauchen immer noch mehr davon.
Lange Zeit war für mich Erfolg, wenn sich alles, was ich in Angriff nehme, so entwickelt, wie ich mir das vorstelle. Ich empfand mich als erfolgreich, wenn ich die Kontrolle hatte. Warum? Weil ich mich dann sicher fühlte. Wenn ich die Kontrolle habe, kann mir nichts passieren.
Ich muss wohl nicht dazu sagen, dass ich nur allzu oft genau diese Kontrolle verlor. Dann fühlte ich mich nicht nur unsicher, sondern auch erfolglos.
Dabei war ich das mitnichten.
Wenn wir einmal genau hinschauen, sind wir alle reine Erfolgsgeschichten. Wir haben die Schwangerschaft, die Geburt, die ersten Jahre überlebt. Wir haben uns prächtig entwickelt, können sprechen, schreiben, lesen, meist auch laufen, singen (jeder auf seine Weise), Tiere streicheln – naja, und dann eben noch vieles mehr, was sehr individuell sein kann.
Einer kann Klavier spielen, der nächste kochen und backen, einer kann gut rechnen, der nächste schreibt Gedichte oder kann sich Zahlen gut merken. Auch du bist in vielen Dingen besser als der Durchschnitt – darauf wette ich.
Doch wir messen unseren Erfolg nicht auf diese Weise. In der Schule lernen wir, unseren Blick auf die Dinge zu richten, die noch nicht so gut funktionieren. Wir lernen, den Maßstab dort zu legen, wo wir noch nicht so gut sind. Wir nehmen die Dinge, in denen wir richtig gut sind, als ok an und lenken den Fokus auf alles, was uns noch nicht so gut gelingt.
Wir verlieren also den Blick für alles, wo wir bereits erfolgreich sind. Wir halten uns oft für erfolgloser als wir in Wirklichkeit sind.
Zum Anderen ist für mich wahrer Erfolg nicht von Geld, Macht und Ruhm bestimmt.
Dass das nicht der wahre Erfolg ist, merken wir, wenn wir es erreicht haben. Entweder streben wir dann nach noch mehr Geld, Anerkennung oder Macht, weil wir merken, dass unser „Loch“ in uns damit noch nicht erfüllt ist. Oder wir merken, dass alles Streben vergeblich war, dass wir noch immer genauso unglücklich, unsicher, ängstlich oder gestresst sind.
Heute ist Erfolg für mich, wenn ich mit mir selbst im Reinen bin. Wenn ich gelassen und entspannt bin, wenn ich friedlich bleibe (auch innerlich), auch wenn mich jemand ankeift, wenn ich liebevoll mit meinen Kindern umgehe.
Wenn ich weiß, wovon ich träume, was ich wirklich will – auch wenn alle Menschen um mich herum etwas anderes wollen. Wenn ich über meinen Schatten springe, weil ich weiß, dass es mich meinen Träumen näher bringt. Und wenn ich liebevoll mit mir selbst bleibe, weil mir das Schattenspringen noch nicht so leicht fällt.
Erfolg ist für mich, wenn ich meinem ganz eigenen Lebensweg folge. Mich nicht verbiege oder verstelle, um anderen zu gefallen oder etwas Bestimmtes zu erreichen, sondern einfach ich selbst bin. Wenn ich den Weg genieße und ich zwar Ziele habe, die mich total anspornen, die ich aber gleichzeitig nicht erreichen MUSS. Weil ich bereits jetzt alles habe und bin, was ich brauche.
Mein Leben ist erfolgreich, wenn ich genügend Zeit mit den Menschen verbringe, die mir wichtig sind, und ich ein wenig Licht und Liebe in ihr Leben bringen darf. Mein Leben ist erfolgreich, wenn ich es schaffe, diesen Menschen zu zeigen, was sie mir bedeuten. Wenn ich alles gebe, um ihnen ihr Leben leichter und fröhlicher zu machen – ohne mich selbst zu vergessen oder zu verbiegen.
Erfolg ist, wenn ich frei bin, mein Leben so zu leben, wie ich es möchte, und einfach so zu sein, wie ich bin. Unabhängig von den Dingen im Außen.
Ganz ehrlich: Magst du Erfolg?
„Bei dem Weisen ist der Reichtum ein Diener;
bei dem Toren spielt er den Herrn“
Lucius Annaeus Seneca
Für Erfolg gibt es noch eine sehr wichtige Regel. Er kommt zu den Menschen, die ihn aus ganzem Herzen und ehrlich bejahen. Lange Zeit habe ich die Augen gerollt, wenn ich diesen Satz hörte, denn wer mag Erfolg nicht? Wer heißt ihn nicht willkommen, wenn er sich zeigt?
Doch viele Menschen stehen mit Erfolg auf Kriegsfuß. Dahinter können verschiedene (meist unbewusste) Glaubenssätze stecken.
Da gibt es die einen, die glauben, wer erfolgreich ist, geht über Leichen. Da gibt es diese erfolgreichen Menschen, die einfach alles tun, und denen andere Menschen egal sind. Wer Erfolg für etwas Schlechtes hält, für etwas, das verwerflich und unmoralisch ist, wird sich schwer damit tun, wirklich erfolgreich zu werden.
Wer glaubt, er würde die Menschen um sich herum verlieren, wenn er erfolgreicher wird als sie, oder wer Angst vor Neidern hat, wird ebenfalls dem eigenen Erfolg im Weg stehen.
Ich habe lange Zeit geglaubt, Erfolg gehe nur auf Kosten meiner Gesundheit, mache Stress, ich müsse unheimlich viel Verantwortung und Verpflichtungen übernehmen und hätte keine Zeit mehr für mich selbst. Lange Zeit hat sich das für mich auch genau so gezeigt, der Glaubenssatz schien ganz und gar zu stimmen, und als ich entschied, dass es jetzt Zeit war, anders zu leben, glaubte ich zunächst, dass ich nun als Resultat auf Erfolg verzichten müsse.
Doch das ist nicht der Fall. Wahrer Erfolg hat keine schlechten Nebenwirkungen. Er kostet dich nicht deine Gesundheit – im Gegenteil. Er macht dir keinen Stress, er bürdet dir auch keine zusätzlichen Verantwortungen oder Verpflichtungen auf.
Vielleicht verlierst du tatsächlich Menschen, die dann aber ohnehin nie ganz hinter dir standen, und die am Ende nur neidisch auf dich sind, weil sie sich selbst keinen anstrengungslosen Erfolg erlauben – aus denselben oben genannten Glaubenssätzen. Und im Gegenzug wirst du neue Menschen in dein Leben ziehen, Menschen, die deine Art, erfolgreich zu sein, faszinierend finden oder auf derselben Wellenlänge sind.
Erfolg ist dein Geburtsrecht. Und du musst ihn dir weder erkämpfen, noch anderen dafür etwas wegnehmen. Wenn es natürlicher Erfolg ist, die Art von Erfolg, die sich auf leichte Art einstellt, und die dich wirklich erfüllt, dann werden auch viele, viele andere Menschen in ungeahnter Weise davon profitieren. Denn Erfolg ist nichts Egoistisches, er bezieht immer alle anderen Menschen und auch alle anderen Lebewesen mit ein.
Wenn es heißt, Erfolg möchte voll angenommen werden, dann bezieht das immer auch den Erfolg anderer Menschen mit ein. Wie reagierst du, wenn andere Menschen augenscheinlich erfolgreicher sind als du? Achte einmal darauf, wie du es bewertest. Ob du nach den Haken suchst, nach dem, was diese Personen falsch machen.
Vielleicht hältst du sie insgeheim für Betrüger, oder du hegst versteckten Neid. Oder du spürst da diese Angst in dir, dass sie dir etwas wegnehmen könnten. Marktanteile. Oder sie verbreiten eine ganz andere Botschaft als du, und du glaubst, sie sollten ruhig gestellt werden.
All diese Verurteilungen von anderen erfolgreichen Menschen stehen dir und deinem Erfolg im Weg. In Wirklichkeit kann dir niemand etwas wegnehmen. Es ist genug für alle da. Es gibt für jede Botschaft Menschen, die sie hören wollen oder hören müssen.
Ich spüre oft in mir die Angst, nicht schnell genug zu sein. Dass andere mir meine Idee „stehlen“ könnten, oder dass gar andere meine Idee bereits umgesetzt haben, und das vielleicht sogar noch besser als ich. Überhaupt habe ich überall Menschen gesehen, die (augenscheinlich) besser waren als ich.
Auch diese Sicht kann uns massiv im Weg stehen, schon aus ganz banalem Grund: Wenn wir ständig Angst haben, dass jemand unsere Idee klaut, gehen wir mit ihr nicht raus. Wenn wir ständig fürchten oder sehen, dass alle anderen besser sind als wir, gehen wir gar nicht erst los. Diese Brille auf die Welt entmutigt und blockiert uns, sie kostet uns unendlich viel Kraft, und wir zweifeln immer wieder an unserem Weg. Auf diese Art wird Erfolg sich logischerweise nicht einstellen.
Du kannst es aber auch so sehen: Alles, was du aussendest, kehrt wieder zu dir zurück. Gönne anderen Menschen ihren Erfolg. Erfolg kommt zu dem, der ihn mag (wie Geld übrigens auch). Zeig Erfolg, dass du ihn magst, egal, wo du ihn siehst.
Falls du Glaubenssätze bei dir gefunden hast, die dir Erfolg madig machen – herzlichen Glückwunsch. Das Erkennen falscher Glaubenssätze ist die wichtigste Voraussetzung für nachhaltige Veränderungen. Akzeptiere sie einfach und beobachte, wann und wie sie bei dir wirken. Öffne dich dafür, dass es auch anders gehen kann. Mehr ist nicht nötig.
Falls du vermutest, dass es Glaubenssätze in dir gibt, an die du aber im Moment noch nicht bewusst heran kommst, dann akzeptiere auch das. Akzeptanz ist die machtvollste Methode für anstrengungslose Veränderung. In dem Moment, in dem wir akzeptieren, was ist (auch wenn es uns nicht gefällt), kann und wird Veränderung beginnen.
Guter Erfolg ist eigentlich ganz einfach
„Wir haben uns eine Welt erschaffen,
für die wir nicht geschaffen sind.“
Horst Vogel
Ist Erfolg ohne Anstrengung möglich? Ohne Stress, ohne Druck, ohne Dinge zu tun, die du nicht tun willst, ohne dich zu überwinden oder künstlich zu motivieren? Erfolg, der von alleine zu dir kommt, statt dass du ihm hinterher rennst?
Ja, es gibt diese Art von Erfolg. Und sie ist gar nicht so schwer.
Warum strengen sich dann so viele Menschen so furchtbar an, arbeiten hart, motivieren sich, oder engagieren sogar jemanden, der das für sie tut?
Ich glaube, dass es nicht nur daran liegt, dass sie nicht wissen, dass es auch anders geht, und wie. Selbst wenn es ihnen jemand erzählt (so wie ich dir mit diesem Buch), fällt es ihnen schwer, das zu glauben. Weil alle um sie herum genauso hetzen und jagen. Wir sind darauf konditioniert, uns unseren Erfolg zu erkämpfen. Wir können nicht glauben, dass es auch anders sein könnte.
Wir haben gelernt, dass wir unseres Glückes eigener Schmied sind. Wir glauben, dass wir für alles, was wir in unserem Leben erreichen wollen, selbst sorgen müssen. Wir glauben, wenn es noch nicht klappt, müssen wir uns noch mehr anstrengen, noch besser werden, mehr lernen, mehr üben, uns weiterentwickeln.
Die meisten meiner größeren Erfolge habe ich nicht allein durch meine Anstrengung erreicht. Schon in der Schule war ich der festen Überzeugung, dass es leicht gehen kann, und immer, wenn ich doch gelernt habe (weil ich unsicher war), habe ich in der Prüfung furchtbar abgeschnitten. Die größten Chancen in meinem Leben habe ich mir nicht selbst erarbeitet, sondern sie sind einfach so aufgetaucht, und ich habe sie nur ergriffen. Meist hat mich das nur etwas Mut gekostet, aber wenig bis gar keine harte Arbeit.
Dennoch war ich nach meinem Eintritt ins Berufsleben davon überzeugt, dass ich mich ins Zeug legen muss, wenn ich eine Karriere haben und jemand werden will. Alle um mich herum haben mir das so gesagt und vorgelebt, und ich habe es aufgegriffen und imitiert. Wenn es alle sagen, muss es schließlich stimmen.
Oder nicht?
Ich bin heute davon überzeugt, dass wir umso erfolgreicher sind, je leichter wir es uns machen. Leicht wird es, wenn wir mit dem Leben fließen, statt dagegen. Das bedeutet, dass wir zum Einen unserer Freude folgen. Wenn wir das tun, woran wir Freude haben, werden wir automatisch bessere Ergebnisse vorweisen können. Wir werden mit mehr Herzblut an die Sache gehen. Wir werden besser sein als andere Menschen, die sich zu dieser Arbeit zwingen.
Zum anderen bedeutet es, dass wir einfach nur einen logischen Schritt nach dem anderen gehen. Unser Ziel ganz locker dabei im Auge behalten, damit in etwa die Richtung stimmt, aber dennoch nicht weiter im Voraus planen als unbedingt nötig ist.
Das Leben wird uns dann Chancen senden, die uns vielleicht unserem Ziel schneller näher bringen als jede harte Arbeit es je gekonnt hätte.
Dieser Weg enthält zwei Herausforderungen, die unseren Verstand oft zweifeln lassen. Einerseits geht dieser Weg manchmal schleppend langsam, die Chancen stellen sich nicht unmittelbar ein, sondern erscheinen auf der Bildfläche, wenn wir es am wenigsten erwarten. Während diese Chancen uns ein riesiges Stück voran katapultieren können, sieht es die übrige Zeit sehr oft so aus, als würden wir gar nicht voran kommen.
Wenn wir nicht genug Vertrauen haben, dass die Chancen irgendwann erscheinen werden, kann es sein, dass wir die Geduld verlieren. Dann geraten wir ins Rennen und versuchen, die Dinge zu beschleunigen. Dadurch wiederum verlieren wir schnell den Blick für Chancen, weil wir so sehr darauf konzentriert sind, den Weg bis zum Ziel zu planen.
Die zweite Herausforderung ist, dass wir häufig nicht genau wissen, was wir wollen. Zu groß scheint das Buffet des Lebens zu sein. Solange wir keinen Kontakt zu uns selbst und unseren wahren Herzenswünschen haben, werden wir immer wieder verführt und abgelenkt werden. So kann es sein, dass wir immer wieder vom Weg abkommen, oder plötzlich die Richtung wechseln, was wiederum zur Folge hat, dass das Leben mit dem Chancen-Senden nicht hinterher kommt.
In diesem Buch möchte ich dir das Rüstzeug mitgeben, das ich für essentiell halte, wenn es um anstrengungslosen Erfolg geht. Auf der einen Seite möchte ich dir zeigen, wie du herausfindest, was du wirklich willst (und nicht, was du glaubst, zu brauchen, um glücklich, geliebt, anerkannt oder sicher zu sein). Auf der anderen Seite werde ich dir erzählen, wie du mehr ins Vertrauen kommst, wie du deine Schritte gezielter und konzentrierter setzt, ohne zu viel Zeit in der Zukunft und mit dem Planen deines Wegs zu verbringen.
Ich glaube, die allerwichtigste Zutat ist dein Sein im Hier und Jetzt. Wenn du immer im Augenblick bist, wirst du Chancen schneller erkennen, du wirst schneller spüren, wann du auf deinem Weg bist und wann nicht, du wirst mehr vertrauen, und vor allem wirst du stärker angebunden an eine unendlich wertvolle Ressource – deine innere Weisheit.
Vertrau dir, und gehe deinen Weg ganz entspannt. Du musst die Schritte noch nicht kennen. Beim Gehen wird er sich ganz von selbst nach und nach entfalten.
1 Die Welt braucht Menschen, die lebendig geworden sind.
2 Magst du friedlich im Herzen, gesund, glücklich und frei sein.
3 Das Problem am Rattenrennen ist, dass du – selbst wenn du gewinnst - noch immer eine Ratte bist.
4 Im Gegenteil. Je entspannter du bist, desto bessere Entscheidungen wirst du treffen, desto magnetischer wirst du auf andere Menschen wirken – ergo, desto erfolgreicher wirst du sein.
5 Der Verstand funktioniert eher wie ein Projektor als wie eine Kamera.
6 Die innere Weisheit hat viele Namen, z. B. Intuition, innere Führung, Herzstimme. Sie ist unsere Anbindung an das Leben selbst, ihre Intelligenz entspricht also der des Lebens – das Ökosysteme erschafft, Universen in Balance hält, und letztlich ja auch alle Funktionen in unserem Körper harmonisch steuert.