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Der große Wunsch der Kleinen

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„Da kommt er – der Mann des wilden Westens! – trabend auf sei­nen Pferdestärken herbei. Feurig rot geht die Sonne unter. Wie ein glühender Kohleball sinkt sie über der Prärie. Doch was ist das?“

Natascha unterbrach das kleine Spiel, derweil dies Mädchen von vier Jahren beide Händchen brauchte, um den Cowboy wie auch das rote Spielzeugauto zugleich zu bewegen. Nun suchte sie aber nach einer anderen Figur, die sie, wie sie erinnerte, nahe bei sich abgelegt hatte. Die Lippen angespitzt, entwich ihrem Munde ein stetes, trotz der Unterbrechung fortdauerndes „Brumm, brumm!“, während sich das Köpfchen nach der zweiten Figur umsah.

„Dort hinten!“, sprach Hamgus fort, als er selbst die Figur ent­deckt hatte, „Im Schatten eines Berges lag ein Schurke auf der Lau­er, ein Gauner von gar übelstem Gemüt! Aber der tapfere Mann des wilden Westens hatte ihn noch nicht erblickt.“

Als Natascha nun endlich hinter sich die zweite Figur gefunden hatte, so ließ sie brummend mit einer Hand ab vom Spielzeugauto, hielt die andere aber eng umschlossen um den Cowboy, der thro­nend auf dem Auto, seinem angedachten Rosse, stand. Sie hob den zweiten Cowboy, den Hamgus als Schurken erkannt hatte, in die Lüfte, schwang ihn auf und nieder, ließ ihn alsbald aber mit einigem Krach, der Nataschas Mund verließ, vor dem Tapferen nieder.

„Aus dem Hinterhalt kam der Schurke hervor“, führte Hamgus seine Erzählung zum Spiel des Mädchens fort, „Da stieß der Cow­boy auf seinen ärgsten Rivalen. Er versperrte ihm den Weg, der Lump! Und forderte das eiserne Ross für sich!“

Natascha ließ die Cowboys nacheinander auf und nieder hopsen, als seien sie in einen argen Disput verflochten.

„Der tapfere Cowboy aber dachte nicht daran, dem Schurken sein treues Gefährt zu überlassen. Es kam ganz unweigerlich zum Duell!“

Nun stieß Natascha die Figuren aneinander, grummelnd und mit kindlicher Gewalt, als ob die Cowboys wahrlich miteinander rangen. Aber ehe ein Sieger aus diesem Duell auf dem Wohnzimmerteppich hervorging, sprang aufgeregt ein junges Ungeheuer zwischen die Kämpfenden und riss sie beinahe aus des Mädchens Händen.

„Nein, nein. Aus, Hundi!“, rief Natascha belustigt und ließ sich lachend vom Familienhund auf den Rücken werfen, den Griff aber fest um die Cowboys haltend, während der junge Hund dem Spaß völlig ergeben war.

Der kleine Hamgus jedoch, der sich sonst allzeit sehr angstfrei zeigte, hatte sich mit Eile hinter dem Sofa versteckt, sein rotes Zip­felmützchen hatte er vom Kopf gezogen und hielt es noch immer gegen die erschrockne Brust gedrückt. Das freudige Lachen Nata­schas konnte den Schreck des Wichtels schon bald beenden. Noch einmal spähte Hamgus, wie ein Mäuschen und nicht größer als ein solches, hinter dem Sofa hervor, um seiner Neugier für die wunder­same und riesenhafte Menschenwelt zu verfallen: Buddler, der Hund, hatte einen der Cowboys, jenen sogar, den Hamgus einen Schurken genannt, im Maul. Natascha saß aufrecht daneben und fuhr dem bauchwärts liegenden Hund mit dem Spielzeugauto über den Rücken.

Obwohl die Wichtel des Hauses stets auf der Hut vor dem Hund und dessen guten Sinnen sein mussten, wollte Hamgus das Gesche­hen mit Eifer weiter kommentieren, aber just, als er den Mund zum Sprechen geöffnet hatte, ertönte neben ihm die Türklinke. Von der Küche her kommend trat Judith mit einem Tablett ins Wohnzim­mer ein, und ihr folgend strömte ein zimtiger und warmer Duft in den weihnachtlich geschmückten Raum, dem ein angenehmer, ob­gleich weniger deutlicher Orangenduft folgte.

Natascha sah ihrer lieben Mutter nach, die achtsam mit dem gut befüllten Tablett durch den Raum wanderte, vorbei an dem Kinde und vorbei an dem Weihnachtsbaume, der geschmückt war mit La­metta, mit Christbaumkugeln in Rot und Grün, einer warmen Lich­terkette, wie auch einigen Engelchen und Nussknackerfiguren, und zuletzt und am meisten leuchtend mit einem Stern auf seiner er­habenen Spitze. Eine Menge kleine Geschenke lag nach Größe sor­tiert zu seinem Fuße, umhüllt mit rotem oder grünem Geschenkpa­pier und der ein oder anderen Schleife. Für das Weihnachtsfest am nächsten Tag war beinahe alles vorbereitet. Lediglich der niedrige Wohnzimmertisch musste noch festlich gedeckt werden. Neben dem Adventskranz, dessen vier Kerzen unterschiedlich tief herun­tergebrannt waren, stellte Judith das Tablett ab, klimpernd und ra­schelnd und schimpfend, denn Buddler war das Spiel mit den Figu­ren langweilig geworden, als er den Duft der Kekse vom Tablett wahrgenommen hatte, sodass er nun in jugendlicher Unmanier und in der Hoffnung auf ein Leckerli zwischen Judiths Beinen umherlief, fiepend, schwanzwedelnd, mit großen Augen, als ob das genug Mit­leid beim Frauchen erzeugen konnte, um eines der begehrten Plätz­chen zu bekommen. Stattdessen aber ertönte Judiths Schimpfen: „Nein, Buddler! Aus!“

So gehorchte der Hund und legte sich längs auf den Teppich mit gesenktem Kopf, dem Frauchen mit den dunklen Augen folgend und in jedem Moment, in dem er Aufmerksamkeit erkennen moch­te, mit dem Schweife wedelnd, denn Geduld kannte er in seinem Al­ter noch nicht.

„Geschieht dir recht, dass du nichts bekommst!“, flüsterte hinter dem Sofa der Wichtel, der all dies beobachtet hatte, „Dass du mich auch immer so erschrickst!“

Nun kam er ein Stück hinter dem Sofa hervor, mit wachsamem Auge auf dem Hund. Zaghafte Schritte machte Hamgus zwischen Sofa und Beistelltisch, denn er wollte um die Ecke des Sofas lugen, hinein in den Raum und zum Tisch. Der Hund legte seine gesamte Aufmerksamkeit jedoch in den Keksduft und wollte sich davon nicht ablenken lassen. Nur Natascha saß noch immer da und hätte den mausgroßen Wichtel bemerken können, wenn er den Schutz, den ihm die Möbel boten, verließ. Die Kleine aber hatte den neu­gierigen Blick nicht von der Mutter genommen, also wagte er sich weiter vor.

Bald darauf kam das Mädchen auf den Knien statt auf seinen Füßchen an den Tisch heran, staunte über den Teller mit den köstli­chen Plätzchen und den Weihnachtsschmuck, den Judith mitsamt einem edlen, alten Porzellanservice auf dem Tisch verteilte, um dem Wohnzimmer den letzten Schliff zu verleihen. So wie sie damit fer­tig war, noch ehe sie zuletzt einen gut gefüllten Teller mit selbstge­machtem Weihnachtsgebäck dazu stellte, schweifte ihr Blick über den funkelnden Kitsch. Und für nichts Geringeres hielt sie diesen Anblick! Seufzend ob der Tatsache, dass ihre Schwiegermutter be­stimmte, wie das Wohnzimmer zu schmücken sei, sah sie zu ihrem Töchterchen rüber: „Na, mein Engel! Hat der Schurke heute ge­siegt?“

Natascha kicherte, warf die Hände so hoch sie konnte über den Kopf und rief: „Das Hundi hat ihn gefressen!“

Judith ließ sich zu einem Lachen hinreißen. Dann stand sie aus der Hocke auf, in die sie ob des niedrigen Wohnzimmertisches ge­hen musste. Sie beugte sich noch einmal zu Natascha hinunter, küsste zärtlich die kühle Stirn des Mädchens und verließ den Raum in die Küche.

Kaum, dass Hamgus das gemerkt hatte, geriet er in Eile. Er wollte der Mutter folgen, in der Tradition der Wichtel selbstverständlich, ohne dabei gesehen zu werden. Also lief er zurück zur Wand, ein Stück hinter dem Sofa entlang und hielt an, noch ehe er vor sich bis zum andren Ende des Möbels dieselbe Strecke sah wie hinter sich. Heimlich und mit Wichtelmagie verborgen befand sich hier nämlich eine Tür, nicht größer als eine Teetasse des Porzellangeschirrs. Man konnte sie nicht sehen, sofern man nicht wusste, wo sie war. Der Wichtel kannte aber alle Türen.

Rasch ließ Hamgus die teetassengroße Tür hinter sich zufallen und lief eilends den Tunnel in der Wand hinauf, bis er eine weitere verborgene Tür auf der anderen Seite der Wand erreichte. Jenseits dieser Tür lag die Küche, in die Judith verschwunden war. Leise öff­nete er die Pforte einen spaltbreit, damit er sein kleines Köpfchen hindurchstecken und zu den Menschen aufspähen konnte.

Judith hatte das leere Tablett eben auf dem Küchentisch abge­stellt. Nun krempelte sie die Ärmel ihres Wollpullovers bis zu den Ellbogen hinauf und ging auf ihren Mann zu. Anton stand an der Spüle, größtenteils verborgen hinter einem Berg aus schmutzigem Geschirr. Der Wichtel konnte seinen dunkelhaarigen Kopf erst se­hen, als er ihn hinter diesem Berg hervorholte und seiner Frau zu­drehte.

„Schatz!“, begann er, „Ich hab die Hände schon nass. Könntest du das Fenster öffnen?“

Unerwidernd und während Anton zu spülen begann, machte Ju­dith sich auf zum Fenster und ließ aus dem hinteren Garten eine ei­sigkalte Brise hinein. Für ein paar Minuten sollte es so bleiben, da­mit die verbrauchte, warme Luft im Raum erfrischt wurde, aber wo Judith schon ein Frösteln ereilte, als ein Hauch der Winterfrische sie berührte, da machte Hamgus keine bekannte Kälte etwas aus, denn Wichtel frieren nicht.

Judith nahm ein gefaltetes Handtuch aus einer Schublade heraus und ging ihrem Mann zur Hand.

„Es war heute das erste Mal, dass Natascha beim Keksbacken ge­holfen hat. Ich glaube, es hat ihr Spaß gemacht!“, meinte Anton er­freut.

„Ja, den Eindruck hatte ich auch!“, stimmte Judith zu, „Es war eine gute Idee, am Vorweihnachtstag mit der Kleinen Kekse zu bak­ken. Wir sollten es nächstes Jahr wieder so machen!“

„Unbedingt!“, stimmte Anton begeistert zu.

Hamgus sah sich indes ein wenig um, erkannte, dass die Luft rein war, und drückte die teetassengroße Tür gänzlich auf. Dann trat er durch ihren Rahmen in den Raum hinein. Hinter dem schlanken Bein eines grazilen hohen Beistelltisches, dem nichts mehr als das schnurlose Telefon auflag, versteckte sich Hamgus und lauschte, so wie er es liebte zu tun, den Gesprächen im Haus.

„Ist im Wohnzimmer alles vorbereitet?“, fragte Anton, doch er erhielt von seiner Frau nur ein Seufzen. „Tut mir leid“, sprach er daraufhin, „Ich weiß, meine Mutter ist in diesen Dingen sehr peni­bel.“

Penibel empfand Judith als sehr untertrieben, immerhin verlangte Irmgard die Einhaltung sehr präziser und nicht verhandelbarer Vor­stellungen darüber, wie an Weihnachten das Wohnzimmer zu gestal­ten sei. Und jedes Mal, wenn etwas von ihrer Vorstellung abwich, konnte sich Judith auf zynische Bemerkungen ihrer Schwiegermut­ter gefasst machen. Besonders jetzt, am ersten Weihnachtsfest in ih­rem neuen Zuhause, sollte laut Irmgard alles perfekt sein. Judith hatte protestieren wollen, aber für ihre Tochter wollte sie einem Streit mit Irmgard ausweichen, also tat sie, wie es die Alte verlangte.

„Weihnachten ist ja zum Glück nur einmal im Jahr!“, fügte Anton an, als er keine Antwort erhielt.

„Ich weiß!“, sagte Judith und wechselte das Thema, um die Stim­mung am Vorweihnachtstag nicht zu verderben: „Es ist wirklich ein schönes Haus! So viel Platz und ein großer Garten.“

„Ja, für Natascha ist es ein Spielplatz!“, erwiderte Anton belustigt, „Wir sollten uns für meine Eltern etwas überlegen. Immerhin hätten wir dieses Haus ohne ihr Zutun niemals kaufen können!“

Judith seufzte.

„Ich weiß ja, du verstehst dich nicht gut mit den beiden“, begann Anton, „Aber in diesem Fall sollten wir ihnen wirklich dankbar sein. Die Wohnung war für uns beide allein schon zu klein… und fiel fast auseinander. Zum Teufel mit diesem Vermieter!“, er machte eine kurze Pause, streifte die leidlichen Gedanken an den Streit wegen der Wohnung dann aber ab: „Natascha hat hier ihr eigenes Zimmer, in dem sie sich austoben kann. Und den großen Garten hinterm Haus! Außerdem hätten wir Buddler nicht bei uns aufnehmen kön­nen, wenn wir in der Wohnung geblieben wären.“

Anton legte die letzte Rührschüssel, und damit das letzte gespülte Stück Geschirr, auf die Trockenfläche neben dem Becken, zog den Stöpsel und trocknete seine Hände ab. Danach drehte er seinen Körper zum Küchentisch um, lehnte ihn mit der Hüfte gegen die Spüle.

Judith stand mit der vorletzten nassen Rührschüssel in der einen und dem Handtuch in der andren Hand am Tische, zögerte eine Er­widerung auf die Worte Antons hinaus. Sie mochte ihre Schwieger­eltern nicht, denn sie waren streng konservativ und völlig verschlos­sen gegenüber Neuerungen und neuen Ideen. „Da fällt mir was ein“, sprach sie und wechselte erneut das Thema, „Wie weit bist du mit der Praxis noch gekommen?“

Anton ließ den deutlichen Themenwechsel unkommentiert. Er wusste ja, dass Judith ihn nicht wegen seiner Eltern geheiratet hatte. „Es ist noch nicht alles eingerichtet und ein paar der Geräte konn­ten vor Weihnachten nicht mehr geliefert werden. Ich denke, im neuen Jahr werde ich sie eröffnen können. Vielleicht im Februar schon.“

Judith lächelte verliebt. Das ganze Studium über hatte ihr Mann von seiner Tierarztpraxis geschwärmt. Es hatte nur eine Sache gege­ben, die ihn von seinem Traum fast ferngehalten hätte: Natascha. Aber mit der Hilfe von Antons Eltern, auch weil Irmgard meinte, Kinder zöge man in einem Haus und nicht in einer kleinen Woh­nung auf, konnten sie den Traum von der eigenen Praxis wahrma­chen. Ja, Judith hatte ihn geheiratet, weil er ein Familienmensch war und diesen Traum ohne Zögern aufgegeben hätte. „Dann sollten wir das unbedingt feiern!“, sprach sie.

„Ich habe nichts dagegen einzuwenden.“

Hamgus ließ sich wie gebannt von der Herzlichkeit ihrer letzten Worte mitreißen. Sie würden ein weiteres Fest feiern! Und er würde alle Wichtel dazu bringen, auch für dieses besondere Fest mit anzu­packen, damit es für Familie Waidmann unvergesslich wurde. Für Wichtel gab es wahrlich nichts Schöneres, als den Menschen Freude zu bereiten.

„Wird Ludwig dir das Auto leihen können?“, unterbrach Judith die Vorfreude des Wichtels mit Sorge in der Stimme, „Der Weg von hier zur Praxis ist ein ganzes Stück weiter als von der alten Woh­nung aus. Wir haben nicht genug Geld übrig, um ein eigenes zu kau­fen.“

„Lass uns das Weihnachtsfest abwarten“, meinte Anton, denn er erwartete bereits, dass Ludwig und Irmgard der Familie einen Ge­brauchtwagen zum Fest schenken würden. Nicht, dass er es einfach so erwartete, aber normalerweise fragte Irmgard schon Anfang No­vember pausenlos, was die beiden ihm und seiner Familie Gutes ge­ben könnten, und das musste man ihr schlichtweg zu Gute halten: Sie suchte immerzu nach einer Sache, welche die Beschenkten wahr­lich auch verwenden konnten. Dieses Jahr hatte sie nicht ein einzi­ges Mal gefragt, und weil der Umzug in das Haus erst drei Monate her war und sie bereits ausführlich über die neue Wohn- und Le­benssituation gesprochen hatten, war Anton sicher gewesen, dass ih­nen bald ein Auto zur Verfügung stehen würde.

„Ich kann es kaum erwarten“, sprach Judith in Antons Gedanken hinein. Ihrer Stimme schwang Besinnlichkeit mit, etwas Gutes war ihr zu ihren Schwiegereltern nämlich doch eingefallen: „Ich bin ja selten mit deinem Vater einer Meinung, aber dass er Natascha dazu gebracht hat, sich nichts lieber zu wünschen als dieses kleine Ge­schenk…“

Anton musste bei diesen Worten lachen: „Letztes Jahr war Nata­scha weit mehr von den Geschenkkartons fasziniert, als von deren Inhalt. Dieses Jahr wollte mein Vater, dass sie etwas bekommt, wo­von sie begeistert ist.“

Sie lachten, dann kam Judith auf Anton zu, legte ihre Arme um seinen Hals und drückte ihr kühles Gesicht gegen seines. Anton be­merkte gleich, dass ihre Haut vom offenen Fenster so kühl gewor­den war, doch anstatt es zu schließen, zog er es vor, ihre Umarmung zu erwidern.

„Ich habe eine blaue Schleife darum gemacht, damit wir’s erken­nen“, meinte Anton.

Judith zog den Kopf überrascht zurück, blickte Anton sprachlos in die Augen.

„Mutter wird es nicht gefallen, sie duldet ja nur rot und grün an Weihnachten…. Wenn sie dir deswegen Ärger macht, sag ihr, dass es meine Idee war!“

„Das werde ich tun!“, sagte Judith entschlossen und schmiegte ih­ren Kopf wieder an Antons: „Dieses Geschenk ist etwas ganz Be­sonderes“, murmelte Judith, ehe sie für einen bedächtigen Moment die Augen schloss.

Unter dem grazilen Beistelltisch, hinter einem seiner schlanken Beine stand noch immer der kleine Wichtel und lauschte aufmerk­sam. „Etwas ganz Besonderes? Dann wird sich die Kleine unglaub­lich freuen!“, flüsterte er in völliger Begeisterung. Ehe die Waid­manns in das Haus gezogen waren, hatte es viele Jahre leergestan­den. Die Wichtel waren traurig darum gewesen, hatten es fast aufge­geben, das Haus nach ihren besten Bemühungen instand zu halten, als die Kunde einer neuen Familie zu ihnen herangetragen wurde. Erst war Panik ausgebrochen, denn kein einziger der kleinen Wich­tel hatte sich in diesem Moment erinnern können, wie sie ihre An­wesenheit für gewöhnlich geheim hielten. Hamlin, der weise alte Wichtel, hatte Ruhe in die Panik bringen und die Wichtel in Grup­pen einteilen können, von denen jede eine Aufgabe zur Vorberei­tung auf den baldigen Einzug erhalten hatte. Mit diesen Aufgaben war auch ein neues Lebensgefühl zu den Wichteln gekommen, denn lange Zeit war ihnen schlichtweg langweilig gewesen. Üblicherweise machten Wichtel nämlich nichts lieber, als Freude in die Häuser der Menschen zu bringen, ganz besonders am Weihnachtsfest. Aber ohne die Menschen, denen sie in Heimlichkeit zur Hand gingen, war der Sinn dafür verloren gegangen. Tristesse und Schwermut hatten Einzug gehalten. Jetzt aber, besser gesagt, seit nunmehr drei Mona­ten konnten sie ihrer Kreativität wieder freien Lauf lassen und sich schöne Überraschungen für die Menschen ausdenken.

Für Hamgus war es ganz besonders schön gewesen, denn er hatte von Geburt an eine unabänderliche Faszination für die Menschen­welt empfunden. Seit ihrem Einzug, war er den Waidmanns auf Schritt und Tritt gefolgt. Es war sogar so weit gekommen, dass er mit ihnen mitfühlte, wenn sie fröhlich waren, selbst dann, wenn sie einen schlechten Tag hatten. Dieser Moment war keine Ausnahme. Nataschas Begeisterung und Freude, wenn sie ihr ganz besonderes Geschenk aufmachte, wollte er um keinen Preis der Welt verpassen.

Weihnachten

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