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Birgid Windisch

Schwarze-Witwen-Mambo

Mümlingtalkrimi, Band, Nr. 5

Birgid Windisch

Schwarze Witwen Mambo

5. MÜMLINGTALKRIMI

 Prolog Dezember 2011

Der schon ältere, aber rüstige Mann, wanderte über die Rimhorner Höhe, dem Aussichtsplatz zu, von dem man einen herrlichen Blick über den Ort hatte. Von dort wollte er den schmalen Hohlweg nach unten laufen, der links von Äckern, Wiesen und Weiden begrenzt war. Rechts säumten Bäume den Weg. Er trat unter den „Pilz“, wie die Rimmerner ihren Schattenplatz nannten – einen massiven Holzstamm, auf dem eine Art Schirmdach saß.

Zufrieden las er zum wiederholten Male den schönen Spruch, auf dem Holzschild unter dem Dach:

Rimhorn, oh wie schön bist Du, mit Blick von der Johannisruh. Wenn dann im Frühling die Bäume blühn und winkende Wanderer vorüber ziehn, wird uns die Schönheit unserer Heimat bewußt und man möchte singen voller Lust - ein schönes Plätzchen ist das hier, dem VVR sei Dank dafür!“

Gleich daneben hing ein ausführliches, gerahmtes Gedicht hinter Glas, das er diesmal nicht las – er konnte es sowieso auswendig. Still lächelte er in sich hinein und flüsterte dabei:

Johannes Ruh, Johannes Ruh,

ein Plätzchen – ach wie schön bist du.

Wie herrlich ist in´s Dorf der Blick

Lieb Dörflein, ach leb doch immer im Glück.

Hier erfreut sich jung und alt,

so schön hier bei dem Tannenwald;

man hört dort drüben das Glöcklein klingen

und ringsherum die Vöglein singen.

Man sieht hier den fröhlichen Wanderer ziehn,

oben am Berghang die Obstbäume blühn

und unten sieht man die Autos sausen

hoch in den Lüften die Flugzeuge brausen.

So friedlich steht´s Kirchlein in der Mitte,

zur Schule geh´n die Kinder mit schnellem Tritte;

überall gehen weit und breit

viel gute und auch brave Leut.

Kommt man von unten oder oben,

jeder wird das Plätzchen loben;

von hier aus sieht es so herrlich aus,

wenn man betrachtet sein Heimathaus.

Geht man vorbei und ist sehr müd

Und die Vöglein singen ihr Abendlied

erlabt sich jung und alt das Herz

und man vergisst so manchen Schmerz

Geht man abends in sein Kämmerlein,

spät schon, beim lieben Mondenschein,

schickt man sein Nachtgebet zum Herrn,

für alle Lieben aus Nah und fern,

denk ich nochmals an die Johannes Ruh

bis mir fallen die Augen zu.“

Er genoss noch einmal den schönen Ausblick, dann setzte er sich auf die Bank, die den Holzstamm umschloss, öffnete die mit Tee gefüllte Thermosflasche, die ihm seine Frau, wie immer, fürsorglich am Morgen gefüllt hatte. Liebevoll dachte er an sie, die so gut zu ihm war. Sie war um die zwanzig Jahre jünger als er und äußerst liebreizend anzusehen. Manchmal konnte er immer noch nicht fassen, warum sie gerade ihn gewählt hatte. Ihn, der doch eher unscheinbar daherkam und nicht viel darstellte, im Gegensatz zu ihr, die so wunderschön und wohlsituiert war. Daher hatte er vor einem knappen Jahr, als er sie kennenlernte, auch gleich gewusst, dass sie nicht hinter seinem Geld her sein konnte. Er hatte sie nach kurzer Zeit zu seiner Frau gemacht und ihr von ganzem Herzen vertraut, wie er es auch heute immer noch tat. So ein spätes Glück war nicht jedem beschieden und niemand sollte ihn der Undankbarkeit bezichtigen. Er nahm noch einen tiefen Schluck von dem wohlschmeckenden ayurvedischen Tee, den seine Sybille so liebte und auf dessen gesundheitsfördernde Wirkung sie schwor, runzelte kurz die Stirn, da er diesmal etwas bitter schmeckte. Wahrscheinlich hatte sie ihn zu lange ziehen lassen, fuhr es ihm durch den Kopf. Gemächlich trank er aus und füllte den Becher noch einmal bis zum Rand. Sie hatte sich die Mühe gemacht und ihren selbstgemischten ayurvedischen Tee für ihn gekocht, da wollte er seine Wertschätzung ihrer Mühe auch zeigen, indem er ihn austrank, wenn er auch diesmal nicht so gut wie sonst schmeckte. Er zuckte die Achseln und setzte den nun leeren Becher ab. Verwirrt und zunehmend beunruhigt registrierte er zunehmendes Herzklopfen, das sich zum allmählichen Herzrasen steigerte. Das Atmen fiel ihm schwer, er bekam kaum noch Luft. Automatisch zerrte er an seinem Reißverschluss, um den Anorak zu öffnen und ließ dabei sein geliebtes Heimatdorf nicht aus den Augen.

Der Becher rutschte ihm aus der Hand, der restliche Tee, der darin gewesen war, versickerte im weichen Boden und er sank mit weit aufgerissenen Augen allmählich nach hinten, gegen den Stamm. Von dort kippte er langsam zur Seite, rutschte dabei nach vorn von der Bank herunter, erbrach sich dabei heftig und kam mit einem dumpfen Plumps auf dem Boden auf. Als sein Kopf auf den Boden aufschlug, war er bereits tot. Der restliche Inhalt der Teeflasche ergoss sich neben ihm, vermischte sich mit dem Erbrochenen und die heiße Flüssigkeit tränkte seine Hose, doch das spürte er nicht mehr.

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