Читать книгу Eine Spur Von Schwäche - Блейк Пирс - Страница 11

KAPITEL FÜNF

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Unruhig saß Keri im Wartezimmer des Sicherheitsbüros in der Fox Hills Mall. Sie hatte nur einen Gedanken: Das dauert viel zu lange!

Einer der Angestellten suchte nach Aufnahmen im Gastronomiebereich um 14 Uhr, als Lanie das Foto auf Instagram gepostet hatte. Dass es so lange dauerte, konnte nur daran liegen, dass entweder das System sehr alt, oder der Mitarbeiter inkompetent war.

Auf dem Stuhl neben ihr schmatzte Ray an einem Wrap herum, den er sich auf dem Weg durch das Shopping Center gekauft hatte. Keri hatte ihren Wrap kaum angefasst.

Obwohl die Mädchen erst seit etwas länger als vier Stunden unerreichbar waren, hatte Keri das starke Gefühl, dass etwas ganz und gar nicht in Ordnung war. Sie konnte es nur noch nicht beweisen.

„Willst du das Ding nicht einfach im Ganzen Verschlingen?“, fragte sie Ray genervt.

Er hörte sofort auf zu kauen und sah sie fragend an. „Was frisst dich denn?“, fragte er mit vollem Mund.

„Tut mir leid, ich sollte meinen Frust nicht an dir auslassen. Was dauert das denn so lange? Wenn diese Mädchen wirklich entführt wurde, vergeuden wir hier wertvolle Zeit.“

„Wir geben ihnen noch zwei Minuten. Wenn sie bis dahin nichts gefunden haben, treten wir ihnen auf die Füße. Fair?“

„Fair“, antwortete Keri und nahm einen kleinen Biss von ihrem Wrap.

„Ich weiß, dass du nicht besonders geduldig bist, aber da ist doch noch etwas anderes los mit dir. Das habe ich vorhin auf dem Revier schon bemerkt. Wir haben noch zwei Minuten, also raus mit der Sprache.“

Keri sah ihn an. Ein Stück Salat klemmte zwischen zwei Zähnen. Sie hätte gelacht, wenn die Situation nicht so ernst wäre.

Dieser Mann steht dir näher als irgendjemand sonst auf dieser Welt. Sag es ihm, er hat es verdient.

„Okay“, begann sie. „Gleich.“

Sie holte einen Überwachungsdetektor aus der Handtasche, den sie seit einer Weile mit sich führte und gab Ray ein Zeichen, ihr in den Gang zu folgen.

Das Gerät war ihr von einem Sicherheitsexperten empfohlen worden, dem sie bei einem Fall geholfen hatte. Er schien Recht zu behalten, das Gerät war handlich, zuverlässig und preiswert.

Seit dieser Anwalt Jackson Cave ihr gedroht hatte, dass er sie nicht mehr aus dem Augen lassen wollte, hatte sie mehrere Abhörgeräte entdeckt. Eine Wanze hatte sie in ihrer Schreibtischlampe auf dem Revier gefunden. Wie es dort hinkam, wusste sie nicht genau. Vielleicht hatte er ein Mitglied des Reinigungspersonals bestochen.

Außerdem hatte sie eine Kamera und eine Wanze in ihrer neuen Wohnung gefunden – im Wohnzimmer und im Schlafzimmer, sowie im Steuerrad ihres Dienstwagens und hinter der Sonnenblende in Rays Auto.

Edgerton hatte sich darum gekümmert, dass ihr Computer vor jeglichen Cyberangriffen geschützt war. Bisher sah es so aus, als wäre nichts versucht worden, aber sicherheitshalber benutzte sie den Computer nur noch für offizielle Angelegenheiten.

Ihr Handy war bisher clean geblieben, wahrscheinlich weil sie es immer bei sich trug. Es war das einzige Gerät, das sie für die Kommunikation mit dem Sammler benutzt hatte, deswegen wollte sie es nie unbeobachtet lassen.

Als sie nun mit Ray im Gang stand, überprüfte sie zuerst sich selbst, dann Ray und schließlich sein Handy nach Überwachungsgeräten.

Ray hatte sich in den vergangenen Wochen an diese Prozedur gewöhnt. Anfangs hatte er sich dagegen gesträubt, aber nachdem Keri auch in seinem Auto eine Wanze gefunden hatte, wehrte er sich nicht mehr dagegen. Im Gegenteil, er war ebenso aufgebracht darüber und wollte sicher sein, dass man ihn nicht abhörte. Am liebsten hätte er sie sofort herausgerissen, aber Keri hatte ihn überzeugt, sich nichts anmerken zu lassen. Wenn Cave mitbekam, dass sie ihm auf die Schliche gekommen waren, würde er vielleicht den Sammler warnen.

Cave hatte bereits den Verdacht, dass Keri seine Daten gestohlen hatte, aber er hatte keine Beweise dafür. Und er konnte nicht wissen, ob Keri seine Sicherheitsbarrieren überwunden hatte und jetzt vielleicht ihn überwachte. Daher vermutete sie, dass er sich nur an den Sammler wenden würde, wenn es absolut nötig wäre.

Er dachte, dass sie in einer Art Pattsituation steckten und da er weit mehr Informationen hatte als sie, wollte sie ihn in dem Glauben lassen.

Sie musste Ray jedoch versprechen, dass sie die Wanzen sofort entfernen würde, wenn sich daraus ein Nachteil ergab. Sie hatten sich sogar ein geheimes Codewort überlegt, wenn es soweit kommen sollte. „Bondi Beach“, ein berühmter Strand im australischen Sydney, den Keri eines Tages besuchen wollte. Wenn sie eines Tages diese beiden Worte sagte, könnte er endlich jegliche Überwachungsgeräte herausreißen.

„Zufrieden?“, fragte er, als sie ihren Sicherheitscheck abgeschlossen hatte.

„Ja. Sorry. Also, ich habe heute früh eine E-Mail von unserem Freund bekommen“, sagte sie und vermied damit, etwas auszuplaudern, das niemand hören sollte. „Er hat angedeutet, dass er sich bald wieder treffen will. Vielleicht bin ich deswegen etwas reizbar. Immer wenn sich etwas auf meinem Handy regt, denke ich, dass er es ist.“

„Hat er angedeutet, wann es soweit ist?“, fragte Ray.

„Nein. Er hat nur gesagt, dass er sich bald meldet; sonst nichts.“

„Kein Wunder, dass du so geladen bist. Ich dachte, dass du wegen des Mädchens überreagierst.“

Keri spürte, wie in ihr die Hitze aufkochte. Sie starrte ihren Partner wütend an. Auch Ray merkte, dass er mit seinem Kommentar zu weit gegangen war. Gerade als er etwas sagen wollte, winkte der Sicherheitsangestellte sie in den Computerraum.

„Ich habe etwas gefunden“, rief er.

„Dein Glück“, knurrte Keri und stürmte voran. Ray folgte mit etwas Abstand.

Als sie den Computerraum betraten, zeigte das Video 2 Uhr 5. Sarah und Lanie saßen gut sichtbar an einem kleinen Tisch. Lanie machte ein Foto mit ihrem Handy. Höchstwahrscheinlich das Bild, das Edgerton bei Instagram gefunden hatte. Keine zwei Minuten später näherte sich ihnen ein großer, dunkelhaariger, tätowierter Typ. Er küsste Lanie und nach ein paar Minuten standen sie zusammen auf und gingen.

Der Mann stoppte das Video und sah zu Ray und Keri. Auf seinem Namensschild stand ‚Keith‘. Er war um die dreiundzwanzig, hatte fettige, pickelige Haut und eine schlechte Körperhaltung, die Keri irgendwie an Quasimodo erinnerte.

Schnell vertrieb sie diesen Gedanken.

„Ich habe ein paar Screenshots, auf denen man den Typen gut erkennen kann. Ich habe sie abgespeichert und kann sie Ihnen jederzeit schicken.“

Ray sah Keri mit hochgezogenen Augenbrauen an. Vielleicht war dieser Kerl doch nicht so inkompetent, wie sie dachten. Keri war jedoch immer noch wütend über seinen Kommentar und ignorierte seinen Blick.

„Das wäre wunderbar“, sagte Ray zu dem jungen Mann. „Konnten Sie auch herausfinden, wo sie dann hingegangen sind?“

„Ja“, sagte Keith stolz und drehte sich wieder zu dem Bildschirm um. Er zeigte die Aufnahmen einiger anderer Kameras, die den Dunkelhaarigen, Lanie und Sarah zeigten. Nachdem sie durch das Shopping Center gegangen waren, sah man sie in einen Trans A steigen und Richtung Norden aus dem Parkplatz fahren.

„Ich habe versucht das Nummernschild näher heranzuholen, aber unsere Kameras sind zu hoch angebracht um einen verwendbaren Winkel zu bekommen.“

„Schon gut, Keith, Sie haben uns wirklich sehr geholfen. Ich gebe Ihnen jetzt unsere Handynummern, damit Sie uns die Aufnahmen schicken können. Könnten Sie sie vielleicht auch an unseren Kollegen auf dem Revier schicken, damit er sie durch die automatische Gesichtserkennung jagen kann?“

„Natürlich“, sagte Keith. „Ich werde mich sofort darum kümmern. Könnte ich Sie vielleicht auch um einen Gefallen bitten?“

Keri und Ray tauschten einen skeptischen Blick aus. Dann nickten sie. Keith zögerte einen Augenblick.

„Ich wollte mich schon seit einiger Zeit bei der Polizeiakademie bewerben, aber ich fürchte, dass ich den körperlichen Anforderungen nicht gewachsen bin. Ich dachte, dass Sie mir vielleicht ein paar Tipps geben könnten – natürlich erst, wenn sie den Fall gelöst haben.“

„Wenn es weiter nichts ist“, sagte Keri und zog eine Visitenkarte aus der Tasche. „Diese Leute können Ihnen bei der Vorbereitung helfen, und mich können Sie anrufen, wenn Sie mentale Unterstützung brauchen.“ Dann sah sie ihn noch einmal an. „Übrigens, wenn Sie schon ein Namensschild tragen müssen, lassen Sie sich eins mit Ihrem Nachnamen geben. Das wird professioneller.“

Dann stand sie auf und verließ den Raum. Sollte Ray sich doch um den Rest kümmern, das hatte er verdient.

Sowie sie die Fotos bekam, schickte sie sie an Joanie Hart und die Caldwells weiter, für den Fall, dass sie irgendetwas über diesen Typen wussten. Als Ray sie schließlich einholte, hatte er einen reumütigen Gesichtsausdruck.

„Hör zu, Keri, ich hätte nicht sagen dürfen, dass du überreagierst. Da läuft wirklich irgendeine krumme Sache.“

„Soll das eine Entschuldigung sein? Denn ich habe das Wort irgendwie nicht gehört. Und wo wir gerade beim Thema sind: Hatten wir nicht inzwischen genug Fälle, die für alle anderen harmlos aussahen, bei denen ich aber am Ende recht hatte? Solltest du nicht langsam wissen, dass du mir Zweifelsfall lieber einmal zu viel vertraust?“

„Ja, aber nicht bei allen…“, begann er, entschied sich dann aber anders. „Es tut mir leid.“

„Danke. Entschuldigung angenommen“, sagte Keri und beschloss, über den ersten Teil des Satzes hinwegzusehen.

Ihr Handy summte. Keri erschrak. Doch es war nicht der Sammler, sondern Joanie Hart, die Keri mitteilte dass sie den jungen Mann noch nie gesehen hatte.

Sie zeigte Ray die Mitteilung und schüttelte den Kopf darüber, dass diese Frau kaum am Wohlergehen ihrer Tochter interessiert war. Dann ging ein Anruf ein. Es war Mariela Caldwell.

„Detective Locke, hallo Mrs. Caldwell.“

„Hi Detective, ich wollte Ihnen nur mitteilen, dass Ed und ich den Mann auf den Fotos noch nie gesehen haben, aber Sarah hat erwähnt, dass Lanie über ihren neuen Freund gesagt hat, er sähe aus wie ein Rockstar. Ich denke, das könnte er sein.“

„Das ist durchaus möglich“, sagte Keri. „Hat Sarah auch seinen Namen erwähnt?“

„Ich bin ziemlich sicher, dass er Dean heißt. An einen Nachnamen kann ich mich aber nicht erinnern. Ich denke nicht, dass sie ihn weiß.“

„Vielen Dank für diese Informationen, Mrs. Caldwell.“

„Können Sie damit denn etwas anfangen?“, fragte die Frau in einem Tonfall, der ihre ganze Sorge ausdrückte.

„Das ist gut möglich. Leider habe ich zu diesem Zeitpunkt nichts Neues für Sie. Ich verspreche Ihnen aber, dass wir weiterhin alles tun werden, um Sarah bald zu finden. Ich melde mich, sobald es neue Hinweise gibt.“

„Danke, Detective. Wissen Sie, nachdem Sie bei uns waren ist mir aufgefallen, dass Sie vor ein paar Monaten diese junge Surferin gerettet haben. Und ich weiß auch… nun… die Sache mit Ihrer eigenen Tochter…“, sie brach mitten im Satz ab und Keri glaubte ein leises Weinen zu hören.

„Bleiben Sie ganz ruhig, Mrs. Caldwell“, sagte Keri. Sie musste sich bemühen, nicht selbst die Fassung zu verlieren.

„Es tut mir so leid mit ihrem kleinen Mädchen…“

„Denken Sie jetzt nicht darüber nach. Wir wollen uns jetzt darauf konzentrieren, Ihre Tochter zu finden. Versuchen Sie nur, optimistisch zu bleiben. Lenken Sie sich ab, lassen Sie sich nicht verrückt machen. Wir kümmern uns um alles Weitere.“

„Danke, Detective“, flüsterte Mariela Caldwell kaum hörbar.

Keri legte auf und sah Ray an. Auch er sah besorgt aus.

„Keine Sorge, Partner, ich breche nicht zusammen. Zuerst finden wir dieses Mädchen“, versicherte sie ihm.

„Aber gerne. Und wie?“

„Ich denke, es ist Zeit mit Edgerton zu reden. Er hat vielleicht Neuigkeiten über die Handydaten. Außerdem wissen wir jetzt, dass der Mann aus dem Shopping Center Dean heißt. Vielleicht hat Lanie ihn bei Facebook und Co. erwähnt. Ihre Mutter mag nichts über ihn wissen, aber ich habe das Gefühl, dass das eher an ihrem Desinteresse liegt als daran, dass Lanie ihn verstecken will.“

Als sie das Shopping Center verließen und auf ihren Wagen zugingen, rief Keri Edgerton an und stellte ihr Handy auf Lautsprecher, damit Ray mithören konnte.

Edgerton meldete sich auf das erste Klingeln.

„Dean Chisolm“, sagte er ohne sie zu begrüßen.

„Was?“

„Der Mann auf den Fotos heißt Dean Chisolm. Das war auch ohne Gesichtserkennung nicht schwer. Die kleine Joseph hat ihn auf hundert Facebook-Fotos getagt. Er trägt fast immer Kapuze oder Sonnenbrille, als wollte er nicht erkannt werden, aber er ist nicht besonders gut darin. Er trägt immer das gleiche Shirt und die Tattoos sind ziemlich auffällig.“

„Gute Arbeit, Kevin“, sagte Keri. Wie immer war sie beeindruckt von der Effektivität des jungen Technikers. „Was wissen wir noch über ihn?“

„Er hat eine ziemlich dicke Akte bei uns, wegen Drogenbesitzes und Drogenhandels musste er vier Monate absitzen.“

„Klingt nach einem soliden Mitbürger“, murmelte Ray.

„Das ist noch nicht alles. Er steht außerdem in Verdacht, in einem Pornoring mit Minderjährigen beteiligt zu sein. Das konnte ihm aber noch nicht nachgewiesen werden.“

Keri sah Ray mit großen Augen an. Auch sein Blick veränderte sich schlagartig. Bis jetzt hatte er immer noch vermutet, dass diese Mädchen einfach einen kleinen Ausflug machten. Aber nach dem, was sie gerade über diesen Dean erfahren hatten, war nun auch er sichtbar beunruhigt.

„Was wissen wir über diesen Pornoring?“, fragte Keri.

„Unser Hauptverdächtiger ist ein besonders sympathischer Zeitgenosse namens Ernesto ‚Chiqy‘ Ramirez.“

„Chiqy?“, fragte Ray.

„Ein Spitzname. Chiquito bedeutet ‚winzig‘. Dem Foto nach zu schließen ist dieser Mann ein Brocken von einem Kerl. Ich vermute, der Spitzname ist ein Scherz.“

„Und wo finden wir diesen Scherzkeks Chiqy?“, fragte Keri ernst.

„Da muss ich euch leider enttäuschen. Er hat keine offizielle Adresse. Er bewegt sich in verlassenen Lagerhäusern und Hallen, wo er provisorische Zwangsbordelle betreibt, bis sie hochgenommen werden, dann zieht er weiter. Aber eine gute Nachricht habe ich noch.“

„Immer her damit“, sagte Ray und stieg in seinen Wagen.

„Wir haben die Adresse von Dean Chisolm. Und rein zufällig liegt die bei den gleichen Koordinaten, an denen die Handys der Mädchen zum letzten Mal aktiv waren. Ich schicke sie euch, zusammen mit einem Foto von Chiqy.“

„Dank‘ dir, Kevin“, sagte Keri. „Wir sind übrigens soeben einem Kevin-Junior begegnet. Er arbeitet beim Sicherheitsdienst im Shopping Center. Ein aufgeweckter junger Mann. Ich kann euch in Verbindung bringen, wenn du willst.“

„Klar, gerne. Wie ich immer sage – Computerfreaks dieser Welt, vereinigt euch!“

„Ach ja, das sagst du immer?“, neckte Keri ihn.

„Na gut, das denke ich jedenfalls immer“, gab er zu und legte schnell auf, bevor sie ihn noch weiter aufziehen konnten.

„Deine Laune ist überraschend gut, wenn man bedenkt, was uns gerade mitgeteilt wurde“, bemerkte Ray überrascht.

„Ich versuche so lange wie möglich locker zu bleiben“, sagte Keri. „Ich habe das Gefühl, dass ich das nicht mehr lange schaffen werde. Aber keine Sorge, sobald wir Chisolm finden, kann ich meine Nerven beruhigen, indem ich mit einem stumpfen Messer ein paar Tattoos entferne.“

„Gut zu wissen, wie locker du bist“, sagte Ray.

„Aber immer doch.“

Eine Spur Von Schwäche

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