Читать книгу Mut zur Geilheit | 10 Erotische Geschichten - Brooklyn Collins - Страница 3

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Ekstatische Momente

»Kompliment, mein Lieber«, lobte ich meinen alten Schulfreund John, der sich mit immerhin Mitte fünfzig noch einmal selbstständig gemacht hatte. »Aber dass es ausgerechnet ein Erotik-Laden sein muss ... Wer hätte das gedacht?«

»Aber Andrew«, erwiderte John schmunzelnd, »hast du etwas gegen Erotik?«

Ich schüttelte den Kopf. »Ganz im Gegenteil. Auch Junggesellen genießen guten Sex.«

John klopfte mir auf die Schulter. »Aber lieber im Verborgenen, was? Pass mal auf, Andrew, ich lade dich ein, meinen Laden am nächsten Sonntagvormittag zu besichtigen. Ich mache extra für dich auf, und wir sind dann ganz unter uns. Du kannst gern den Seiteneingang benutzen, falls du Angst hast, dass deine Kolleginnen und Kollegen vom Stadtrat dich entdecken.«

»Sonntagvormittags gehe ich immer in die Messe«, erwiderte ich. »Das weißt du doch.«

»Bis wann?«, fragte John.

»Bis halb elf etwa.«

»Gut. Dann erwarte ich dich um viertel vor elf am Seiteneingang. Bekommst auch ein Gläschen Champagner zur Begrüßung.«

***

Ich war pünktlich und entschloss mich spontan, am Haupteingang direkt an der Straße zu läuten. Was sollte dieses Versteckspiel? Mich interessierte Johns Laden, und das durfte ruhig jeder wissen. Von fern hörte ich noch den Klang der Kirchenglocken. John öffnete.

Umrahmt von zwei Schaufensterpuppen in sündhaft schönen roten Dessous prosteten wir uns zu. Dann führte er mich durch seinen Laden.

»Sadomaso ist heute sehr beliebt«, erklärte er mir und griff nach einem Paar Handschellen. »Die Leute wollen halt ein wenig Abwechslung in ihr tristes Liebesleben bringen.«

Ich schmunzelte und ließ meinen Blick über verschiedene Peitschen schweifen, die an der Wand befestigt waren.

»Für was steht denn dieses große X dort?«, wollte ich wissen.

»Das ist ein Andreaskreuz«, erwiderte John. »An dem hängen Sklavinnen und Sklaven und lassen sich voller Lust auspeitschen.«

Ich nickte schmunzelnd.

Nachdem wir durch die Film-Regale geschlendert waren, gelangten wir in die von John so genannte »Print-Abteilung«. Jede Menge bunter Magazine lockten mit verführerischen, teilweise bizarren Titelbildern. Auf dem letzten Regal standen ein paar Taschenbücher.

»Such dir eins davon aus«, ermunterte mich John. »Ich schenke es dir.«

»Ich kann auch gern bezahlen«, wandte ich ein.

»Geht nicht, Andrew«, erwiderte John. »Heute ist Sonntag, da darf ich nichts verkaufen.«

Ich hätte natürlich das erste Buch von links nehmen können oder auch das erste Buch von rechts. Tat ich aber nicht. Stattdessen griff ich wahllos in die Mitte. Ich ahnte nicht, dass ich – genau in diesem Augenblick, mit dieser spontanen unbewussten Entscheidung – meinem ganzen Leben eine völlig neue Wendung gegeben hatte ...

»Lass mal sehen«, sagte John, nahm mir das Buch aus der Hand und las vor: »Carla Culingus, Ekstatische Momente. Kenne ich noch gar nicht. Aber mal ganz ehrlich, Andrew: Carla Culingus ... Ich denke, der Name ist hier Programm. Was meinst du? Und dann der Verlag. Großer Gott! Black Lion Books. Na ja, das lässt zumindest auf eine spannende Kombination von Kraft und Magie schließen, oder? Du kannst mir später ja mal erzählen, ob dir das Buch gefallen hat. Brauchst du eine Tüte?«

Ich schüttelte den Kopf, bedankte mich und steckte das Büchlein in die Seitentasche meines Sakkos. Ein paar Minuten später verabschiedete ich mich.

***

Am folgenden Tag wechselte ich das Sakko. Deshalb schlummerte das Buch eine knappe Woche in meinem Kleiderschrank. Erst als ich Samstagnachmittag verzweifelt nach meiner Autobrille suchte und deshalb in alle vorhandenen Kleidertaschen griff, bekam ich es wieder in die Hand.

Nicht nur der Titel versprach prickelnde Erotik. Auch das Coverbild hatte es in sich. Es zeigte die nackte Rückansicht einer jungen Frau mit einem wunderschön kleinen, herzförmigen Popo.

Nachdem ich auch die Autobrille wiedergefunden hatte, legte ich mir eine CD mit klassischer Klaviermusik auf, füllte ein Glas mit Rotwein und setzte mich in meinen Ohrensessel mit Blick auf den frühlingsgrünen Baum im Garten. Dann nahm ich das Buch zur Hand.

Zunächst blätterte ich es schnell durch – knapp 250 Seiten, gegliedert in eine Einleitung und zehn Kapitel. Ich begann mit der Einleitung und las: »Ob es Ihnen gefällt oder nicht, ich bin eine gläubige Katholikin.«

Stopp! Ich schaute mir noch einmal das hübsche Coverbild an und trank einen Schluck Wein. Schon dieser erste Satz hatte es in sich. Ich fühlte eine gewisse Seelenverwandtschaft. Warum sollte eine gläubige Katholikin nicht einen so hübschen Herzchen-Popo haben? Noch einen Schluck Wein.

Dann las ich weiter: »Ich möchte Ihnen von der größten Liebe meines Lebens erzählen. Von meiner Beziehung zu einem außergewöhnlichen Mann, mit dem ich so gut wie alle Varianten der körperlichen Lust und Leidenschaft ausprobiert und himmlisch genossen habe. Bitte sehen Sie mir meine deutliche Ausdrucksweise nach. Wie soll ich es denn anders beschreiben als so: Sein praller, leckerer Schwanz verwöhnte mich mit Hingabe in meiner Muschi ebenso wie in meinem engen Hintereingang. Mit seiner flinken Zunge streichelte er meine feuchten Schamlippen, meine zuckende Klitoris und die Rosette in meinem Popo. Es waren köstliche Sekunden, wenn ich seinen milchigen Saft oder seinen goldenen Natursekt schlucken oder ablecken durfte. Ich frage Sie: Wollen Sie wirklich noch weiterlesen? Ja? Sie sind neugierig geworden? Gut, dann erzähle ich Ihnen, wie Roland und ich uns kennengelernt haben.«

Ja, flüsterte meine innere Stimme. Ja, erzähl es mir bitte!

»Es war während der heiligen Messe am Sonntagvormittag. Ein junger Mann, den ich nicht kannte, saß neben mir auf der Bank. Offenbar hatte er sein Gesangbuch vergessen, denn plötzlich beugte er sich zu mir und sah in mein Buch. Wir sangen ein Lied über Menschen, die in dichtem Nebel steckten und erst durch Gottes Hilfe wieder herausfanden.«

Welch ein spannendes Lied, schoss es mir durch den Kopf. Ja, ja, diese Naturgewalten ...

»Beim Umblättern trafen sich unsere Finger. Es war wie ein Stromstoß, der durch meinen ganzen Körper raste. Ich spürte deutlich, dass die Hände dieses Mannes zitterten. Wir schauten uns an, und nach der letzten Strophe klopfte ich ihm ganz leicht auf die Schulter. Im Gegenzug streifte der Mann wie unabsichtlich meinen linken Oberschenkel.«

So etwas kommt vor, meine Liebe, dachte ich. Sogar dann oder gerade dann, wenn der liebe Gott zuschaut. Aber weiter.

»Nachdem die Messe beendet war, stellte sich Roland vor und lud mich in ein nahes Café ein. Wir tranken Tee, und als wir spürten, dass wir uns irgendwie mochten, bestellte er noch zwei Gläser Sekt. Wir stießen an, ich verliebte mich in seine blauen Augen, die hinter seinen Brillengläsern so schön funkelten.

Wir stellten fest, dass wir beide an der Universität studierten. Roland hatte Jura belegt, ich Germanistik. Wir tauschten unsere Telefonnummern aus, sprachen dann fast täglich miteinander.

Am folgenden Sonntag verabredeten wir uns wieder in der Kirche. Ich weiß noch genau, dass der Pfarrer über eine Bibelstelle sprach, die lautete: ›Du wirst mich den Pfad des Lebens erkennen lassen.‹

Noch am selben Abend landeten wir in meinem Bett und erlebten unsere erste zärtliche Liebesnacht. Wir hatten uns nackt ausgezogen und erkundeten mit zitternden Händen und flatternden Zungen den Körper des anderen. Roland hatte einen wunderschönen Schwanz, der sich mir erwartungsvoll entgegenstreckte. Als seine Finger zum ersten Mal über meine Schamlippen strichen, spürte ich, wie der Liebesnektar aus meiner Muschi tropfte und über meine Oberschenkel rann. Ich warf Roland einen flehenden Blick zu. Endlich! Endlich bohrte er seinen Schwanz ganz tief in mein kleines Heiligtum. Wir kamen gemeinsam in einem rauschhaften Orgasmus.«

Stopp! Mein Weinglas war leer, mein Kopf schwirrte. Ich musste aufstehen und ein paar Schritte umhergehen.

Rebecca! Rebecca Dalton! Die Germanistikstudentin! Plötzlich fiel mir ihr Name ein, und vor meinem geistigen Auge schwebte eine mittelgroße Frau mit langen blonden Haaren, einem kleinen, festen Busen, einem flachen Bauch, einer von blonden Locken umrahmten Möse und langen schlanken Beinen.

Gut, über dreißig Jahre waren vergangen, seitdem wir beide während des Studiums ein paar Wochen lang zusammengelebt hatten. Wir hatten uns während der Messe kennengelernt. Ob es ausgerechnet dieses neblige Lied war, wie soll ich das noch wissen? Wir hatten ein paar schöne Stunden miteinander verbracht, meistens in unserem großen Doppelbett. Aber nach Semesterschluss habe ich dann die Uni gewechselt. Danach gab es noch ein paar Telefonate, und dann war Schluss! Endgültig!

Also, verehrte Miss Carla Culingus, was immer Sie da erzählen: Mit mir kann es doch wohl nichts zu tun haben. Schon deshalb nicht, weil ich damals noch gar keine Brille trug. Oder doch? Jetzt mal ganz ehrlich: Es gibt sicherlich Millionen von Menschen, die sich auf Kirchenbänken kennengelernt haben. Und es gibt zahllose Katholikinnen und Katholiken, die sowohl fromm sind als auch voller sexueller Leidenschaft. Was war daran so ungewöhnlich? Dennoch bewunderte ich ihre blühende Fantasie. Oder hatte sich da jemand ihr anvertraut?

Egal. Ich füllte mein Glas, setzte mich wieder, blätterte wahllos im Buch herum und las schließlich weiter auf Seite sechsundfünfzig.

Großer Gott! Na und?, schoss es mir sofort durch den Kopf. Auch das beweist noch gar nichts.

»Fast jeden Sonntag fuhren Roland und ich in seinem roten Mini ins Grüne und suchten einen versteckten lauschigen Winkel. Dort liebten wir uns nach Herzenslust, und ich entdeckte mein himmlisches Verlangen, von Roland anal genommen zu werden, während ringsherum die Vögel zwitscherten. Einmal wären wir beinahe von Spaziergängern erwischt worden, doch dies geilte uns beide noch mehr auf. Ja! Warum sollten ein paar Spießer nicht zuschauen und staunen, wie Roland seinen Ständer durch meine Rosette stößt, ihn wieder herauszieht, wieder hineinstößt. Mein Gott, sein Schwanz bescherte mir das Paradies auf Erden!«

Können Sie sich vorstellen, liebe Carla Culingus, wie viele Studenten einen roten Mini fahren? Das ist doch nichts Besonderes! Und das Vögeln in offener Landschaft, egal in welche Öffnungen, das kommt doch mehr als einmal vor, oder?

Ich spürte, wie der Wein mir zu Kopf stieg. Aber ich konnte nicht aufhören – weder aufhören zu trinken noch aufhören zu lesen. Irgendwie verschwamm die Realität meines Wohnzimmers in einem dichten Nebel – wie in dem Kirchenlied.

Das Buch fiel auf den Teppichboden. Ich hob es hoch, schlug es wieder auf und landete zufällig auf Seite hundertdreiunddreißig.

»Roland liebte seine Modelleisenbahn, die er in einer Ecke unseres Wohnraums aufgebaut hatte. Erst kürzlich hatte er sich eine neue schwarze Lokomotive gekauft. Während er sie mit der Fernbedienung über die Schienen lenkte, kniete ich mich vor ihn hin und öffnete den Reißverschluss seiner Hose.

Sein langer schlanker Penis hüpfte mir entgegen. Ich streckte meine Zunge heraus und leckte über den blau-geäderten Schaft. Dann zog ich die Vorhaut zurück und legte seine dicke rosafarbene Eichel frei. Ich leckte mehrmals über den Eichelrand, schließlich schleckte ich den Lusttropfen ab, der sich vorn an der hübschen Ritze gebildet hatte.

Nun nahm ich auch meine Hand zu Hilfe und rieb über den Schaft, der inzwischen steinhart geworden war. Ich spürte, dass Roland bald kommen würde, und wusste, wie gern er es hatte, wenn ich seine Sahne komplett schluckte. Ich ließ deshalb seinen Schwanz ganz tief in meinen Rachen gleiten. Doch dann geschah es: Kurz bevor er kam, entgleiste die Lok und prallte gegen ein Bahnhofshäuschen.

Roland erschrak, zog seinen Schwanz aus meinem Mund und beugte sich nach vorn. Nachdem er die Lok wieder auf die Schienen gestellt hatte, war sein Schwanz fast vollständig eingeschrumpft, und Roland schaute mir ganz traurig in die Augen.«

Verdammt, Carla Culingus, wieso machst du Schluss an dieser Stelle? Es ging doch noch weiter! Warum schreibst du denn nicht, dass dieser Roland, der eigentlich Andrew heißt, seinen Schwanz schon kurz nach dem Lokunglück wieder hochgewichst hatte. Dass er ihn danach in die klatschnasse Möse dieser Carla, die eigentlich Rebecca heißt, gestoßen hatte. Dass er mit lautem Gebrüll seine cremige Sahne verspritzt hatte. Dass Rebecca ihm anschließend den Schwanz abgelutscht hatte. Und so weiter, und so weiter.

Mein Handy klingelte, aber ich ging nicht dran. Stattdessen wankte ich zur Kellertür, hielt mich am Geländer fest und stieg langsam die Stufen hinunter. Ich betrat meinen Hobbyraum, der fast vollständig von meiner Modelleisenbahn ausgefüllt war, die ich mir in Jahrzehnten aufgebaut hatte. Ja, dort hinten links, auf einem Abstellgleis, da stand sie, diese schwarze Lokomotive, die wohl nicht im Traum daran gedacht hatte, jemals in einem erotischen Roman aufzutauchen.

Ich war fix und fertig. Ich konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen und legte mich ohne Abendessen ins Bett.

***

Nachts träumte ich, wie ich in einem roten Mini durch dichten Nebel fuhr und dabei völlig die Orientierung verlor. Schließlich wachte ich schweißgebadet auf.

Ich kochte mir einen starken Kaffee und kam ins Grübeln. Frage eins: Sollte ich irgendwie reagieren? Denn zweifelsfrei stand fest, dass diese erotische Geschichte von Rebecca Dalton und mir handelte. Aus meinem Vornamen Andrew hatte die Autorin einfach Roland gemacht. Alles andere stimmte, war tatsächlich passiert – bis in die kleinste sexuelle Einzelheit. An welchem Ort sich all das ereignete, hat diese Carla allerdings verschwiegen. Kein Wort von London-Bexley, aber was soll’s?

Antwort auf Frage eins: Ja, ich sollte reagieren, ich wollte diesen Fall nicht einfach ad acta legen.

Frage zwei: Wie sollte ich reagieren? Versuchen, Rebecca Dalton ausfindig zu machen? Abgesehen von ihrem Allerweltsnamen war sie vielleicht verheiratet und hieß heute ganz anders. Carla Culingus kontaktieren? Ich rief am Computer die Amazon-Seite auf und gab ihren Namen ein.

Bingo! Das Cover der »Ekstatischen Momente« erschien mit dem Hinweis: »Geben Sie die erste Bewertung für diesen Artikel ab«. Kein Wort über die Autorin, kein Foto. Von einer Adresse ganz zu schweigen. Also Fehlanzeige.

Frage drei: Könnte mir der Verlag weiterhelfen?

Antwort: Ja, dieser Versuch versprach die größte Aussicht auf Erfolg.

***

Am nächsten Tag, einem Montag, wählte ich die Nummer von Black Lion Books. »Ich habe Ihr Buch ›Ekstatische Momente‹ gelesen und würde gern mit der Autorin Carla Culingus Kontakt aufnehmen. Wo finde ich diese Frau?«

Die Dame am Telefon war nett und höflich, aber auch deutlich: »Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir die Pseudonyme unserer Autorinnen und Autoren nicht preisgeben dürfen.«

Aha, ein Pseudonym also. Nun ja, wer heißt denn schon mit richtigem Namen Culingus?

»Das verstehe ich gut«, erwiderte ich. »Gibt es denn gar keine Möglichkeit, wie Sie mir weiterhelfen können? Es wäre wirklich wichtig.«

»Es gibt eine Möglichkeit«, meinte die Dame. »Sie schreiben eine E-Mail an die Autorin und schicken die Mail an unseren Verlag. Wir werden die Nachricht dann weiterleiten.«

»Na gut«, sagte ich. »Das bedeutet aber, dass Sie die Mail automatisch auch lesen, oder?«

»Wir überfliegen kurz den Inhalt«, erwiderte sie. »Wir möchten einfach nur verhindern, dass unsere Autorinnen und Autoren in irgendeiner Form beschimpft werden. Aber wenn Sie ein seriöses Anliegen haben, brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen. Wir sind diskret und leiten Ihre Nachricht schnell weiter. Und seien Sie bitte so nett und fügen Ihren Namen und Ihre Anschrift bei.«

***

Noch am selben Abend setzte ich mich an meinen Computer und schrieb: »Sehr verehrte Miss Culingus ...«

Blödsinn! Gestrichen! Wer meinen Schwanz bis in alle Einzelheiten kennt, den darf ich auch etwas lockerer anreden. Also:

»Hallo Miss Culingus,

zunächst möchte ich Ihnen herzlich zu Ihrem spannenden Buch ›Ekstatische Momente‹ gratulieren. Sie verstehen es meisterhaft, eine spannende Liebesgeschichte in erregende Wörter zu kleiden. Großes Kompliment!

Ich schreibe Ihnen aber auch, weil ich eine kleine Bitte habe. Auf Seite 133 schildern Sie sehr anschaulich, wie eine schwarze Spielzeug-Lokomotive ganz unabsichtlich in das Liebesspiel Ihres Paares eingreift und es sogar rabiat unterbricht. Nun müssen Sie wissen, dass ich zu den passionierten Modelleisenbahn-Besitzern dieses Landes gehöre, und daher möchte ich Sie fragen, um welches Modell genau es sich bei dieser Lokomotive gehandelt hat. Können Sie mir vielleicht den Hersteller und die Bestellnummer nennen?

Ich freue mich auf Ihre Antwort und danke Ihnen schon jetzt herzlich für Ihre Unterstützung.

Mit freundlichen Grüßen«

Darunter tippte ich meinen Namen und meine Anschrift.

***

An den folgenden Tagen tat sich nichts, das Thema verschwand in meinem Hinterkopf. Wie immer besuchte ich am Sonntag die Messe. Nachdem der Segen erteilt worden war, erhoben sich die Gläubigen und gingen murmelnd in Richtung Ausgangsportal. Da ich ziemlich weit vorn gesessen hatte, erreichte ich den Ausgang als einer der Letzten.

Eine Frau mittleren Alters stand unterhalb eines bunten Kirchenfensters und beobachtete den Menschenfluss. Unsere Blicke trafen sich, und sie kam langsam auf mich zu.

Sie war mittelgroß, ihre rötlichen Haare endeten am Kinn. Auch ihre schmale Brille hatte eine rötliche Fassung. Als wir uns gegenüberstanden, lächelte sie. »Ich bin Carla Culingus.«

Ich spürte deutlich, dass eine Wolke aus Weihrauch wie aus dem Nichts auf uns zuschwebte.

Bevor ich etwas sagen konnte, fuhr sie fort: »Ich habe Ihr Foto im Internet gefunden, deshalb habe ich Sie sofort erkannt.«

Ich schluckte. »Von Ihnen gab es leider kein Foto, deshalb ...«

»Das tut mir leid, Andrew«, unterbrach sie mich. »Erkennst du denn wirklich gar nichts mehr an mir? Die Stupsnase vielleicht? Was ist mit meiner Stimme?«

Oh Gott, diese plötzliche Weihrauchwolke! »Rebecca, ja«, flüsterte ich. »Rebecca!«

Dann lagen wir uns in den Armen. Ich sah, dass ein Messdiener die großen Kerzen löschte. Nur zwei ließ er brennen, aus welchem Grund auch immer ...

Wir verließen die Kirche Hand in Hand und steuerten ein Café am Marktplatz an.

Als der Tee serviert war, platzte ich vor Neugier. »Wieso wurde aus Rebecca Dalton die Carla Culingus?«

Rebecca klärte mich auf. Sie hatte nach Abschluss ihres Studiums eine Stelle an ihrer Universität bekommen, auf der sie weiterhin tätig war. Dort lernte sie einen Dozenten kennen, den sie schließlich heiratete. Aus der Ehe gingen zwei Jungen hervor, die inzwischen erwachsen waren und möglicherweise bald eigene Familien gründen würden.

»Du wirst eine hübsche Oma«, unterbrach ich sie.

»Noch nicht, mein Lieber«, erwiderte sie. »Noch nicht.«

Rebeccas Ehe war nach fünfzehn Jahren in die Brüche gegangen. Seitdem lebte sie ohne Mann.

»Ab und zu gab es mal einen One-Night-Stand«, räumte sie ein und lachte.

Jetzt zögerte sie ein paar Sekunden. Dann erklärte sie mir, dass trotz anderer Männer, die in ihrem Leben eine mehr oder minder große Rolle gespielt hatten, die wenigen Wochen mit mir der absolute Höhepunkt ihrer sexuellen Erlebnisse gewesen waren.

»Das wollte ich zu Papier bringen, unbedingt!«, sagte sie. »Dem Verlag gefiel mein Manuskript, und er verpasste mir das Pseudonym Carla Culingus.« Ihre Augen funkelten. »Dieser hemmungslose fantasievolle Sex mit dir, diese Ausschweifungen, diese ekstatischen Momente, diese überwältigenden Orgasmen – das alles hatte ich nur mit dir allein erlebt, und dafür bin ich dir und dem lieben Gott so unendlich dankbar.«

Sie reckte ihren Zeigefinger nach oben, dorthin, wo wir alle den lieben Gott vermuten.

»Ich habe gelernt«, fuhr sie fort, »dass Sexualität ein ganz wichtiger Aspekt in einer Zweierbeziehung ist, vielleicht sogar der wichtigste. Ich glaube, dass jeder Leserin, jedem Leser meines Buches genau dies klargeworden ist. Um es deutlich zu sagen: Lieber Roland ...«

»Andrew!«

»Oh, entschuldige bitte, lieber Andrew. Ich wollte sagen, dass mein Körper dich sehr vermisst hat, seitdem sich unsere Wege damals vor über dreißig Jahren in Bexley getrennt hatten.«

Ich beugte mich zu ihr und küsste sie auf den Mund. Ganz sanft. Dann noch einmal.

»Möchtest du mich deiner Frau vorstellen? Hast du Kinder?«

»Ich bin solo geblieben«, erwiderte ich. »Deshalb erwartet uns niemand in meiner Wohnung. Du kannst dein Auto stehenlassen, wir können bequem zu Fuß gehen. Komm!«

Ich griff nach ihren Arm, und wir machten uns auf den Weg.

***

Zu Hause kochte ich eine Kleinigkeit für uns beide, dann führte ich Rebecca durch meine Wohnung.

»Unten im Keller habe ich noch einen kleinen Hobbyraum«, verriet ich ihr. »Hast du Interesse?«

Sie nickte, und wir stiegen hinab. Ich ließ sie zuerst eintreten.

»Wahnsinn, die Anlage ist jetzt viel größer als damals.«

Ich deutete in die linke hintere Ecke. »Du erinnerst dich doch, oder?«

Rebecca schmunzelte und griff nach der schwarzen Lokomotive auf dem Abstellgleis. »Ich finde, sie verdient etwas mehr Aufmerksamkeit«, sagte sie mit einem schelmischen Unterton und stellte sie mitten in den großen Bahnhof. »Bitte lass sie fahren, Andrew, bitte. Aber nicht zu schnell, sonst ...«

Ich griff nach der Fernbedienung, und wir beobachteten fasziniert, Hand in Hand, wie die Lokomotive ihre Runden drehte. Wie sie den Bahnhof verließ und sich durch Wälder, Wiesen und kleine Dörfer schlängelte, immer weiter, immer weiter.

Rebecca ließ meine Hand los, sah mir tief in die Augen und begann, ihre Kleider auszuziehen. Ich wartete, bis sie splitternackt vor mir stand. Dann umfasste ich mit zittriger Hand ihre kleinen, immer noch festen Brüste, beugte mich zu ihr hinunter und knabberte an ihren harten Knospen. Ich ließ meine Hand tiefer gleiten und über ihren Venushügel kreisen. Rebecca spreizte ihre Beine. Mein Zeigefinger strich über ihre feuchten Schamlippen, fand den Weg in ihre Spalte und badete in ihrem herausquellenden Liebesnektar.

»Jetzt du«, flüsterte Rebecca.

Ich schälte mich aus meinen Kleidern. Mein Schwanz wippte vor meinem Unterleib, als Rebecca sich auf den weichen Teppich kniete und mir erwartungsvoll in die Augen sah. Mit ihrer Zungenspitze leckte sie über ihre Unterlippe.

Als sie ihre Lippen über meinen Schaft stülpte, als sie mit ihren Händen ganz zärtlich meine Hoden bearbeitete, schloss ich die Augen und lauschte den delikat schmatzenden Geräuschen, die begleitet wurden vom Surren der Lok auf den Schienen.

Rebeccas Lippen, Zunge und Hände trieben mich zu einem langen, unvergesslichen Höhepunkt. Mein ganzer Körper vibrierte. Ich hatte die Realität bereits verlassen, als ich meinen Saft in endlosen Schüben in Rebeccas Rachen spritzte.

Nachdem sie auch den letzten Tropfen geschluckt und meinen Schwanz mit Hingabe abgeleckt hatte, hörte das Surren auf. Die kleine Lokomotive stand wieder in dem großen Bahnhof und blinkte mehrmals mit ihrem Scheinwerfer, als wollte sie sagen: »Schaut her, ich bin am Ziel!«

Nackt, wie wir waren, gingen wir in mein Schlafzimmer, legten uns auf das Bett und feierten unsere wiederentdeckte Sexualität wie ein König und eine Königin. Zwischenzeitlich gingen wir hinüber ins Bad und setzten uns gemeinsam in die große Wanne. Wir ließen unseren aromatischen Natursekt in Strömen laufen – wie damals. Es schien mir, als ob es die ewig lange Trennung gar nicht gegeben hätte. Als würden wir einfach dort weitermachen, wo wir vor Kurzem aufgehört hatten. Dreißig Jahre kamen mir vor wie ein einziger Tag.

***

Drei Monate später hatten wir Nägel mit Köpfen gemacht.

Rebecca bekam eine Stelle als Deutschlehrerin an unserem städtischen Gymnasium. Wir kauften ein kleines Häuschen am Stadtrand mit einem runden Teich im Garten, in dem sich schon bald bunte Fische tummelten. Den größten Raum in der ersten Etage richtete ich als Hobbyraum ein.

Wir gaben uns das Ja-Wort an einem stürmischen Herbsttag, das passende Wetter für zwei Menschen, die im fortgeschrittenen Alter den Sprung in die Ehe wagten.

Die Kirche war bis auf den letzten Platz gefüllt, als Rebecca und ich vor den Traualtar traten. Eine ehemalige Arbeitskollegin war Rebeccas Trauzeugin.

Mein Trauzeuge? Na ja, viele meiner Kollegen im Stadtrat hatten geglaubt, dass die Wahl auf einen von ihnen fallen würde. Ich musste sie alle enttäuschen und entschied mich stattdessen für den Inhaber eines Erotik-Ladens, der überhaupt keiner Kirche angehörte.

John hatte sich mächtig herausgeputzt und sang lauter als alle anderen, als die Orgel unser Wunschlied erklingen ließ, das uns aus dichtem Nebel endlich ans Licht führte.

Rund fünfzig Personen, darunter auch Rebeccas zwei Söhne, saßen an großen Tischen in einem der besten Lokale unserer Stadt London. Der Champagner floss in Strömen, ein paar Reden wurden gehalten.

Als die Stimmung auf dem Höhepunkt war, beugte sich John zu mir herüber und flüsterte: »Sag mal, hast du eigentlich das Buch gelesen, das ich dir damals geschenkt hatte?«

Ich stutzte, schwieg ein paar Sekunden lang. Dann antwortete ich genauso leise: »Ja, habe ich. Es ist großartig. Bitte ruf mich sofort an, wenn eine Fortsetzung erschienen ist ...«

Mut zur Geilheit | 10 Erotische Geschichten

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