Читать книгу Kathleen - Upside Down - Blossom Rydell - Страница 4
ОглавлениеKapitel 2
Es war ihr nie in den Sinn gekommen, ihrem Chef irgendwelche Details ihres persönlichen Lebens zu offenbaren. Doch nach einem erneuten arbeitsintensiven Abend mit weiteren nur dünn verschleierten Anspielungen, konnte und wollte sie sich nicht mehr länger zurückhalten.
»Ich möchte festhalten: Dass das definitiv keine Optionen sind, die ich favorisiere«, erklärte sie ihm. »Die Männer in der Kanzlei entsprechen nun so gar nicht meinem Typ.«
»Nein?« Joseph Graw zog die Augenbrauen nach oben. »Warum nicht?«
»Weil Männer grundsätzlich nicht mein Typ sind«, antwortete sie, ohne den Blickkontakt zu unterbrechen.
Augenblicklich verschwand sein freches Grinsen von den Lippen, als er sich auf seinem Stuhl zurücklehnte.
Kathleen sah, wie er die Stirn runzelte, und tat ihr Bestes, um nicht wieder zu lachen.
»Stehen Sie etwa auf Frauen?«, fragte er schließlich, und schon seine Stimmlage machte deutlich, dass er gerade geschockt schien.
»Sie haben es erfasst«, erwiderte sie kühn.
»Oh …«, nickte er, die Information sacken lassend, »nun, okay.«
Nach dieser unvermittelten Offenbarung arbeiteten sie den Rest der Nacht schweigend.
Nur von Zeit zu Zeit warf sie ihm einen Blick zu, um zu sehen, ob er sie beobachtete, wie er es sonst immer tat – stellte aber angenehm überrascht fest, dass seine Aufmerksamkeit ausschließlich auf die Papiere vor ihm gerichtet war.
Zum ersten Mal seit sie sich kannten, zog er sie nicht mit seinen Augen aus – sah sie nicht wie ein sexuelles Objekt der Begierde an. Zum ersten Mal interagierte er mit ihr tatsächlich als Kollegin und sonst nichts.
*
Es brauchte nicht lange, bis sich die Nachricht ihrer sexuellen Präferenz im gesamten Büro verbreitet hatte. War sie bis zu diesem Zeitpunkt noch jeden Tag mit lustvoll brennenden Augen angestarrt worden, schien nunmehr niemand mehr auch nur im Geringsten an ihr interessiert zu sein. Es kam ihr vor, als hätte ihre nun allseits bekannte Orientierung dazu geführt, sie endlich als tabu zu betrachten, anstatt in ihrer Person eine sexuelle Herausforderung zu sehen. Ging es der männlichen Belegschaft zuvor noch darum, sie für sich zu gewinnen, so hatte sie dieses Ziel von jetzt auf gleich aufgegeben. Letztlich mochte sie kaum glauben, dass es so simpel gewesen war. Ein ums andere Mal warf sie sich vor, eine derartige Äußerung nicht schon bereits vor Jahren fallen gelassen zu haben, um die unerwünschte Aufmerksamkeit zu beenden.
Zumindest tat sie das, bis die ersten Kollegen damit anfingen, sie verkuppeln zu wollen. Denn kaum hatten sich alle daran gewöhnt, dass sie auf Frauen stand, begannen sie ihr Vorschläge für Dates mit anderen Lesben aus ihrem Bekanntenkreis zu unterbreiten.
»Ich meine es absolut ernst«, beteuerte eines Tages Leah, Graws persönliche Assistentin, ihr gegenüber. »Meine Cousine: Sie ist zwar ein bisschen älter als du, aber sie hat sich gerade geoutet. Es fiel ihr nicht ganz leicht und gerade deswegen sind wir sehr stolz auf sie …« Sie schenkte ihr ein Lächeln. »Ich denke, ihr zwei würdet euch total gut verstehen. Nein. Ich weiß es einfach.«
»Geben Sie ihr einfach eine Chance«, drängte Graw ein paar Wochen später, nachdem er eine neue, ebenfalls lesbische Mitarbeiterin eingestellt hatte. »Ich habe sie auch deswegen genommen, weil ich dachte, sie könnte ihr Typ sein.«
»Sie ist wirklich großartig. Hannah ist eine richtig Süße«, beharrte Tiffany aus der Buchhaltung, als sie auf die Mitbewohnerin ihrer Friseurin zu sprechen kam. Sie seufzte. »Also, wenn ich auf Frauen stehen würde, dann …«, fügte sie hinzu und verschluckte den Rest.
So ging es über Monate, bis sie nicht mehr ein und aus wusste, seelisch zusammenbrach und etwas tat, von dem sie immer sicher gewesen war, dass sie es niemals tun würde: Sie erfand eine imaginäre Freundin und hasste sich dafür. Aber sie wusste zugleich, dass sie kaum oder gar keine eine andere Wahl hatte. Denn es war die einzige Möglichkeit den Rücken wieder freizubekommen, wenn sie vorgab, dass es in ihrem Privatleben nicht das Geringste zu korrigieren gab. Wenn sie mit einer Frau zusammen und glücklich war, würde man sie in der Kanzlei nicht länger als ein Projekt betrachten – ...
… und es funktionierte.
Ab diesem Zeitpunkt konnte sie sich wieder auf ihre Arbeit konzentrieren, ohne laufend behelligt zu werden. Alles lief perfekt, bis zu jenem Morgen als Graw sie in ihrem Büro aufsuchte und ihr von der Eröffnungsparty der neuen Filiale in Glasgow erzählte, die in der folgenden Woche stattfinden würde …
***