Читать книгу Die Gänsemagd und ihr treues Pferd Falada - Brüder Grimm - Страница 9

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»Habt Ihr heute wohl geruht, mein Prinz?« »Liebt Ihr es, die ausgetretenen Pfade zu verlassen? Ach, tatsächlich? Mehr als alles andere? Oh, dann habt Ihr vielleicht Lust, mich von nun an zu begleiten?« »Ich bin Euch überaus verbunden, verehrter Prinz, doch ich ziehe es vor, nur auf meinem treu ergebenen Falada auszureiten!« Und sie lachte, drehte sich im Kreis und presste das Bildnis an ihre Brust.

Die Vorbereitungen zu den Feierlichkeiten gingen vorüber, die schweren, holzgeschnitzten Truhen waren für die Reise gepackt, und die Wachen erwarteten jeden Moment den Befehl zum Aufbruch. Helena war aufgeregt und voll innerer Unruhe. Nicht dass sie ihr Vaterhaus so gern verlassen wollte. Ganz im Gegenteil! Hier war ihr jeder Pfad ein guter Freund und jeder Baum ihr bester Ratgeber. Hier hatte sie alles gelernt, was sie nun wusste und konnte. Ein Leben fern von ihrem Hof konnte und wollte sie sich eigentlich gar nicht vorstellen. Allerdings war sie auch davon überzeugt, dass alles, was nun geschehen würde, ein bisher ungekanntes Abenteuer war, auf das sie so viele Jahre lang gewartet hatte. Zuvor hatte sie davon nur in Büchern gelesen, und das Ende dieser Abenteuer war immer dasselbe gewesen: Entweder war sie immer noch in ihrem Schlafgemach oder in der Bibliothek oder unter der Krone eines großen Baumes. Von den Büchern blieb ihr nur ein Nachgeschmack, der mit der Zeit schwächer wurde und schließlich ganz verschwand. Sollte das Leben nun wirklich eine ganz neue Melodie für sie bereithalten?

Bald darauf rief die Königin Helena wieder zu sich.

»Mein liebes Kind, die Stunde des Abschieds ist gekommen«, verkündete sie tief seufzend und zog ihre Tochter zu sich heran. »Und auch wenn wir einander besuchen können, wird uns das wohl nicht oft gelingen. Meine Staatsgeschäfte erlauben mir keine häufige Abwesenheit, und auch du wirst in der ersten Zeit am neuen Hof sicher sehr beschäftigt sein.«

Bei diesen Worten zog sich Helenas Brust zusammen, und Tränen traten ihr in die Augen. Sie wusste, dass all das zu ihrem Besten geschah, dass sich ihr Schicksal endlich fügen sollte, doch ohne ihre heißgeliebte Mutter, ihren Halt und ihre wichtigste Stütze, in einem fremden Land zu leben – dieser Gedanke erschien ihr einfach unerträglich.

»Helena, ich weiß, wie schwer das für dich ist. Auch die Reise selbst wird nicht einfach werden. Deshalb such dir aus, was du mitnehmen möchtest, das dich an dein Zuhause erinnert! So wird es dir wahrscheinlich etwas leichter fallen, den Abschied zu verkraften.«

»Glaub mir, Mutter, ich brauche nichts. Gestatte mir nur, Falada mitzunehmen, denn ohne ihn werde ich nie wieder froh sein können. Und könnte auch Selena mitkommen? Wir sind zusammen, seit wir geboren wurden, und sie war mir immer eine verlässliche Stütze.«

Die Königin dachte nach, um gleich darauf zu lächeln.

»Falada ist ein sehr wertvolles Pferd und ein Freund unserer Familie, das weißt du. Auf ihn gib am allerbesten acht. Sieh dir an, wie der Pferdeknecht mit ihm umgeht, und höre auf seine Worte. Möge auch er dich begleiten. Was Selena betrifft: Natürlich wird sie mit dir reisen, und ihre wichtigste Aufgabe wird es sein, dich persönlich dem Prinzen zu übergeben.«

Auf einmal wurde Helena wieder von dieser inneren Unruhe erfasst, und all ihre Gespräche mit dem Bildnis, all ihre Träumereien waren im Handumdrehen vergessen.

»Aber ich weiß ja nicht einmal, was für ein Mensch er ist! Wird der Prinz gutmütig und gerecht sein? Wird er mich auch wirklich von Herzen lieben?«, fragte sie voller Aufregung.

Die Gänsemagd und ihr treues Pferd Falada

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