Читать книгу Gefangen - Блейк Пирс - Страница 11

KAPIEL FÜNF

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Riley begann beinahe zu hyperventilieren als sie begriffen hatte, was geschehen war.

Sicherlich kann ich diese Entscheidung anfechten, dachte sie sich.

Die Agentur und ihr Anwalt könnten ohne Probleme solide Belege für Scarlattis gewalttätiges Verhalten auftreiben.

Aber was würde in der Zwischenzeit passieren?

Jilly würde nie bei ihrem Vater bleiben. Sie würde wieder wegrennen –– und dieses Mal könnte sie wirklich für immer verschwinden.

Es war möglich, dass Riley ihre jüngere Tochter nie wiedersehen würde.

Immer noch in seinem Sessel sitzend wandte der Richter sich an Jilly: „Junge Dame, du solltest jetzt wohl zu deinem Vater gehen.“

Zu Rileys großer Überraschung blieb Jilly komplett ruhig.

Sie drückte Rileys Hand und flüsterte…

„Keine Sorge, Mom. Es wird alles gut werden.“

Sie ging rüber zu Scarlatti und seiner Verlobten. Albert Scarlattis Lächeln war herzlich und warm.

Gerade als ihr Vater seine Arme zu ihr hinausstreckte, um sie zu umarmen, sagte Jilly: „Ich habe dir etwas zu sagen.“

Ein neugieriger Gesichtsausdruck machte sich auf Scarlattis Gesicht breit.

Jilly sagte: „Du hast meinen Bruder umgebracht.“

„W-Was?“, stammelte Scarlatti. „Nein, das stimmt nicht, und das weißt du. Dein Bruder Norbert ist weggerannt. Das habe ich dir hundert Mal erzählt –– “

Jilly unterbrach ihn.

„Nein, ich spreche nicht von meinem großen Bruder. Ich erinnere mich nicht einmal an ihn. Ich spreche von meinem kleinen Bruder.“

„Aber du hattest nie einen ––“

„Nein, ich hatte nie einen kleinen Bruder. Weil du ihn umgebracht hast.“

Scarlattis Mund stand offen und sein Gesicht wurde rot.

Ihre Stimme zitterte vor Wut als Jilly fortfuhr: „Ich nehme an, du denkst, dass ich mich nicht an meine Mutter erinnere, weil ich noch so klein war, als sie fortgegangen ist. Aber ich erinnere mich. Ich erinnere mich daran, dass sie schwanger war. Ich erinnere mich, wie du sie angebrüllt hast. Du hast ihr in den Bauch geschlagen. Ich habe gesehen, wie du es tatst, immer und immer wieder. Dann war ihr schlecht. Und dann war sie nicht mehr schwanger. Sie erzählte mir, dass es ein Junge gewesen ist, und dass er mein kleiner Bruder geworden wäre, aber dass du ihn getötet hattest.“

Riley war geschockt von dem, was Jilly da sagte. Sie hatte keinerlei Zweifel, dass jedes Wort stimmte.

Ich wünschte, sie hätte mir das erzählt, dachte sie.

Aber Jilly hatte es wahrscheinlich zu schmerzhaft gefunden, darüber zu sprechen –– bis zu diesem Moment.

Jilly schluchzte nun. Sie sagte: „Mommy weinte ganz doll als sie mir das erzählte. Sie sagte, dass sie weggehen musste, denn du würdest auch sie früher oder später umbringen. Und sie ist weggegangen. Und ich habe sie nie wiedergesehen.“

Scarlattis Gesicht verzog sich zu einer grässlichen Fratze. Riley sah, dass er mit seinem Zorn zu kämpfen hatte.

Er knurrte: „Mädchen, du weißt nicht, wovon du redest. Du hast dir das alles nur ausgedacht.“

Jilly sagte: „Sie trug ihr schönes blaues Kleid an dem Tag. Das eine, das ihr so sehr gefiel. Siehst du, ich erinnere mich an alles. Ich habe alles gesehen.“

Jillys Worte kamen in einem verzweifelten Strom heraus.

„Du tötest alles und jeden früher oder später. Du kannst gar nicht anders. Ich wette du hast mich sogar angelogen, als du gesagt hast, dass mein Welpe weggerannt ist. Du hast Darby wahrscheinlich auch getötet.“

Scarlattis Körper bebte nun vor Wut.

Jillys Worte hallten immer weiter durch den Raum: „Meine Mutter hat das Richtige getan, als sie weggerannt ist, und ich hoffe, dass sie glücklich ist, wo sie auch sein mag. Und wenn sie tot ist — tja, auch das ist besser, als mit dir zu sein.“

Scarlatti stieß ein dröhnendes Brüllen aus. „Halt die Klappe, du kleine Hure!“

Er ergriff mit einer Hand Jillys Schulter und ohrfeigte sie mit der anderen.

Jilly schrie auf und versuchte sich von ihm loszumachen.

Riley war aufgesprungen und rannte auf Scarlatti zu. Bevor sie zu ihm gelangen konnte, hatten bereits zwei Sicherheitsbeamte den Mann an den Armen ergriffen.

Jilly riss sich los und rannte zu Riley.

Der Richter schlug mit seinem Hammer und alles wurde ganz still. Er sah sich im Gerichtssaal um, als könnte er nicht glauben, was eben geschehen war.

Einen Moment lang saß er einfach da und atmete schwer.

Dann schaute er zu Riley und sagte: „Ms. Paige, ich glaube, ich schulde Ihnen eine Entschuldigung. Ich habe gerade die falsche Entscheidung getroffen und ich hebe sie auf.“

Er blickte auf Scarlatti und fügte hinzu: „Ein weiteres Wort aus Ihrem Mund und ich lasse Sie verhaften.“

Dann sagte der Richter entschlossen: „Es wird keine weiteren Anhörungen geben. Das ist meine endgültige Entscheidung hinsichtlich dieser Adoption. Sorgerecht bekommt die Adoptivmutter.“

Er schlug mit seinem Hammer und erhob sich, um den Gerichtssaal ohne ein weiteres Wort zu verlassen.

Riley drehte sich zu Scarlatti und schaute ihn an. Seine dunklen Augen waren voller Rage, aber die beiden Sicherheitsbeamten waren immer noch an seiner Seite. Er blickte zu seiner Verlobten, die voller Horror dem zugesehen hatte, was sich abspielte. Dann ließ Scarlatti nur den Kopf hängen und stand ruhig da.

Jilly hängte sich an Rileys Hals und schluchzte laut auf.

Riley drücke sie fest an sich und sagte: „Du bist ein tapferes Mädchen, Jilly. Ich werde dich nie alleine lassen, egal was passiert. Du kannst auf mich zählen.“

*

Jillys Wange brannte immer noch als Riley und Brenda ein paar letzte Details mit dem Anwalt klärten. Aber es war ein guter Schmerz, der bald nachlassen würde. Sie hatte die Wahrheit über etwas erzählt, was sie allzu lange für sich behalten hatte. Diese Wahrheit hatte sie für immer von ihrem Vater befreit.

Riley –– ihre neue Mutter –– fuhr sie zurück ins Hotel, wo sie beide schnell packten und zurück zum Flughafen fuhren. Sie hatten noch reichlich Zeit vor ihrem Abflug und gaben ihr Gepäck auf, um es nicht mit sich herumschleppen zu müssen. Dann suchten sie gemeinsam eine Toilette auf.

Jilly stand vor dem Spiegel und betrachtete sich, während ihre Mutter in einer der Kabinen war.

Ein blauer Fleck bildete sich dort, wo ihr Vater sie geschlagen hatte. Aber es würde nun alles gut werden.

Ihr Vater könnte ihr nie wieder wehtun. Und alles nur, weil sie endlich die Wahrheit über ihren verlorenen kleinen Bruder erzählt hatte. Das war alles, was es gebraucht hatte, um die ganze Sache zum Besseren zu verändern.

Sie lächelte ein leichtes Lächeln, als sie sich an die Worte ihrer Mutter erinnerte…

„Du bist ein tapferes Mädchen, Jilly.“

Ja, dachte Jilly sich. Ich glaube ich bin ziemlich tapfer.

Gefangen

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